In seinem Blog beschreibt Jamal Tuschick die Vorteile von Differenz und die Chancen kultureller Vielfalt. Es stellt sich die Frage, wie die Literatur rückwärtsgewandten Tendenzen entgegenwirken kann. Hat die Literatur eine unmittelbare gesellschaftliche Relevanz? Wie werden Selbst- und Fremdbilder durch Literarisierung beeinflusst? – Tuschicks Textland Blog wird ständig aktualisiert.
Leute, die sich in der Welt auskennen, bezeichnen Stadtläufe als Freerunning. Unter sich nennen Lien und Cole ihr Programm Geesink-Endurance-Runs. Sie ehren so Anton Geesink. Er war 1961 der erste nicht-japanische Judo-Weltmeister. Er verdankt seinen überwältigenden Erfolg die Ausweitung des traditionellen Judotrainings.
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Adorno zieht ein demoliertes Weltvertrauen aus dem Klang. Sein Verhältnis zu Bloch bestimmt die Namensaura nicht zuletzt. „Dunkel wie ein Tor, gedämpft dröhnend wie ein Posaunenstoß“ - das gestattet sich Adorno, um eine Zuneigung deutlich zu machen. Er rückt „Das Prinzip Hoffnung“, das noch in meiner Generation wie ein Aphrodisiakum wirken sollte, in die Nähe jener Versprechen, die ihm „schweinsledern“ gebundene „mittelalterliche Bücher“ machten, solange er als Kind das magische Nostradamuswissen in verstaubten Wohnungswinkeln vermutete.
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Luana sah Lien, ein als Hindernis von der gegen sie anrennenden Menge kaum wahrgenommener Körper; in einem Strom, der sich auf den letzten Metern vor dem Club verjüngte, bis er zwischen Autos und luftschöpfenden Gästen versickerte; dass jeder vor seinem Eintritt durch eine Bewertungsgasse defilierte.
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Am 6. August 1945 fällt Little Boy auf Hiroshima. Siebzigtausend Menschen sterben in der Unmittelbarkeit des Detonationsgeschehens. Der Atomblitz sorgt für bizarre Formate. Seine unfassbare Helligkeit, das apokalyptische Licht, die grausame Illumination stiftet einen neuen Begriff: Pikadon. Bald wird dem Wort für eine neue Erfahrung ein neues Wort für eine alte Erfahrung wie ein verspäteter Zwilling folgen: Kokura.
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Die Geschichte beginnt mit idyllischen Alltagszenen auf dem entlegensten Flecken unseres Planeten. Marianna Kurtto erkor Tristan da Cunha zum Romanschauplatz. In der Handlungsgegenwart leben dreihundert Personen auf der südatlantischen Hauptinsel des gleichnamigen (von Tristão da Cunha entdeckten und benannten) Archipels. Sie verteilen sich auf dem Kegelkopf eines submarinen Vulkans ...
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Willy findet Bud Spencer, diesen Pfundskerl mit dem Herzen am rechten Fleck, vorbildlich. Er schwankt zwischen Enttäuschung und Irritation, da seine Töchter Mira und Juli nicht mehr als Indifferenz für Papas Idol übrighaben. Sie sitzen im Kino nur ihre Zeit ab ...
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Werner ersetzt eigenmächtig seinen Karabiner. Er rüstet sich mit einer englischen Thompson Maschinenpistole und einer deutschen Luger aus. In einer Douglas C-47 (mit dem Namen Son of the Beach) startet er ins Ungewisse. Ohne Probesprung, unter Beschuss, und mit einer abstürzenden Begleitmaschine vor der Nase tritt Werner am 6. Juni 1944 um 2.15 h aus der Kabinentür ins Leere. „Irgendwie fühlte es sich wunderbar an.“
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Als Kind im Dritten Reich verleugnete er seine Eltern. Willy Winkler, geboren und wohnhaft in Kaiserslautern, ist der Sohn von Kommunisten, die nie zum Hakenkreuz krochen. Die Mutter lebt noch in der 1970er-Romangegenwart.
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Endlich geben die USA ihre Neutralität auf. Die amtliche amerikanische Eintrittsmarke konserviert jene Schmerzwut, die der japanische Angriff auf Pearl Harbor auslöst. Werner kämpft allein an zwei Fronten. Seine in Europa gebliebene Familie durchleidet die nationalsozialistische Verfolgung im Spektrum zwischen Internierung, Ermordung und Überleben im Untergrund. „Somit lebte ich für die Dauer des Krieges in zwei Welten.“
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Die strenggläubige Großmutter Amalie Trepp stammt aus einer Familie, die seit dem 15. Jahrhundert in Fulda ansässig war. Folglich lebten ihre Vorfahren in Reichweite der Inquisition. Fulda ging den landgräflich-hessischen Weg der Reformation nicht mit. Die Stadt blieb eine katholische Bastion. Ich fand eben eine Zahl. 1567 gab es in Fulda achtzehn jüdische Hausgenossenschaften vulgo Familien (Quelle).
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Der Autor destilliert ein Momentum der Lust.
In der lyrischen Skizze „Schau nicht hin“ beobachtet ein Schwarzer eine von Sommergefühlen hochgestimmte, förmlich aufrauschende „große blonde junge Frau/ in einem knappen gelben Seidenkleid“. Sein Blick bleibt an der erregenden Erscheinung hängen. Mit dem Begehren verbindet sich eine Marke des kollektiven Gedächtnisses. Zu anderen Zeiten wäre die Schaulust als Delikt bewertet worden. Man hätte den Delinquenten „ausgepeitscht … bis aufs Blut“. Die überpersönliche Erinnerung „erotisiert den Nachmittag“.
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Die Geschichte beginnt mit einer lapidaren Feststellung, die bald genauso lapidar zurückgezogen wird. Beschränkt man sich auf die Behauptungen des ersten Durchgangs, ergibt sich folgendes Bild. Bei der vier Monate währenden, vom 17. Januar bis zum 18. Mai 1944 tobenden Schlacht um Monte Cassino kämpfte Helena Janeczeks Vater in den Reihen des 2. Polnischen Korps unter General Władysław Anders. Eine Verwundung in Recanati bewahrte ihn womöglich vor Schlimmerem. An den immensen Blutzoll des Korps erinnern ...
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Seit Jahren bewirtet Charles Freunde in seinem Haus. Die Liebenswürdigkeit des Gastgebers wirkt ein bisschen wie aus der Luft gegriffen; als sei sie kein bilaterales Resultat, das in Abhängigkeit von Stimmungen und im Entgegenkommen Anderer entsteht. Charles bleibt ewig und drei Tage zuvorkommend. Der Erzählanlass erschöpft sich in einem Wort. Eines Tages ...
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Das Defilee der Delegationen beobachten achtzigtausend Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Rängen. Auf einer Anhöhe des Olympiaparks drängen sich noch einmal vierzigtausend Zaungäste. Zum ersten Mal spricht eine Frau den Olympischen Eid. Die zweiundzwanzigjährige Leichtathletin Heidi Schüller wird dann im Weitsprung unter anderem Heide Rosendahl unterliegen.
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„Ausstrahlen! Und das nicht nur weltweit, sondern universell. Jedes Wort ein Treffer. Jedes Kapitel eine Weltanklage. Und alles zusammen eine totale Weltrevolution.“
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Diesmal wählt der Autor den Tonfall der Bibel. Er trägt dick auf, während Gott wieder einmal mit seinem Volk hadert. Zu lange waren die Punks von Jerusalem so abergläubisch, klein- und wankelmütig wie alle anderen. Rückschläge begleiten die Verankerung des Monotheismus. Die Ur-Palästinenser vergessen immer mal wieder ihren einen Gott. Dann kehren sie zurück zu Baal-Gesang und Babylon-Blues und „schwemmen die Tempelfliesen mit Schlachtwerk“.
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Das Wesen jeder feudalen und aller bürgerlichen Ordnung ist Repräsentation. Nach Stuart Hall ergibt sich im 20. Jahrhundert „eine kulturelle Revolution mit dem Einzug der Marginalisierten in die Repräsentation“. Brecht zeigt in die andere Richtung. In dem Fragment gebliebenen Roman „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“ analysiert er eine Karriere mit dem Besteck des historischen Materialismus’. Brecht nimmt Caesar sämtliche heroischen Attribute. Die Plünderung von Völkern, der Sklavenhandel und die Korruption konsolidieren die Macht des Tribuns.
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In „Untergang eines Herzens“ sehen wir den Helden morgens um vier, aufgeschreckt von einem Schmerz, „der Leib war ihm wie mit scharfen Dauben umschnürt“, Erholung in leichter Bewegung suchen. Salomonsohn schleicht sich aus dem Hotelzimmer, dass er mit seiner Frau teilt, „der Druck … hemmt den Atem“, die Kirchturmglocke meldet die Stunde. Der Honoratior erholt sich, nach dem Maßstab einer angeschlagenen Gesundheit. Er will wieder ins Bett, da nimmt er eine Bewegung auf dem Korridor wahr.
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Antwerpen im August 1566 - Auf der verzweifelten Suche nach einem Modell für ein Madonnengemälde in Konkurrenz zu einem imponierenden Gegenstück irrt ein Maler durch Antwerpen. Eines Tages bemerkt er vor einer Schenke eine kaum adoleszente Schönheit. Vom Anblick der Jugendlichen berauscht, erkundet er sich beim Wirt, der es als Vormund nicht nötig fand, das - einem antisemitischen Pogrom entrissene - Mädchen mit dem katholischen Glauben als der spanisch-niederländischen Staatsreligion vertraut zu machen.
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Noch ist Kunst Apologetik, Verehrung der Klassiker, Adoranten-Attitüde und Handwerk. Zwar schon ward das artistische Selbstbewusstsein wachgeküsst von den Musen vermutlich, doch geht man noch in den Geschirren der nicht allein göttlichen Fremdbestimmung.
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„Im Vorfeld der documenta fifteen gab es bereits eine Debatte um Antisemitismus, unter anderem weil keine jüdischen Künstler*innen aus Israel eingeladen worden waren. Im deutschen Feuilleton wurde die documenta lange verteidigt, selbst noch, als wenige Tage nach der Eröffnung klar war, dass antisemitische Kunstwerke ausgestellt werden. Im Fokus stand besonders die antisemitische Ikonographie des Banners ‚People’s Justice‘.“
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In „Hymne der demokratischen Jugend“ erzählt Serhij Zhadan Schoten aus der ukrainischen Gründerzeit in der postsowjetischen Aufbruchsära. Gangster üben freie Marktwirtschaft. Den Kapitalismus kriegen sie in den falschen Hals.
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Den Eiligen zieht es in die Agonie einer Gegend, die wie abgetrennt scheint vom nächtlichen Heilschlaf und täglichem Trubel; „als hätte sie nie eine frohe, in Lust überschäumende Festlichkeit gekannt, als hätte nie eine jubelnde Freude diese erblindeten, versteckten Fenster erbeben gemacht, nie ein leuchtender Sonnenschein sein schimmerndes Gold in den Scheiben gespiegelt“.
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„Die halbe Kindheit fällt (Becker auf ein Radiowort hin) … ein, mit Sondermeldungen, Wunschkonzert, Feindsender.“ Gegen das Grauen kann er sich nicht mehr richtig abdichten. Er denkt an Adam Zagajewski.
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Beton und Zement bildeten das Existenzfundament jener „Grauköpfe“, die täglich in einer Cafeteria zusammenkommen und sich da - mit freiem Blick auf einen Parkplatz und auf ihre Autos, deren Navigationssysteme sie nicht verstehen - gegenseitig auf dem Laufenden halten. Nicht nur in ihren Erzählungen ertrank die Welt einst in einer Sintflut.
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Anja und Milka schwärmen gemeinsam für den virilen Alexei. Er existiert als Mittelpunkt „verträumter Blicke und sehnsüchtiger Seufzer … naiv-pubertierender Mädchen“. Der Sohn bequemer Günstlinge schiebt eine ruhige Kugel. Er hält sich zwar an die Regeln, meidet aber die Karrieristinnen und Karrieristen unter den Nachkommen der Nomenklatura in seiner Reichweite.
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Die Eltern der Heranwachsenden repräsentieren auch noch als Ungläubige eine Ideologie, die ihre Argumente im II. Weltkrieg findet. Das Überleben selbst war eine solche Ungeheuerlichkeit, wir reden von siebenundzwanzig Millionen Toten, das sich aus dem gigantischen Blutzoll eine kommunistische Eschatologie ergibt, die in jeder Familie nach- und vorgebetet wird und sei es in der kompletten Abrede.
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Am Rand zeichnet Petersdorff eine klandestine Frontlinie nach. Während die Hausherrin und der Hausherr unleugbar zugezogene Wessis sind, fühlen sich ihre Söhne den Einheimischen nah. Der ca. sechsjährige Paul sagt: „Ich habe … immer hier gewohnt, solange ich mich erinnern kann.“
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Deutsch-deutsche Aushandlungsprozesse. Die Zivilgesellschaft auf hundertachtzig. Dirk von Petersdorff trifft jeden Dissens-Nagel auf den Kopf.
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„Wie (die Flapper) zu Recht geltend machten, war das Anrecht auf bequeme Kleidung im Grunde ebenso bedeutsam wie das allgemeine Wahlrecht. Keine Frau war dem Mann faktisch gleichgestellt, solange ihre Organe langsam von Walbeinkorsetts zerquetscht wurden oder sechs Kilo schwere Turnüren und Petticoats ihre Bewegungsfreiheit einschränkten.“
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Zum Schluss brechen die Freundinnen und Freunde von einst im „Adenauer“, einem antiken Benz, zu einem Abenteuer auf, das sie neu verbindet. Sie bringen sich in den Besitz jener Urne, die Anankes Asche birgt. Das folgt magischen Vorgaben.
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„Reiche Leute sind von Glück fasziniert … Es macht sie rasend.“ Das memoriert Miho, eine Künstlerin mit selbstbewusst präsentiertem Parvenu-Portfolio. Als Stipendiatin kommt sie aus der koreanischen Provinz nach New York und genießt da die Gunst einer superreichen, heimlich unglücklichen, Maserati fahrenden Mäzenatin und Dynastin.
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Der Titel könnte auf ein Gedicht von Rainer Maria Rilke anspielen. Die Autorin zitiert es als Motto: „Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, / und ich kreise jahrtausendelang; / und ich weiß noch nicht …“ Die Erzählerin weiß schon: „Mein letzter Anflug wird kein hilfloser Taumel sein, sondern der scharfe Tauchgang eines Tölpels - ein gewollter Sturzflug, der auf etwas tief im Meer abzielt.“
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Maggie Shipstead nimmt einen langen Anlauf, um die häusliche Umgebung ihrer Heldin Marian Graves in den Blickpunkt zu rücken. Sie beginnt mit jener quartären Aussterbewelle, die vor knapp zwölftausend Jahren endete. Das letzte Glazial schuf auch den ‚Hellgate Canyon‘ aka ‚Porte de l’Enfer‘, wie die Coureur-des-bois (Waldläufer) zu dem nordamerikanischen ‚Höllentor‘ sagten. Das ist eine Schlucht im Missoula County von Montana.
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Ilse unterstützt eine Initiative zur Unabhängigkeit Indiens. Sie arbeitet für die Psychoanalytikerin Kate Friedländer. Sie schreibt erste Erzählungen und verwendet das Pseudonym Kathrine Pittock. „Ihr Englisch ist simpel und klar. Auf Deutsch zu schreiben ist keine Option.“
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Der Ehe fehlt der feste Grund. Ilse, nun Engländerin, und heimlich betört vom Lichtkegelschauspiel der Suchscheinwerfer am nächtlichen Himmel, findet eine möblierte Bleibe und eine erlösende Existenzform im Spektrum zwischen Friedensbewegung und Antikolonialismus. Sie arbeitet weiter für und mit Geoffrey und nennt sich als Schriftstellerin (zunächst) Kathrine Pittock.
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Im Vorgriff auf ein dauerhaftes Exil weicht die Elevin 1935 in die Schweiz aus. Sie besucht die École internationale de Genève. Nach einer Verschärfung von Devisenbestimmungen muss Ilse Eva Louise Groß, die als Kathrine Talbot* zu literarischem Ruhm gelangen wird, die Schule abbrechen. Sie flieht nach England, wo sie sich zunächst als Haushaltshilfe verdingt. Ihre ältere Schwester und die Eltern zählen zu den Ermordeten des Holocausts.
*Kathrine Talbot (geboren 1921 in Frankfurt am Main; gestorben 2006 in Midhurst) war das Pseudonym von Ilse (verh.) Barker.
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Nach einem Streit verlässt der New Yorker Finanzhai Barry Cohen seine Frau Seema und den autistischen Sohn Shiva. Der Hedgefonds-Tycoon lässt seine Familie in sagenhaft luxuriösen Verhältnissen zurück. In einem Greyhoundbus reist Barry - offenbar vorsätzlich prekär - gen Süden. Ihm schwebt die Wiederaufnahme der Beziehung mit einer vor Jahrzehnten verflossenen Liebe vor, die in El Paso als alleinerziehende Mutter und Professorin lebt.
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Ein Abend, der alles verändert. Die Ärztin Julianna und der Autor Luis Goodman gehören zu den „mittleren Millionären“ und damit zu den armen Reichen in einem New Yorker Prachtblock nahe dem 1847 eröffneten, in den 1990er Jahren berüchtigten und nun wieder dem bürgerlichen Wohlergehen dienenden Madison Square Park an der 5th Avenue.
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„Ich war entschlossen, niemals meinen Frieden mit dem Ghetto zu machen, sondern lieber zur Hölle zu fahren, … als meinen Platz in diesem Staat zu akzeptieren.“ James Baldwin
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Zwei Leute, die Gründe haben, aneinander festzuhalten, geraten in den Sog einer skrupellosen Spielerin. In undurchsichtigen Manövern werden sie zu animierten Opfern. Es kommt sogar zu einer Reanimation der Beziehung.
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Der Körper als Kampfstätte und Exerzierplatz. Die jungen Pioniere des „Hoffnungsprojekts DDR (sind) Hitlers Kinder“. Zu der nationalsozialistischen Abrichtung und gruppenförmigen Ausrichtung kommt der Bankrott einer verworfenen, sozial gestorbenen Eltern- und Lehrergeneration. In den Trichter der ungeheuren Empfänglichkeit des jugendlichen Idealismus ergießen sich die Parolen des Neuen Deutschlands.
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Im obligatorischen Scheidungskrampf beansprucht die Autorin ihre Töchter ohne Wenn und Aber. Sie gehören zu ihr, vermutlich seit „der Apotheose der Geburt“.
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„Wir freuen uns sehr, dass die Kinder und Jugendlichen der Kindertanzcompany von Sasha Waltz & Guests anlässlich des 15. Jubiläums in einem Showing am 25. und 26. Juni ihre Arbeitsergebnisse aus den letzten beiden Jahren präsentieren können.“
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Wie Paul Mason, registriert und analysiert Temelkuran eine „neue Form des Faschismus“. Das Neo-Format führe „einen globalen Krieg gegen die Grundlagen der Vernunft“. Gleichzeitig alarmiert uns die Autorin: „Die Repräsentanten des radikal Männlichen sind … aktiviert worden … Gut möglich, dass es Krieg gibt. Wahrscheinlich werden wir lernen müssen, Kriegerköniginnen zu sein.“
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Sie ist plattgemacht worden. Man hat sie durch sämtliche Höllenkreise der Erniedrigung gejagt und dann, zusammengestaucht und, um die Vernichtung perfekt zu machen, absichtlich schlecht rasiert, ihrem Schicksal überlassen. Patience, der es einst gelang, sich der kulturrevolutionären Erziehung durch vorauseilende Unterwerfung zu entziehen, lässt Siegrieds Anblick an Fellinseln dilettantisch abgeernteter Schafe denken.
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Der Autor liefert einen Ausblick auf seine eigene Leserlaufbahn. Als Sohn eines mit Geschichtswissen beschlagenen, in Mehrfachaufgabenperformanz unschlagbaren, sachbuchsüchtigen Pfarrers, kommt Saunders über eine väterliche Empfehlung des „Hobbits“ zum ersten Erweckungsgenuss. Der Heranwachsende bleibt Büchern gegenüber steifnackig. Er studiert Ingenieurwesen in Colorado. Seine Initiation als erwachsener Leser verdankt Saunders einem Feierabend-Blues am Rand eines Ölfeldes in Amarillo.
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Daniel Kehlmann erkennt in ihm einen „wehrhaften Aufklärer“ in der Tradition von Jon Stewart - und Stephen Colbert, der den Mut besaß, unmittelbar nach dem Kapitol-Sturm am 6. Januar 2021 Trump, damals noch Präsident, einen Faschisten zu nennen. Kehlmann befleißigt sich einer bellizistischen Terminologie. Er spricht von Haupt- und Mordwaffe. Scheubas Hauptwaffe sei ein gutes Gedächtnis, die Mordwaffe …
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Dominique Fortier, 1972 geboren, zählt zu den wichtigsten Stimmen der franko-kanadischen Literatur. Für ihren Roman »Au péril de la mer« erhielt sie den Prix littéraire du Gouverneur Général, den höchsten Literaturpreis des Landes. »Städte aus Papier« wurde 2020 mit dem Prix Renaudot Essai ausgezeichnet. Dominique Fortier lebt in Montréal.
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Siegried bemerkt das Verhältnis von Peripherie und Zentrum auch in Goethes biografischer Geografie. Frankfurt und Weimar sind epochale Hotspots. Noch in der Topografie spiegelt sich Goethes titanische Geltung. „Des Menschen Wohnung ist sein halbes Leben.“ Das schrieb Goethe in einem Brief vom 30. Dezember 1795 an den Maler und Freund Johann Heinrich Meyer.
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Der „jüdische Zusammenhalt“ braucht(e) einen sakralen Raum. Die Bedrohungen, denen sich die Juden als religiös selbstbestimmte Minderheit in der polytheistisch-römischen Herrschaftssphäre ausgesetzt sahen, legten die Entwicklung mobiler Formate (für eine nomadische Praxis als Second Best Solution) nah. Wolffsohn beschreibt die Notwendigkeit einer „‚portativen‘, (sprich) tragbaren Heimat“.
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Amos Oz, geboren 1939, gestorben 2018, befindet sich auf den letzten Metern vor der Zielgerade seiner irdischen Laufbahn. Shira Hadad kommt mit dem „Erzähler Israels“ massiv ins Gespräch. Oz zeigt sich so konziliant wie konzentriert. Er nutzt die Gelegenheit, in der Gegenwart einer anziehenden, ihm gewogenen Person, sich noch einmal zur Sprache zu bringen. Er erinnert sich und sie an die Zeit „prophetischen Zorns“, als er „Aufsätze mit Feuer und Schwefel“ schrieb.
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Maggie schläft auf der Veranda auf einer Strohschütte. Der halboffene Raum dient vor allem als Zwinger. Die scharf gemachten Hunde sind in ihrer Freizeit winselnde Schosstiere. Sie dienen dem Zweck, Sklavinnen und Sklaven davon abzuhalten, den weißen Herrschaftsraum eigenmächtig zu verlassen.
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Das religiöse Zentrum des eisenzeitlichen Königreichs Jehūdāh war der 965 v. u. Z. auf dem höchsten Punkt Jerusalems (auf der Spitze der Stadt) erbaute Salomonische Tempel. Mit seiner Zerstörung 587/586 v. u. Z. ging die Deportation eines Bevölkerungsgroßteils nach Babylon einher. Nach der Rückkehr aus dem Exil um 515 v. u. Z. entstand ...
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Mit Horst Brasch, der nach England exiliert war, teilte er das Schicksal der „falschen Emigration“. Stefan Heym kam aus dem großen Amerika in die kleine DDR. Da belebte er den sozialistischen Realismus mit Hollywood-Stilmitteln. Er spielte in der Brecht-Liga, geschützt von einem Idealismus, der ihm ständig Gründe gab, auf seiner unergründlichen Linie zu bleiben. Heym war weder Dissident noch SED-Sprachrohr. Was ihm die realsozialistische Ernüchterung nahm, holte er sich aus der Bibel zurück.
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Amos Oz war ein typischer, zugleich überragender Vertreter der israelischen Aufbaugeneration. Versessen auf alles Neue sowie auf Stärke - in einer Gemeinschaft vom Grauen beflügelter, so leidensfähiger wie lebensfroher Frontiers. Aber natürlich überflügelte Oz seine Kohorte. Er wusste vom Lachen der Steine in der Negev und konnte sogar die Wüste lachen hören.
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„Spätheimkehrer“ - das sind in der fabelhaft modernen Gegenwart von 1972 jene Sportler:innen, die im Morgengrauen über den Zaun klettern, der das Olympische Dorf schutzverweigernd säumt. Für Edgar Berewski ist Spätheimkehrer ein biografisches Reizwort. Es lässt den verwitweten Anwalt mit schlesischem Migrationshintergrund aufhorchen.
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Bei meiner Zeugung sei eine kosmische Anziehungskraft im Spiel gewesen, die meine damals kaum drei Monate verheiratete Mutter vom Hocker riss und alles zum Erliegen brachte, was man ihr beigebracht hatte. Nach einem kurzen Sternenschauer wollte sie aber nur noch zurück in die Gediegenheit jener Verhältnisse, die sie geheiratet hatte.
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Sie muss um eine Putzhilfe betteln, obwohl sie das Geld für die Familie verdient; während der Gatte sich ganz dem Tora-Studium widmet. Seine Gelehrsamkeit rangiert turmhoch über allem. „Yosef kannte sich in unserer Küche gar nicht aus. Er musste mich sogar fragen, wo die Messer waren, wenn er einmal eines brauchte.“ Der Ehefrau obliegen alle häuslichen Arbeiten, ohne jeden Prestigegewinn.
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„Wir beide lieben Screwball-Comedys, das sind die Filme aus den 1940er Jahren, in denen selbstbewusste Frauen den Männern zeigen, wo es lang geht. Als der Verlag mit der Idee auf uns zukam, dass wir gemeinsam einen Cosy-Krimi schreiben sollen, also ein Kuschelkrimi mit viel Humor, da dachten wir: Jetzt oder nie! Frauen an die Macht! Das ist auch bei uns im Schreibteam so.“
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Die Jagd war zu Ende, die Jägerin schnitt einen Laborbatzen Muskelfleisch aus. Zehn Jahre nach Tschernobyl strahlte das Wildbret in der Wetterau weit über dem zulässigen Wert. Vereinzelt wurden bis zu 1115 Becquerel pro Abschusskilo gemessen. Keine Eingeweihte verlor darüber ein Wort. Es herrschte die Omertà der Interessenverbände.
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In Gary Shteyngarts ‚Brave New World‘ sind Flughäfen, „so schön wie Korallenriffe“, und die Fitnesswerte sämtlicher Verkehrsteilnehmerinnen eine öffentliche Angelegenheit. Via seines „Äppäräts“ erhält jeder Zugang zu verlässlichen Informationen über den sozialen Status von jedem. Die Gesundheits- und Attraktivitätsnormen deklassieren alle über Fünfundzwanzig. Im Gegenzug haben Fünfzigjährige einen ‚Global Teens Account‘.
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Lale Jerome gefällt es, ihre Gäste zu verwirren. Sie kombiniert Erfolgreiche mit Unterversorgten. Es dauert eine Weile, bis die einen bemerken, dass die anderen als Terrordekoration gedacht sind, wie eine Ekelmenagerie im Schaufenster einer H-Society-Frisörin, die kognitive Dissonanzen erzeugen will. Spricht man sie darauf an, behauptet die Fachfrau plump: In Manila sei das gang und gäbe. Subtext: Der neue Schick ist schon auf dem Weg nach Europa. Ich bin bloß einmal wieder die Erste.
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Die Dystopie ist perfekt. Das Repressionsregime einer „Restaurationsregierung“ setzt die Spielregeln der amerikanischen Freiheit mit einem Mix aus Emoji-Regression und Terror außer Kraft. Die Auflösung der US-Verfassung vollzieht sich in Prozessen, die als „Erneuerungen“ deklariert sind. Die Transparenz der Camouflage lässt nichts zu wünschen übrig. Jeder weiß Bescheid. Alle fügen sich. Die Gangster an der Staatsspitze spielen mit offenen Karten.
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„Zu dem Geistigen: Ich denke mir dann immer: haben diese Großen dazu so unerhört viel gelitten, daß heute irgendein Arschgesicht kommt & seine Meinung über sie abgibt.“ Ludwig Wittgenstein, zitiert nach Peter Sloterdijk, „Wer noch kein Grau gedacht hat: Eine Farbenlehre“
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Ließ es Churchill kalt, dass Coco Chanel mit Hilfe der Nazis versucht hatte, ihre jüdischen Geschäftspartner auszubooten?
Der große Mann starb als Freund Israels, wenn auch nicht als ein besonders verlässlicher. „Churchills Zionismus war … sentimental“, sagt Michael Makovsky. Belassen wir es dabei. Churchill bleibt bis auf Weiteres der Homme de Lettres unter Hitlers effektivsten Feinden.
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Nach drei Jahren Pause ist »Kreatur« von Sasha Waltz & Guests vom 25. bis 28. August erneut im Berliner Radialsystem zu erleben. Und im Juni 2022 können die jungen Tänzer*innen der Kindertanzcompany von Sasha Waltz & Guests erstmals seit der Pandemie wieder ihre Arbeitsergebnisse in einem Showing im Radialsystem präsentieren.
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Buck The Seal Leland schoss auf Farbeimer, die über Leinwänden baumelten. Er imitierte Niki de Saint Phalle. Weil er riesig war, einen verschlingenden Blick hatte und die karierten Hemden von Chief Bromden trug, sah bei ihm alles nach ausgeflipptem Holzfäller und nichts nach Kunst aus.
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Art-Gunner Niki malt mit einem Gewehr. Sie baut Bomben in einem Hotelzimmer, während Jean Tinguely Schrott in eine skulpturale Einheit bringt. Er arbeitet auf einem, für ihn abgesperrten Casino-Parkplatz. Am 21. März 1962 schaffen Niki und Jean das Werk in die Wüste, wo sie es in die Luft jagen. Beide verstehen ihre gemeinsame Arbeit als politischen Kommentar zwischen Ironie einerseits und einer Beschwörung der atomaren Apokalypse andererseits.
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Angeblich sagen uns chemosensorische Reize, die unbewusst wahrgenommen werden, wo es langgeht. Gestern fragte Annette, ob wir alles gemacht hätten. Alle Stellungspunkte abgehakt. Dass kein unerfüllter Rest da bleibt, wo Vollständigkeit einfach und preiswert herzustellen ist.
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Bereits im Dezember 1949 beschreibt Adorno in einem Brief an Thomas Mann, was seither das ‚Gedächtnistheater‘ als einer deutschen Veranstaltung bestimmt. „Eigentümlich amorph“ seien die Darstellungen der in Nürnberg vor Gericht gestellten Täter:innen. Die Schuld rinne „ins Wesenlose“.
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Auf der bolivianischen Altiplano-Hochebene drängt Wasser durch Gesteinsrisse, dessen chemische Signatur seine pazifische Herkunft verrät. Der stille Ozean unterspült die amerikanische Landmasse, steigt vierhundert Kilometer hinter der Küstenlinie auf und tritt in einer vom Bergbau versehrten Landschaft zu Tage. Der erdgeschichtliche Vorgang im Dunstkreis einer Subduktion bietet sich eskapistischen Analogien an.
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Senioren, die zu Wurst verarbeitet werden; „Dubioseres kriegen die Polarhunde“ - In den Bargfelder Idylle dichtet Schmidt Dystopisches. Er deutet Karl May, sich auch über eine vorläufige Geheimschrift beugend, da Mays im Herbst 1907 entstandene Arbeit „Frau Pollmer, eine psychologische Studie“ noch nicht publiziert ist, als Schmidt in seinem Werk „KAFF auch Mare Crisium“ kryptisch daraus zitiert.
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»Wem gehört die Kirche? Ist es die Kirche der Kardinäle und Bischöfe? Nein, sie gehört uns Menschen! Und es wird Zeit, dass wir sie in Besitz nehmen.« Davon sind Lisa Kötter und Maria Mesrian - die zwei bekannten Mitbegründerinnen der Reformbewegung Maria 2.0. - zutiefst überzeugt. »Entmachtet die Kirche und gebt sie den Menschen zurück«, fordern sie in ihrem ersten gemeinsamen Buch.
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Unter der Zivilisationskritik zeichnet sich eine Seebadidylle ab. Die Autorin streicht Prisen eines gemächlichen Lebenswandels ein. Sie beobachtet „Urlauber einer bestimmten Altersgruppe … die im örtlichen Pub … schweigend vor riesigen Tellern Fish and Chips sitzen“. Sie beschreibt ein Genre. Schweigende Paare tragen genauso zum Lokalkolorit bei wie die Robbenkolonie auf einer Sandbank vor dem Strand.
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Zwei Euro kostet der Wein in einer arabischen Bude. Schön ist die Bedienung mit dem braunen Gesicht. In ihren Bewegungen: bezwungene Trägheit. In ihren Wüstenaugen: vergatterte Melancholie. Der Grandseigneur am Katzentisch vor dem Klo, mit Einstecktuch, im Kreis gereifter Hippiedamen, hypostasiert einen obsoleten Kulturbegriff.
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„Dass die tiefste kulturelle Revolution durch den Einzug der Marginalisierten in die Repräsentation ausgelöst wurde - in der Kunst, der Malerei, der Literatur, überall in den modernen Künsten, in der Politik und im sozialen Leben im Allgemeinen. Unser Leben wurde durch den Kampf der Marginalisierten um Repräsentation verändert.“ Stuart Hall
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Tradition und Moderne - Die Autorin kartografiert in ihren Gelegenheitsarbeiten die Verwerfungslinien zwischen allen japanischen Renaissancen der Abschottung und den fliegenden Kohorten der Zukunft.
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Auf einer Tiberbrücke spielte ein Straßenmusiker “Shine On You Crazy Diamond” so inbrünstig, dass sich Clarke in seine Jugend zurückversetzt fühlte. Mit Anfang zwanzig war er zum ersten Mal in Rom gewesen.
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1959 widmet der SPIEGEL Arno Schmidt eine Titelgeschichte. Man zitiert den Autor mit den Worten „Goethes Prosa ist eine Rumpelkiste“. Da lebt Schmidt schon in Bargfeld; endlich angekommen im eigenen Haus mit Garten und einer, den Schriftsteller ansprechenden Umgebung, die er als „Parklandschaft“ charakterisiert. „Still und stilvoll“ finden die Schmidts ihre endgültige und endlich auch legendäre Bleibe.
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An den „Kolonialpionier“ Carl Peters erinnerten noch lange deutsche Straßennamen. Die kanonisierende Wirkung solcher topografischen Ehrungen könnte einem gesellschaftlichen Hintergedanken Rechnung getragen haben. Allgemein hielt man das überseeische Engagement des Deutschen Reiches für einen Posten auf der staatlichen Guthabenseite. Als verspätete Nation war Deutschland eben auch zu spät ins Kolonialgeschäft eingestiegen.
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Die litauische Erinnerungskultur versteift sich im Pathos des antisowjetischen Widerstands. Die Auf- und Ablehnung schuf einen elastischen Mythos, der sich seine Updates im kollektiven Gedächtnis nach wie vor garantiert. Litauische Nazi-Kollaborateure, die Jüdinnen und Juden ermordeten, und in den Nachkriegsjahren als Partisanen im Kampf gegen den UdSSR-Usurpator fielen, avancierten zu Nationalhelden. Die Glorifizierung der militanten Aversion gegen die sowjetische Fremdherrschaft „überblendet“ ...
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Die springenden Punkte der Stadt stellen Gegensätze aus. Aus der Energie konkurrierender Interessen entstehen Strukturen mit phantastischem Transformationspotential. Sie lassen sich wie Kunstwerke anschauen.
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Die Ereignisse in Belarus nach der Wahl 2020 erhalten ihre historische Signatur im Brandschatten des auf ukrainischem Boden tobenden russischen Angriffskriegs. Mit dieser unsäglichen Volte rechnete kein Mensch, als hunderttausende Belarussinnen und Belarussen den öffentlichen Raum zur Agora ihres Protests gegen staatliche Willkür machten und da, nach einem Wort von Hannah Arendt, die Freuden der freien Bürger:innen genossen.
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Als Tochter türkischer Einwanderer wächst Büsra in den Niederlanden auf. Den Alltag der Heranwachsenden bestimmen oft unverständliche, in jedem Fall einschränkende und von der Mehrheitsgesellschaft abweichende Regeln. Büsra lebt in einem repressiven Familienregime, das sich im Schatten staatlichen Laissez-faires trotzig behauptet.
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Der Priester bleibt aus. Der Fernseher lässt sich nicht einschalten. Nachts führt mich eine Wärterin zu einem Saal. Ein Abschlussball könnte darin stattfinden. In einem Alkoven bemerke ich drei Männer. Zwei liegen ramponiert auf den Knien. Ich ahne stumme Bewegungen an dunklen Rändern.
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Auf der Triumphbühne der Sieger:innen über Nazideutschland sieht man nur Weiße. Obwohl „Millionen Menschen aus Europas Kolonien zum Sieg“ über den Faschismus beitrugen, verweigert ihnen das kulturelle Gedächtnis eben jene Würdigung, mit der wir die Freiheitsgewinne der Altvorderen bedenken.
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„Das Komponieren von Musik zu Gedichten steht im Mittelpunkt des ersten MIFGASH, das den israelischen Verleger und Dichter Dr. Dory Manor aus Berlin und den in Tel Aviv lebenden Songwriter und Komponisten Eran Zur zusammenbringt. Im Laufe seiner Karriere hat Zur eine Fülle von Liedern zu literarischen Gedichten komponiert.“
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Betrug, Verrat … jahrelang handelte ich aus Liebe. Als sich die Auseinandersetzungen zwischen der Liga und den christlichen Verbänden schon so zugespitzt hatten, dass sie in den Nachrichten ständig vorkamen, war ich immer noch nur damit beschäftigt, Saide bei Laune zu halten. In ihrer Gegenwart darf man nicht gähnen. Ich hatte vor den Schergen des alten Mannes weniger Angst als vor ihrer Langeweile.
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Sie brachte dreizehn Kinder in elf Entbindungen zur Welt. Zugleich bewährte sich Yosano Akiko (1878 - 1942) zu einer Zeit als Ernährerin ihrer Familie, als erwerbstätige Frauen - zumal in gehobenen Berufen - gesellschaftliche Sonderrollen spielten. Akiko veröffentlichte die Rahmenbedingungen ihrer Existenz. Unter der Überschrift „Aufzeichnungen aus dem Wochenbett“ gewährte sie Einblicke in ein Entbindungszimmer.
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„Die Migration in ein neues Land setzt in der Regel mehrere Prozesse in Gang: die Herabstufung der Hauptsprache der Migrant:innen zu einer Minderheitensprache, die Notwendigkeit ständiger Übersetzungen und auch den Eintritt in eine neue Existenz, denn Wörter, Begriffe und Konzepte müssen neu definiert werden, wenn ihre Bedeutungen in der Kultur beziehungsweise dem Sprachspiel der Kultur liegen ...“
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„Corona hat das Leben verändert. Aber nicht für alle gleich. Viele Gräben haben sich vertieft. Viele Machtpositionen wurden gefestigt, Privilegien und Benachteiligung folgen weiter kapitalistischer Logik, statt diese Ausnahmesituation als Chance zu begreifen und genau diese trennenden Phänomene auszugleichen. Be_hinderung ist stigmatisiert und wird meistens als Gegenzustand zu „gesund sein“ konstruiert.“
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Die Autorin variiert einen längst klassischen Avantgarde-Titel der vorletzten Moderne: Georges Batailles „Obszönes Werk“. Unter der Überschrift ‚Das obszöne Buch‘ erinnert Julia Shaw an Henry Havelock Ellis (1859 - 1939), der auf dem Schiff seines Vaters bereits als Siebenjähriger eine Weltreise absolvierte. Ellis nahm eine Strategie der Graswurzler:innen vorweg. In dem Vorläuferinnenmodell bezog man sich auf Quintus Fabius Maximus Verrucosus. Der römische General vermied …
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Das ID Festival bittet zur großen Schawuot-Feier: 2022 fallen das christliche Pfingsten und das jüdische Erntedankfest Schawuot, das die (Um)Gründung des israelitischen Volkes mit dem Empfang der Thora am Berg Sinai markiert, auf ein und denselben Tag, den 5. Juni. Grund genug für das israelisch-deutsche Festival, den Austausch zwischen den Kulturen zu feiern ...
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Die Ästhetik war „Außer Atem“. Thomas Brasch (1945 - 2001) trieb die Abgrenzung bis zur Pose und schrieb Gedichte für die Köchin im Ganymed bei Gelegenheit. Dann schrie er aus dem Fenster seinen Verdruss. Das hörte man nebenan, wo das Berliner Ensemble ist. Das Ende im Blick vor dem Anfang: Das ist das erste Gesicht der Gedichte von Thomas Brasch. Der Fatalismus der Geschichte summt darin sein Lied vom Sozialismus. Der Kampf geht immer nur „um eine Niederlage“.
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Dee Cameron erscheint, wie vom Zauberstab einer guten Fee berührt. Mit ihr endet eine transgenerationale Talfahrt. In einem Aufsatz, der das abgeflaute Interesse an ihrem hochgejazzten Romandebüt dosiert provokativ wieder anheizen sollte, zählte Dee jene aus North und South Carolina stammenden Versager auf, denen sie nachkommt. Stichworte des Desasters: White Trash. Trailer Park. Rednecks & Hillbillys.
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„Lessing war der erste freie Schriftsteller … weil er Pech gehabt hat.“ Pech heißt: keine Anstellung. Heiner Müller fühlt mit Lessing, er nennt ihn ein „Vorbild“ und sich tapfer, indem er Lessing Mut zuspricht. Er hält die Zigarre zwischen sich und die Welt, er ist ein Echo der DDR. In einem futuristischen Einst wird das Beste an der DDR ein Heiner-Müller-Echo sein. Doch jetzt sind ihre Irrtümer seine Chancen.
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Der Autor variiert einen Höhepunkt der Renaissance. Gary Shteyngart bezieht sich auf die Novellensammlung „Decamerone“. Giovanni Boccaccio erklärte ein Landhaus (das noch steht) vor Florenz zum Schauplatz einer Begegnung Heimgesuchter anno 1348. Sieben Frauen und drei Männer sind vor der Pest in die toskanischen Highlands geflüchtet. Angehoben von Sommerfrische-Empfindungen und gedämpft von Angst stellen sie die Gegenwärtigkeit eines schrecklichen Todes in den Glanzschatten der Erzählkunst.
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„Am Dienstag, den 24.05.2022, 18-21 Uhr zeigen wir vor Ort im Salon am Moritzplatz (Oranienstr. 58, 10969 Berlin) sowie online auf mohit.art virtuelle Atelierbesuche in Teheran und (Video-) Gespräche mit den Künstler*innen Bita Fayyazi, Behnam Kamrani, Negar Tahsili und Newsha Tavakolian. Live- und Online-Screening der vier virtuellen Atelierbesuche mit anschließendem Künstler*innengespräch.“
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Heiner Müller erklärt Braschs „Land-Wechsel“ 1977: „Die Generation der heute Dreißigjährigen in der DDR hat den Sozialismus nicht als Hoffnung auf das Andere erfahren, sondern als deformierte Realität. Nicht das Drama des Zweiten Weltkriegs, sondern die Farce der Stellvertreterkriege (gegen Jazz und Ringelsocken). Nicht die wirklichen Klassenkämpfe, sondern ihr Pathos.“
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In seinem Garten gibt er der Natur Raum. Organisatorische Defizite und weitere menschliche Trägheitsmomente begünstigen pazifischen Wildwuchs. Der Hausherr süßt das Manko mit dem Zucker klimagerechter Floskeln. Das hält Alexander Borisovich Levin-Senderovsky, kurz Sasha, nicht davon ab, wie ein Henker Auto zu fahren.
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In der Hochzeit der Barrikaden, Kaufhausbrände und Puddingattentate macht die schweigende Mehrheit Kulturrevolution. Im Oktober Neunundsechzig wählen Deutsche den ersten sozialdemokratischen Kanzler seit 1930. Die Zeit der parlamentarischen Langeweile ist vorbei, als sich dreißig Abgeordnete der „Pünktchenpartei“ FDP zur SPD schlagen. SDS-Vorsteher Hans-Jürgen Krahl kommentiert den Brandt im Kanzleramt.
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Wie ein Kriegsberichterstatter unserer Tage schildert der sowjetische Propagandist Isaak Babel die Pulverisierung der Ukraine vor 102 Jahren im Sommer 1920 im Polnisch-Sowjetischen Krieg (1919 - 1921). Seelisch erfroren durchstreift der Chronist das Grauen. Ein privilegiertes, seinem Auftrag vollkommen entfremdetes, das eigene Überleben beklagende Gespenst verlangt von sich, Zeugnis abzulegen. Mit James Joyce könnte es sagen: “Write it, damn you, write it! What else are you good for?”
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Mit dem Verkauf von Haddekuche bestreiten sie ihren Lebensunterhalt. Sie bieten Gebäck in Gaststätten an. Ihre Auftritte suggerieren eine Tradition von hundert Jahren. In Wahrheit stammt die Figur der fliegenden Backwarenbornheimerin aus Daseinssümpfen der Siebzigerjahre. Von der Pleite bedrohte Musikerinnen und andere Kneipenexistenzen retteten sich zu einer erfundenen Folklore.
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Der Vater war eine HVA-Leuchte, Kundschafter des Friedens, „Westagent mit acht verschiedenen Identitäten“; ein Mann des Militärisch-Industriellen Komplexes (MIK). Darin denkt die Autorin, während eine anonyme Drohung mit dem Absender unknownsoldier@ ihre Nervenstränge vibrieren lässt. Die Angst assoziiert sich mit den „Nebelbildern von Gerhard Richter“. Ines Geipel variiert und ergänzt Richters Nebelbilder mit „dunklen Nachbildern“.
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Es war wie heimkommen. Die Kneipe sah so aus wie Kneipen in meiner Kindheit ausgesehen hatten und die Gäste zeigten sich umgänglich und zufrieden. Die Wirtin war eine passionierte Kreuzworträtsellöserin mit Stricknadeln im Haar und Brillenkette. Ich kam ins Gespräch mit Marion und Achim, dem unproblematisch-postproletarischen Pärchen von nebenan. Ich schätzte Achim auf Ende vierzig. Er atmete angestrengt, bewegte sich schwerfällig und wirkte angeschlagen. Marion verkörperte die stille Unverwüstlichkeit ...
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Joseph Conrad stellte das koloniale Gefüge der Welt nicht in Frage. Seine auf die Horizontlinie fokussierten Helden bewegen sich zwar in unerschlossenen Räumen, bleiben seelisch jedoch im weißen Dschungel. Die Kolonisierten erscheinen bei Conrad in sämtlichen Auffaltungen so holzschnittartig wie Skulpturen. Es sind Verdinglichte, Manipulierte ...
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Jonna betrachtet ein Foto, das Thomas Brasch und Charles Bukowski zeigt. Braschs Mimik konserviert ein ungern preisgegebenes Erstaunen darüber, dass Bukowski sich offenbar ernst meint. Gemessen an den Ernsthaftigkeitsfestivals des Ostens kann Brasch Bukowski nur als Farce-Figur wahrnehmen. Das ist nun das, was er nach dem „Landwechsel“ zur Verfügung hat, während Heiner Müller (solange er kann) im Material bleibt.
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Auf der Flucht vor seinen „sinkenden Testosteronwerten“ donnert der Risikojunkie im Cabrio über die Alpen - Kurt Ehre, ein Babyboomer wie aus einem Stuttgarter ‚Intelligenz trifft Kapital‘-Bilderbuch und entsprechend erfolgreich als Anwalt der Autolobby im Ländle, anders gesagt: ein überdrehter, von überdrehten Superunternehmer:innen geschätzter, schwäbischer Staranwalt ...
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Als 1833 in Großbritannien die Sklaverei abgeschafft wurde, fand es die Krone angebracht, die sechsundvierzigtausend Sklavenhalter auf den Inseln ihrer Besorgnis zu entschädigen. Die Kompensationen folgten einem Rechtlichkeitsbegriff, der sich bis heute aus unserem Verständnis nicht verabschiedet hat. Nach Hegel übersteigt das „Dasein des freien Willens“ juristisches Recht.
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Auf dem Vorhof seines Weltruhms dient Isaak Babel (1894 - 1940) dem Propagandaapparat der blutjungen Sowjetunion. Der Aktivist aus Odessa hält sich für ideologisch feuerfest und wähnt sich zugleich auf einem betonharten Plateau des Zynismus. Babel will der Welt sein naives Gesicht nicht zeigen. Das abgedankte zaristische Personal präsentiert er als Panoptikum „gewesener Menschen (und) Aristokratenratten“.
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Sie schreibt über die Unentbehrlichkeit der Kultur, über himmlische und irdische Liebe, über Interieurs, großen Stil und über die Kostbarkeiten des Lebens. Jonna von Stellberg ergründet die Kunst des Traums, dramatisches und episches Sterben, avantgardistische Lichtmalereien und die Psychologie des Komforts. Aus ihren Kunstkritiken, Feuilletons und Briefen spricht die Großartigkeit in Großbuchstaben.
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Die deutschen Ahnen des Romanhelden verloren vor vierhundert Jahren alle Hoffnungen auf eine gedeihliche Existenz im elsässischen Hagenau (französisch Haguenau). Sie migrierten nach Amsterdam. Nach einem Wohlstandszwischenspiel reicherten sie den „Bodensatz der Gesellschaft“ an. Eine Galerie „ebenso fragwürdiger wie farbiger Figuren“ ...
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Heute gibt es mehr Grenzen als zu den Zeiten der Deutschen Teilung. Der Optimismus des Westens lahmt. Das Vertrauen in die Demokratie sinkt. Der Liberalismus erscheint als kranker Mann am Potomac nicht anders als an der Themse oder Seine oder Spree. Keine Erwartung wurde gründlicher enttäuscht als die Vorstellung, der (ab Neunundachtzig) eingenommene ...
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Hinter der Initiatorin des Ausflugs liegen siebzehn Umzüge, sechzehn davon als prekär-nomadische Alleinerzieherin. Franziska Brenner, einst eine erfolgreiche Skispringerin, lebt nun in Tettnang am Bodensee und stabilisiert sich mit Dauerläufen. Überrundet weiß sich Franziska längst von ihrer tüchtigen, gleichwohl „wurzellosen“ Tochter Elina, während deren Zwillingsschwester Mara ...
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2002 erzwingt die Schröder-Regierung im Basta-Modus eine Energiekonzernkonzentration und ignoriert dabei Einwände des Bundeskartellamts. Drei Jahre später gründet sich ein russisch-deutsches Joint Venture zum Bau einer Pipeline durch die Ostsee: Nord Stream 1. Kritik der Anrainerstaaten weisen die Initiator:innen des Gazprom-Konsortiums zurück.
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Die Ukraine als Hauptschauplatz eines weitgehend vergessenen Krieges. Als Diarist und sowjetisch-akkreditierter Berichterstatter schildert Isaak Babel 1920 eine geschundene und verschlissene Bevölkerung in einem zugrunde gerichteten Land. Das hätte ich im Januar 2022 noch anders gelesen. Der aktuelle Krieg illustriert ...
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Pünktlich zur Jahrtausendwende verliebt sich Inna in Gleb. Der Facharbeiter für Lagerwirtschaft führt beruflich ein Schattendasein im Keller der Rostocker Kunsthalle. Da liegt sein Schatz im Silbersee; versenkt von westdeutschen Kuratorinnen, die realsozialistisches Kunstgewerbe aussortieren. Exorzistisch entzieht Gleb dem Bestand Werke mit besonders plakativ-knalligen kommunistischen Symbolen.
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Als Verehrer rangiert er zunächst unter ferner liefen. Seine „mönchische“ Handschrift weckt dann aber das Interesse einer Umschwärmten mit prekärer Biografie. Dies geschieht am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Im nächsten Augenblick werden Theater geschlossen und Selbstmorde begangen.
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... wie Biermann über Ruth Berlau sprach, die er erst traf, als sie, so sagte er es, „schon ein alkoholisiertes Wrack“ war. „Die alte Frau“ (war) knapp über fünfzig.“ Vor ihrem Fenster stand auf dem Karlsplatz eine von Brecht in die Lyrik gebrachte Pappel. „Der große Lehrer“ hatte Berlau ausgemustert, als er zum Schreiben seiner Stücke keine Zuarbeiterin mehr brauchte, weil er keine Stücke mehr schrieb.
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Sie sahen aus wie Araber und sie sprachen arabisch nicht anders als die Mehrheitsgesellschafter in ihren Geburtsorten. Als sich Mizrachim in den 1940er Jahren - im Zuge der israelischen Staatsgründung - für Spionageaufgaben rekrutieren ließen, fehlte ihnen zu einer perfekten Tarnung allein das, was in familiär-muslimischer Beiläufigkeit transferiert wird: religiöse Trivia vom Aberglauben über Verballhornungen ...
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Heiner Müller wusste, dass viele Phänomene seiner Gesellschaft keine Chance hatten, historisch zu werden. Die DDR-Wahrnehmung der Siegerinnen begnügt sich; während wir die amerikanischen Schichten gründlich voneinander scheiden. Jedes Imperium fordert eine Maßstab-bildende Genauigkeit heraus.
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1948 - In Beirut herrscht das Laissez-faire der französischen Kolonialmacht. Man lässt es gemächlich angehen, während in Haifa und Jerusalem die Feinde unversöhnlich aufeinandertreffen. Mitunter bedarf es bereits einer Ausrede, weshalb man nicht beim Dschihad mitmischt und fern der Front noch jene Ruhe findet, die es braucht, sich so weit weg vom Schuss nicht schon außerhalb der Welt zu fühlen.
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Ich bin früher nicht gern allein aufgewacht. In einer vertrauten Beziehung erschien mir der Morgensex manchmal wie eine Gratismahlzeit, die man nicht ausschlägt, obwohl der Hunger noch gar nicht zurück ist. Heute arbeitet meine Phantasie auch mit post-koitalen Bademantelbilder, die Brigitte Maria Mayer gemacht hat. Man sieht den vom Alter verlangsamten Heiner Müller im Sog der Kraft einer potenten Frau.
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David Ben-Gurion dekretierte: “We must help the British in the war as if there was no White Paper, and we must stand against the ‘White Paper’ as if there was no war”. Seine Mahleket Hashshar-Agenten (ausnahmslos Männer) konspirierten mit einer nahezu perfekten Abdeckung. Die Mista‘aravim gaben sich - in einer abgewandelten Auslegung der ursprünglichen Begriffsbedeutung - als Araber aus. Die bloße Biografie jedes Einzelnen lieferte eine Legende frei Haus.
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Da der Bundespräsident gerade von Putins „Epochenbruch“ sprach: Sich auf Norbert Elias‘ „Prozesse der Zivilisation“ beziehend, meldet Oliver Nachtwey erstaunliche Entzivilisierungsprozesse. Etablierte (Russland) reagieren auf aufsteigende Außenseiter (Ukraine) mit der Preisgabe der eigenen Moralstandards an gröbere Formate. Bei Restaurationsversuchen ihrer Ordnung werden sie zu jenen Barbaren, die sie vor sich zu haben glauben.
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Steckte man jene arabischstämmigen Postmigrant:innen, die bei antisemitischen Umzügen ihren Judenhass herausposaunen, in israelische Uniformen, ergäbe sich kein Momentum der Irritation, solange Schweigen die Verkleideten zierte. In der Frühzeit des israelischen Nachrichtenwesens spielten Akteure der „arabischen Sektion“ auf diesem Klavier. Mizrachim nutzten Chancen doppelter kultureller Auswahl. Mimikry setzten sie als Waffe ein. Sozialisiert in Exklaven arabischer ...
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Seit ein paar Jahre tragen ich gern Nachthemden meiner Stralsunder Großmutter. Die Leinenstücke gehörten zur Aussteuer und stammen aus der Hand einer Greifswalder Weißnäherin. Biesen, Spitzen, Nadelfilets und seidene Einfassungen zieren sie. In der Hochzeitskollektion war auch ein Totenhemd. So praktisch war der Begriff vom Leben.
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Rachel Elliotts Little Town Blues ist hinreißend koloriert. St Ives liegt in der Grafschaft Cornwall. Die Verhältnisse schillern beschaulich. Das Skurrile dominiert. Belles Trinkkumpane im Black Hole sind alle Mann über sechzig. Dazu passt, dass man sie für eine „alte Seele“ hält.
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Einmal will Brecht die Arbeiterklasse in echt auf die Bühne bringen. Wie geht das? Das geht einfach so, sagt Brecht, dass man der Gewerkschaft Bescheid sagt. So geschieht es. Die Gewerkschaft schickt Arbeiter, mit denen Brecht arbeitet. Um anderen Arbeitern die Arbeiterschauspieler nicht vorzuenthalten, kauft die Gewerkschaft das Premierenkontingent auf und verteilt die Karten. Die Kollegen stecken die Karten ein und verziehen sich in ihre Kneipen. Die Arbeiter auf der Bühne spielen vor einem leeren Saal.
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Die katholische Kirche focht den Streit nicht mit offenem Visier aus. Graue Eminenz hinter den Juristen K. Panzer und Paul Weimann war der Kölner Priester Wilhelm Johannes Böhler, ein Spitzenmann der klerikalen Funktionselite. Böhler hielt kirchenamtlich Verbindung zur Regierung. Er war Gründer der Katholische Nachrichten-Agentur.
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Ivy von Höckelheim ist ein Kind der Nelkenrevolution. Ihre 1979 tödlich verunglückte Mutter entstammte dem zweiten Kreis der alten Macht in Portugal. Sie zählte zum Caetano-Klan, der Salazar beerbte. Lourdes‘ Sympathien gehörten aber der Umsturzgarde. Sie begeisterte jene „fast beunruhigende Leichtigkeit“ (Arnold Hottinger), die den Putsch zu einer europäischen Party machte.
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Ihre ersten Lebensjahre verbringt sie als Tochter eines kommunistischen Funktionärs und einer doppeltpromovierten, intellektuell unschlagbaren, emotional unterkühlten Ingenieurin in der Sowjetunion. Da durchlaufen Julias Eltern einen Prozess der Entfremdung von den herrschenden Verhältnissen ...
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Hanne Marlow, geborene Schleim, wringt ihr trockenes Haar. Eine Geste der Verzweiflung auf dem Vorfeld von Erosion, Korrosion und Schimmel. Die übelsten Sachen sieht man gar nicht. Man kann sie auch nicht riechen. Aber sie sind da als Lauerjäger in den Größenordnungen der Mikroorganismen. Die chemische Zusammensetzung des Lebens schleift einen Rattenschwanz an Problemen ...
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Die Autorin schildert eine Lebenslücke als biografischen Gehwegschaden aus. Kathi ordnet alle und alles dem Kinderwunsch unter, sogar den in die Zeugungspflicht genommenen David, dessen Vorzüge gründlich herausgestellt werden, um den Kontrast zu all den zuvor gezogenen Nieten besonders schroff wirken zu lassen.
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Mühelos gewann Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj den Kampf um die Köpfe Europas. Ihm gelang es, die Frage ‚Wie hältst du es mit der Ukraine‘ zur Gretchenfrage in jedem Wohnzimmer zu machen. Dies gewiss in der Konsequenz schrecklicher Erfahrungen. 2014 fehlte die Anteilnahme. Die Amputationsschmerzen der ihrer Krim beraubten Ukraine ...
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Sie ist ein Kind der sowjetischen Nomenklatura. Der feurige Vater besticht auf allen Podien mit schillerndem Sendungsbewusstsein und überbordendem Vortragstemperament. Seinem messianischen Impetus verdankt der ungemein vielseitige Funktionär Michael Haart die Privilegien von Reisekadern in einem an allen Ecken und Enden erodierenden, von Leonid Iljitsch Breschnew beherrschten Staatenbund.
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Über der Wasserlinie verliert der Himmel sein brennendes Morgenrot. Das Formenspiel der Wolken spiegelt sich. Das ist eine Urszene meines Lebens. Solange ich zurückdenken kann, nimmt mein Tag an einem Fenster mit freiem Blick auf den Bodden Gestalt an.
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Auch wenn der Expressionismus sie prägt, Valeska Gert nennt ihn ihr „einziges Verständigungsmittel“, erkennen manche in ihr eine Ikone der Neuen Sachlichkeit. Ihre Erscheinung zählt zu den Signets der Berliner Moderne. Es geht um weibliche Ermächtigungen. Zunehmende soziale Bewegungsfreiheit und ihre Reflexe in Kunst und Mode liefern Valeska Gert Steilvorlagen.
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Er übermalte Postkarten mit Motiven des „Reichsschamhaarmalers“ Adolf Ziegler. Dessen Triptychon „Die vier Elemente“ nahm einen herausragenden Platz in der faschistischen Ikonografie ein, während Willi Baumeister (1889 -1955) im Dritten Reich als „entarteter“ Künstler kursierte. Der Geächtete überzog den Nobilitierten mit Hohn ...
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Die Schredder einer neuen Zeit vernichten ellenlange Vergangenheitsschleppen. Was Ré Soupault nicht alles war vor dem Krieg. Experimentalfilmerin, Modemacherin, Fotografin, kurz eine Kombattantin im Kulturkampf mit Ausstrahlung. Verheiratet mit dem solventesten Surrealisten. Philippe Soupault war sich zu fein war für die Hahnenkämpfe um die Gipfelstellung auf dem Misthaufen seiner Kunstrichtung.
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Der Bodden liegt hinter einem Grauschleier. Ich sehe aus meinem Schlafzimmerfenster, das in grauer Vorzeit der Witwenkammerausguck meiner Großmutter war. Manchmal bilde ich mir ein, Niststellen eines alten Geruchs wahrzunehmen; eine Ahnengrindanhaftung in Gebälkschrunden.
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„Zwischen 1933 und 1945 kontrollierte das nationalsozialistische Regime das künstlerische Schaffen in Deutschland. Insbesondere Künstler*innen, die wegen ihrer Religion, ihrer Herkunft oder politischen Einstellung verfolgt wurden, flüchteten vor den staatlichen Bedrohungen in die Emigration.“
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Der kaum zwanzigjährige Malte Herzog erscheint Jonna von Stellberg auf halber Höhe des Tillwitzer Hausbergs wie in einer Vision. In Jonna geht sofort etwas los. Sie lädt Malte in ihr Skipperhus ein und bewirtet ihn ausführlich. Doch nichts von dem, was Malte seiner Gastgeberin zeigt, erklärt Jonnas eruptive Reaktionen auf den Fremden.
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Das Leben als Weißer Hai, der am liebsten Identitäten frisst - Das Verschwinden von Herkunfts- und Abstammungsgewissheiten verwirbelt die Lebensläufe der Held:innen in Keiichirō Hiranos Roman „Das Leben eines Anderen“. Nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes erfährt die Schreibwarenhändlerin Rie, dass sie einem Identitätsbetrüger auf den Leim gegangen ist.
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Auf der Bühne meiner Küchenextravaganz gebe ich die Ungezwungene. Malte bleibt verpennt auf Distanz. Ich weiß schon, dass er gut geschlafen hat. Ich erforsche seine Stimmung, als hinge für mich Bewegendes davon ab, wie Malte aufgelegt ist. Behutsam belaste ich den Steg seiner kaum verbindlichen Freundlichkeit.
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Hanseatisch-urbane Oberflächlichkeit versus gediegene hochnorddeutsche Küstenländlichkeit – Auch Svenja Lassen weiß, es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Für eine Nordfriesin von echtem Schrot und Korn heißt das, es gibt kein richtiges Leben in Hamburg.
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„Über Nacht wurden ukrainische Kinder der Möglichkeit beraubt, beschützt und unbeschwert in ihrem Heimatland aufzuwachsen. Mitten in Europa. Im 21. Jahrhundert. Unerträglich der Gedanke, welchem Leid und Schrecken sie ausgesetzt waren. Teils von den Strapazen gezeichnet, teils vom Geschehen traumatisiert, sind sie nun endlich in Sicherheit.“ Olga Strobel
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Ich beende das Schauspiel der vollendeten Gastgeberin. Wenn hier jemand nichts nötig hat, dann bin ich das. Malte schaltet sofort um. So beflissen wie ein Gymnasiast stellt er eine Frage zur Geschichte des Hauses. Bisher war noch jeder Gast bei seinem Antrittsbesuch vom Skipperhus bis zur Betäubung eingenommen. Ich lebe in einem Museum.
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Im Sommer 1826 kam James Fenimore Cooper nach Europa. Er reiste mit Entourage. Ihn interessierten altweltliche Pittoresken, Rokoko- und Barock-Schmonzetten für den amerikanischen Hausgebrauch. Er besuchte Paris, querte Deutschland, die Schweiz und Italien. In England ließ er sich kurz blicken. Der Autor stand unter einem enormen Verwertungsdruck. Jeder landsmannschaftlich-gebeizte Eindruck ...
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Von Brombeerranken durchzogenes Unterholz schließt den Garten zum Bodden ab. Das Gelände ließ Jonna auf pflegeleicht trimmen. Der Längssaum besteht aus Weiß- und Schlehdorn, Kartoffelrose und Berberitze. Ein paar Beete und Sträucher unterbrechen die Wiesenmonotonie. Dann gibt es noch eine Grill-Sitzecke ...
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Die Frau nimmt Angebote wahr, die abzulehnen, den Konventionen entspräche. Sie bewegt sich durch die Menge als strebte sie einer Verabredung mit dem Leben selbst entgegen. Plötzlich stellt sich die Ahnung ein, der Arzt, der Dichter, der Polizist, der Soldat, der Musiker, der Kerzendreher, der ...
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„Ich freue mich auf die Beträge folgender Künstler*innen, die sich lyrisch, literarisch und musikalisch mit der Abkehr und Überfrachtung von weiblichen Rollen auseinandersetzen: Caca Savic liest aus ihrem Lyrikband Teilchenland, in dem verschiedene Ichs verschiedene Dus unter anderem zu Herkunft und Tradition befragen. Jacinta Nandi liest aus ihrem 2020 erschienen Manifest und Erfahrungsbericht Die schlechteste Hausfrau der Welt. Dilek Mayatürk liest ...“
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„‚Die Entmenschlichung fängt mit dem Wort an, die Emanzipierung aber auch‘, so lautet Michaela Dudleys viel gelobte Maxime. Die wortgewaltige Taz-Kolumnistin, Kabarettistin, Juristin und Queerfeministin ist eine Berlinerin mit afroamerikanischen Wurzeln. 1961 ‚im Schatten der Freiheitsstatue‘ geboren …“
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„Seit fünf Jahren bemüht sich InterKontinental um die Verbreitung und Sichtbarmachung afrikanischer und afro-diasporischer Literatur im deutschen Sprachraum. Ganz in diesem Sinne eröffnete im Dezember 2018 die InterKontinental Buchhandlung in der Sonntagstraße 26 ...“
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„Denis Mukwege, weltbekannter kongolesischer Gynäkologe und Menschenrechtsaktivist, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Opfern sexueller Gewalt zu helfen. Als Gründer des Panzi-Hospitals in Bukavu erhielt er 2018 den Friedensnobelpreis für seinen Einsatz für die Gesundheit und Rechte von Frauen in der Demokratischen Republik Kongo.“
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Noch in der Nacht der Premiere werden Schauspieler verhört. Man legt ihnen nah, sich mit „der verbrecherischen Regie“ herauszureden. Heiner Müller wirft man „Nihilismus“ und „Schwarzfärberei“ vor, sein Spezi BK Tragelehn fährt zur Bewährung in den Braunkohletagebau ein. „Die Umsiedlerin“ verschwindet in einem Futteral des Schweigens. Erst 1976 inszeniert Fritz Marquardt das Stück als Mumien-Schanz unter dem Titel „Die Bauern“ an der Berliner Volksbühne.
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Warum lässt sich die Not des Mädchens nicht einfach beheben? Die Autorin ... exponiert die Achtlosigkeit der gleichfalls beschädigten Erwachsenen. Sie zeigt Entwicklungslinien bis in die Jugend von Elles Großmutter Nanette. Die Ahne stammte aus ruiniertem Fifth-Avenue-Adel. Ihre Schönheit war das letzte Klan-Kapital. Ein ungünstiges Verhältnis von Anspruch und Vermögen ...
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Jonna hatte von jeher alles. Eine große Familie, ein großes Haus, einen großen Garten, eine praktische Liebe zu Hund und Katze. Ein Händchen für gute Geschäfte und einen Instinkt für das Geistige. In der neuen Zeit zog sie Einnahmen aus Vermietungen und Verpachtungen. Selbstverständlich begab sie sich in die Obhut alter HVA-Kämpen. Ostmänner, die ein großes Rad drehen konnten, fanden es angenehm, Jonna behilflich zu sein.
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Marcel Reich-Ranicki äußerte sich so selten wie gründlich über Arno Schmidt. 1967 brachte er in dem Radioessay „Eine Selfmadeworld in Halbtrauer“ Schmidts Selbststilisierung auf den Punkt. „Das Gehirntier. Das Genie. Der Solitär. Der Einsiedler. Vor allem aber: Der Verkannte! So stellte sich Arno Schmidt Zeit seines Lebens dar.“
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Flache Wellen treiben gegen das Reet. Der Bodden schimmert smaragdgrün unter seinen Schaumkämmen. Nilgänse weiden einen Anger von Joachim Havemann ab. Die Ägypter kamen im 18. Jahrhundert als Ziergeflügel nach Europa. Vereinzelt fanden sie Zugang zur Freiheit, ohne da große Populationen zu bilden. Erst seit fünfzig Jahren vermehren sie sich wie nach einem Startschuss.
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Die Autorin erzählt die Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies unter den Vorzeichen der avancierten Gegenwart des weißen Mittelstandes. Ihr Garten Eden heißt Cap Code. Die Versuchung, der Hellers Heldin Eleanor ‚Elle‘ Bishop - nach Jahrzehnten der Zurückhaltung - eines Abends erliegt, hört auf den Namen Jonas.
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Bei Arno Schmidt tauchen „begatten“ und „koten“ in einem Satz auf. Da schwingt sich ein Literatur-Tarzan von Ast zu Ast, wenn auch in einem längst vergangenen Präsens. Jonna überlegt, welcher ostdeutsche Schriftsteller der DDR-Schmidt war. Sie verliert den Faden, wie so oft in letzter Zeit. Sie taumelt und trudelt in die Gedankenlosigkeit. Das ist ein gefährlich leerer Raum.
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Mit Aufnahmen, die an überbelichtete Polaroids denken lassen, dokumentiert die Erzählerin den Initiationsreigen lupenreiner WASP-Elevinnen. Sie erinnert Cocktailpartys in ländlichen Massachusetts-Refugien der weißen Mittelschicht mit lauter gelungenen Verkörperungen von Gesundheit und Gelassenheit. „Barfüßige Frauen in Strandkleidern, gutaussehende Männer in … Segelhosen, Gin Tonics, Cracker, Cheddar …“
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Die aus Tillwitz an der Ostsee gebürtige, in ihrem Geburtshaus verschwiegen-munter verbliebene Jonna von Stellberg war bis 1990 Kostümbildnerin an einem Rostocker Theater. Sie machte sich dann zweigleisig als Unternehmerin und als DDR-Dramatik-Expertin flott. Ihren Lebensunterhalt bestreitet Jonna mit Einnahmen aus Vermietungen und Verpachtungen ...
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Ich mag keinen 60plus-Galgenhumor. Ich will keine feuerfeste Nussknackerin im Rosenzuchtrausch sein. Mir graut vor dem Typus der unverwüstlichen Provinzpatrona in der Spielart einer vorpommerischen Best-Ager-Pomeranze.
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Im Pandemie-Präsens von 2020: Minister Anschober sucht Orientierung in einer Krise, für die es keine EU-Richtlinien gibt. Jeder Staat schreibt sich seinen eigenen Maßnahmenkatalog vor. Die Auffassung der Seuche als nationale Angelegenheit gibt dem Geschehen einen absurden Drive.
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Was gab es noch? Regina Halmich, das Ozonloch, im Kinderkrankenhaus von Saporischschja fehlte es von Einweghandschuhen über Zahnbürsten bis zu Desinfektionsmitteln an allem. Chefärztin Daryna Witalijiwna Poroschenko wandte sich an Karl May, der hatte schon mal geholfen.
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Eine Spielfigur von verlockender Widersprüchlichkeit ist der Autor als Geodät. Mehr als einmal erzeugt Arno Schmidt einen Wasserfall der Differenz, um eine Herabsetzung zu kontern. Dann erscheint er als Mathematiker und Astronom mit einer langen geodätischen Praxis. So trumpft er Hermann Hesse gegenüber auf.
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Das Ende naht in jedem Augenblick. Ein „wütendes Stück Natur (in der Preisklasse) eines Wolfsrudels (oder eines) Schneesturms“ kann den Steinzeitjäger aus dem Rennen nehmen. Dessen Kompetenz kulminiert in zwei Fähigkeiten: der Vorausschau und der Ausdauer. Alexander Kluge unterstellt dem Versprengten eine stumme Grammatik.
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„Aus dem Ruf nach mehr Freiheit wird der Schrei nach dem Sturz der Regierung“, heißt es nach ein paar Stunden „Hamlet“. Im Erfahrungsdruck kondensiert der Text. Müller arbeitet mit seiner eigenen Übersetzung. Geprobt wurde „Hamlet“ noch unter Honecker, gespielt wird nach dem Abgang der Gerusia. Die politischen Ereignisse erreichen Höhen des elisabethanischen Theaters. Müller: „Solange Shakespeare unsere Stücke schreibt.“
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Auch Heiner Müller hatte einen sozialdemokratischen Vater, dem Schwerstes zugemutet wurde; so dass er dem Sohn schwach erschien. Der schwache Vater ist eine Erfahrung, die zur Chiffre wird. Heiner Müller verkennt vorsätzlich Machtverhältnisse ...
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Sie sind Ferienhausnachbarn und Buddel-Buddys in einer skandinavisch-idealtypischen Fichten- und Kiefernwald- und Geröllstrand-Idylle im Weichbild von Bergen. Kreuzfahrtschiffe passieren ihren Ausschnitt der Welt auf dem Weg zum Polarkreis.
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Ständig zündete sich jemand eine Zigarette an. Müller rauchte Zigarre. Er inszenierte am Schauspiel und lud mich in den Frankfurter Hof ein.
„Allein gelassen schien er schmal wie ein Kind in der Fremde“, sagt Strittmatter über Brecht. Ich sah so Müller in Frankfurt. Er schenkte mir den „Fremden Freund“ („Drachenblut“).
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Die Frage nach der „richtigen“ Universität stellt sich nicht. Die „soziale Stellung“ der Familie ist „stabil“. Die Tochter muss zum Gedeihen ihrer Herkunftszelle nicht mehr beitragen als die Früchte eines unbeschwerten Gemüts. Der Aufstieg war das Werk vorangegangener Generationen. In der Gegenwart warnt kein Zeichen vor dem Abstieg.
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Brecht verstand Baal als einen, der besingt den Sommer im Herbst und nimmt sein Publikum wie es kommt. Seine Abrichtung war ein Schlag ins Wasser. Ungebrochen wird er zur Zumutung für die Gemäßigten in ihren Käfigen der Zivilisation. Baal schlägt seinen Freund Ekart tot. Räudig schleicht er um die Ecken.
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In den Geschirren liegengebliebener Fuhrwerke blähen sich die Zugtierkadaver. Die Emanationen der Verwesung triumphieren über die Erscheinungen des Lebens auf den Routen von Flucht und Vertreibung. Tiefflieger schießen auf die Treckenden wie bei einer futuristischen Hasenjagd.
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Ab sofort können Nominierungen für die Obermayer Awards 2023 eingereicht werden. Die Auszeichnungen werden an Einzelpersonen und Organisationen in Deutschland verliehen, die das Gedenken an die von den Nationalsozialisten zerstörten jüdischen Gemeinden bewahren und ausgehend von den Lehren aus der Geschichte Vorurteilen in der heutigen Zeit etwas entgegensetzen.
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Es gelingt der Autorin, die bundesrepublikanische Kinderschuhe-Atmosphäre heraufzubeschwören. Das Memoir ist ein Hotspot antiker Aromen und historischer Hausnummern. Leitmotive einer Politik der zurückgewiesenen Anpassungsbereitschaft werden Altleser:innen treffend in Erinnerung gebracht.
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Vespucci und Caminha sahen Brasilien, das damals Vera Cruz hieß, bevor der Rummel los ging. Caminha beobachtete „die reichste Stromentwicklung der Welt“. Prächtige Wasserläufe erinnerten ihn an biblische Paradiesschilderungen. Zugleich erkannte er die Bedeutung dieser Straßen für den Welthandel.
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Arno Schmidts Hamburger Kindheit vollzieht sich unter den Vorzeichen einer proletarisch-kleinbürgerlichen Aufsteigerexistenz. Bei den Eltern enden Regimes der Verkrachten in provisorischer Solidität. Der unehelich geborene Vater genießt seine Rolle als amtliche Respektsperson. Sein Sohn zeigt den Revier-Oberwachtmeister ...
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Die hemmungslose Farbgebung der frühen Jahre. Es wurde alles koloriert. Monochrom war noch nicht schick. Pero Sapateiro strapazierte den leuchtenden Eindruck. Reißerisch dokumentierte er „die nicht genügend erklärte Naturerscheinung der Pororoca ... Statt langsam zu steigen, erhebt sich in Sekunden die Welle zu ihrer höchsten Höhe ...
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Arno Schmidts Protoheld ist der Großsprecher im Gehäuse des kleinen Mannes wie er im Buche steht. Eine weithin inferior erscheinende Figur, deren grandiose Selbstwahrnehmung die Verhältnisse am Küchentisch von den Füßen auf den Kopf stellt, begegnet jeder Macht mit den Methoden des tapferen Schneiderleins.
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Ariane brachte mir eine CD zurück, die ich nicht vermisst hatte. „Blue Sugar“ von Zucchero. Sie trug das Haar wieder lang nach einer Bob-Phase. Sie hatte sich so zurechtgemacht, dass an ihren Absichten kein Zweifel bestehen konnte.
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Im Frühjahr 1828 heuert Rosa Brugger als Dienstmädchen in einem Palais im zweiten Wiener Bezirk an. Die bis eben nur mit dem Allerdürftigsten vertraute Tochter eines Müllers wähnt sich in einem Kaiserschmarrn-Tadsch Mahal, während der Hausherr gerade das Notwendigste von den örtlichen Verhältnissen gewährleistet findet.
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Inge und Klaus Schneider unterhielten im Auftrag der Staatssicherheit einen literarischen Salon im Bezirk Prenzlauer Berg. Inge umgarnte Intellektuelle und Künstler mit entgegenkommendem Betragen, obwohl sie in ihrem Herzen einen gewaltigen Groll gegen Häretiker hegte. Jede Abweichung von der reinen Lehre war für sie Verrat.
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Die Autorin schildert psychische Arabesken eines riskanten soziales Manövers als „dissoziatives Flackern“. Angel erkennt stolpernde und schlingernde „Register- und Gangartwechsel“.
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Auch in Brechts „Trommeln in der Nacht“ kehrt einer heim, sein Trauma, der Maschinenkrieg, spielt keine Rolle in der maroden Herkunftswelt. Das muss für Soldaten Science-Fiction gewesen sein: die Materialschlachten und Gasmasken und neuen Geistesstörungen. Sie kamen aus einer Welt kaiserlicher Kavallerie und fußkranker Infanterie in ein technisches, wie von Ufo-Besatzungen angerichtetes Inferno ...
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Tino führt das Leben eines Trauerkloßes. Dem konsequenten Nichtgelingen setzt der finnische Apath eine epigonale Prosaproduktion entgegen. Er schmirgelt den Ranz von alten Schinken und verlängert die Riemen von Kolonialschriftsteller:innen ...
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Beaumarchais´ „Figaro“ hatte seine Uraufführung 1783 als Privatveranstaltung mit dreihundert Gästen. Nach Sainte-Beuve „klatschten sie dem Beifall, was sie zugrunde richtete“. Wir, die wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, erkennen darin das Schicksal des Kapitalismus.
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Zusammengeschweißt in einer von den Altvorderen zu Unrecht beklagten Liebe, wandern die Sylter Brar und Inken im ausgehenden 19. Jahrhundert nach Amerika auf. Sie schlagen sich in den Mittleren Westen durch und erschließen einen Flecken in der Gegend von ...
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Marie will die Vorhänge nicht zugezogen, sie findet es schön, sich vorzustellen, dass einer zuguckt. Egal wer. In ihrer Phantasie läuft immer eine Kamera und begleitet sie sogar aufs Klo. Ist das schon Exhibitionismus oder nicht noch gesunde Eigenliebe? Tillmann vertieft lieber nichts. Nichts wissen will er vom Kniest, der sich überall einlagert und festsetzt.
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Alle Ursprungs- Herkunfts- und Abstammungsmythen gehen primordial von den Annahmen Natürlichkeit und Ursprünglichkeit aus. So entsteht ein exklusiver Rahmen, der den Inklusiven günstige Abgrenzungsnarrative anbietet. Das klärt Yascha Mounk auf einem Vorfeld seiner Analyse.
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„Seit Wochen hält die Welt angesichts des Eroberungskrieges in der Ukraine und seinen Folgen den Atem an. Es scheint ein Zeitalter des Undenkbaren angebrochen zu sein, eine neue Gleichzeitigkeit grausamer geopolitischer Ereignisse. Wie ein Gespenst kehren die Drohkulissen des Kalten Krieges zurück.“
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Vinz weiß viel mehr über Ben als Ben über ihn. Sein Wissen hat Vinz von Janis, der seinen biologischen Vater ahnungslos ausplaudert. Der genetisch sprudelnde Informationsquell bleibt von den Chancen der Selbstverwertung ausgeschlossen. Janis erkundet den fremden Vater wie irgendeinen Ben. Seine Gewissheiten ergeben sich in jenem vertrauten Dreieck, das Ben von jeher ausschließt.
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„Das beliebte African Book Festival geht in die vierte Runde. Kuratiert vom südafrikanischen Autor, Filmemacher und Fotografen Lidudumalingani und mit Headlinerin Margaret Busby, deren verlegerische Arbeit über Jahrzehnte als weltweit bahnbrechend für afrikanische Literaturschaffende war und ist.“
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In der frühen Handlungsgegenwart lebt Olga in Turin. Sie verzichtet darauf, ihrem literarischen Ehrgeiz zu genügen. Das Regime der schwindenden Kräfte hat sie schon am Haken. Wahrnehmen lässt sie sich als Ehefrau und Mutter. Zum Haushalt gehört ein läppischer Schäferhund namens Otto.
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Es gibt die Feststellung: „Bis ‘61 waren die Konflikte unmittelbarer.“ Die Gedichte aus dem Nachlass, die bis einundsechzig entstehen, soweit Müllers eigenwillige Datierungspolitik korrekte Zeitangaben zulässt, stehen im Zeichen des sozialistischen Realismus.
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Jahrzehnte ist die Tochter einer russischen Zwangsarbeiterin, die ihren Vater nie gesehen hat, landfahrerisch unterwegs, eine Nomadin des Unheils, die sich in Kleingärtnerkolonien einnistet und die Unbeholfenheit randständiger Jugendlicher nutzt ...
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Das Milieu seiner Herkunft steht unter Generalverdacht. Man unterstellt Jovanovics Familie einen Alltag mit „okkulte Rituale“. Kauft die Familie ein Schwein beim Bauern, um es am Spieß zu braten, interpretieren ressentimentgeladene Mehrheitsgesellschafter:innen eine herkömmliche Praxis als exotisches „Tieropfer“.
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Ariane hörte von Lady Dianas Unfalltod, als sie den Lago Maggiore links liegen ließ. Die Nachricht erschien ihr so unglaublich, dass sie sich in der Vorstellung verlor, der Sender sei von Informationspiratinnen gekapert worden. In der Gegend von Mailand ...
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Marty möchte einer allgemeinen Hybris entgegenhalten, dass alle Beschwörungen des Weltendes stets nur das (in universellen Dimensionen) spurlose Verschwinden der Menschheit auf einem „mittelgroßen Planet(en) am Rande der Milchstraße“ galaktisch hochjazzen.
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Das Dorf war fast ausgestorben. Ein paar Uralte saßen vor einer neorealistisch-tristen Bushaltestelle, aber in den zwei Wochen meines Aufenthalts sah ich nie ein öffentliches Verkehrsfahrzeug. Ab und zu bretterte ein Pritschenwagen durch, und einmal am Tag hielt ein Tankzug, der die Letzten mit Wasser versorgte.
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Die erfundene Geliebte ist vielmehr ein Produkt der Langeweile als der Eifersucht. Betrachtet man die schwachen Aufwallungen und geringen Amplituden im Ehestreit, erkennt man leicht, dass diese Partner einander für ihre Frustrationen nicht brauchen. Sie sind einander fremd geblieben ...
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Wem was gehört: das war die entscheidende Frage im alten Nordend. Das entschied, wer wen heiratete. Ja, es ging bei uns zu wie im Orient. Wir waren Protestanten und diskriminierten die Katholiken, die aber über eigene Bastionen verfügten.
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Er weiß sich so selten nicht „bei bestem Wohlsein“. Der Schriftsteller hebt sich als ein „von Gott langatmig geschaffener“ apollinischer Akteur hervor. Thomas Mann steht mit siebzig fest im Fleisch. In Kalifornien feiert er, nach lauter Bestätigungen seiner Ausnahmestellung, nicht bloß die Magie des Erzählens, sondern überdies sich als Magier.
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Während lange die Vorstellung vorherrschte, der Westen habe Neunundachtzig gesiegt und nötige seither die Welt mit ihm Schritt zu halten (Francis Fukuyama), gibt sich nicht erst seit gestern das Gegenteil zu erkennen. Unter Druck geratene Demokratien experimentieren mit den Möglichkeiten der Einschränkung von Freiheitsrechten und ernten für Repressionen und Regressionen ausreichend Zustimmung.
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„Forschende müssen sich angesichts der globalen Herausforderungen im 21. Jahrhundert vielen, gesellschaftlichen Fragen stellen und Lösungsansätze liefern. Das ist keine leichte Aufgabe, zumal der öffentliche Stellenwert der Wissenschaft als solche immer wieder heiß diskutiert wird. ‚Wie politisch darf Wissenschaft sein?‘ steht der Frage ‚Wie unwissenschaftlich darf Politik sein?‘ gegenüber.“
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Dass sich Mary Ruefles auf Clarice Lispector bezieht, passt zu den säkularen Epiphanien der Altmeisterin. Das Episodische, Flüchtige und Vergebliche dominiert in jedem Fall. Ruefles Miniaturen erfüllen nicht unbedingt die Funktionen poetischer Kleinode. Sie sind vielmehr Kassiber befremdlicher Botschaften, die wiederum als Echo eines Befremdens ankommen.
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Eine Großproduktion könnte so losgehen: vor einem Nachthimmel, den ein Lichtfries begrenzt. Der Fries verliert sein Geheimnis als Scheinwerferfräse. Karolin kommt in der funkelnagelneuen Outdoor-Multifunktionskluft mit Pilzen vom Fuchstanz.
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Hans Magnus Enzensberger kennt seinen Rang, lange vor dessen Bestätigung. ... Das unterscheidet ihn von Ingeborg Bachmann, der er 1955 ... zum ersten Mal begegnet. Zwei Jahr später fangen Bachmann und Enzensberger einen Briefwechsel an, in dem er sie zunächst hofiert und sie ihn zulässt.
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Der Nachmittag geht in die Verlängerung, kein Abend in Sicht. Karolins Erwartungen nahmen ab. Männer, die gar nicht mehr damit rechnen konnten, für eine Frau in Frage zu kommen, hatten plötzlich eine Freundin namens Karolin. Karolin versprach sich unverdrossen alles. Von Wundern verlangte sie, das sie geschahen. Mit der Wirklichkeit ließ sich immer weniger anfangen.
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„Der Tag war bezaubernd“, heißt es lapidar am Morgen des 16. Junis 1904. Leopold Bloom erforscht sein Revier und denkt sich seinen Teil zu jedem Detail des Alltagsparcours. Er bemerkt die dünnen Socken und schiefen Knöchel eines Geistlichen, von dem ihn das Glaubensbekenntnis vor allem trennt. Trotzdem kennt Bloom die Formeln, die im katholischen Irland so beiläufig aufgeblasen werden wie Kaugummis. Die Liturgie als Litanei.
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Die Patagonier:innen zeigen keine Neigung, Krieg zu führen. Kommt es zum Streit, bietet jede Partei hundert Reiter:innen auf, die nach dem ersten Ausfall den Rückzug antreten. Ein Toter und schon ist Frieden. Jeder Frieden wird mit einem Fest gefeiert.
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Tillmann öffnet die Schlafzimmerfenster, zieht Gardinen vor und geht zu Bett. Karolin veröffentlicht ihr Behagen im Bad. Ein Streit auf der Straße erweitert das Programm zum Sendeschluss. In diesem Moment wünscht sich Tillmann eine Ewigkeit zum Leben.
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Der Apotheker Hsi Men wirft ein Auge auf die Frau des Pastetenhändlers Wu Ta. Als Tochter eines Schneiders entstammt Goldlotus dem „dienenden Stand“. Deshalb sind ihr „niedrige Beweggründe“ auf allen Wegen erlaubt. Schamlos intrigant lockt sie den Bruder ihres Mannes, der als Wachthauptmann der Präfektur ...
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„Früher … interessierte sich keiner für mich, und ich konnte in Ruhe malen.“
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Der Himmel über Wien schildert sich als „lachsfarbenes Ekzem“. Das Café Jelinek besteht seit hundertzehn Jahren als Institution im 6. Bezirk. Einen besonderen Reiz liefert das Belle-Époque-Interieur. Die baedekereske Ursprünglichkeit bildet zumindest halbwegs einen Unique Selling Point.
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Sie ist Küchenhelferin mit Abitur, er räumt Tische ab. So geht das los im Sommer Neunundsechzig. Das betont Margret Franzlik: wie unvorbereitet sie die Begegnung mit dem angehenden Schriftsteller Wolfgang Hilbig traf. Eine Liebe am Arbeitsplatz ...
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Das lyrische Ich erinnert einen gleichermaßen initiierenden und verbotenen Augenblick in der Camera Ardente - der „Aufbahrungskammer“. Es begegnet zum ersten Mal dem Tod, um ihn schon einmal gesehen zu haben: nach den Gesetzen der erwachsenen Oberwelt, in die es gemächlich aus den Schlingpflanzenparadiesen der kindlichen Unterwelt auftaucht.
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„Es gibt eine (vom saudischen Innenministerium entwickelte, im Google Play Store oder im Apple App Store verfügbare) App, mit der Männer in Saudi-Arabien ihre Frauen überwachen.“
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Für uns war Gelnhausen, was Offenbach für den Rodgau ist – die Stadt, in der die Dinge passieren. Der höchste Punkt von Linsengericht drückt auf den Franzosenkopf. Die hessisch-bayrische Grenze zieht dem Hügel einen blanken Scheitel.
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Vor dem Hintergrund der aktuellen russischen Aggression und Putins postsowjetischem Hegemonialpostulat versteht man noch einmal anders und besser hoffentlich, was die Balt:innen seit Jahrzehnten umtreibt in jenem Herzen von Mitteleuropa, dass für Ignorant:innen viel zu lange bloß osteuropäische Peripherie im Hinterhof einer regressiven Weltmacht war.
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Fünfhundert Fliegenforscher:innen auf Kongresstournee steigen, stürzen, fallen aus Busen. Lauter Begabungen auf einer Domäne des Lebens, die mit „Leichenerstbesiedler:innen“ aufwartet. Die Erde wird von sechs- bis achtbeinigem Kleinwuchs dominiert. Die Betrachtung der Arten lehrt, wo unsere Albträume herkommen. Der Kongress kreist einen skelettierten Brachiosaurus brancai ein ...
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In den 1960er Jahren erklärt Gerhard Richter den „Stilbruch zum Stilprinzip“. Die Arbeit mit Fotos erlebt der Künstler als Befreiung.
„Ich finde manche Amateurfotos besser als den besten Cézanne.“
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Heiner Müller sagt: „Die einzige Legitimation der DDR kam aus dem Antifaschismus, aus den Toten, aus den Opfern. (..) Ab einem gewissen Punkt fing es an, zu Lasten der Lebenden zu gehen. Es kam zu einer Diktatur der Toten über die Lebenden - mit allen ökonomischen Konsequenzen. Denn die Toten brauchen keine Jeans, keine Kiwis, keinen Walkman.“
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Heute sprechen wir über reproduktive Gerechtigkeit mit Euch und mit Anthea Kyere und Susanne Schultz, Autor:innen von Beiträgen in der Ausgabe von Kitchen Politics: "Mehr als Selbstbestimmung! Kämpfe für reproduktive Gerechtigkeit". Warum Reproduktive Gerechtigkeit revolutionär ist und warum darin das komplette Spektrum intersektionaler, dekolonialer, antikapitalistischer, queerfeministischer und anti-ableistischer sozialer Kämpfe ...
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Gregory und Yann - Der Jüngere genießt die von den richtigen Entscheidungen definierte Grandseigneuresse. Der Ältere, ein Augenarzt by the way, skizziert formvollendet die verpasste Liebesideallinie. Yann erzeugt eine Stimmung vertrauter Melancholie. Nora kann mit ihm Pferde stehlen, ohne vom Sofa aufzustehen. Gemeinsam sehen sie Filme aus der Bogart-Ära.
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In meiner Kindheit waren alte Leute Überlebende des 19. Jahrhunderts gewesen. Sie hatten den Steckrübenwinter von Neunzehnfünfzehn mitgemacht und das Inflationsgeld von Dreiundzwanzig in Weidenkörben davongetragen. Im Dritten Reich waren sie dann schon zu alt für alles außer Leid gewesen. Nun ragte das Greisenalter kaum noch in die Vergangenheit.
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Ihre aktuelle Reichweite verdankt Ratajkowski gewiss nicht der selbstherrlichen Begierde mächtiger Männer. Doch verbindet sich ihr Erfolg mit Erfahrungen im Spektrum patriarchaler Anmaßung. Die Übergriffe in der Vergangenheit wirken toxisch in der Gegenwart.
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Apathie setzte eine Flagge in den Acker ihrer Existenz. Das wollte sie nicht, so was will kein Mensch, aber Paula konnte nicht anders, als allen Einflüssen des Niedergangs freien Lauf zu garantieren. Mit nichts kam sie weiter und voran.
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Ulli Popp fasziniert seine Feind:innen. Popps Legende geht so: Man mag seinen Populismus ... so medioker wie gefährlich finden, die innere Statur stünde auf einem anderen Sockel. Der Menschenfischer, Massenhypnotiseur, Rattenfänger und Volkstribun Popp sei zwar eine triviale Spielfigur des politischen Theaters, aber ...
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„Meine Eltern erzählten gern, dass sie nicht nur ehelich, sondern auch leiblich verwandt waren. Sie stammten von Deutschen aus dem Siegerland ab, die mit Schuldknechtschaftskontrakten im frühen 18. Jahrhundert zunächst nach Fredericksburg, Virginia, gekommen waren.
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Matthias Belz bezeichnete sich als „vorwärtsgewandten Historiker“. Er kombinierte Handkäs mit Straßenkampf. Er blieb bis zu seinem Lebensende beleidigt, weil ich in die Zeitung gesetzt hatte, was Baader von Beltz gehalten hat. Er rezensierte das Geschwätz vor Wasserhäuschen. Frankfurt war der Ort seiner Erfahrungen - das Labor, in dem die Bilder entwickelt wurden, auf die er reagierte.
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Auf den ersten Blick erscheinen Mely Kiyaks Kolumnen so reißerisch wie antike Kinoplakate. Sie haben Standpauken- und Brandreden-Signaturen, die Impulskontrollverluste suggerieren, als gingen mit der Autorin stundenlang die Pferde durch; als ließe sich eine besonders Temperamentvolle dafür feiern, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das ist Camouflage. Kiyaks Stärke ist die Analyse von hinten durch die Faust ins Auge.
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Tillmann kommt mit Fleischwurst und Sauerkraut vom Metzger Klaus. Karolin trägt einen Ehering, das Gegenstück liegt auf dem Küchentisch, Karolin möchte für den Rest des Tages eine verheiratete Frau sein. Die Gravur nennt einen Namen, der Tillmann nichts sagt. „Immer ich“, sagt Tillmann. „Ich muss für jeden Quatsch herhalten.“
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Der Autor zeichnet die Linien eines konsequenten Matriarchats nach, in dem kraftvolle und langlebige Frauen durch die Generationen so exzentrische wie kurzlebige Männer unter Vorbehalten zuließen. Lisa studierte zu Gustav Klimts Jugenstilzeiten Kunst in Wien, saß in der Aktklasse neben Adolf Hitler, übernahm von Brecht oder seiner Mutter ein Lebkuchenrezept ...
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In den Aufstiegsagenturen des 19. Jahrhunderts wurden Diskriminierungskonzepte obsolet, die lange aufhaltend gewirkt hatten. Ressentiments bedurften neuer toxischer Ladungen. Die Entzauberung der Welt als Fortschrittsmaschine formte auch den Antisemitismus um. Marx und Rothschild mussten auf einen Nenner gebracht werden.
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Der Autor erzählt von den Grillen und Marotten situierter Senioren, die, so wie Maestro Salman Meierstein in der zweiten Geschichte, ihren Teil vom Kuchen der Anerkennung bekommen haben und sich nun, mit den Krümeln am Kinn, einzuspinnen beginnen.
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Manche täuschen mit Wespenwarntrachtfarben eine Gefährlichkeit vor, die sie nicht haben. Andere erscheinen so vegetarisch wie Ringelblumen, sind aber Fleischfresser. Skyliner vergrößern ihre Silhouette, um besonders ungebremst und zwanglos zu wirken. In der Regel simulieren sie einen Kunstwahn. Die Täuschung erlaubt es ihnen, als Kulturschaffende durchzugehen und nachts in Kneipen zu versacken.
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Tägliche Gespräche in der Buchhandlung drücken den Wunsch nach direktem Austausch über den Krieg in der Ukraine, die Hintergründe und friedliche Perspektiven aus. In Kooperation mit der Anwohner*inneninitiative für Zivilcourage - gegen Rechts und dem Verlag edition fotoTAPETA laden wir zur Diskussion mit dem Journalisten Thomas Urban ein.
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Die Autorin eröffnet ihren Reigen mit einer narkotisierenden Schilderung der voralpin-norditalienischen Region Friaul-Julisch Venetien. Die Gegend prägt sich auf dem erdgeschichtlich-gewaltsamen Stillstand einer Stirnmoräne aus. Esther Kinsky exponiert die titanische „Materialverschiebung“. Der nicht begradigte Verlauf des Tagliamento dient einer vehementen Ursprünglichkeit als metaphorischer Notnagel. Bei guter Sicht sieht man die Lagune von Grado.
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„Dass die Insel ein perfektes Setting ist, habe ich erst begriffen, als der erste Band meiner Sylt-Krimis auf dem Markt war. Ich hatte mich nur deshalb für Sylt entschieden, weil ich die Insel von früheren Familien-Urlauben her kannte. Aber wie ich nun weiß, ist Sylt ein Sehnsuchtsort.“
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„Fluidität von Herkunft und Kultur“ und eine „Diversität jenseits von Herkunft“ (Naika Foroutan) ergeben neue Koordinaten in allen möglichen Fluchtlegenden. Ganz am Anfang der Geschichte, die Abdulrazak Gurnah in seinem, im Original erstmals 2002 erschienenen Roman erzählt, erfüllt Saleh Omar aka Rajab Shaaban Mahmud die Bedingungen einer Asylmission nach den Regeln der prekären Migration.
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Gemütlich ist gut. Gemütlich sind Pfannkuchen, schön mit Puderzucker, und Karolin erzählt dazu, wie der Puderzucker mit einem kleinen Löffel durch das Sieb gerührt wurde, im Damals einer gemeinsamen Nordendkindheit. Und wo das Sieb gekauft worden war. Ob es das ...
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Putin rehabilitiert Stalin, um jene unmenschliche Ordnung anzuzeigen, die in seinen Augen eine so überzeugende Traditionslinie liefert, dass er sie verlängern will. Bodrožić schreibt: „Stalins Handlanger … waren der Löwenzahn in seinem bissigkalten Wind.“ Die Autorin setzt ein mäandernd erzählendes Ich autobiografisch in Beziehung zu Personen der Zeitgeschichte. Unter jenen heraus ragen Walter Benjamin (1892 – 1940) und Lisa Fittko(1909 -2005).
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Der Glauburg Park am Abend. Im ewigen Sommer Neunundneunzig erreicht Paula im Abendkleid Khans persönlichen Campingtisch. Sie verneigt sich vor der Extravaganz eines Kühlers und verlangt eine Zigarette.
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Bikini ist nicht nur ein verstrahltes Atoll. Vielmehr gehört ein Bikini im Wirtschaftswunderland von 1959 zu den Must-haves jeder statusempfindlichen Sechzehnjährigen. Schreinertochter und Handelsschülerin Brit Heflik kämpft erbittert um das Prestigeobjekt für eine Klassenfahrt. Vater Edward gibt den knorrigen Gegner ...
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Auf der Neuhofstraße reden Tillmann und Paula über die beste Bratwurst der Welt. Von Geros Mutter eingepackt auf einer Arbeitsfläche in der Landmetzgerei Sinnig. Die Landmetzgerei lag in der Stadt. Das Anwesen war unversehrt geblieben, stehengeblieben als Labyrinth und Kinderparadies und Schreckenskammer mit Vorhöllencharakter ...
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Casablanca in den 1990er Jahren. In einer marokkanischen Hipster-Clique spielt die Französin Sarah die exotischste Rolle. Driss mit seinen „Thymianaugen“ und der Performance eines geblendeten Rehs ist der Reichste. Sarah möchte den gehemmten, in Gesellschaft verstummenden, im Zwiegespräch stammelnden ...
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Dienstagnachmittags geht Marie ins Textorbad, normalerweise mit einer Kollegin, aber heute lieber mit Tecumseh. Sie hat noch keinen großartigeren Delphinkrauler gesehen. Sie schämt sich ein bisschen für das Wenige, das für sie schwimmen ist.
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Da gibt es diese Szene: vor den Augen der namenlosen Heldin heben die distinguiert reichen Eltern ihres Liebhabers den Vorhang und erlauben dem wohlhabenden Niemand einen Blick auf die Verhältnisse wahrhaft Nobilitierter zu werfen. Die Inhaber: innen kuratierter Biografien geben sich leutselig. Meghan Markle, The Duchess of Sussex, setzt gerade neue Maßstäbe.
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Was ist Lüge? Warum lügen wir? Warum belügen wir nicht nur andere, sondern auch uns selbst? Welche Rolle spielt das Lügen in Freundschaften und in der Politik? Wann sind Lügen geboten? Wer ist der größte Lügenbold aller Zeiten – Donald Trump, Ronald Reagan oder war es doch Putin? Und was unterscheidet die "Lüge" vom "Bullshit"?
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Agonie und Aporie - Die bürgerliche Ordnung erodiert vor den Augen der Engagierten. Manche wollen in aufgegebenen Agenturen vergangener Konjunkturen antikes Handwerk unter Hofgemeinschaftsvorzeichen etablieren. Manche finden das doof-betulich. Manche spekulieren auf Leerstandrenditen. Manche beschränken sich auf Zivilisationskritik.
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In Anlehnung an die bahnbrechenden von Margaret Busby editierten Anthologien Daughters of Africa (1992, Jonathan Cape) und New Daughters of Africa (2019, Myriad Editions), die Essays, Kurzprosa, Lyrik und Memoiren von jeweils über 200 Autorinnen aus Afrika und seiner globalen Diaspora von der Antike bis heute versammeln ...
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Sie liebt ihren Job. Molly Gray wähnt sich als Zimmermädchen im noblen Regency Grand Hotel in einer „vornehmen Stellung“. Die Montréalaise erscheint als perfekte Perle und vorbildliche Kollegin. En passant setzt die stets „vorschriftsmäßig lächelnde“ Molly ihren eigenen Sozialplan durch. Prekären Mitarbeiter:innen verschafft sie illegale Schlafplätze am Arbeitsplatz.
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„Kannst du nicht helfen?“ Die Frage maskiert einen Appell. Seit wann ergeben sich Rechte aus verjährter Verführung? Tillmann war falsch verbunden und richtig verlegen in der spröden Doppelvereinsamung. Ihm ist so heiß, dass er die Haut ausziehen möchte.
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Mit den nautischen Erkundungen der frühen Neuzeit verbindet sich ein folgenreiches Verschleppungsformat. Die „Entdecker“ der Kolumbus-Ära entfernten Menschen, Tiere und Pflanzen aus ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten. Sie griffen in die Ordnung der Welt ein, mit dem Ergebnis, das ihren Habitaten entfremdete, ihren Fressfeinden dauerhaft entzogene Arten in den Aussiedlungsgebieten hemmungslose räuberisch wirken.
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An einer Schweriner Ampel. Ein Fahrradfahrer hält großartig neben einer soigniert-enigmatischen Erscheinung am Kinderwagen. Der Handfeste zum Wolkigen: „Wenigstens einmal etwas hingekriegt, das Hand und Fuß hat“. Meine Wohngenossin Mysteeri hat sich heute schon sagen lassen müssen, dass sie in einer kulturellen Absteige beschäftigt sei, und zwar mit den Fähigkeiten einer blinden Fotografin.
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Özlem Topçu und Richard C. Schneider schreiben sich in aller Freundschaft. Interferenzen und Diversität validieren ihre Erfahrungen. Mitunter bringen sie es fertig, sich gegenseitig zu befremden. Schneider wuchs in „Feindesland“ auf und „haderte damit, dass seine Eltern ausgerechnet in Deutschland hängengeblieben“ sind. Zunächst sei er befangen gewesen in dem „tragischen Irrtum“ im linken politischen Spektrum gut aufgehoben zu sein.
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Am Montag, den 7. März, 19 Uhr, findet in der Katholischen Akademie, Hannoversche Str. 5, 10115 Berlin die Buchpremiere „1922. Wunderjahr der Worte“ von Norbert Hummelt statt. Das Gespräch mit dem Autor führt Prof. Dr. Michael Braun ...
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Die Erzählerin erinnert ihre Kindheit und Jugend als eine Laufbahn kleiner Siege. Während sie sich an den Ecken und Kanten eines patriarchalen Repressionsregimes stieß, triumphierte sie in einer Praxis trotziger Selbstermächtigungen.
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Tillmann streichelt seine Grundig-Tonbandmaschine, gebaut im Jahr von ‚Spinning Wheel‘ als Ghettoblaster für den Mittelstand. Wehmütig betrachtet er den restaurierten TK 147 de Luxe mit automatischer Bandendabschaltung.
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Alle paar Jahre widerfährt der Erzählerin etwas, dass ihr Vorleben in Zweifel zieht. Inventuren und Revisionen führen zu Eintrübungen. Die Erzählerin beobachtet unbemerkt ihren künftigen Mann (in seiner Rolle als Musiker in einer Band) und entdeckt eine (von ihr wegführende) Unabhängigkeit, die als Minimenetekel wie Kniest sich im Beziehungsfutter einschleicht und festsetzt.
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Adriane sagt: „So viel Aufmerksamkeit ist auch mal schön.“ Traktor vernimmt den Vorwurf ... im „Terrence Tino“ ist noch jede seiner Freundinnen begutachtet worden. Er schenkt Adriane Wein ein und weiß nicht, was er denken soll. Die Wirtin schreit: „Adriane, möchtest duuu …?“ und Adriane möchte geradezu alles bis hin zum Pfeffer aus der übermannshohen Mühle, einem Erbstück und einer Rarität und trotzdem voll funktionsfähig ...
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Zuerst verbindet sie nichts außer der plumpen Tatsache, die Neuen in einer Klasse zu sein. Iga Sulkowska und Ras-Putin Gerasimowitsch Bogdanow bilden eine Antipoden-Konstellation. Sie ist schnell, souverän und gradlinig, er ist langsam, wehleidig und labyrinthisch.
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Tillmann stört Karolins bodenloser Maximalismus. Der gebieterische Drang, ihn in ihre Haltlosigkeit zu ziehen. Das tonnenschwere Gewicht, das manchen Sätzen nach ein paar Monate leichten Herzens wieder abgesprochen wird. Karolin ist studierte Kindergärtnerin im vorgezogenen Ruhestand, sie verlangt von Tillmann, wie ein ABC-Schütze vor roten Ampeln zu warten.
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„Bobos Bereich“ ist eine Kammer mit Bad und „Küchenzeile“ in einer luxuriösen Münchner Wohnung nahe dem Leopoldpark. Da wohnt man gern, so wie dann auch die abgebrochene Lehramtsstudierende Franziska, ihr kleiner Frieder und Ehemann Coordt. Dem Paar fällt die Prachtetage zu. Den Mietvertrag ergänzen Vereinbarungen mit Bobo, die ein störungsarmes Miteinander garantieren sollen. In der Akklimatisierungsära nutzt Bobo sein Habitat mit allen Vorzeichen der Zurückhaltung.
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Sehr geehrte Stipendienbewerberin, sehr geehrter Stipendienbewerber, wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihr Antrag auf Förderung bei der VG WORT bewilligt wurde. Um den Fördervertrag mit der VG WORT abzuschließen, bitten wir Sie, den Fördervertrag über Ihren Account auf dem Online-Portal …
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Nach einer schmalen Spanne der Souveränität wirft das Schicksal ’Ntoni beinah auf den Stand eines Bettlers. Seine Familie folgt dem Tränenpfad der Ächtung. Aus allseits geschätzten, rundum geselligen Leuten werden Gemiedene, die bei jeder Andacht fehlen. Die Heruntergekommenen berufen sich allerdings auf eine transgenerationale Empirie und insofern auf einen ...
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Man sieht Marder in der Stadt, ihre Wildheit hinterlässt auf dem Asphalt keine Spur. Man kommt ihnen nicht nah. So könnte man auch über manche Menschen reden. In ihrer Verwilderung gleichen sie den Mardern in der Stadt.
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Daria stammt aus dem ostukrainischen Donbass. Die Armut ihrer Familie unterwirft sie dem brutalen Regime einer kriminellen Kinderwunschindustrie. Sie verdient Geld als Eizellspenderin. Zum Job gehört es, schön und gesund zu erscheinen. Die Frauen, die sich das Follikelangebot einverleiben, versprechen sich von Darias Vorzügen die Exzellenz ihrer komplex eingehandelten Kinder.
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„Tanja ist die Bescheidenheit als Persiko“, behauptet der König. Er streicht über meine Beine wie über ein Fell. Er klopft mich, sein Hund hebt den Kopf, den Hund seines Vaters hat der König im Wald ausgesetzt und die Prothese seiner Mutter einem Theaterfundus gestiftet. Er steckt mir ein paar Gemeinheiten, die Boris zu mir eingefallen sind. Ich verstehe die Gemeinheiten als Verarbeitung meiner Zurückweisung.
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Zwei, drei Mal wurde es auf der Demonstration zum Thema. In der Ukraine geht es entschieden auch um die Freiheit des Westens. Die Selbstverständlichkeit unserer demokratischen Standards findet ihre Begründungen nicht zuletzt in alten Verabredungen des Kalten Krieges.
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Sophie Jean kennt das Land ihres koreanischen Vaters nur aus Erzählungen. Sie wächst in der Schweiz auf, studiert Jura und tritt in die Armee ein. Im Rang einer Majorin und als Delegierte einer „neutralen Macht“ gerät Sophie Jean in die demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea. Sie soll einen Zwischenfall aufklären ...
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Emily Ratajkowski und Joan Didion sind Kalifornierinnen verschiedener Generationen. Beide sind herausragende Essayistinnen, aber auch unbändige Erzählerinnen. Die Narration bricht durch die Decke der Publizistik. In jedem Fall spielt der gemeinsame Heimatstaat als Schauplatz von Goldräuschen, Gegenkulturhappenings und Paradiesphantasien wunderbar mit.
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Gerald Zschorsch donnerte gegen „die allgemeine Seichtigkeit“. Leichtigkeit war für ihn Seichtigkeit, war unverbindliches Gehabe, war ein Geschäft der Vermeidung. Dem Donnerer Zschorsch fehlte es an vielem, doch hatte er viel Wut. So schmucklos wie schneidig zwang er sich in den kurzen Satz ...
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Die Tatsache, dass der russische Autokrat und die russische Föderation genauso imperial und kolonial und hegemonial rücksichtslos durch die Welt pflügen - einfach weil sie es können - ist keine Legitimation für Blockpolitik. Es ist eben diese Blockpolitik, die ein Hangover aus dem letzten Jahrhundert ist ...
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1968 stattet die Autorin Nancy Reagan einen investigativen Besuch ab. Anstatt die Frau des Gouverneurs von Kalifornien zu interviewen, beobachtet Didion die Arbeit eines TV-Teams vor Ort. Die Fernsehleute animieren die Hausherrin, in arrangierten Szenen genau „das zu tun, was sie normalerweise … tun (würde)“. Nancy Reagan stimmt allem zu. Didion registriert „dramatische Emphase“ bei der Ex-Schauspielerin ...
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Hülya wuchs in Deutschland auf. Sie hat eine Professur aufgegeben und einen Ruf überhört, um in Ankara zu lehren und zu forschen. Das wird als Heimkehr verstanden. Man erwartet von ihr, in der Türkei glücklich zu sein. Man diskutiert die geringste Bewölkung.
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Die Juristin Marie Vos verdiente sich ihre Sporen beim niederländischen Geheimdienst, bevor sie zur EU-Security nach Brüssel wechselte. Nach einer verpatzten Operation in der belgischen Kapitale informiert sich die Agentin im „Petit Café des Morts“ des gerichtsmedizinischen Instituts. Die Forensikerin, sie trägt „chinesisch anmutete Tattoos“, präsentiert erstaunliche Obduktionsergebnisse.
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Die Kommunard:innen übersahen, dass sie jenen entsprachen, die im alten Griechenland keine Zugangsberechtigung für solche Versammlungsmarathons hatten. Ob direkte oder repräsentative Demokratie: die Arbeit selbst wurde als versklavend angesehen. Arbeiten zu müssen: das war ein schwerer Fehler.
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Die Routine eines kalifornisch entspannten Fotomodells, das - technisch gesehen uneitel und schmerzfrei - seit seiner Schulzeit Katalogjobs abreißt, wie andere an ihrem Lieblingsstrandabschnitt Wassersport-Equipment und Speiseeis verkaufen, zerfällt unter dem Druck einer weltweiten Betrachtung ihres Körpers. Die Identität einer privilegierten Jobberin ... kollabiert im Überbietungswettbewerb der Deutungshoheitsbehauptungen ...
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Viera schleuste Illegale aus Osteuropa ein und brachte sie als Kindermädchen und Altenpflegerinnen im hessischen Mittelstand unter. Im Frankfurter Speckgürtel lebten mehr als zweitausend Entrechtete. Sie gingen einkaufen, bevölkerten Kinderspielplätze, besuchten Cafés, ohne die leiseste rechtsstaatliche Repräsentanz. Sie wurden übersehen. Nach dem Rechtsempfinden der Mehrheit wog ihre ungerechte Beschäftigung ...
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Es ist oft erzählt worden. In der Hochzeit des „Ungeheuren Alltags“ formierte sich eine Korona der talentierten Zustimmung um Marie-Luise Scherer, Gabriele Göttle, Jutta Voigt und (als einer Ermöglicherin, die mir am Herzen lag) Jutta Stössinger. Kleine Lichter flackerten an den Peripherien Illuminierter. Das Niveau garantierten ...
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Tanja sagt etwas zu ihrer Entschuldigung, das sollte sie lassen. Eine Frau hält ein Mädchen ab, das schon schulpflichtig ist. Zwei Gitarristen fangen mit amerikanischer Volksmusik an. Der Strand (ein sandiger Parkstreifen) nimmt seiner Umgebung immer mehr Raum ab. Das sieht aus, als würden die Nachtspieler:innen aufrücken.
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Sofi Oksanen erzählt vom Kinderwunsch als Treiber eines Geschäfts, in dem die erwerbsmäßige Oozyten Spende und Leihmutterschaft in einem Rahmen angeboten wird, in dem Prostitution, Escort Service, Laufstegarbeit, Organhandel und die flankierende Kriminalität Platz haben.
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Eines Morgens setzt schlagartig die Gewöhnung ein. Für beide ist das eine Heimkehr zu Themen der Kindheit und Jugend. Karolin erzählt, was sie eben beim Bäcker erlebt hat. Sie wäre beinah in Schlappen vor die Tür gegangen. Das erinnert Tillmann an einen Sommer, in dem er im Bademantel seine Nachtasyle abgeklapperte.
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Merets einnehmende Bescheidenheit verspricht ein kleines Glück im Winkel. Doch in den Schwesternheim- und Krankenhausverhältnissen rumort nicht nur der Autoritarismus eines Halbgotts in Weiß. Dessen Operationsmethode lässt sich kaum als zuverlässig bezeichnen. Der Hirnschnitt ist ein medizinisch maskierter Übergriff. Das ideologische Gesicht der Anmaßung taucht schemenhaft auf.
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Das Gedicht entstand auf einer menschheitsgeschichtlichen Kreuzung zwischen Musik und Tanz als kultischer Gegenstand. Das erklärte Thomas Wohlfahrt, Chef im Berliner Haus für Poesie, in seinem Grußwort zum UNESCO-Welttag der Poesie im Max-Liebermann-Haus am Pariser Platz vor drei Jahren. Vor den Fenstern zog der Abend mit Pauken und Trompeten auf und tauchte das Brandenburger Tor so fern der Ostsee in das baltische Licht.
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Rozela beherrscht die Spielregeln für soziale Schlusslichter vor dem Einmaleins. Die gleichfalls prekär zur Welt gekommene Mutter führt das Kind als Muster der Artigkeit vor. Die Ergebenheitsadressen stoßen auf Granit. Akkurat bezopft, grüßt Rozela Leute, die nichts dabei finden, sie zu übersehen. Die Legierungen der Grausamkeit verleihen ihr die Eigenschaften einer Damaszener Klinge. Die Kombination von Elastizität und Härte ...
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Jeder und jede, die neugierig ist oder glaubt, dass "die anderen" so oder so ticken würden, sich in allem einig wären – oder total zerstritten. Wie so oft im Leben ist die Realität immer etwas komplizierter. Und interessanter! Aber tatsächlich haben wir erst einmal für uns geschrieben. Der einjährige Briefwechsel ist authentisch ...
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Plakatierte Echtheitszertifikate „beweisen“ die Richtigkeit schillernder biografischer Angaben. Vermutlich besaßen die Ausgestellten den weltweit höchsten Schauwert. Ihre Präsentation als (der Legende nach) lebensgefährliche, über Nacht in Ketten liegenden Kannibalen, lässt die afrikanische Exotik offenbar hinter sich. „Rudolf Virchow, die anatomische Ikone der Humboldt-Universität“, nimmt die „Raritäten“ wissenschaftlich in Augenschein.
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Zwischen niedergemachten Düsen und flachgetretenen Kippen langweilten sich Kartenspieler. Fahrzeugschnauzen fraßen sich von allen Seiten in den Betrieb. Das Vorhaben rief Spezialisten in Kitteln auf den Plan. Auch solche, die es sich erlauben konnten, mit schlappen Hütchen und in kurzen Hosen ganz leger zu erscheinen.
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Man ist noch beim Sie und ganz förmlich. Angetörnt unterschreibt Ilse Aichinger mit „Ihre Sappho“. Da ist sie auf Lesbos im Urlaub, während Günter Eich halbwegs daheim „dionysisch“ verfasste Gedichte schreibt. Der Brief aus dem Jahr 1952 vibriert von dem Wunsch nach Nähe, obwohl der Grad der Bekanntschaft einen distanzierten Duktus nahelegt.
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„Ich wusste nichts, aber mich interessierte alles: koscheres Leben, Gebete, meine jüdische Geschichte.“ Der Rabbiner David Kraus am Anfang seiner Reise ins Glück.
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In dem Bett zu sterben, in dem man empfangen und zur Welt gebracht wurde, entspricht keiner aktuellen Vorstellung von Erfüllung und Vollendung. Nach einem gelungenen Leben da den Geist aufzugeben, wo die eigene Geburt stattfand, steht uns als Idee kaum noch zur Verfügung.
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Die meisten Gäste haben ein bürgerliches Betragen, kaum einer hat eine bürgerliche Biografie. Einige sind auf dem Sprung nach Wiesbaden und Bonn. Der Wein macht grüne Bonzen blau. Die Ex-Spontis füllen Hans die Taschen.
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Mitte der 1980er Jahre übernimmt Eulabees Generation den öffentlichen Raum einer exklusiven Westcoast Community. Die Pubertierenden beobachten besonders interessiert das Treiben von China, der Tochter von Grace Slick und Paul Kantner. Sie studieren die Gepflogenheiten des kalifornischen Geldadels, der Dank seines Immobilienbesitzes in San Francisco ...
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Drei Sätze in den blauen Dunst und man ist wieder „beim Thema“. Wer mit wem vor allem damals. Als die Wagner-Schwestern noch blutjung und kaum eine Ahnung. Aber die Soundso schon. Und jetzt macht die Dirne auf Dame, wie lächerlich und geradezu. Toni glüht vor Verachtung. Jedes Urteil nimmt sie aus ...
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Für eine große sinfonische Besetzung der Staatskapelle Berlin geschrieben, wird in der Komposition Raum geschaffen für einen Zusammenklang, eine "Symphonie" von Tanz und Musik: Die musikalische Sprache und die Körpersprache der Tänzer*innen gehen hierbei eine enge Verbindung ein. Georg Friedrich Haas zählt zu den erfolgreichsten Komponisten ...
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Bath 1865. Jane Adeane ist eine Bathonian aus einem Bilderbuch viktorianischer Archetypen. Die Arzttochter und Krankenschwester erscheint wie das Konzentrat der Leistungsstärke ihres Gemeinwesens. Ihre Zeitgenoss:innen überragt sie körperlich, mental und seelisch. Das intuitive Heilwissen der mit allen Thermalwassern Gewaschenen scheint Wunder zu bewirken, zu denen moderne Hygienebegriffe beitragen.
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Milada streicht über ihre Beine, als kämen sie ihr sonst abhanden. Manchmal unterstütze ich ihre Selbstanbetung mit meiner rechten Hand. Ich zitiere den verbotenen Vogtländer Gerald Zschorsch: „Und warten nah der Grenze / mit Lied und mit Gedicht / dass durch die vielen Strophen / die Mauer einmal bricht.“
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Als angehende Mutter wähnte sich Cusk auf dem breitesten Boulevard der Welt, bevor sie erkannte, dass die von ihren Vorgängerinnen ausgetretenen Strecken keinesfalls barrierefrei sind. Auf der Suche nach Orientierung konsultierte Cusk ihre Mutter. Unter dem Ansturm der töchterlichen Unsicherheit ...
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Offiziere im besonderen Einsatz bewirtschaften den Treffpunkt. Sie helfen notorisch klammen Dichtern aus den Bredouillen, die unangepasste Lebensführungen mit sich bringen. Sie heißen Inge und Klaus S. Zumal Inge wirkt sehr überzeugend als Aktivmuse und unerschöpfliche Inspirationsquelle für Künstler.
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Stephen fährt im Zug seiner Aufmerksamkeit alle Linien ab, die das Gelände in spezifischer Beliebigkeit hergibt. Der Laserstrahl seiner Wahrnehmung tastet Vorsprünge, Kavernen und Felsnasen in dem Massiv über der Irischen See ab. Das Meer schäumt wie Weißdorn auf moosgrünen Kämmen. Stephen stolpert über einen Hundekadaver ...
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Inzwischen sieht Goya liegengebliebene Bildzeitungen mit anderen Augen durch als in der arroganten Armut des selbst Malenden vor vierzehn Jahren. Damals gewann ein Siebzehnjähriger das weltweit prestigeträchtigste Tennisturnier. Boris Becker war der erste ungesetzte, der erste deutsche und der jüngste Wimbledonsieger. Jetzt scheint er am Ende zu sein, während Goya obenauf ist.
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Eine(n) gute(n) Erzählerin/Erzähler erkennt man auch daran, dass sie/er, ohne eine Jonglage zu versemmeln, die Pferde im Galopp wechselt. Whitehead liefert für diese Geschmeidigkeit imposante Beispiele. Er baut einen Gangster aus dem US-Süden zur unangefochtenen Größe in der Unterwelt von Harlem auf. Miami Joe dirigiert das örtliche Ganovenorchester.
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Wir durchqueren Schwemmland im Fruchtmantel des ursprünglichen Mississippi-Verlaufs; Baumwollland unter bewaldeten Hügeln. Aristokratische Weiher mit ihren von der Gegenwart düpierten Herrenhäusern erniedrigen sich zum Streckensaum. Sie sehen nach einer verlorenen Nacht im Casino aus und ein bisschen auch wie ein wahrhaft verwunschenes Heidelberg.
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Hervorgegangen aus der lila offensive, der Ostberliner Frauenbewegung und aktiv seit 1991, sind wir seit 1992 vom Land Berlin gefördert und feiern somit unseren offiziellen 30. Geburtstag. Eine Geschichte, die durchdrungen ist von 30 Jahren feministischen Kämpfen, welche diese Jahre prägten ...
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Geboren am 2. Februar 1882, machte James Joyce mit der Veröffentlichung des „Ulysses“ seinen vierzigsten Geburtstag 1922 zum Meilenstein der Literaturgeschichte. Suhrkamp nimmt den Geburtstag und das Jubiläum eines Großmeisters der Moderne zum Anlass für eine weitere Ausgabe der sagenhaften Wollschläger-Übersetzung aus dem Jahr 1975. Hans Wollschlägers Auftritt als Übersetzer evozierte das Kolossal einer postumen Kollaboration, wenn nicht sogar einer Transition aus der anderen Welt ...
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Cinecittà verwurstet die Antike, Historienschinken hängen an den Fleischerhaken des Kommerzes. Sandalenfilme, soweit die Füße tragen. Produzent Prokosh erhebt er sich über den eigenen Schund. In einer besonders theatralischen Einlassung vor einer besonders lausigen Kulisse ...
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Während bei „einfacheren Lebewesen … nur ein unbewusster Wettbewerb unkoordinierter sensomotorischer Systeme stattfindet“, beweist jeder Elefant auf der Suche nach einem Wasserloch Konsistenz und Persistenz. Das verweist auf zwei konstitutive Merkmale menschlichen Bewusstseins: „Globale Verfügbarkeit und Selbstüberwachung“.
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Das African Book Festival lädt vom 26. bis 28. August 2022 zum vierten Mal die Stars der afrikanischen Literatur nach Berlin ein. In diesem Jahr wird die britische Verlegerin und Autorin Margaret Busby Headlinerin des Programms, das gaben der Kurator Lidudumalingani und die Festivaldirektion bekannt.
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Gerkan fährt Auto im Schneeregen. Er fährt gern in Meckpomm herum. Die Wischerinnen flappen über die Scheibe. Das Geräusch appelliert an ein Grundgefühl der Nachkriegsdeutschen durch Generationen. Sauwetter auf der Autobahn and the livin’ is easy. Gerkan träumt mit offenen Augen von Alena. Wie kommt das?
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Karl Marx nannte sie die „schönste Revolution der Weltgeschichte“. Ré Soupault schildert den zweiundsiebzig Tage währenden Utopismus ebenso emphatisch. Sie titelt „Paris unter der Kommune 18. März - 28. Mai 1871. Nach zeitgenössischen Dokumenten dargestellt“. Tenor des Radioriemens: „Trotz aller ihrer Fehler ist sie das grandioseste Beispiel der proletarischen Bewegung des 19. Jahrhunderts.“
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Stunden vor dem Erlöschen des Großbritannien vom Völkerbund übertragenen Mandats für Palästina am 14. Mai 1948 traf ich Alan Cunningham im King David Hotel, wo die britische Administration untergebracht war. Ich wunderte mich über die Ruhe im Haus. Es herrschte keine Auf- oder besser Abbruchstimmung. Jemand spielte Ohrwürmer von Benny Goodman ...
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Der Autorin gelingt ein überzeugendes Sittengemälde. Die Romankulisse und das Interieur bezeugen eine Liebe zum recherchierten Detail. Auf der zweiten Achse erzählt Petra Grill vom Aufstieg Hitlers und Amys Emigration via Frankreich nach Amerika.
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Wir nehmen uns nur auf die Schippe zur Schrippe, und zwar genau da, wo 1957 „Berlin - Ecke Schönhauser“ als DEFA-Antwort auf die westdeutschen „Halbstarken“ gedreht wurde. Im Bauch dieses Dramas von Gerhard Klein und Wolfgang Kohlhaase steckt eine Farce: Ein unsicherer Staat begegnet verunsicherten Jugendlichen mit unglaubwürdiger Autorität. Das habe ich jetzt nicht gesagt. Ursula Werner ...
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Der Autor spricht von einer „Pornofizierung“ der Freiheitsattitüde, die sich in ständig wechselnden Repräsentanzen hypostasiert. Die Ästhetik der Männer, die sich hinter dem Sheriff versammeln, um vorgeblich unveräußerliche Rechtsgüter, in Wahrheit aber nur ihre verschwörungsmythischen Ressentiments faustrechtlich zu verteidigen, hat etwas von ideologischem Unisex.
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Irgendwo bringt Klaus Theweleit den entscheidenden Punkt. Als besessener Nachahmer verstorbener Folkvirtuos:innen stieß Dylan an seine musikalischen Grenzen, noch bevor der Ruhm ihn erreichte.
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Lucy Burton steckt in der Herkunftsfalle. Zwar lebt sie schon lange in New York und führt da das angenehme Leben einer arrivierten Schriftstellerin mit zwei liebevollen Töchtern und einem anhänglichen Ex-Mann. Eine dramatisch trostlose Ursprungsumgebung wirkt sich aber weiter zum Nachteil der Erzählerin aus.
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So laut- und mühelos wie ein Silhouettenschneider durchbricht Hauswald die Abwehrlinien der staatlichen Rechtfertigungserzählung. Er regiert auf ein Regime der Gewalt. Die Mielkes und ihre Gefolgsleute verstanden das Rechtssystem als Herrschaftsinstrument.
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Liebe alle, heute in einer Woche, am 11. Februar 2022 um 19.30 Uhr findet ein neuer Abend der Berliner Salonage in der Lettrétage im Studio Acud statt. Diesmal unter dem Motto „ Pieces of Berlin“. Ich stelle Euch folgende Künstler*innen mit Berliner Vibes vor ...
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Sie waren einmal verheiratet. Jetzt sind Lucy und William beste Freunde, die sich beinah lustvoll Schwächen gestehen. Die Erotik der Verflossenen moussiert in schrägen Nischen der Vertraulichkeit.
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April 1961 in New York – Ein Unbekannter spielt in Gerde‘s Folk City. Joan und Mimi Baez illuminieren das Publikum mit ihrer Prominenz. Volksmusik ist gerade der heißeste Scheiß in Amerika, und Joan die aparteste Verkörperung dieser vor Anachronismen strotzenden Avantgarde. Der knabenkecke Provinzbarde reißt die Schwestern hin.
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Harald Hauswald zeigte die „innere Leere in der angestrengten Selbstdarstellung des SED-Staates“. Daher rührt die stille Subversion seiner Aufnahmen. Gleichzeitig bebilderte er die Revolte der Staatsmüden. Er folgte den Spuren ihrer kleinen Fluchten.
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Investigationen wirken auf Antigone wie Rauschmittel. Ihr Jagdtrieb wird stimuliert, etwas Ursprüngliches setzt sich durch. Innerlich reich geboren, fällt es ihr leicht, die Privilegien ihrer Klasse gering zu schätzen. Antigone lebt für ihre Arbeit, das Privatleben verelendet auf hohem Niveau.
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Die Neureichen in der Beletage des chinesischen Wirtschaftswunders liefern sich transkontinental ausufernde Verschwendungsschlachten. Sie konkurrieren in Arenen wahnsinniger Ausgaben. In diesem Überbietungswettbewerb muss alles gigantische Dimensionen annehmen: Wetteinsätze, Zechen, Kaufräusche, Anti-Aging-Exzesse … man jettet in die Schweiz, um sich da ein „aus Schafplazenta gewonnenes Elixier“ spritzen zu lassen.
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Nach der Lesung bespielte die DJ Gaya Neruda einen Korridor. Verlagsassistentinnen suchten ihre Partylaune. Sie waren beinah noch Hochschülerinnen und widersetzten sich dem Büroschick mit Kleinigkeiten. Sie wippten in Erwartung eines größeren Engagements. Jemand sollte vor ihnen in die Vollen gehen.
Niemand spielte die Vorturnerin.
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Stellen Sie sich vor, auf einer maroden Brücke irgendwo in Amerika kreuzen „Beamte des Verkehrsministeriums auf. Sie finden bröckelnden Beton“. Sie weisen die zuständige Bezirksbehörde an, „die Brücke ... zu schließen“. Zu Umwegen gezwungene Autofahrer:innen verfluchen eine weitere kommunale Dysfunktionalität. Vom Unmut der Bürger:innen aufgestachelt, nimmt der Sheriff das Gesetz in seine Hände und macht Faustrecht daraus.
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Jonathan Lear erkennt: „Wir begreifen die Zerstörung nicht, die die (Apsáalooke) durchlitten haben“, solange wir die Frage priorisieren, „wer die Geschichte erzählen darf“. Vielmehr dreht sich das Begreifen um die Feststellung, „dass die (Apsáalooke) diejenigen Begriffe verloren haben, mit denen sie ein Narrativ aufbauen könnten“.
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Vom 25. März bis zum 3. April 2022 ist Sasha Waltz & Guests gleich mit zwei Stücken im Berliner Radialsystem zu erleben. Am 25. bis 28. März zeigt die Berliner Tanzcompagnie das Auftragswerk »remains« des US-amerikanischen Künstlers Andrew Schneider.
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Mit dieser Formel wurde die Dschunke des chinesischen Wirtschaftswunders zu Wasser gelassen. Kaum floss das Geld zur Mitte, tauchten liberale Ideen auf. Die demokratisch konnotierten Teilhabeerwartungen einer neuen Mittelklasse schufen sich ihre eigenen Instrumente. Das passte Xi Jinping nicht. Die in der zweiten Morgenröte der chinesischen Revolution Person gewordene Partei erfüllt die Idee einer historischen Kontinuität ...
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Das Paar hat nichts mitgebracht, was vor Ort zählt. Die Neuen fühlen sich trotzdem großstädtisch überlegen, während die Rohrzange Anpassung sie kleinstädtisch kneift. Davon erzählt Gerda ihrer Freundin Amelie in Episoden, die wie gemalte Erfahrungsberichte in einem Klassenzimmer aneinandergereiht sind.
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„Dann brachte Audi ein 6,0-Liter-Modell mit zwölf Zylindern heraus, und Whitney musste dieses Auto unbedingt haben. Wir lebten in einem unverschämt teuren Appartement und fuhren ein Auto, das in China fünfmal mehr kostete als im Ausland. Wir leisteten uns die teuersten Dinge. Und trotzdem pumpten wir meine Leute wegen Kleingeld an.“ Shum redet an dieser Stelle von 300.000 Dollar.
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Müßiggänger:innen bleiben vor Jims Kneipe hängen. Der Ire könnte als Sizilianer alten Schlags besetzt werden. Immer wieder gerät Jim in sagenhafte Schwierigkeiten. Dann finden im Nordend Verfolgungsjagden statt. Jim räumt Stühle und Schirme zu Tischen auf dem Bürgersteig. Er setzt sich zu den Paaren. Ein Stammgast geht in den Service, Jim nennt das Erlebnisurlaub.
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Papageientaucher kratzen sich mit Holzstäben. Mangrovenreiher legen Köder aus. Große Tümmler krönen ihre Schnauzen mit Schwämmen, die sie am Meeresboden ernten. Visayan-Warzenschweine nutzen Rinde und Stöcke für ihre Untergrabungen. Elefanten schwenken Palmwedel mit ihren Rüsseln. Schimpansen nehmen Wasser in Blätterkelchen auf. Sie schützen sich mit Handschuhen und Schirmen aus Blättern.
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Das Gefängnis war ursprünglich eine Großküche. Man fand es auf keinem Stadtplan. In seiner Umgebung residierte Markus Wolfs Computer-Abteilung, die realsozialistische Version von Q‘s Labor, in dem James Bond seine Spielsachen kriegt, war auch da. Im kriminaltechnischen Institut des Ministeriums für Staatssicherheit in der Genslerstraße 13 baute man für Entführungsaktionen schalldichte Zellen in Autos (Westfabrikate) ein.
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Im späten 16. Jahrhundert stirbt die Bäuerin Astrid Hekne bei der Geburt von Siamesischen Zwillingen auf einer norwegischen Landzunge. Halfrid und Gunhild erweben sich in vierhändiger Verbundenheit eine die kurze Lebensspanne überragende Wertschätzung. Zum Andenken an die Töchter lässt ihr Vater zwei Glocken gießen, denen bald eine schicksalhafte Bedeutung zukommt. Die Nachwelt spinnt den Erzählfaden fort ...
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1923 behauptete eine verheiratete Weiße namens Fannie Taylor nach einem handfesten Streit mit ihrem weißen Liebhaber, von einem Schwarzen angegriffen und verletzt worden zu sein.
Fannie Taylor brauchte eine Erklärung für ihre Blessuren, die sie nicht als Ehebrecherin desavouierten.
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1595 kommen auf der norwegischen Landzunge Butangen Zwillinge zur Welt, die an der Hüfte zusammengewachsen sind. Ihre Geburt tötet die Gebärende. 1611 werden die Töchter des Witwers Eirik Hekne sechzehnjährig einer bäurisch-großfamiliären Inklusion entzogen und in einem abgeschiedenen Haus im Gudbrandsdal nahe Dovre separiert. Mit Geheimwissen beschlagene Weberinnen unterweisen die Abgesonderten.
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Im Sommer 1808 übernimmt William Paterson den Posten des Gouverneurs von New South Wales. Er folgt dem kaum in Erscheinung getretenen Foveaux, dessen Vorgänger, der glücklose, von korrupten Offizieren gemobbte William Bligh, auf sein königliches Mandat pocht. Bligh ist eine nautische Ausnahmeerscheinung. Seine kartografische Genauigkeit hilft Seefahrer:innen noch im 20. Jahrhundert.
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Xi Jinpings Omnipotenz beweist die Tatsache, dass er einen in westlichen Augen tödlichen Fehler politisch mühelos überlebt hat. Er unterwarf den pandemischen Informationsdiskurs der Staatsräson ... Xi Jinping ist die Person gewordene Partei in der zweiten Morgenröte der chinesischen Revolution. Der Konsum funktioniert als kapitalistischer Weichmacher einer Diktatur. In diesem System bewegen sich auch die Expatriierten. An erster Stelle des Romanpersonals ...
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Was trennt die lyrische Schilderung einer Person von ihrer außerdichterischen Beschreibung? Die Scheidung des Poetischen vom Prosaischen führt zu einer Unterscheidung zwischen intuitiver (expressiver) und theoretischer Erkenntnis. Wer nicht Gefahr laufen will, als Dichter verschrien zu werden, muss Zuflucht nehmen zu allgemeinen Begriffen, oder, um es mit Hegel zu sagen, „zur Form des reinen Begriffs verflüchtigten Realität”.
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Adorno sagt: Brecht lavierte, schraffierte, vernebelte, fintierte. Er habe sich verhalten im Geist mediokrer Vorgaben. Heiner Müller stimmt zu, deutet das Konzept aber anders. Er wäre gern Schüler dieses Meisters gewesen, und hat manchmal seine Geschichte auch so erzählt als wäre er Brecht nahe gekommen.
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Radka Denemarková lässt eine Protagonistin im Kontext einer gescheiterten Ehe sagen: „Ich bin die jahrelangen Erniedrigungen, die Betteleien und Verletzungen leid. Der einzige Weg, dieses Konzentrationslager zu beenden …“ Wie kann man eine toxische Beziehung mit der Shoa vergleichen?
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Es gibt nichts Unbedeutendes. Eine hochgezogene Augenbraue, ein abgleitender Blick, eine beiläufig wegwerfende Handbewegung, das kurze Entgleisen der Züge ... im Augenblick lautet die wichtigste Frage: Hat es Milli Vanilli gebracht oder eher nicht? Toni durfte einem der Musikerdarsteller bis zur Wahrnehmung seines Aftershaves nahekommen, die anderen wissen, dass Fabrice im Dschungelcamp war. Alle versuchen „Girl you know it´s true“ zu singen, keinem gelingt es.
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In Peking schwitzen Autos um Mitternacht. Sie „hupen um Hilfe“. „Wolkenkratzer beäugen sich voller Hass.“ Ein Gebäude lässt „die Schriftstellerin“ an eine „riesige Zigarre oder (an ein) erigierte(s) Glied“ denken. Kolossale Wohnmaschinen laden sie zu einem Vergleich mit den „Plattenbauten Prags“ ein.
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Kurz bevor wir uns kennenlernten, begegnete Yesüga Paul Mason. In einer Bar, die als Blase in einem imperialen Salzwasseraquarium eingelassen war, erzählte Mason von dreißigjährigen Vorstandsvorsitzenden, die, so schrieb Mason in seiner Kampfaufforderung Helle, lichte Zukunft, „den sozialen Krieg, der seit geraumer Zeit an den Rändern des globalen Systems tobt“, mit einer Agenda der Unversöhnlichkeit auf die Magistralen der Welt tragen. Mason bewunderte das Engagement ...
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Um sich mit einer Abwechslung zu langweilen, beschließt Vielflieger Faber einmal auch auf einem Schiff den Kontinent zu wechseln. Da ist dann diese junge Frau in existenzialistischer Aufmachung, die als jüngste Reisende an Bord das Interesse des Erzählers auf sich zieht. Faber moussiert in seinen Beobachtungen, ob Rock, ob „Bubenhose“, ob Nackenflaum, ob „Rossschwanz“. Seine übergriffige Wahrnehmung entgeht ihm.
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Eines Morgens kommt ein Wächter in die Zelle und fesselt Gulbahar Haitiwaji „wortlos an die Bettstange“. So verbringt sie auch noch die kommende Nacht „im Neonlicht“. Der Vorgang versickert im administrativen Schweigen. Der Unterschied zwischen Tag und Nacht wird für die Gefangene allein im Rhythmus der Verrichtungen zum Erlebnis. Die strategische Desorientierung ...
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In 2022 finden in Ungarn Wahlen statt und wir laden Euch zu einer Paneldiskussion ein, um darüber zu sprechen, welche Protestformen in den letzten Jahren gegen die faschistischen Entwicklungen entstanden, wohin Ungarn unterwegs ist und was die aktuellen politischen Diskurse und Perspektiven sind.
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Wir wissen es alle. Didier Eribon und Steffen Mau haben im Kohortendenken der Postbabyboomer:innen Türen aufgestoßen und jede Menge Vorstadtlebensläufe aufgewertet. Die soziologisch diagnostizierte Herkunftsscham und ihr Gegenteil sind zu Schlüsseln des Begreifens geworden.
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Einmal liegt eine Spenderniere in der Frankfurter Uniklinik bereit, während Karasek mittellos in Sainte-Vertu rotiert. In einem von der Schwester gecharterten Privatflugzeug landet er auf einem Frankfurter Flughafen, um da zu entdecken, dass er ohne Pass reist. Karasek erzählt, wie Käse aus dem Papier geschlagen wird. Der Wein kommt mit schwarzen ...
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Am 2.3.1982 sendet der Hessische Rundfunk einen Beitrag mit dem Titel „Die Welt der Kelten. Eine Zivilisation und ihr Ende“. Darin trifft Ré Soupault eine fabelhafte Unterscheidung. Im Gegensatz zu ihren Vernichtern, den materialistischen, von einer festgefügten staatlichen Struktur ausgehenden Römern, seien die Kelten „Spiritualisten“ mit einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung gewesen.
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In den Goldenen Jahrhunderten des Osmanischen Reichs ankerte die Flotte des Sultans in der Bucht von Dolmabahçe. Nach einer (mit dem Mythos verwobenen) Legende gingen da schon die Argonauten an Land. Schließlich verlandete der türkische Bodden und bot sich in seiner Fruchtbarkeit als königlicher Garten - bahçe an.
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Erinnert sich noch jemand an Horst Karasek? Auf seine Weise war auch er ein Peter Kurzeck in Frankfurt am Main. Und außerdem eine Widerstandspersönlichkeit. Während Horst K. seine Lebhaftigkeit in Auseinandersetzungen an der Startbahn West suchte, erschien einer seiner Brüder televisionär als der junge Mann von Marcel Reich-Ranicki.
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Ein Paar am Rande des gemeinsamen Nervenzusammenbruchs - Daheim im Mailänder Bezirk Lambrate, bewegen sich Giorgia und Filippo noch nicht lange jenseits der Marken studentischer Leichtigkeit. Im Handgemenge mit der Realität haben sie, jede(r) für sich, den Kürzeren gezogen ... Allein der Freitagabend funktioniert noch als „Wellenbrecher der Woche“. Giorgia und Filippo halten fest an der Fama postadoleszenten Vorglühens.
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„Ich möchte sterben wie mein Großvater, friedlich und im Schlaf. Auf keinen Fall hysterisch wie sein Beifahrer.“ Das erklärt Sandra, bevor sie den Ball der Aufmerksamkeit an Elke abspielt. Die beiden Frankfurter Rekonvaleszentinnen kuren in Ahrenshoop. Sie machen Front gegen Leute, die keine Hessen sind.
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Die Deutschen lassen sich die Begeisterung für den finnischen Nationalsozialismus lediglich gefallen, bis es eng wird und Hitler 1942 in Finnlands Nationalhelden Carl Mannerheim, einem französisch erzogenen Russen, des Finnischen kaum mächtig, einen entschlossenen Gegner der Roten Armee zu erkennen lernt. Der weltgewandte Marschall will sich aber nicht länger mit dem Berliner Versager gemein machen.
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Zum 60. Geburtstag von Ulrike Draesner am 20. Januar 2022 erscheint ein neuer Band der Autorin mit Gedichten aus 25 Jahren - viele neue, aber auch bekannte, überraschend anders arrangierte Gedichte. Nie hat die Dichterin mehr Einblick gewährt in ihr Leben und den Prozess ihres Schreibens als in »hell & hörig«.
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Restriktion und Regression bestimmen das Romangeschehen. Nach einem Gewaltausbruch des Vaters, der sich vor Annies Augen gegen ihre Mutter richtet, kehrt das Schankwirtsehepaar zu einer durchaus nicht brüchigen Harmonie zurück. Für die Tochter ist der häusliche Frieden unbegreiflich. Das Unbegreifliche wächst sich aus: auf einer Strecke von der Irritation bis zur Wachstumshemmung. Annies Entwicklung stockt nach der Tat ...
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Niklas Luhmann beschreibt Vertrauen als „einen Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität“. Mir gefällt die mechanistische Erklärung. Ich schinde Malte mit Details. Historisch bedeutender und noch älter als sein Schauplatz ist ein hanseatischer Dielenschrank, ein Danziger Schapp mit Walnussbaumholzfurnier. Die Kugelfüße sind aus Ahorn.
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Das Exil machte Brecht nicht demütig. Er zählte zu den Stars der Emigration. Andere erlitten das Schicksal, dem er treffende Worte gab. Reden wir kurz über die „Flüchtlingsgespräche“ - „Der Pass“, so heißt es in dem fragmentarischen Ertrag des Brecht’schen Nachlasses, „ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch.
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Das Han-Chinesische Regime im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang institutionalisiert die Herabsetzung der autochthonen Bevölkerung. Die strategische Diskriminierung folgt der Idee, den Uigur:innen die Grundlagen für eine selbständige Lebensweise zu entziehen. Man schafft verdrängende facts on the ground mit konsequenten Marginalisierungen der ursprünglich einheimischen Arbeitnehmer:innen.
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Ein erotischer Schausteller mit Fitnessstudiomuskeln, gewachster Haut und persönlich haftendem Glied diskreditiert sich in seiner Annehmbarkeit. Ich rede von Gerkan, so wie Antigone ihn sieht. Gerkan denkt an Antigone, während Katrin ihm ihre Ehe auseinandersetzt. Warum muss man sich so was anhören? Weil man glauben möchte, dem Gatten etwas voraus zu haben, als begehrtes Seitensprungziel?
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Das Han-Chinesische Regime im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang institutionalisiert die Herabsetzung der autochthonen Bevölkerung. Die strategische Diskriminierung folgt der Idee, den Uigur:innen die Grundlagen für eine selbständige Lebensweise zu entziehen. Man schafft facts on the ground mit konsequenten ...
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1989 erschien in der von Enzensberger emphatisch edierten „Anderen Bibliothek“ im Eichborn Verlag als 52. Band „Edmond und Jules de Goncourt. Blitzlichter. Portraits aus dem neunzehnten Jahrhundert.“ Ausgewählt, übersetzt und mit einem Nachwort versehen wurde das Journalextrakt von Anita Albus. Die Frankfurter Rundschau schrieb: „Die Tagebücher der Brüder Goncourt sind eine kultur-, zeit-, sozial- und sittengeschichtliche Fundgrube ersten Ranges.”
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Júlio Santana wächst arkadisch auf. Er kennt die Gepflogenheiten von Affen und Jaguaren aus täglichen Begegnungen. Der Vater holt das Frühstück aus dem Amazonas, ein Kühlschrank erübrigt sich bei dieser Lebensweise. Ein Onkel ist Júlios Idol. Als Polizist genießt der Verwandte allgemein Ansehen, dass er außerdem als Pistoleiro Mordaufträge entgegennimmt ...
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Jeden Morgen präpariert sich Abbie mit einem praktischen Dutt, der es ihr erlaubt, sich im allgemeinen Catch-as-catch-can „wie Supergirl“ eine Perücke überzustreifen und damit umgehend passabel auszusehen. Ihr Kanzleibüro teilt sie mit dem „fiesen Nick“, einem skrupellosen Aufsteiger, der seine niedrige Gesinnung mit einer hinreißenden Erscheinung verblendet.
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Enzensberger vergleicht den Limes mit einer „Membran, die einen osmotischen Austausch zwischen verschiedenen Kulturen und Verkehrsformen beförderte“. Die Römer:innen seien zu klug gewesen, um sich abzuschotten. Doch gebe es Lagen, in denen ein cordon sanitaire als beste Lösung angesehen werden müsse, etwa bei Territorien, die sich Desperados unter die Nägel zu reißen wussten.
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Widersprüche zwischen samischer Tradition und dem finnisch-postfaschistischen Modernitätsphantasma treiben Petra Rautiainens Geschichte an. Das böse Ideal einer arischen Gesellschaft verpuppt sich in demokratiekompatiblen Begriffen und Verkehrsformen. Doch der Ungeist lebt weiter. Er bedroht Minderheiten und formalisiert die Gegnerschaft zwischen den Träger:innen von Staatsideen und den Vertreter:innen regionaler Autonomie.
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Straßengeräusche dringen ein, die Lichtverhältnisse ändern sich. Die Kamera zeigt Kippen in einer Reihe auf einem angeschlagenen Unterteller. Die Zeit des Geschehens bleibt unklar, bis zum Alarm eines mobilen Telefons. Gegenwart, aber kein Interesse. Eine Nachricht trudelt ein. Im Treppenhaus geht das Leben weiter, man hört ein Kind, Schritte, das Klirren in Körben. Die Frau lässt Kleister ins Spülbecken rinnen.
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Väinö ist restlos infiziert von der Pest des nationalsozialistischen Gedankenguts. Seine arglose Grausamkeit schließt vor ihm jeden humanitären Spielraum. Fromm beteiligt er sich an den mörderischen Verheerungen, die wenige Jahre nach Kriegsende ihre letzten Opfer fordern. Spielende Kinder entdecken das vor der Räumung verminte und schlussendlich dem Erdboden gleichgemachte Lager. Ein Junge tritt auf eine Sprengfalle.
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Der Mann meiner Mutter trug ein Lumberjacket: ein Wort wie eine Grenze, die auf dem zweiten Bildungsweg nie überschritten wurde. Als geborener Sozialdemokrat lehnte er es ab, sich am Fürstenhäuserbetrieb zu delektieren. Adelsklatsch war was für Leute mit dem falschen Bewusstsein. Doch gab es da eine Lücke - Eddies Abdankungsstory. Nicht, dass der Mann meiner Mutter sich die Namen der Protagonisten jemals gemerkt hätte. Er wusste nur, in England hat es einen König gegeben ...
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Enzensberger schildert den Spanischen Bürgerkrieg als Aporie der Avantgarde und Lehrstück der Vergeblichkeit mit weggebrochenen Frontabschnitten, gebrochenen Versprechen und einer tragisch kolorierten Massenflucht ohne Happy End. Hemingway fasst den Kampf der Republikaner:innen gegen die Franco-Restauration in „Wem die Stunde schlägt“ als Arena der persönlichen Bewährung und Spielplatz für Kommandounternehmen zwischen Brückensprengungen ...
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Robert Capa (1913 - 1954) kultivierte die Lakonie der Lost Generation, die vor allem in der Spielart des Amerikaners in Paris so lange den Ton angab, bis die Beat Generation an den Start ging. Das erklärt den leicht bramarbasierenden Duktus:
Der Kriegsberichterstatter bekommt mehr Drinks … er darf ruhig feige sein, und nicht dafür hingerichtet zu werden, ist seine Marter.“
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Im Visier der Sonne verläuft die Grenze zwischen Mecklenburg und Pommern. Die Aufnahme entstand auf der pommerschen Seite. So oder so ist das alles UweJohnsonLand. Nach dem Krieg kommt Johnson als Geflüchteter nach Güstrow. Das ist nicht weit weg von Waren an der Müritz, wo zur gleichen Zeit Heiner Müller als Sachse sich Mecklenburger Gemeinheiten gefallen lassen muss. Man bindet den „Ausländer“ an einen Marterpfahl. Das ist eine andere Geschichte.
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Die Obermayer Awards würdigen deutsche Bürger:innen und Organisationen, die sich für die Erinnerung an die wichtige Rolle, die die jüdische Bevölkerung vor der Zeit des Nationalsozialismus über Hunderte von Jahren für die deutsche Gesellschaft spielte, einsetzen. Ausgezeichnet werden darüber hinaus Menschen, die sich ausgehend von den Lehren aus der Geschichte der Bekämpfung von Vorurteilen und Rassismus (einschließlich Antisemitismus) widmen und die Verständigung ...
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Die Gastgeberin hält fest am antiken Interieur im Cottage-Stil. Sie profitiert von der Bodenständigkeit ihres Mannes Tony. M fehlt das unerschütterliche Selbstvertrauen und der Beständigkeitsdrive. Ständig befragt sie ihre Präferenzen, als könne ein Wind sie außer Kurs setzen. Sie reagiert wie eine Kompassnadel auf L. Sie schlägt aus in aller Unmittelbarkeit.
Warum entblößt sie sich vor dem verbrauchten Genie? Weshalb wirbt sie um den erloschenen Stern?
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Alpine Barrieren schützen das totalitär regierte Kutemalias-Reich vor Usurpatoren. Das offenbar kreisförmige Grenzgebirge ragt in den Himmel. Den natürlichen Riegeln überlegene Eroberer werden von einer melancholischen Armee nach Kräften zurückgeschlagen. Versagende Verteidiger überleben ihre Niederlagen nicht.
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Unter dem Titel „Brüder im Bild“ zeigte der Rostocker Kunstverein zuletzt Arbeiten aus dem Nachlass von Detlev Steinberg. Zu den Archivfunden gehören Abzüge aus dem Werk des Bruders Uwe. Mit nüchterner Einfühlung dokumentierten die Steinbergs Mahlprozesse in den realsozialistischen Mühlen. Sie belichteten Szenen jenseits des DDR-Rampenlichts und abseits der offiziellen Sieger:innen-Ikonografie. So entstand ein kritischer Bildkommentar zur staatstragenden Geschichtsschreibung.
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Im Verlauf der Jugend kam er zu einer gebrauchten Ausrüstung, so dass er sich auf den ersten Blick nicht sonderlich unterschied von den Arrivierten. Er setzte seinen Stolz in das Unternehmen einer neuen und vollständigen Ausstattung vom Sombrero ... bis zum Sattel. Dafür arbeitete er zwanzig Jahre ... Der Gaucho schaffte sich die Dinge kein zweites Mal an. Sie überlebten auch noch einen Erben. Sie waren hundert Jahre brauchbar.
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Enzensberger streift die Lust der Übersetzerin an der Übersetzung ... und bezeichnet die Transition „als intensivste Form der Kritik“, da frau in den Prozessen der Übertragung unweigerlich von der Faszination zur Mechanik vorstoße. Der Vorhang hebt sich, und der Spuk verliert seine Sensation an den Stoffwechsel. Es bedürfe wenigstens einer „Spur von Skrupellosigkeit“, um Shakespeare aus dem Original zu schälen.
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„Es ist eine feste Maxime der Weisen, sich nicht mit der Feder zu vertheidigen: denn solche Vertheidigung läßt eine Spur nach und schlägt mehr in Verherrlichung der Widersacher als in Züchtigung ihrer Verwegenheit aus. […] Von Vielen würden wir nie Kunde erhalten haben, hätten ihre ausgezeichneten Gegner sich nicht um sie gekümmert.“ Baltasar Gracián
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In der DDR war Wohnraum ein staatliches Schlüsselgut. Die Bewirtschaftung unterlag keiner ökonomischen Regulierung. Es wurden politische Preise aufgerufen. Dabei rief sich der Staat zweimal zur Kasse, so wenn er Energie zu Preisen unter den Stromentstehungskosten abgab. Er investierte in sein Image wie ein aufgehender Stern am Schlagerhimmel. Niedrige, vierzig Jahre stabil gehaltene Mieten firmierten als Markenzeichen.
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Widerstand und Exil waren die Adelsattribute der DDR-Gründergeneration. Die Kinder der Überzeugten wurden zu Wachsamkeit erzogen. Der Klassenfeind stand überall. Die Geburt des Sozialismus aus allen Übeln des niedrigen Menschseins verlief kompliziert. Eine dünne Decke von höchstens zehn Prozent der Bevölkerung schützte das neue Deutschland ...
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Nicht erst die Surrealisten träumten künstlerisch wertvoll. Gestaltete Träume sind Ausdruck durchgreifenden Selbstgefühls. Rahel Varnhagen (1771 – 1833) träumte so. Hannah Arendt analysierte die mit sozialen Bedeutungen geladenen Schlafresultate als Sublimationen gesellschaftlicher Frustrationen. „Was das Bewusstsein verdrängt, kehrt in der Nacht zurück.“
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Die Sowjetsignatur nimmt sich aus, als sei sie in einer älteren Welt geprägt worden. Man sieht gemütliche Völlerei, Feste der einvernehmlichen Daseinsbewältigung. Brüderliche Besäufnisse. Eifrige Selbstkritik. Die Verherrlichung Stalins als politischen Olympioniken; als einem Champion, dem die Gunst des Volkes ...
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Die Großmutter unterweist die vorübergehend verwaiste Enkelin in ihrer Familiengeschichte. Zwar schimmert die Vergangenheit wie Gold und Seide. Weitreichend und tiefsinnig erscheint Hu'o'ng der biografisch-antike Grund ihrer Existenz. Doch vollzieht sich das Schöne auf einer Folie der Unfreiheit. Das französische Kolonialregime bestimmte die Regeln zurzeit der großmütterlichen Jugendblüte.
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Ein Mann schiebt einen leeren Kinderwagen vor die Imponiermalerei des Kalten Krieges. Außer mir scheint niemand die Sinnlosigkeit der Konstellation, gemessen an den regulären Erwartungen, zu irritieren. Das Fahrzeug könnte Requisit einer Inszenierung sein. Ich verfolge die Manöver des seltsamen Besuchers. Enttäuscht ihn, dass seine Merkwürdigkeit fast alle Aufmerksamkeitsziele verfehlt? Möchte er dem Publikum eine Reaktion abringen?
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Das Kind lebt bei der supernormalen Großmutter, die als Lehrerin auch noch unter den extremen Bedingungen des Bombenterrors den Schulbetrieb aufrechterhält. Sie flicht der Enkelin einen Korb voller Binsen, in denen der Weisheit letzter Schlüsse stecken. Angst und Entbehrungen haben ihre äußere Schönheit zerstört. Keiner kann sich mehr vorstellen, „dass sie mal als cành vàng lá ngọc gegolten hatte – ein Jadeblatt an einem Zweig aus Gold“.
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Was wir gern vergessen. Wir stehen nicht seit jeher an der Spitze der Nahrungskette. Die längste Zeit waren Menschen Beute. Zu effektiven Jäger:innen wurden wir auf den Saumpfaden der kulturellen Evolution. An unserer genetischen Wiege sang uns keine(r) das Lied von Pfeil und Bogen. Heute herrschen wir über die Welt und sauen alles ein.
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1927 schreibt Walter Benjamin: „Fjodor Wassiljewitsch Gladkow hat in Russland Epoche gemacht. Sein Hauptwerk „Zement“ war der erste Roman aus der Periode des Wiederaufbaus. Alsbald wurde die Umwelt, die er darin aufstellt, Schauplatz; von der Prosa aus eroberte sie die Bühne, auf der „Zement“ sich nun seit Monaten behauptet“.
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Huo̓ng hört auf den Spitznamen Guave. So nennt eine Großmutter, die im vietnamesischen Ahnenreich vernehmbar vor sich hin munkelt, die Enkelin. Auf der 2012er-Gegenwartsleiste des Romans erinnert sich Huo̓ng an amerikanische Luftangriffe, denen die Zivilbevölkerung schutzlos ausgeliefert war. Die US-Streitkräfte antworten auf eine nordvietnamesische Bodenoffensive mit Luftschlägen. Die Operation Linebacker ...
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Bürgerlich heißt die Königin von Saba Duarte de Martinez. Sie zählte zum Küchentross von Salvador Allende. Als jener, entmachtet von Pinchot, sich 1973 gezwungen sah, an einem „historischen Scheideweg“ seinem Leben die Bedeutung eines nationalen Symbols geben, floh Duarte de Martinez nach Deutschland. Sie zählte zu den Allende-Chileninnen, die im Westen landeten.
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Man sieht zwei Kinder im Garten ... Sie tragen Anoraks. Es könnte Frühling sein. Oder Herbst. Ein langer Schatten droht dem Sonnenflecken im Rücken der Fotografierten. Eine Mauer grenzt das Geschehen ab und gibt ihm die private Note, die das Dokument in der Retrospektive zur Memorabile dann doch nicht macht. Einer der Porträtierten erinnert sich „vage … an den Geruch des gummierten Baumwollstoffes unserer Jacken“.
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Wie eine Schweißnaht zieht sich die Spur der Zensur durch Mandelstams essayistischen Obst- und Gemüseauslagen. Halboffen und halbironisch beschwert sich der Dichter in seiner Rolle als Urheber von semi-literarischem Kleinmist bei seinen Leser:innen über staatliche Bevormundung und brutale Dummheit.
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Die Frontverläufe erscheinen konturenscharf. Hier lebt die Hoffnung auf eine gerechte Gesellschaft, da verrotten die Klassenfeind:innen in einem diskreditierten Gemeinschaftsformat. Der Historische Materialismus lehrt die Unumkehrbarkeit der Geschichte. Der Kommunismus überwindet den Kapitalismus im Klassenkampf. Die Apachen des Guten ...
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In dieser Erzählung war vor Odysseus alles Mengenlehre und göttlicher Auftrag. Die Menschen existierten zufrieden in einem schizophrenen Zustand. Sie hörten Stimmen, die Stimmen gehörten Gött:innen. Die Gött:innen lieferten Imperative. Erst Odysseus habe die Mandatsträger für so erreichbar gehalten, dass ihre Überlistung als Möglichkeit am Horizont aufschien.
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Beim Wettlauf um die Macht sind drei Brüder und zwei Cousins auf der Strecke geblieben. Übrig blieb Alwin. Sein Thron ist eine schmucklose Angelegenheit, mehr ein Kasten als ein Stuhl. Er trinkt aus dem Schädel des Schwiegervaters. König Alwin spaziert betrunken in seinen Erinnerungen an das Gemetzel, das für Rosamunds Vater zum letzten irdischen Erlebnis wurde. Der gute Mann, ein König von gestern, starb von Alwins Hand, Alwin wartete mit der Enthauptung ...
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„Denn außerdem treibe ich, wie man mir unablässig wiederholt, eine Aerosolwolke vor mir her, deren feine Tröpfchen winzige Viren verbreiten, die in die Lungen geraten und meine Nachbarn töten können – sie würden in den Betten der überfüllten Krankenhäuser ersticken.“ Für das erzählende Ich, das den Autor nicht verleugnet, wurde das Leben in der Pandemie zur Heimsuchung. Latour knüpft an ältere Überlegungen.
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Michel Serres sagt: „Ekstase und Existenz haben die gleiche Wurzel.“ Das „Fast-Nichts“ der eigenen Existenz schließt sich mit dem Universum kurz. „Diese drei Kurzschlüsse – das Unermessliche im Punkt, das Sein im Nichts, Alles im Nichts – erzeugen einen Energiedruck von unendlicher Dichte, der mitunter über lange Zeiträume in einem Ausbruch von zerstörerischem Hass oder aber einer Liebe freigesetzt, die Zivilisationen schafft.“
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In der Vorlesung vom 21. 11. 1963 wendet sich Adorno gegen „eine Art von verantwortungsloser Drauflosdenkerei, die sich an die Sachgehalte, mit denen sie es zu tun hat“, ruchlos vergreift. Der Vordenker pointiert seine Kritik mit der Wendung „free for all“. Doch verortet er jedweden philosophischen Darkroom-, Späti- und Discounter-Text auf einem gemeinsamen Unterstrom mit der Dialektik.
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Die Aktivist:innen starteten eine restaurative Revolution. Sie bemühten sich um den Erhalt von Pittoresken und kombinierten traditionelle Elemente mit dem stadteigenen Pop in Opposition gegen volksrepublikanische Störungen. Ihr Ansehen war auch deshalb so hoch, weil der Aktionismus vom Charakter der Gutwilligkeit eingekleidet und der Identitätsdiskurs eher konservativ geführt wurde.
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Um eine „richtige … Party zu vermeiden“, beginnt die mit der Autorin identische Erzählerin in der letzten Woche vor ihrem vierzigsten Geburtstag mit der kleckernden Bewirtung von Freund:innen. Die erste Vorfeier genießt Katherine an einem strahlenden Wintertag im erweiterten Familienkreis am Nordufer des Ärmelkanals in Folkestone.
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Sie formulierten den europäischen Standpunkt auf einem Berg von Leichen. Chamoiseau schildert Massengräber der Hoffnung, ausgehoben von Schergen an Peripherien. Er findet unter die Haut gehende Bilder für das Grauen. Die Migrant:innen geraten aus Metropolen in ewignächtliche Randgebiete. Chamoiseau entdeckt die Wüsten von Europa.
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Natürlich entspricht das Hochgefühl einer Scheinblüte. Die Emanationen des Scheiterns bestimmen das Sichtbare und das Unsichtbare in den Verhältnissen der Erzählerin, die sich in einem Morgenrock aus Melancholie besonders wohlzufühlen scheint. Valeria hadert schon lange nicht mehr. Sie wurde auf Ergebenheit getrimmt. Im Gegenzug setzt sie Selbstkritik sparsam ein. Großartig müssen die anderen sein.
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Liebe Autorinnen und Autoren des Textland-Festivals 2021, liebe Freund:innen, wir freuen uns, Euch/Ihnen mitteilen zu können, das der Hessische Rundfunk (hr2 kultur) aus den vier Abenden Audio-Mitschnitte zusammengestellt hat, die an den folgenden Tagen (s.u.) zu hören sind und die etwa vier Wochen auf der Website des Hessischen Rundfunks nachhörbar bleiben.
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Eben fiel mir eine Geschichte ein, an die ich lange nicht mehr gedacht habe. In meiner Hanauer Zeit klapperte ich Anglerheime, Campingplatzschwemmen und Gartengaststätten am Main zwischen Frankfurt und Aschaffenburg ab. Weitere lohnenswerte Ziele waren verschwiegen-eingesessene ...
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Der Nachwuchs kam zum Einsatz, als sich der Sturm schon zusammenbraute. In einem gespenstischen Da zwischen toxischem Gelb (ein von Kunstnebel verstärkter stroboskopischer Effekt) und dem Orange der Warnschutzjacken drehten Kinder als Überlebende einer Katastrophe ...
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Die Todesnähe entmachtet den Unterschied zwischen Tag und Nacht. Heiner Müller wehrt sich mit chemischen Keulen, doch wird der Tod Heimat („der tod wird heimat“). Das ganze Wissen und die Gabe, es zu bündeln, gehen dahin. „Man tritt immer weiter aus der Bibliothek heraus und schreibt immer mehr in der eigenen Blindheit.“
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I hope you and your family are healthy and safe in these uncertain times. With that, it has been a blessing to go back to the studio and create work with fellow artists and students.I am pleased to share the outcome of my collaboration with the students of Dance works school of dance in Berlin ...
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„Das Geld, das algebraische X und der Buchstabe können, weil bar jeder Bedeutung, alle Bedeutungen annehmen. Das Abstrakte oder Virtuelle lässt sich also in allen drei Fällen auf etwas Konkretes anwenden.“ Serres untersucht das Verhältnis von erd- und menschheitsgeschichtlichen Hotspots auf der Linie Tektonik, Vulkanismus, Einschläge aus dem All und den Tsunamis des Wissens. Plötzlich ist alles da.
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Uns alle packte das Entsetzen, als wir – im medialen Echo der Weltereignisse - die Taliban auf Kabul vorrücken sahen und aus den Nachrichten erfuhren, dass bereits informelle Gespräche mit den künftigen Machthabern in Gang gekommen seien und die ersten diplomatischen Kanäle zur Kanaille gebohrt würden.
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Flaubert startet sein eigenes Programm, bei dem das Symbolische vor dem Imaginären kommt. Der Kriseninhaber erlebt sich gesteigert, wenn er die Welt in sich erfindet. Dabei geht er über die dialogische Struktur von Interaktionen hinaus. Gleichzeitig fällt er archaisch hinter ihr zurück, indem er sein Leben monologisiert. In den Augen der Sozialkompetenten erscheint er deshalb naiv.
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Michele Cossati nennt seine Frau Mama. Er hält sie für so durchschaubar, dass er es wagt, sie leer zu finden; während Valeria erfüllt ist von einem Geheimnis. In der Hochzeit des italienischen Neorealismus und so auch in dessen Farben gönnt sich die Hausfrau und Mutter das Vergnügen klandestiner Aufzeichnungen, in denen sich die leuchtende Tristesse der konkreten Nachkriegsära spiegelt.
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Da er lange ein berühmter Unbekannter bleibt, muss Heiner Müller wieder und wieder im Westen wie im Osten und so auch im Westen und Osten von Amerika die Butterdose seiner Biografie auskratzen. Das strapaziert, es führt zu einem schleifenden Text, der sich an folgenden Punkten wiederholt. Eine Großmutter war für Adolf Hitler, sie ging bis zur Kreisleitung, um sich gegen eine Schergenbehauptung zu verwahren.
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Pubertäre Verwicklungen zwingen Nora, unter falscher Flagge zu segeln. Sie heuchelt menstruelles Unwohlsein. Unauffällig scheitert sie an sämtlichen Marken einer „normalen“ Entwicklung. Erotisch hingezogen fühlt sie sich zu einer Emma, die in Martha nur die Freundin erkennt. Der Autor erzählt von den prä-adoleszenten Vexiermomenten so einleuchtend ...
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Sie fallen auf, die Wessis, an diesem Abend in der Tucholsky-Buchhandlung. Vermutlich erscheinen sie sich imposant mit ihren Extras. Er hat die Ärmel gekrempelt und so einen Stulpeneffekt erzielt. Sein Bart ist auf Kaiser getrimmt. Er zwirbelt an sich herum, ein steinalter Pfau, der sich bestimmt stets attraktiver fand als seine Frau. Sie ist die aufgedonnerte Mauerblume mit dem schönen Mann. Das Urteil zischt sie mit fanatischer Schärfe: „Dass die sich immer.“
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Ein gleichermaßen bekennender und gebürtiger New Yorker gibt Auskunft über seine Stadt. In Kombination mit maximal verdichteter Unterschiedlichkeit bildet die Veränderungsgeschwindigkeit die New Yorker Signatur. Colson Whitehead erklärt zum Einstieg, wie wenig die Erinnerung an städtische Erscheinungsformen einer rasenden Gegenwart gewachsen ist. Er rät zur Würdigung jener Wohnungen, in denen man sich häutete.
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„Dass ich nicht ersticke” handelt von der sozialistischen Arbeits- und Lebensgemeinschaft Inge & Heiner Müller. Die Produktionsbedingungen dieser Keimzelle von Werk und Mythos ordneten sich so, dass die Krisen in Inge ausgetragen wurden und Heiner sich mit lyrischem Stoizismus muskulös hielt. Der Sachse Heiner hatte im Krieg nichts Schlimmeres erlebt als ein Zugezogenenschicksal in Waren an der Müritz (im Uwejohnsonland).
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In seiner Vorlesung vom 21. 11. 1963 wendet sich Adorno gegen „eine Art von verantwortungsloser Drauflosdenkerei, die sich an die Sachgehalte, mit denen sie es zu tun hat“, ruchlos vergreift. Der Vordenker pointiert seine Kritik mit der Wendung „free for all“. Doch verortet er jedweden philosophischen Darkroom-, Wasserhäuschen- und Discounter-Text auf einem gemeinsamen Unterstrom mit der Dialektik. Adorno spricht von dem „auf Flaschen gezogen(en) … (Hegel‘schen) Geist der Dialektik“.
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„Der Dialog mit den Toten darf nicht abreißen, bis sie herausgeben, was an Zukunft mit ihnen begraben wurde“, sagt Heiner Müller. Wir müssen uns mit dem gescheiterten Staat DDR auch deshalb auseinandersetzen, um zu begreifen, dass Kunst gelingen kann, während alles andere den Bach runtergeht. So lüften wir ein Geheimnis, wenn uns nämlich die Einsicht illuminiert ...
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Die rutschenden Erbstücke an den Fingern meiner Oma brachten mich auf die Kinderidee, dass Ringe mit der Zeit größer werden. Ich neigte zu verdrehtem Denken. Zum Beispiel glaubte ich, dass es in Deutschland einen Wilden Westen gegeben hatte, mit Cowboys und First Nation People (FN), die aber anders genannt wurden. An Stelle der FN traten German:innen. Später wirkte sich Alfred Brehm aus. Der Thüringer Weltmann deutete die freie Wildbahn als Klippschule des Humanen.
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Im Mittelalter hatte eine überseeische Hafenstadt jenes Reichweitenrenommee, mit dem heute Städte aufwarten, die als internationale Drehscheiben wahrgenommen werden. Was für uns Airport-Air ist, war damals der Molen-Flair. In der Hochzeit hanseatischer Dominanz besaß Lübeck ...
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„Vor der Schöpfung war nichts. Gott hat auch bei null angefangen. Wir stellen ein paar Wurfzelte auf“, sagte Einar. Frankfurt kroch vor ihm, er hätte einen Schrebergarten auf die Bühne bringen und von dem Schrebergarten behaupten können, das ist alles, was sich noch sagen lässt. Wir saßen im Frankfurter Hof, Schleef, Müller ...
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Vor ein paar Tagen war ich in der Rostocker Kunsthalle, nun also das Lübecker Pendant der ursprünglich systemübergreifenden Ausstellung „Perspektivwechsel - Kunst nach 1945 aus den Sammlungen der Kunsthallen Lübeck und Rostock“. Jonathan Meese vermachte der Lübecker Kunsthalle seine hochdramatische Darth-Vader- Mumin-Installation.
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Am 31. Januar 2022 wird S.E. Jean-Claude Kardinal Hollerich, Erzbischof von Luxemburg, mit dem Abraham-Geiger-Preis ausgezeichnet. Der Vorsitzende der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft COMECE ist Generalrelator der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode in Rom 2023.
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Uwe Johnson dachte wohl eine Weile darüber nach, wen er zur Hauptträgerin seiner literarischen Gewichte machen wollte. Auf einer sehr langen Linie entschied er sich für Gesine Cresspahl. Die Mecklenburgerin mit dem geraden Herzen betrachtete die Welt Jahrzehnte mit den Augen ihres Schöpfers. Er veredelte sie im Geist des sozialdemokratischen Antifaschismus. Johnson lieh seiner Gesine jede Menge kleidsame Ansichten.
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Lelle ist anders. Anforderungen des Alltags erlebt sie als Barrieren, die sie wie eine Idiotin aussehen lassen. Sie scheitert an der schlichtesten Zündschlüsselmechanik. Gleichzeitig ist sie pretty much die Tochter anspruchsvoller Eltern. Das Psychologenpaar, die Mutter genießt Feministinnen-Fame, hat die Nerd in Lelle geweckt. Sie ist das Debattengenie; eine Nummer Eins der Elaboration.
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Michel Serres fasst den genialen Kurzschluss so auf: „Galileis wahre Erfindung ... war der Zusammenhang, den er zwischen Mathematik und Erfahrung herstellte. Den Griechen, die darum keine exakte Wissenschaft von der Welt kannten, war deren Schnittpunkt verborgen geblieben. Galilei dagegen setzt Gleichung und Versuchsanordnung zueinander in Beziehung. Durch einen so blendenden wie fruchtbaren Kurzschluss zwischen einer virtuellen und …“
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„Das Reich, in dem wir zusammentrafen, senkte sich herab wie eine Wolke, die sich öffnete um uns in ein verborgenes Paradies aufzunehmen.“ Bettina von Arnim über den Kreis der Romantiker:innen, in dem sich Karoline von Günderrode in Friedrich Carl von Savigny verliebte.
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Johnson schildert ein sozialdemokratisches, kirchenkritisches Milieu, das von den Nazis aus der Fassung gedreht und nach dem Krieg in der sowjetisch besetzten Zone nicht mehr auf die Beine kam. In der Handlungsgegenwart erleidet Cresspahl ein Orientierungsdesaster. Er erkennt, dass gegen Hitler gewesen zu sein, keine ausreichende Basis für das Weitere ist.
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„Mit Wonne und Wehmut“ erinnert sich Susane an etwas, ohne mit der Erinnerung ein Ereignis verbinden zu können; wohl aber eine Person – den damals ungefähr vierzehnjährigen Gilles Principaux. Was passierte im Jugendzimmer eines Sohnes aus gutem Haus, während Susanes Mutter in der Küche die Sachen reicher Leute bügelte?
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Der Schriftsteller, Filmemacher und Fotograf Lidudumalingani wird Kurator des nächsten African Book Festival in Berlin, das vom 19.-21. August 2022 zum vierten Mal die Stars der afrikanischen Literatur in die Hauptstadt holt. 2016 gewann er den renomierten Caine Prize for African Writing, der ihn schlagartig bekannt machte und kurz darauf das begehrte Miles Morland Stipendium.
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L hat sich in einem artifiziellen „Ruhestand als künstlerische Eminenz“ eingerichtet. Niemand erwartet von ihm noch „unverhoffte Hervorbringungen“ (Michel Serres). Er nomadisiert und pomadisiert nach dem Vorbild der reisenden Regierung. Die Domizile seiner Gönner:innen besucht er wie Oasen. L entspannt im fremden Luxus. Jahr für Jahr absolviert er seine Grand Tour; als bestünde seine Begabung auch darin, sich Bewunderung zu erhalten.
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In Berlin gehören Bücher zum täglichen Bedarf! Der Senat hat beschlossen, daß Buchhandlungen ohne die G2-Regel
betreten werden dürfen. D.h. kein Vorlage einer Impfbescheinigung, keine Tests. Wichtig aber, natürlich besteht Maskenpflicht
und Abstand, pro 5qm darf eine Person im Geschäft sein. Das Wichtigste: Nehmt Alle Rücksicht aufeinander!
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Walter Faber, der Held in dem vielbesungenen, zu Tode gequatschten und doch als Kassiber der Zeit ergiebig gebliebenen Bericht „Homo Faber“, strandet in der mexikanischen Wüste als Überlebender und mehrfach herausgeforderter Zeuge eines technischen Versagens. Der Ingenieur erscheint als Apologet des technischen Zeitalters. Sein Flugzeug hatte eine Panne. So what.
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Seit 2019 präsentiert Wesseler in Kassel vielbeachtete Einzelausstellungen von Künstler*innen, denen in Deutschland im institutionellen Kontext bislang noch keine breite Plattform geboten wurde – wie Ron Nagle, Rachel Rose oder Tarek Atoui. Mit diesem spezifischen Fokus festigt und verfeinert er den Status der nordhessischen Metropole ...
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M empfängt Brett und L auf ihrem Anwesen. Die Gastgeberin fühlt sich von der unerwarteten Frau (an der Seite des Bewunderten) brüskiert. M erlebt Brett als Störung. Die Fremde wirft ein falsches Licht auf Ms Dinge. Brett macht Ms Leben verkehrt. L verweigert jedwede Beteiligung an einer Bedeutungsschwangerschaft. Er ist nur zu Besuch.
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Der mittlere Müller klingt noch jugendbewegt wie ein Wandervogel. Seine Stimme durchläuft eine ähnliche Karriere wie die Stimme von Johnny Cash. Der späte Cash singt wie ein Delegierter des Todes, damit die Lebenden schon mal reinhören können. Aus dem späten Müller spricht ein vom Passivrauchen entnervter Tod.
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„Kaum jemand hatte erwartet, dass sich eine Armee von 300.000 Mann einfach auflösen und die Waffen niederlegen würde angesichts einiger Tausend barfüßiger, ignoranter und bösartiger, bärtiger Männer mit Turbanen, die auf Motorrädern unterwegs waren.“ Aryana Sayeed
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Ende der 1960er Jahre tauchte Jean Genet in Tanger auf. Er gab das Genie im Hotel. Das Personal erschreckte er mit abseitigen Gewohnheiten. Seine Großzügigkeit zeigte Genet Lumpen und Poeten. Er bewirtete Mohamed Choukri, den Paul Bowles entdeckt hatte ...
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Georg Lubinski (1902–1974) „proklamierte kämpferisch im Jahr 1926: Jugendbewegung ist Revolution“. Er setzte sich ab von der Wohlfahrt und Fürsorge. Für ihn und andere ging es in erster Linie um Hilfe zur Selbsthilfe. Verhaltener äußerte sich die Soziologin Hilde Ottenheimer (1896–1942). Sie erkannte immerhin „einen Gegensatz zwischen Jugendbewegung und sozialer Arbeit“.
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Als ich heute Cem Özdemir mit allem Öko-Schnick ins Kanzleramt radeln sah, dachte ich, das hätte unserer Friede gefallen. Zur Zeit der geschilderten Ereignisse stellte sich Friedes Programm dem Publikum als lustfeindlicher Fanatismus dar.
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»Einer der herausragendsten postkolonialen Schriftsteller der Welt. Kompromisslos und mit großem Mitgefühl durchdringt Abdulrazak Gurnah in seinen Werken die Auswirkungen des Kolonialismus in Ostafrika und seine Auswirkungen auf das Leben entwurzelter und migrierender Menschen.« Anders Olsson, Vorsitzender des Nobelkomitees (07. Oktober 2021)
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»In C« von Sasha Waltz & Guests wird vom 10. bis 12. Dezember zum ersten Mal gemeinsam mit den »Bang on a Can All-Stars« live im Berliner radialsystem aufgeführt - sowie am 12. Dezember parallel in einem Livestream für ein (inter)nationales Publikum übertragen. Am 11. Dezember ist zudem ein Konzert der US-amerikanischen Musiker*innen geplant ...
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„Doch es war bloß Oliver.“
Das bloß der Normalität ist beruhigend, aber zu wenig. Wenn sich Oliver meldet, ist es nur er. Dann ist alles so weit in Ordnung. Zwar in Ordnung, aber auch überschaubar und fad/ob in München oder Prag. Dem Verhältnis zu einem Schwimmlehrer fehlen die vertrauten Elemente. Am Anfang siezt Natascha Berglehners Heldin Adèle die Autorität mit der gemeißelten Brust.
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Anlässlich der Jubiläen zu 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland, 350 Jahre Neugründung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und 25 Jahre (plus 1) Eröffnung des Centrum Judaicum entfaltet die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum ein Mosaik aus Erzählungen, Erfahrungen und Emotionen. Alles dreht sich um individuelle Perspektiven und persönliche Beziehungen.
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Ja, Carney kennt sich aus mit dem Herumgestoßenwerden. Er wundert sich, wenn ihn jemand Mister nennt. Nach seinen Wünschen gefragt zu werden, löst bei Carney basales Erstaunen aus. Seine Kalenderspruchweisheiten rahmt ein Trauerrand. Ihm fehlt der Optimismus der Einwanderer, deren Ambitionen im Augenblick des Romangeschehens mit dem „Elektronikboom“ flirten.
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Gerkan war in Norden an der Küste aufgewachsen, in einer Einer-gegen-alle-Konstellation. Allein unter riesigen Fischköpfen war die Schulbibliothek zur Zuflucht geworden. Gerkan entging den Schwärmen ferner ins Training. Er wurde gut genug, um den Besten einer Goldenen Ära ...
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Adorno schildert Ernst Jünger als „elend schlechten, verkitschten Schriftsteller … (und) second hand-George“. Der Kritiker sagt dem Autor eine „kurzfristige Unsterblichkeit voraus“.
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Von den guten Gründen, die das Verhalten nach Roth nur vorgeblich steuern, glaubt Dara, sie ließen sich jedenfalls nicht restlos als post hoc Rationalisierungen erklären. Sie weiß aber auch: „Wir haben das große Gehirn, um herauszufinden, was andere gegen uns im Schilde führen.“ Roth nennt das „machiavellistische Intelligenz“.
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Am Anfang geht es zu wie in „Gangs of New York“ hundert Jahre später. Eileen macht Hausaufgaben am Hof ihres Vaters. Der Hof ist ein Wirtshaus voller Iren und der prächtigste von allen ist Big Mike Tumulty. Der Mann ist „ein Mythos“. „Seine Fäuste waren so groß wie Babyköpfe und sein Rumpf war wie die Bierfässer, die er sich links und rechts unter die Arme klemmte.“
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Die Situation an Europas Grenzen ist und bleibt menschenrechtswidrig. Belarus, "Türkeideal", Griechenland, Italien, Spanien, Libyen, Mali... Die Abschottung der EU in der Hoffnung, den gehorteten, angehäuften Wohlstand zu erhalten für die, die davon historisch und aktuell weiterhin profitier(t)en, ist kein nachhaltiges Konzept, sondern eines, das immer zunehmende Bewaffnung und Militarisierung und Technisierung erfordert.
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Als die frisch vermählte Baronin Blixen Nairobi kennenlernt, leben da „knapp vierhundert Weiße, zweitausend Inder und circa viertausend Afrikaner“. Nicht weniger als tausend Einheimische begrüßen das skandinavische Aristokratenpaar auf ihrer eben erworbenen Kaffeefarm MBagathi im nairobischen Umland. Karen Blixen registriert lauter „splitternackte Männer“. Sie folgen den neuen Herrschaften „mit dröhnendem Gesang“.
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Dänemark im Packeis, der Kontinent im Planetensturm. Die DDR vor ihrer Auflösung – Müller inszeniert „Hamlet/Hamletmaschine“ 1990 als lange Strecke am Deutschen Theater. „Was du dem Zuschauer nicht antun willst, das tut er dir an.“ Westliche Berichterstatter:innen sprechen voller Vertrauen in den Abstand von „Ost-Berlin“ und „DDR-Dramatik“. Die deutsche Spaltung ist nicht nur noch sichtbar, sondern nun auch zu besichtigen wie ein Riss in der Erde. In den Köpfen steht die Mauer.
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Der Feuilletonist erlebt das Oktoberfest als Nachspiel der Saison. Die kulturellen Großereignisse des Jahres sind abgefeiert. Jetzt grast man das Pleinair-Glück der goldenen Tage ab. Keyserling schildert den Wiesenbetrieb. Der volkstümliche Charakter streift sein Behagen. „Auf der Festwiese steht ein weiß und himbeerroter Tempel.“
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Mühe erinnert sich an Müller: „Ich habe ihn an einem Morgen in seiner Wohnung abgeholt. Er hatte verschlafen, weil es am Abend vorher spät geworden war, ich wollte ihm einen Kaffee machen. Aber er hatte keinen Kaffee im Haus. Er hatte eigentlich gar nichts im Haus. Irgendwo in dieser leeren Küche habe ich dann noch einen Teebeutel gefunden.“
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Assimilierungsbestrebungen und zionistische Emanzipation kreuzten sich mannigfaltig. Ob bündisch oder zionistisch: man strebte einer „neuen Zeit“ entgegen. In jedem Fall wurde Härte gefordert, auch in den Mädchen- und Frauen-Gemeinschaften, die innerhalb der Verbände von „männlicher Hegemonie marginalisiert“ zu werden drohten. Leiterinnen jüdischer „Mädelschaften“ sprachen sich gegen das „Salonvagabundieren“ aus. Sie postulierten einen zünftigen Rigorismus „auf Fahrt“.
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Adorno vermied jeden Auflauf. Er wäre niemals in einer Gemeinschaft Skandierender mitgelaufen. Das hat er selbst festgestellt; man hat es ihm zum Vorwurf gemacht. Adorno verwahrte sich gegen die doppelte Zumutung der Aufforderung zur Beteiligung am Massenhaften sowie der Kritik an seiner Verweigerung mit einer Formulierung aus der Kreisklasse.
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Auf dem Hochplateau vollendeter Zufriedenheit hält die Autorin Rückschau auf ihr Leben. Zum Einstieg fokussiert sie eine Szene in den Berner Alpen auf dreitausend Meter Höhe. Mit ihrer Schwester liegt sie in einem Zelt, das im Regen steht. Die Töchter eines Postlers mit besonderer IT-Kompetenz, Bergführers, Hobby-Ornithologen und Pflanzenkundlers sind mit den „Tücken des Gebirges“ ...
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In Antonio Skármetas Roman „Mit brennender Geduld” ergibt sich eine Freundschaft zwischen Pablo Neruda und einem Briefträger. Irgendwann schickt der Mann ein Gedicht von Neruda seiner Angebetete, es als sein eigenes ausgebend. Neruda bekommt davon Wind und beschwert sich: „Das ist mein Gedicht”, sagt er. Der Briefträger antwortet: „Nein, Gedichte gehören denen, die sie brauchen.”
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Katharina Thalbach spielt lange tapfer mit Pulswärmern. Doch dann gerät ihr Schwung in die Verlangsamung. Sie taumelt in die Neujahrsnacht. Sie spielt alldieweil mit Dominosteinen ... Jetzt könnte sie das Motto des Films zitieren: „Es gibt im Leben eine Zeit, / wo es sich auffallend verlangsamt, / als zögerte es weiterzugehen / oder wollte seine Richtung ändern. / Es mag sein, daß einem in dieser Zeit / leichter ein Unglück zustößt.“ Robert Musil
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Aliyah bedeutet im Hebräischen Aufstieg. Elaboriert man den Begriff, bedeutet Aliyah das Ende der Diaspora und die Heimkehr aus der Zerstreuung. Es gab eine vormoderne Aliyah im osmanischen und post-osmanischen Palästina. Die Restriktionen unterlaufende Einwanderung (zumal im Rahmen der britischen Mandatsmachtausübung) nannte man Aliyah Bet.
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Wir freuen uns auf den fünften Band von „Schalom Aleikum“, dem Periodikum des „jüdisch-muslimischen Dialogs“. Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland Daniel Botmann und der Historiker Dmitrij Belkin erklären in einer Vorbemerkung, dass der „jüdisch-muslimische Dialog“ die ganze Gesellschaft betrifft.
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Das Ferienlager als kindliche Zentralerfahrung spielt auch in Helgas Biografie eine bedeutende Rolle. In ihren von Lara Dämmig fixierten Aufzeichnungen „Wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen“ erzählt Helga von glücklichen Ferien in Boltenhagen, Güstrow, Ueckermünde und Glowe, wo dann auch ihre Kinder Erlebnisse sammelten.
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„Die Schlangen sollen deine Scheiße fressen, deinen Arsch die Krokodile, die Piranhas deine Hoden.“ Das zu schreiben, hat bestimmt Spaß gemacht. Die trübe Pracht garniert einem Einschub. Der Einschub ist eine Vergegenwärtigung des „Auftrags“. Die Welt, in der Müller den „Auftrag“ schreibt, sieht an Ecken und Kanten aus wie seine Beschreibung. Ein realistischer Rahmen füllt sich mit surrealem Schaum.
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Der einzige Ostblock-Hotspot jüdischer Religionsvorbildlichkeit war das 1877 gegründete Rabbinerseminar in Budapest. Die DDR brachte keinen Rabbiner hervor. Zur Belebung des jüdischen Gemeindelebens trug maßgeblich der Westberliner Oberkantor Estrongo Nachama bei, der als griechischer Staatsbürger ungehindert zwischen der Front- und der Hauptstadt pendeln konnte.
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Nichts zeigt deutlicher das Ende einer Epoche an als jene Frauenbilder, die in meiner Generation zur Identifikation einluden. Ich rede von Marilyn Monroe und Jayne Mansfield, deren Ikonografie in der gegenwärtigsten Lesart herabsetzenden und längst vom Markt genommenen Zuschreibungen geschuldet sind. Der letzte Schrei von gestern verhallt nicht als geachtete Ladenhüterin im kulturellen Gedächtnis ...
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Die Verfasser:innen der Beiträge sind Partizipant:innen der Geschichte, die sie memorieren. Zugleich sind sie Schrittmacher:innen der Entwicklungen, die sie referieren. „Die Geschichte der jüdischen Jugendbewegungen (interpretieren sie) als prägnanten und zugleich ambivalenten Ausdruck des Modernisierungsprozesses mitteleuropäischer Gesellschaften.“
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30 Filme konkurrieren im Internationalen Wettbewerb um vier Preise im Gesamtwert von 12.000 Euro: den „ZEBRA-Preis für den besten Poesiefilm“, den „Goethe Filmpreis – Kulturen der Gleichberechtigung“, den „Ritter Sport Filmpreis“ sowie den „Preis für den besten Film für Toleranz“ ...
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Einmal wählt das Kind den Vornamen des Vaters als Anrede und versteht die Aufregung nicht, die das auslöst. Für seine Tochter will Daniel Biasini „nur eine Identität haben, die des Vaters“. Jahre später sieht sie sich selbst außerstande, den Unterschied zwischen der Schauspielerin und ihrer Mutter Romy Schneider in einem öffentlichen Rahmen zu fassen.
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„Der Permafrost taut, der Amazonas brennt, die Pole schmelzen. Der Klimawandel scheint unaufhaltsam voranzuschreiten. Ist Widerstand also zwecklos? Auf keinen Fall, wie die hier vorgestellten Klimakämpfer beweisen. Überall auf der Erde setzen sie sich mutig für den Klimaschutz und mehr Nachhaltigkeit ein, wehren sich gegen Raubbau, Lebensmittelverschwendung und Klimakrise. Die Weltreporter haben diese heimlichen Heldinnen und Helden auf dem ganzen Globus besucht und begleitet.“
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„Wahrscheinlich hasse ich das geschriebene Wort, ganz egal wie ich es gebrauche“, schreibt sie Paul Bowles 1947. 1950 meldet die Autorin: „Wenn ich mein Buch nicht zustande bringe, gebe ich das Schreiben auf.“ Die Rede ist von Jane Bowles zweiten, nie vollendeten Roman. „Und dann entweder Selbstmord oder ein anderes Leben.“ In einem Geschäftsbrief findet sich die Zeile: „Lieber Mr. – Wenn das Geld nicht bis Dienstag da ist, erschieße ich mich.“
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Anfang der Sechziger geht Schleef nach Berlin und studiert in Weißensee Bühnenbild. Er wirkt an lauter ersten Linien, die Mutter versteckt seine Tagebücher vor dem Vater und der Stasi unter den Kohlen im Keller. „Was sagen all diese Bücher über mich aus?“, fragt er sich. „Ach, es ist so viel Unwahres darin, so viel Lüge und Widerspruch.“
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Am Ende war er „mächtiger als die Stasi“ (Christoph Tannert). Willi Sitte verkörperte den Staatsmaler, einen sozialistischen Ritter Lenbach. Er war Präsident des Verbandes Bildender Künstler, Abgeordneter der Volkskammer und Mitglied des Zentralkomitees der SED. Er untergrub das System durch Partizipation.
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Als Gefangener der Wehrmacht gelangt Milo Dor 1942 nach Wien. Er wird von „rückwärtsgewandten Utopien“ überrascht, denen „Nachkommen des untergegangenen Vielvölkerstaates“ rauschhaft und fiebrig anhängen. Die ordnende Kraft der Habsburger Monarchie ist die beliebteste (abgegriffenste) Spielkarte der umlaufenden Klischees.
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Giano lehrt Urbanistik an der Fakultät für Architektur im Valle Giulia. Seine Frau Clarissa erlebt ihn als kindlich gebliebenen Mann, der sich gern mit witzigen Geschichten in Szene setzt. Er liebt es, seine Schoten mit eleganten Schleifen zu schmücken. Den Titel einer court récit aus seinem Standardrepertoire vernimmt die Gattin in einer verräterischen Wiedergabe.
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„Der Hildesheimer hat gesagt, daß er es für sinnlos hält, heute noch zu schreiben … (da es keine Nachwelt mehr gibt.) Das ist etwas ganz Defätistisches. Wenn ich eine Arbeit mache, dann mache ich sie doch, weil ich diese Arbeit gern mache, weil ich sie so gut machen will wie ich kann. Da ist es doch uninteressant, ob das fertige Produkt morgen in einem Museum steht oder wie eine Flaschenpost im Atlantik treibt.“
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Ein kleiner Spielraum genügt dem großen Grauen. Die sofort überlasteten Zuschauer:innen sehen ein Stück „inszenierter Wirklichkeit“ (Henning Fülle); kommen aber kaum dazu, das zu begreifen. Die Erpressungen, denen die Delinquenten ausgesetzt sind, erreichen das Publikum als monumentale Zumutung. 'The Brig' handelt von den pervers-kafkaesken Zuständen ...
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# Mit den Auszeichnungen von der Stiftung Buchkunst „Die schönsten deutschen Bücher 2021“ und vom Kultusministerium „Bayerns beste Independentbücher 2020“ für „Ich will doch immer nur kriegen was ich haben will – Gedichte 1991-2020“ (Starfruit Publications) bin ich weiterhin auf einem Spitzenplatz für die Auszeichnung „Held der undotierten Auszeichnungen“ (Nr. 7 oder so).
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Dem Faschismus nach Amerika entgangene deutsche Theaterleute gründeten und inspirierten das Living Theatre und andere Motoren der Avantgarde, während in Westdeutschland der bürgerliche Theaterbetrieb aus dem letzten Loch pfiff. Bemerkt wurde die Misere von Walter Höllerer, der Anfang der 1960er Jahre ein omnipräsenter Erklärer war.
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Tanja hält an ihrer Mundart fest. Die Steilküste ihrer Kindheit hängt als Bild in dem Schachtelreich über Doris' Silberblick. Tanjas merkwürdige Bleibe ist eine Sehenswürdigkeit. Früher hausten in solchen den Treppenhäusern und Versorgungslabyrinthen abgetrotzten Räumen Faktoten; lemurenhaft-gespenstische Erscheinungen ...
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Halimi moniert den „frauenfeindlichen Geist der Revolution von 1789 ... der den Bürger für mündig erklärt hatte und die Bürgerin für politikunfähig“. Als parteiungebundene, mit François Mitterands Sozialist:innen lediglich assoziierte Abgeordnete erlebte Gisèle Halimi ihre alltägliche Demontage. Mitterand sei ein Chauvinist alter Schule gewesen, charmant und herablassend.
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Sein Gesicht hält dem erdgeschichtlichen Budenzauber stand, der in dem frühen Spätwestern One Eyed Jack 1961 als Kulisse herangezogen wurde – all die Tafelberge, Schründe, Kegel, Dolmen, Gipfel, Canyons, Reliefs, säulenförmige Mammutsukkulenten, Dünen, Kämme und Grate - sowie der kalifornisch-pazifische Brandungsschick unter einem dramatischen Himmel.
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Ständig klingelte ihr Telefon, von einem Freund war den ganzen Abend nicht die Rede. Lydia schwärmte routiniert für frische Petersilie und Pfefferminze. Sie war in Indien, Pakistan, Afghanistan als Rucksacktouristin. Sie strahlte vehement, anscheinend eingenommen von Tillmanns vulkanischer Ruhe.
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Anfang der 1950er Jahre lebt Müller illegal in Berlin. Am Westen interessieren ihn nur die Filme, in jeder S-Bahnstation gibt es ein Kino. Müller kommt aus der Kleinstadt, da sind „die Ungerechtigkeiten persönlicher“. Er dichtet wie der Weise vom Berg: „Ihr lasst euch gern in euren Flüssen treiben / den sommerlichen, wenn der Himmel brennt ...“
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Ergreifend gut passt das Paar in die Gegend. Lockere Leute. Doch dann tritt ein schwarzer Hüne im rosa Hemd auf, und neben ihm schwebt ein Fotomodell ein. Wahrscheinlich gibt es kein größeres rosa Hemd auf Erden, es platzt trotzdem gleich.
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Bianca erfüllt alle Bedingungen an eine Selbstoptimiererin nach dem aktuellen Standard. Sie luncht „zweckmäßig“, überholt sich selbst auf dem Laufband, brilliert funktionselitär als Keyboard-Warriorin. Sie ist „flink“ und fluffig und trotzdem ganz und gar Gefangene eines merkwürdigen Fluchs. Wo Bianca aufkreuzt, fängt die Welt an zu lecken.
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Feministische Verve und schriftstellerisches Vermögen - Roxane Gay entlarvt Innenverkleidungen der Attitüden im Geschlechterkampf als psychologisches Sperrholz.
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Die Frauenrechtlerin und Anwältin Gisèle Halimi kämpfte ihr Leben lang leidenschaftlich für die Freiheit und die Gleichberechtigung der Frauen. Sie starb im Juli 2020 mit 93 Jahren in Paris. „Seid unbeugsam!“ ...
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Nach dem Selbstmord eines Bruders hält Eberhardt nichts mehr in Europa. Sie trennt sich nicht nur von dem Kontinent, sondern auch von ihrem Verlobten, einem Diplomaten des Osmanischen Reichs. Die Zivilisationsmüde eilt nach Tunis, erwirbt den Hengst „Souf“ und reitet allein durch die Wüste nach Algerien. Born to be wild in einer polyglotten Variante.
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Im Rahmen eines Initiationsgeschehens versetzt das Volk der Orokaiva auf Neuguinea den Nachwuchs in Angst und Schrecken. Maskierte treiben Kinder mit Lanzen „ins Zentrum der Angstrituale“. Sie erzwingen die Erfahrung, Beute zu sein. Die „esoterischen Torturen“ stellen den Auftakt umfangreicher Belehrungen dar.
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1685 machte Ludwig XIV. Schluss mit dem Protestantismus in Frankreich. Er schuf die reformierte Kirche ab und kurbelte so die Wirtschaft in den Nachbarländern an. Landgraf Carl von Hessen-Kassel (1654 - 1730) rieb sich die Hände, er gewährte Hugenotten Siedlungsfreiheit. Geflüchtete bauten die Kasseler Oberneustadt. Sie revanchierten sich, indem sie in der Residenzstadt den Merkantilismus modellhaft auf die Spitze trieben.
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Hassana und ihre Geschwister, darunter die Zwillingsschwester Husseina, verbringen eine idyllisch-urwüchsige Kindheit in der Gegend von Djenné. Die Stadt im Delta zwischen Niger und Bani zählte zu den Hotspots des (in vorislamischer Zeit entstandenen, in der Handlungsgegenwart nicht mehr relevanten) Songhaireiches. Eines Tages überfallen Menschenjäger:innen Hassanas Dorf. Sie ignorieren Familienbande und beenden die Zwillingssymbiose.
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"Inhaltlich ist es natürlich wie gewohnt eine schöne, empowernde, sensibilisierende und interessante Auswahl an intersektional-feministischen Angeboten und wir weisen besonders auf zwei Selbsthilfegruppen hin, die sich im Rahmen von den Frauenkreisen und von Space2groW nun bilden. Mehr Info dazu unten bei den fortlaufenden Selbthilfe- und Beratungsangeboten."
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Stunden vor dem Erlöschen des Großbritannien vom Völkerbund übertragenen Mandats für Palästina am 14. Mai 1948 traf ich Alan Cunningham im King David Hotel, wo die britische Administration untergebracht war. Ich wunderte mich über die Ruhe im Haus. Es herrschte keine Auf- oder besser Abbruchstimmung. Jemand spielte Ohrwürmer von Benny Goodman auf einem Klavier.
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Simmel holt aus. Mühelos schlägt er einen Bogen von Judy Garland via Seidenhemden und Transatlantikflügen zum Ödipuskomplex. Das sind Ingredienzien der Droge Simmel, die heute keinen mehr vom Hocker reißt. Sie wirkte aber im Schleiflack-Muff angehobener Massenquartiere. Ich las mir die Ohren heiß. Die indirekte Kapitalismuskritik eines Casanovas des XX. Jahrhunderts entging mir selbstverständlich nicht.
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„Sechzehn Schornsteine stützten den Himmel über der Stadt.“ So steht es geschrieben in Erik Neutschs Roman 'Spur der Steine', erschienen 1964 im Mitteldeutschen Verlag. Der Autor beschreibt eine Industriezone in der Vormauerzeit. Noch geht es um die gesamtdeutsche Befreiung der Arbeiter:innenklasse. Man will Westdeutschland überflügeln und die Überlegenheit des Sozialismus beweisen. Die zur Maschine gewordene Landschaft wird als beispielhaft und vorbildlich für ein vereintes Deutschland dargestellt.
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Wer regelte 1971 in Hamburg den Verkehr für Monika Ertl, als sie (angeblich) Roberto Quintanilla Pereira mit drei Kopfschüssen hinrichtete? Sie nahm gekonnt Rache. Ihr Vater hatte in Bolivien eine Kunstschützin und Herrenreiterin aus ihr gemacht. Monika konnte auch Golf, sie pendelte zwischen Camouflage und Robe. Der Mord quittierte (nach einer Legende) eine von Pereira befohlene postume Entwürdigung Che Guevaras ...
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In einem Niemandsland zwischen Revolution und zaristischer Restauration verwilderten Waisenkinder in brutalen Notgemeinschaften. Banden marodierender Minderjähriger stellten die sich formierende Sowjetunion vor ein pädagogisches Problem im Übergang zwischen verworfener Vergangenheit und unklarer Zukunft.
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Lew Kopelew und Alexander Solschenizyn liefern den Abgrundszenarien des Kalten Krieges traumhafte Bilder aus einer ewigen schwarzweißen Winterwelt. Der „anti-imperialistische Schutzwall“ wirkt wie ein Embargo. In der Ostsee-Zeitung stellt ein Obermaat fest: „Durch das Bestehen unserer Armee und durch ihre feste Waffenbrüderschaft mit den Armeen des Warschauer Paktes ...“
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Im Dezember 1910 stirbt Samuel Lublinski. Thomas Mann erwähnt den Tod des Publizisten in einem Brief an seinen Bruder Heinrich. Er führt aus: „(Theodor) Lessing veröffentlichte in der 'Schaubühne' einen Nekrolog von so milder Verlogenheit, dass man sich erbrechen könnte.“ Als Lessing 1933 von Nationalsozialisten ermordet wird, vertraut Mann seinem Tagebuch an ...
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Siegfried Unseld legte sich einen Jaguar zu, um Max Frisch einzuholen, der nicht nur großbürgerlich auftrat, sondern so auch vorfuhr. Dann holte Hermann Burger im Ferrari Testarossa auf und erwies sich als uneinholbar auf seiner letzten Fahrt von Suhrkamp durch den Gotthardtunnel zu S. Fischer in Ffm-Sachsenhausen. Burger starb neunundachtzig mit sechsundvierzig.
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In einer durch und durch säkularen Malerei trotzt das Sakrale gar nicht selten in den Gesichtern der Porträtierten. In überwältigenden Darstellungen von Ornament und Verbrechen aka Schönheit und Charakter vollzogen die Maler:innen die Apotheose.
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Die Autorin postuliert: „Wir müssen uns der Debatte stellen und den systemischen, flächendeckenden Rassismus in der Bundesrepublik in all seinen Facetten verstehen lernen.“
Ihr Werk charakterisiert sie so: „Das ist ein suchendes Schreiben, gleichsam in den öffentlichen Raum hinein, das manchmal auch in den Zynismus oder die Polemik abrutscht, weil manche Dinge so besser zu ertragen sind.“
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Es war ein weicher Clash of Cultures. Den russischen Reflex auf den Impressionismus deuten Expert:innen als kollaborierende Begegnung von slawischem Drama und französischer Leichtigkeit. Tatsächlich verband sich in dem Nexus eine Entspannung. Frankreich bot den avancierten russischen Maler:innen ein Programm, das von den mäzenatisch auftretenden Nobilitierten des Zaren gern genommen wurde.
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Das Leben der 1904 in Berlin geborenen Ruth Landshoff-Yorck stand lange unter einem glücklichen Stern. Der Tochter mondäner Leute und Nichte der Verlegerlawine Samuel Fischer gelang vieles aus dem Stand. Sie gefiel Oskar Kokoschka. In Friedrich Murnaus „Nosferatu” ergatterte sie eine Rolle. Sie diente dem Zeitgeist im Ullstein-Imperium mit Reportagen und debütierte ernsthaft bei Rowohlt. Friedrich Sieburg meinte: „Bei ihr ist alles Sekt.”
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1966 fielen der Kulturrevolution fünfhundert Klaviere im Konservatorium von Shanghai zum Opfer. Der als Volkserhebung inszenierte Staatsterror zwang Direktor He Lüting (1903 – 1999) auf die Streckbank. Man unterwarf den „bourgeoisen“ Komponisten öffentlich der Folter, um ihn zur Selbstkritik zu ermutigen. Lüting widerstand. Schließlich wurde er in sein Amt zurückgerufen.
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Vom 10. bis 12. Dezember 2021 tanzt Sasha Waltz & Guests »In C« zur gleichnamigen Musik von Terry Riley (1964) erstmals zu Live-Musik im radialsystem. Es spielt das New Yorker Kollektiv »Bang on a Can All-Stars«, zu deren Aufzeichnung (2001) die Berliner Tanzcompagnie ihr neues Projekt bisher performte. Im Anschluss an die Vorstellung am 11. Dezember bringen die »Bang on a Can All-Stars« ...
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Zweifellos bestätigt die Idee von der Attraktivität als Kapital in erster Linie Geschlechterstereotypen; obwohl sie einem manchmal auch mit Emanzipationsgrandezza angeboten wird. Das ist dann die Geschichte vom alten Wein in immer neuen Schläuchen, wie die Autorinnen feststellen. Die Kapitalisierung körperlicher Vorzüge zählt zu den „Mechanismen, (mit denen) ... Frauen beherrscht werden“.
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„Den Satzzeichen gegenüber befindet der Schriftsteller sich in permanenter Not; wäre man beim Schreiben seiner selbst ganz mächtig, man fühlte die Unmöglichkeit, je eines richtig zu setzen, und gäbe das Schreiben ganz auf.“
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Der Roman erschien erstmals 1944 in der anglo-amerikanischen Hemisphäre. Stefan Heym schrieb ihn als Soldat* in der letzten Phase vor dem D-Day. Während alle anderen auf Englisch erstveröffentlichten Werke schließlich übersetzt wurden, blieb „Of Smiling Peace“ zu Heyms Lebzeiten für deutsche Leserinnen eine fremdsprachliche Trouvaille.
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"Für uns Büchermenschen waren die letzten Tage, auch wenn wir nicht in Frankfurt sein konnten, eine Freude.
Ein Hauch Bücherwelt in den Medien, wiedererwachte Messe- und Debattenkultur. Auch eine Portion Zuspitzung angesichts der Frage: Wie halten wir es mit Rechtsextremen
und Naziverlagen auf der Messe?"
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1984 hymnisiert Springsteen seine Growing-Up-Smalltown-Prägung. Er wähnt sich eingespeist in einen Geschichtsprozess. Er begreift die Kleinstadt seiner Herkunft als Schicksalsschauplatz. Gebunden fühlt er sich an „die guten und die schlechten Dinge“. Springsteen solidarisiert sich postum mit den Akteuren der Newark-Riots von 1967. Damals titelte die Zeit: „N...aufstand in Newark Schwarzes Elend hinter weißer Fassade“.
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„Peter Stein, Jürgen Flimm und ich: alle (kamen vom Studententheater und) spielten Brecht … Wir hatten es sehr leicht. Unsere Gegner waren die Patriarchen … Ich bin Achtundsechzig noch einmal geboren worden … Wir waren natürlich blöd und hatten nur das Protestgefühl.“ Handke habe „außenseiterisch den Hauptstrom der Zeit subkutan erfasst“.
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Tania G. ist ein Russenkind, hervorgegangen aus der flüchtigen Begegnung ihrer Mutter mit einem Besatzungssoldaten ... Unter dem Druck der öffentlichen Meinung knickt die Mutter ein und gibt das Kind zu Verwandten. Mit einem Mann aus der Gegend gründet Tanias Mutter eine „normale“ Familie, von der Tania ... ausgeschlossen wird.
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Die Autorin startet ihre in den Farben der Gründerzeit kolorierte Anverwandlung an eine - ihrer Epoche vorauseilende - Unternehmerin mit einer Vision. Therese und ihr Gatte „wollen den Dallmayr zum Bauch” von München machen. Das Bild vom Bauch einer Stadt spielt auf die Markthallen einer anderen Kapitale an. Ein Roman von Émile Zola heißt 'Der Bauch von Paris'.
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Sie sind Akteure der amerikanischen Geschichte und, jeder für sich, viel mehr als eine Story. Springsteen zählt zu den wenigen weltweit sichtbaren Überlebenden der Dinosauriergeneration, wenn man die Welt mit den Augen junger Leute betrachtet. Zugleich ist er ein Erzähler des ewig jungen Amerikas in den Farben der weißen Arbeiterklasse ...
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Da ist ein Speakeasy für Literatur, ein Hinterzimmer für Geistreiche, ich finde, das klingt pathologisch. Thomas Kapielski, Charlottenburger von Geburt und Nasenflötist aus Passion, liest „Neue sezessionistische Heizkörperverkleidungen”. „Noch vor Anbruch der Nüchternheit bleicht Morgengraun die Schwärze” heißt es. Bald nimmt „Zuversicht” die “Gestalt von Milchreis an”.
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Das weiße Narrativ schilderte „die koloniale Landnahme als (einen) Akt der männlichen Bemächtigung“. Die Eroberung schloss eine Verfügungsgewalt über die 'besiegten' Körper ein. Perpetuiert wurde das Bild „einer unbekleideten Frau, kulturlos, der Wildnis verhaftet“; dies im Spektrum zwischen Abenteuerroman und akademischer Sittengeschichte.
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Wir alle wollen „(Torwächter:innen) in der Welt unserer Gedanken“ bleiben. John-Dylan Haynes und Matthias Eckoldt behaupten, dass wir diese Souveränität verloren haben. Wir wurden gehackt. Angeblich versuchen wir nur noch, nach den Spielregeln der Kontingenzbewältigung, Ruhe zu bewahren.
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Barbara Pym arrangiert Marotten ergrauter Angestellter zu einem Bouquet heimeliger Tristesse. Dazu gehören die Enthauptungen von „Geleepüppchen“, das psychoanalytisch aufschlussreiche Versagen der Tischmanieren, eine manierierte Handhabung abgenagter Hühnerbeine und umständliche Teebeutelprozeduren. Die Ramschprozessionen vollziehen sich auf engem Raum.
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"Es ist wieder so weit, wir lesen als Autor:innen der Pandemie wieder mal ONLINE eigene Texte im Format 'Feminism While Shutdown!' Textet, schreibt, dichtet und slamt was Euch auf der Seele brennt - sendet uns Eure Beiträge vorab zu und meldet Euch an über drakos@frauenkreise-berlin.de"
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"Eine für Mittwoch, den 27. Oktober, angekündigte Veranstaltung des Leibniz-Konfuzius-Instituts Hannover und des Konfuzius-Instituts an der Universität Duisburg-Essen zu dem Buch 'Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt' wurde auf chinesischen Druck kurzfristig abgesagt."
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Der Autor erkennt in sozialdemokratischen Ansagen zur Migration nur eine abgeschwächte Form des voluntativ brutalistischen Trumpismus; eine weichgespülte Version populistischer Barbarei, kurz „Barbarei mit menschlichem Antlitz“.
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„Keine Privatschule und keine der großartigen britischen Universitäten hatte diese revolutionären Jungs hervorgebracht, sondern eine zerbombte Hafenstadt im Norden.“ Hanif Kureishi
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Seit der Etablierung der Literaturagentur und des gleichnamigen Vereins 2017 widmet sich InterKontinental der Verbreitung und Sichtbarmachung afrikanischer und afrodiasporischer Literatur im deutschen Sprachraum.
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Charles-Geneviève-Louis-Auguste-André-Timothée d’Éon de Beaumont (1728 – 1810) gab einem Begriff seinen Namen – Eonismus. Seine Zeitgenoss:innen verwirrte die Vielseitigkeit seines Wesens so sehr, dass in seinem Fall der Leichenschau eine besondere Bedeutung zukam. Überrascht fand man die Anatomie des Verblichenen ganz und gar männlich. Das stand damals im eklatanten Widerspruch zu der zur Schau gestellten weiblichen Identität.
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Ginsburgs "Recherche führt ihn quer durch Deutschland und das Internet, in die USA und nach Polen. Er trifft auf rechtsradikale Burschenschafter und faschistische Rapper, auf Online-Trolle und Offline-Schläger, Incels und Identitäre, lässt sich zum 'wahren Mann-Sein' anleiten und begleitet muskelbepackte Neonazis bei der Rekrutierung junger Männer."
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"In diesem Jahr nun zum 18. Mal, laden (Kasseler) Künstler und Kulturschaffende im Vorderen Westen in ihre Atelier- und Arbeitsräume ein. Einige Neuzugänge sind dabei, wie Galerien die entweder seit kurzem im Vorderen Westen angesiedelt haben und ein Comicbuchverlag und Galerie der auch seine Türen zum Rundgang öffnet."
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Der erste Schritt hin zu einem revolutionären Feminismus führt zur Schärfung des Bewusstseins. Aus dieser Einsicht entstanden in einer von der Autorin angenommenen Latenzzeit bewusstseinsbildende Gruppen, in denen Auseinandersetzungen über Strategien „der (politischen) Interventionen und Transformationen” zugunsten einer therapeutischen Praxis vernachlässigt wurden.
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Die Stadt und das Land der frühen Ereignisse haben keinen Namen, die Milizen werden mit ihren allgemeinsten Merkmalen charakterisiert. Der Bürgerkrieg schweißt das Paar zusammen, wer weiß, ob Nadia und Saeed zusammengeblieben wären ohne die sie vereinende Not.
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Wer sich vor jeder logischen Verirrung und allem Aberglauben gefeit fühlt, soll sich einmal vorstellen, so empfehlen es ihm die Autorinnen, wie er sich als Bewohnerin der australischen Steppe vor 37.000 Jahren vorkäme, angesichts des Emergenzexzesses einer „vulkanischen Formation“, die sich selbst aus dem Boden stampft, und „bald darauf beginnt, Feuer und Lava zu spucken“.
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In Erwartung einer amourösen Unterhaltung fiebert der Erzähler tagelang einem von Robert de Saint-Loup arrangierten Rendezvous entgegen. Schauplatz der Begegnung soll eine Insel im Bois de Boulogne werden. Sie zählt zu den Sensationen der Künstlichkeit aus der Louis Bonaparte-Ära.
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Franz-Josef Klenke ist ein Sonntagskind. Der sozialdemokratisch sozialisierte Redenschreiber eines politischen Bestimmers reist als blinder Passagier auf den Flaggschiffen der Macht und auf Kosten der Steuerzahler:innen um die Welt. Klenke liebt die unter selektivem Mutismus leidende Maria Benek. Die Beziehung zu einer zwanghaft Verstummenden ist die erste Herausforderung seines Lebens.
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Wer andere ausschließt, schließt sich schon länger nicht mehr sichernd ein, sondern vollkommen ungesichert aus. Auch Sabine Hark liefert einem neuen Wir starke Argumente. Die Autorin bezieht sich auf Bernice Johnson Reagon, die in der Keimzeit von Reagans Präsidentschaft Anfang der 1980er Jahre bereits wusste: „Niemand könne (im Sinn von solle) mehr davon ausgehen, dass wir nur mit jenen Menschen zusammenleben ... die so sind wie wir selbst.“
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Die Beatles sind nicht bloß ins kulturelle Weltgedächtnis eingegangen, sondern, so wie Goethe und Shakespeare, zum Verbindungsstück zwischen Vergangenheit und Zukunft geworden, zu einer Matrix und eben auch zu einem Darm für den Brei aus dem Fleischwolf der Zeit. Sie schwammen nicht auf einer Welle. Sie waren die Welle ihrer Ära.
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Arizona 'Grand Slam' Coogan taufte den Küstensaum vor Ahrenshoop Oyama Beach nach Ōyama Masutatsu, dem Begründer des Kyokushin Karate. Anbei ein paar Randimpressionen aus dem letzten Trainingslager. Während wir wassergymnastisch die Ostsee mit Yoga, Gong-fu und Karate aufrauten, überflogen uns Lufttaucher:innen.
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„Über tausend Kameras wachen über deine Sicherheit. Bei jedem Schritt eine neue“ Regieanweisung. In den Spiegeln der Schaufenster avanciert der Protokollant/Passant zum Protagonisten. Wie einen Akteur der Steinzeit das Stampede-Beben der Erde unter Mammuthufen elektrisierte, so alarmiert Molinas Flaneur (den Flaneur Molina) der vibrierende Asphalt, sobald ein Zug unter der Straße seiner Betrachtung durchrauscht.
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Er liebte den Nebel, die Unschärfe, eine unklare Geografie. Jules Renard (1864 - 1910) führte das Leben eines Verstimmten. Früh wähnte er sich am Ende seiner Kräfte.
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Lauter verpasste Gelegenheiten bilden eine Kette aus Enttäuschungsperlen. Jahrzehnte ist Letty eine hingebungsvolle Romanleserin, vorderhand angetrieben von dem Wunsch nach „geistiger Fortentwicklung“. In Wahrheit sucht sie narrative Spiegelungen ihrer Existenz.
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Max Brod muss ein großartiger Freund gewesen sein. Er sicherte jeden von Franz Kafka beschrifteten Zettel und führte ihn einem Konvolut der Selbstlosigkeit zu, das ihn ins Exil begleitete. Brod war als Kafkas Nachlassverwalter zudem autorisiert, die Handschriften, Nebenerzeugnisse und Randnotizen des Erblassers den besten Zwecken zuzuführen.
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In Caroline Rosales' Roman überrennt eine fünfundzwanzigjährige Praktikantin die gestandene Redakteurin Melanie Moosburger ohne Anlauf. Eilika kassiert die Position der Älteren mit ihrer körperlichen Vorzüglichkeit nicht zuletzt. Sie schmeichelt Melanies Chef Werner. Das reicht, um Melanie abzuhängen. Und doch. Nichts wird wahr ohne sein Gegenteil. Melanies (sich tot rauchende) Lieblingskollegin Chérie weiß es: „Mit fünfzig beginnt die Freiheit.“
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Das Epochennukleus der elisabethanischen Renaissance war die Zerschlagung der Armada. Sie beendete die spanische Vormachtstellung auf den Weltmeeren. Die maritime Suprematie ging über auf das Vereinigte Königreich. Britannia, rule the waves! Kein anderer Vorgang wirkte so stark auf die Zeit, in der Shakespeare lebte. Trotzdem ist an keiner Werkstelle direkt davon die Rede.
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Nach den Maßstäben der Epoche bleibt Karen Christentze Dinesen lange unverheiratet. Die achtundzwanzigjährige Braut reist schließlich als gleichermaßen gute und späte Partie zu ihrer Hochzeit nach Afrika. Karens Standesdünkel schimmern durch einige Charakterisierungen ... Der Bräutigam und Cousin Baron Bror Frederik von Blixen-Finecke entspricht als Spross „altnobler“ Familien den Erwartungen.
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Nachlassende Drogenwirkung droht Anna „die warme Decke von der Seele zu reißen“. Der absehbare Verlust schildert sich ihr auch als „überspannte(r) Bogen letzter Glücksgefühle“. Sie schafft es dann gerade noch aufs Clubklo. Der chemischen Supernova folgt hausgemachter Katzenjammer.
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Roberto Rossellinis „Rom – offene Stadt“ ist eine schwarzweiße Enttäuschung aus dem Jahr 1945. Der Zweite Weltkrieg ist noch nicht zu Ende, als der römische Regisseur Roberto Rossellini in seiner Stadt einen Film dreht, der den Faschismus einer fremden Macht zuordnet und die katholische Freiheitsliebe dem Volk am Tiber.
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Inzwischen bewirtschaftet Silvia eine Schutzhütte in einem alpinen Biosphärenreservat. Den Bergwander:innen erscheint sie als alte Häsin. Für ihr Publikum illustriert sie die Postkartenansichten. Da liegt „der Monte Viso, dort liegt Turin. Und diese blaue Linie ist kein Dunst, sondern der Apennin. Dahinter liegt das Meer“. Mare e monti.
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"Budapest–Berlin: Hier verlief eine der vielen ostwestlichen Fluchtlinien des 20. Jahrhunderts. Erst nach 1989 bemerkte man erstaunt die Präsenz der Ungarn in Deutschland, vor allem aber in Berlin, wo große Autoren wie György Konrád, Imre Kertész, Péter Esterházy ..."
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"In einem großen vielstimmigen Gesang lässt Ulrike Draesner die versunkene Welt Doggerlands für uns entstehen: eine grüne, hügelige Landschaft mit weiten Ebenen, Flüssen und Seen, die heute unter den Wassern des Ärmelkanals liegt. Ihre früheren Bewohner suchen Sprache, begegnen anderen Hominiden, erforschen Flora und Fauna."
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Ray Carney zählt nicht zu den großen Leuchten seines Milieus. Er übersteigt nie ein Niveau, das sein Schöpfer Colson Whitehead so ausschildert: „Harlem ... ist einfach nur ein weiterer Ort, wo Leute leben, ihre kleinen Träume verfolgen, sich anstrengen, scheitern, sich gegenseitig mies behandeln und dann sterben.“
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"Wir möchten Euch eine Veranstaltung am 7. Oktober um 19 Uhr sehr ans Herz legen, die wir nun regelmäßig etablieren möchten. Dabei geht es um Brustkrebs. Für sehr viele Frauen* ist Brustkrebs bereits eine Realität, mit der sie kämpfen, umgehen, an der sie leider auch immer noch sterben."
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„Unsere Ernährung bestimmt, wer wir sind“, sagt Henry Mance. Er bezieht sich auf Feinberg & Mallatt, die eine Theorie entwickelten, nach der das Bewusstsein eine Funktion der Jagd ist. Das Bewusstsein kam ins Spiel, „damit die ersten Raubtiere ihre Beute erlegen ...“
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Das 19. Jahrhundert kannte eine soziale Randerscheinung, die in der Literatur geisterhaft auftauchte. Das war der Nerd aus der Gosse, das prekäre Kind mit dem absoluten Gehör oder einer noch poetischeren Gabe. Die Lumpenfigur lungerte auf den Freitreppen der Opern- und Theaterhäuser herum, verschaffte sich illegalen Zutritt.
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Aus Viehtränken wurden Brunnen, die einer touristischen Sehnsucht nach Ursprünglichkeit dienen. Die Fremden verzichten auf jede realistische Vorstellung von der alpinen Schwergängigkeit, die seit Jahrhunderten das Tagwerk und die Traditionen der Montagnards bestimmt. Im Gegenzug gefallen sich die Arbeiter:innen von Fontana Fredda in ihrer Einfallslosigkeit. Sie begrüßen den Stundenschlag der Wiederholung ...
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„In meinem Leben habe ich immer nur ausgetretene Pfade beschritten.“ Ayamis Ex-Chefin behauptet das. Eines Abends macht er seine ehemalige Angestellte zur Geisel seines Offenbarungsdrucks. Er setzt sich herab, um sich aufzuspielen. Pathetisch bedauert er seine geringe Anziehungskraft.
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1913 fährt Karen Christentze Dinesen als Braut mit einer Mitgift im Gegenwert von 3,4 Millionen Euro auf einem deutschen Dampfer von Neapel nach Mombasa. An Bord wirkt sie auffällig „in ihrer Verlorenheit. Sie nimmt einen gewissen Raum ein, obwohl ihre Gestalt eher schmächtig ist“.
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Der Kolonialismus hatte im 19. Jahrhundert auch noch im letzten Krähwinkel seine Resonanzkörper. Die untüchtig Zurückgebliebenen kannten sich auf ihre Weise damit aus. Sie konsumierten Kolonialwaren so wie sie die Erzählungen von den Wilden im Westen konsumierten.
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Nach dem Tod des Vaters erinnert die Erzählerin Rituale ihrer Kindheit. Sie ergaben sich auf einer Kreuzung zwischen Tradition und Skepsis ... einer säkularen, den religiösen Rigorismus moderierenden Praxis und offensiver Verweigerung.
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„Die einsamen Frauen“ - Ich habe den 1949 erstmals erschienenen Roman in beinah jedem Lebensjahrzehnt wenigstens einmal gelesen. Eine stabile Düsternis zeichnet das Werk aus. Ich denke heute nicht anders darüber als vor vierzig Jahren. Das ist italienischer Existenzialismus ...
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Den ersten Ausweg bietet die Sprache. Er führt in Wörterräume, die Zuflucht gewähren. Die Debütantin avanciert auf dem schmalen Brett der hilflosen Selbstrettung als Dichterin von Versen und Dramen. Sie erlebt Anerkennung und Förderung außer der Reihe, doch die Not der Vergewaltigten bleibt unsichtbar in einem toten Winkel des sozialen Rangierens.
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Rufus war einer jener sehnigen Rothaartrottel, die es zumal in irischen, schottischen und skandinavischen Ausgaben gibt. Er stammte von einer Kanalinsel, die normannischen Herzögen zu Eigen gewesen war. In den Augen einer History-Channel-Süchtigen bot sich das normannische Element als Nebenreiz an.
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Nora und Terje sind auf eine unvertraute Weise Tochter und Vater. Sie wuchs leistungsorientiert bei der Mutter in Berlin auf, während er auf Hiddensee träumte. Nora regt eine gemeinsame Reise nach Madagaskar an.
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Adorno dekonstruiert Heidegger. Wer sich anschicke, „das echte Sagen“ für sich zu beanspruchen, habe mehr nicht als „mindere Heimatkunst“ auf der Pfanne. Adorno entdeckt eine billige Absicht, die mit einer noblen Anschrift lediglich verbunden wird, wenn es um die Heidegger’sche Hölderlinverherrlichung geht.
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Der Namenlose labert und wabert in einem Souterrain an der Petersburger Peripherie. Überschießender Selbsthass verleitet ihn zu einem solistischen Selbstschmähungsfestival; einer solipsistischen Orgie.
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Wie erzählt man den Schmerz aus ursprünglich namenlosen Erfahrungen, die in der unerträglichen Kindergewissheit kulminieren, kein Vertrauen in jene setzen zu dürfen, denen man anvertraut ist?
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"Lakonisch und mit heiterem Pathos vermisst der wütende Melancholiker Tobias Bamborschke die unbekannten Weiten seines Alltags. Tobias Bamborschke macht Musik mit Isolation Berlin. Die Independent-Band ist schon lange kein Geheimtipp mehr."
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Poes erste öffentlich gemachte Schauerschote lässt sich gut als Parodie auf das German Gothic-Genre lesen. Sie erlaubt ebenso ihre Wahrnehmung als ernsthafte Adaption. Der Debütant reichte den Text 1831 beim Philadelphia Saturday Courier als Wettbewerbsbeitrag ein.
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Zunehmender Antisemitismus erzwang die Verknüpfung der „Judenfrage“ mit der nationalen Frage unter sozialistischen Vorzeichen. Bernstein und Kautsky diskutierten den intellektuellen Dreisprung Jude - Nation - Sozialismus als führende Köpfe ...
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Irgendwann ist es so weit. Die häusliche Pflege des siechen Patriarchen überfordert die Angehörigen. An einem Frühlingstag absolviert er den letzten Umzug zu Lebzeiten.
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„Im Gesundheitswesen bezeichnet der Begriff informierte Einwilligung eine ideale Interaktion zwischen (Ärzt:innen und Patient:innen) ... Wenn wir uns einloggen, betreten wir das Land der uninformierten Einwilligung“ ...
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Im späten 19. Jahrhundert registrierte Rabinowitsch koedukative Tendenzen in Amerika. In einem Vortrag ... führte sie aus: „Die jungen Leute, sagt der Amerikaner, werden im ‚College‘ zu Kameraden, die durch das stete Zusammensein geschlechtlich einander gleichgültig sind und so den Thorheiten und Phantasieverirrungen der Entwickelungsperiode“ entgehen.
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"Der Historiker Steffen Dörre hat im Rahmen eines Forschungsauftrags die Geschichte der psychiatrischen Fachgesellschaften in der Bundesrepublik und der DDR aufgearbeitet. Ausgehend von einer umfangreichen Quellenbasis widmet er sich den Nachwirkungen des Nationalsozialismus ..."
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Sofort sieht man das ganze Bild. Die Republik in bester Verfassung zeigt sich als Korona ihrer Selbst am Achensee. Ein Meer von Khaki und Leinen rauscht auf. Die endemische Bourgeoisie erinnert sich im Kollektiv, warum sie nicht in Hauptstädten lebt und was sie da abstößt.
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„Ich irrte spätnachts durch diese Mondlandschaft, wo die körperliche Begierde vollends jedes Gefühl ersetzt hat ... (ich) vögelte mit der Wonne eines Kindes, das aus Versehen in einen Süßwarenladen eingesperrt wurde, und schrieb alles auf.“ Dies oft genug zu der Musik von Bob Marley.
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Elmar bricht „ein Päckchen Ernte 23 aus der Stange“, um seinem besten Auszubildenden eine Zigarette anzubieten. Auf der Baustelle herrscht der Polier wie ein obszön-cholerischer Diktator. Er spielt den Caracalla im Schwitzkasten.
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Melanie reagiert gereizt auf ihre Tochter Mona. Sie verteilt ihre Aufmerksamkeit lieber unter „Gazellen … die nur mit ihren Oberlippen lächeln“ und den „Magnolien aus Stahl aus dem Wissenschaftsressort“.
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"Wir weisen darauf hin, dass die Lesung "Why We Matter" am Donnerstag, 23. September von und mit Autorin Emilia Roig nunmehr ausgebucht ist."
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Man hat Lemona Lighthouse an Professor Maras Grab weinen sehen, es gab öffentliche Ausfälle, Schweißausbrüche, körperliche Niederlagen, historisch verbürgten, im letzten Jahrtausend verankerten Liebeskummer.
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Es kommt vor, „dass ich ein Mädchen mit zu mir nehme, ohne sie überhaupt nach dem Namen gefragt zu haben“. Trotzdem verbringt Laferrière die aufregendste und vor allem glücklichste Zeit mit Dostojewski in der Badewanne ...
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Little Lamb who made thee/ Dost thou know who made thee/ Gave thee life & bid thee feed./ By the stream & o'er the mead;
Gave thee clothing of delight,/ Softest clothing wooly bright ...
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An einem verhangenen Herbstsonntag vor bald einem halben Jahrhundert stieß ich auf dem Dachboden meiner Großtante Kolda Meyr auf ein versiegeltes Konvolut. Im Schein einer Daimon Taschenlampe aus der Originalproduktion in der Weddinger Sellerstraße* erbrach ich den Siegel.
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Wer wann was gesagt hat, bleibt spannend, sofern es in einem Zusammenhang mit Heiner Müller gesagt wurde. Auch wenn Friedrich Dieckmann seine Leidenschaft mit Ironie abdeckt ... „und natürlich, weniges brennt uns heute so auf den Nägeln wie die Frage, ob Stephan Hermlin recht hatte, als er im November 1987“ ... zeigt sich die Passion in der Analyse.
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Legunas Verkopplung von Libido und Sprache macht sich unverdächtig in einer Genreliteratur mit guten Beziehungen zum Groschenroman. Bersa und Marlon landen bei einem gemeinsamen Onkel, der sich vor den jungen Verwandten aufspielt.
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Walter Benjamin rieb die Emigration so auf, dass er sich umbrachte. Max Ernst ließ sich von der bildschönen und stinkreichen Peggy Guggenheim nach New York schleusen, wo er bald einer schicken, selbstverständlich viel jüngeren Kollegin begegnete, die sofort auf den Womanizer einstieg.
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Enzensberger erkennt die Ladung der Kritischen Theorie. Sie schließt „jeden Akt der Versöhnung“ aus. Dies mit hyperbourgeoisem Gestus ex cathedra zu verkünden, ist ein Raumflug des Geistes, der Bewunderung hervorrufen muss.
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Libby, die Heldin in Sobols aktuellem Roman, hat 968 Terrorist:innen und Verdächtige verhört und zum Sprechen gebracht. Doch im Jetzt des Handlungsmorgens will die Verhörspezialistin niemanden mehr ausquetschen.
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Nach einem Achtungserfolg bietet sich einem karibischen Starter eine Hochglanzperspektive. Für ein Spitzenmagazin soll er die Vereinigten Staaten bereisen. In der Vorbesprechung fühlt er einem Redakteur auf den Zahn. In die Enge getrieben, kommt der weiße Lappen mit einem kolossalen Wir um die Ecke.
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Stammesführer im Pyjama auf dem Kriegspfad, Puritaner im Vollrausch, pietistisch vernagelte Landsknechte, Sklaven auf dem Thron, Kinderrepubliken im Herr-der-Fliegen-Stil, polyglotte Analphabeten - nicht zu übersehen ist der pittoreske Charakter der Kolonisierung.
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Den zeitlichen Ausgangspunkt des Romans liefert das Jahr 1972. Jory Martin, ein nautisches Original aus der Kanalstadt Lymington, hört im Radio von dem Verschwinden eines Mädchens „oben im Norden an einer Bushaltestelle“.
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Zur Welt kommt sie 1586 als Tochter eines bedeutenden Mannes. Walter Dunch übt ein Amt aus, das königliches Vertrauen unmittelbar voraussetzt. Er kontrolliert die heißeste Esse und wichtigste Prägestätte des Reiches, namentlich die königliche Münze aka The Royal Mint.
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Stephen Crane zeigte sich als Meister der Schnurre; der über dem Pfeifenkopf (in eine aromatische Rauchwolke hinein) zum Besten gegebenen Merkwürdigkeit in der Preisklasse einer Kalenderwahrheit.
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"I am looking forward to meeting my wonderful colleagues at Musik Ensemble Megaphone for the production "Lebenslinen"- Wandelkonzert with dance, music, and poetry from diverse epochs."
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Im Sommer 1917 entzieht sich der Freigestellte dem deutschen Trauerspiel. Walter Benjamin verlegt seine Existenz in die Schweiz und immatrikuliert sich an der Universität Bern. Er ist verheiratet und kurz davor, Vater zu werden.
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"Brunnenhof 20h + mit dem großartigen Roland van Oystern. Wir lesen u.a. erstmals eine gemeinsam für das Projekt "Korrespondenzen" geschriebene Erzählung. Sehr bald erscheint Titanic-Autor van Oysterns neues Buch ..."
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Am Anfang der Fernsehunterhaltung war der TV-Apparat im Wohnzimmer etwas so Elementares wie die stumme Schrankwand. Man nutzte solche Gegenstände zu Anlässen, die über den schieren Alltag hinausgingen. Jedes Komfort- und Wohlstandssujet schien mit den Gesten eines eigenen Genres auf sich hinzuweisen, obwohl das meiste in Wahrheit nur giftig riechende Presspappe und Massivholzimitat, kurz zukünftiges Gerümpel war.
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Die Niedersachsen sind wetterfeste Blindgänger; so nett wie doof; doch für die DDR nicht geschaffen. Vom antifaschistischen Schutzwall an einem geordneten Rückzug gehindert, entschließen sich Dagmar und Dieter zur Flucht.
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In Nigeria begreift man Migration als weiche Lösung. Der zur Heimkehr entschlossenen Ifemelu unterstellt man, der Fata Morgana einer Sehnsucht aufzusitzen. Ifemelu fürchtet selbst die Irrationalität ihrer Motive.
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1959 ziehen Dagmar und Dieter Hestaskítur von Goslar nach Gera. Den Umzug gegen die Laufrichtung motiviert die totale Verwirrung. Dagmar und Dieter fehlen soziale Antennen. Sie sind komplett Banane, aber nett.
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Für Ifemelu unterscheidet sich Princeton von anderen amerikanischen Orten mit Markencharakter in einer besonders angenehmen Weise. Der Nigerianerin gefallen die „maßvoll überteuerten Geschäfte“. Den Campus findet sie ...
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"Wir sind dieser Tage alle bewegt von Bildern aus Afghanistan - zurecht. Die Vorstellung, selber solch einem abrupten Umbruch ausgesetzt zu sein, weckt Gefühle von Verunsicherung. Die Empathie mit den Menschen ..."
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Wir lieben die Dichter und heiraten Ärzte. Das behauptet eine beinah lyrische Stimme in einer Geschichte von Ralf Rothmann. Da lese ich auch das schöne Wort vom „zärtlichen Zynismus“.
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"Energisch und zornig wie nie mischt der Jugendrat den Wahlkampf auf. In den beiden Wochen vor der Wahl gehen die jungen Aktivist:innen auf Tour durch Deutschland und fordern 'Wählt für unsere Zukunft!'."
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„Rassismus (hat u.a.) ökonomische Ursachen ... (er) ist ein Erbe der Nationalstaatenbildung, des Kolonialismus, der europäischen Aufklärung und der europäischen Geistes- und Naturwissenschaften. Somit handelt es sich in keiner Weise um ein natürliches Phänomen.“
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"Mehr als acht Millionen Juden leben über den Globus verstreut in der Diaspora. Etwa so viele wie im heutigen Israel. Auch aus dem Gelobten Land selbst zieht es viele in die Fremde. Ihnen ist ihr kleines Land keine einfache Heimat: Hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu ihrer Kultur und dem andauernden Nahostkonflikt ..."
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Anna avanciert zur Gastgeberin der bedeutendsten Köpfe im wilhelminischen Kaiserreich. Die Gründerzeit gibt den Takt vor. Die Industrialisierung schreitet mit Siebenmeilenstiefeln voran. Der technische Fortschritt verspricht Erlösung von allen Übeln. Annas Mann eifert James Simon nach. Simon überragt die Herausragenden. Nebenbei vermacht er dem Ägyptischen Museum die Büste der Nofretete.
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(Berlin, 3. September 2021) Vom 24. bis 26. September 2021 erlebt Sasha Waltz & Guests' »In C« zur gleichnamigen Musik von Terry Riley im radialsystem die Berliner Live-Premiere.
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Neunzig Jahre nach ihrer Entstehung in einem schwer zu beheizenden, die Phantasie von Generationen beflügelnden Pariser Atelier erscheint die Schreitende so elegant wie eine Damenhandtasche in der Ära ihrer Geburtsstunde.
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In der Gründungsphase des jugoslawischen Staates stiftete das Kino eine Begeisterung für mexikanische Musik. Es entstand die Jugomeksička muzika. Auch den Vater des Erzählers riss die schiere Lebensfreude hin ...
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Die Mutter des Erzählers entspricht dem Ideal der jungen Frau im Tito-Sozialismus. Auf „vielen Fotos jener Zeit“ sieht man sie auf dem Hochseil einer perfekten Verkörperung. Sie ist das „Mädchen auf der Vespa: Ballonrock, Bobbysocken und Beehive-Frisur“.
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„Mit bestechender Dringlichkeit zeigt Megha Majumdar (in ihrem Romandebüt „In Flammen“) das moderne Indien: ein gespaltenes Land, in dem Ambition, Klasse und Religion all jene zu (Feind:innen) machen, die auf ein besseres Leben hoffen.“
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Adrien Prousts Sicht auf den Orient basiert auf einer antiromantischen Anschauung, fern den Sehnsuchtskulissen und der Odalisken- und Haremspoesie, die nicht erst das europäische 19. Jahrhundert tapeziert. Den exotischen Ausstattungsfetischismus findet man bereits bei Rembrandt.
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Wann beginnt das Unglück, das Jivan nach einem Facebook-Post einholt? Jedenfalls nicht erst, als die junge Frau sich nach einem Terroranschlag, der vor ihren Augen stattfand, dazu hinreißen lässt, ihrem Offenbarungsdruck nachzugeben.
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Paul Klee war der literarischste Maler seiner Zeit und außerdem ein Maler für Schriftsteller:innen. Sein Œuvre versöhnt Luzidität mit Somnambulismus. Es entspricht einer großen Narration und gibt dem Tagtraum eine eigene Bedeutung.
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Olivia und Francis verachten die Routinen des Hedonismus; die immergrüne Leier in immer neuen Jetztzeitkostümen. So anspruchsvoll beide ihre aktivistischen Rollen interpretieren, die Anziehungskraft erzwingt eine Poesie der schnellen Entschlüsse. Der Diskurs muss mit der Magie Schritt halten.
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In der Zeit zwischen 1900 und 1945 wog jedes Jahrzehnt so schwer und war so fatal wie ein Jahrhundert. Das spiegelt die Malerei. Sie setzt eine zerspringende Wirklichkeit in feste Rahmen.
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Der Schlichtholzprägung zum Trotz beweist Anne Geschick bei der Auswahl von Schönheitsmitteln, mit denen die bürgerliche Erscheinung angehoben wird. Sie folgt der amerikanischen Linie; dem Lidstrich der Siegerinnen.
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"Freiheit, Selbstbestimmtheit, Authentizität: Die Sobriety-Mentorinnen Vlada Mättig und Katharina Vogt über das Glück, ohne Alkohol zu leben und sich selbst treu zu sein. Weil wir das Leben auch ohne Alkohol feiern können!"
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Der Geheime Kommerzienrat Louis Reichenheim verkörpert einen Epochentypus. Doch behält der zur Assimilation strebende Gründervater seine Kraft für sich. Die Schwäche seiner Söhne schlägt ihn. Sein ungeheurer Optimismus und die Bereitschaft, Brücken hinter sich abzureißen ...
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Als Stadt „des Todes“ erscheint ihm Berlin. „Vereist wie die Augen Sterbender“ sind die Fenster, „der Boden (klafft) wie der Schoss einer Gebärenden“. Mit herabsetzenden Absichten vergleicht der Erzähler den überbordenden Brandenburger Mark-Flecken mit der „kochenden Verrücktheit“ Siziliens.
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Die Welt erinnert Marcel Prousts Romanfiguren besser als seinen in der III. französischen Republik staatspolitisch ausschlaggebenden Vater. Der Epidemiologe stand dem Gesundheitswesen seines Landes mit leidenschaftlicher Autorität vor ...
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Die Bilder haben die Welt gerührt und erschüttert: Friedliche Demonstranten in Belarus trotzten dem brutalen Regime – immer und immer wieder. Die Osteuropa-Korrespondentin Alice Bota erzählt die Geschichten der drei maßgeblichen Protagonistinnen ...
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Franco verehrt (so obszön wie er nur kann) die neue Nachbarin Señora Marián Maroños, die ihre Form in einem Fitnessstudio kultiviert und gern die allerkürzesten „Seiden-Miniröcke“ trägt. Fröhlich und zufrieden schaukelt ...
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Auf den ersten Ton hört man in Norbert Langes Lyrik den 2001-Sound von Wolf Wondratschek und 'das leise Lachen am Ohr eines andern' in jenem fulminanten Früher, als jeder Tag mit einer Schusswunde begann ...
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Unter uns atmen Personen, die sich als genetische Nachkommen von Akteuren begreifen, die in der Bibel exemplarische Rollen spielen.
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„Ohne das Internet hätte man die Zapatistas ... nie über San Cristóbal hinaus wahrgenommen. Die erste Internet-Revolution, die Technologie der von ihnen verteufelten Globalisierung, wird von ihnen ausgenutzt, um sich gegen die Globalisierung zu stemmen.“
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Adorno erinnert daran, dass Hölderlin nicht gleich als das verunglückte Genie verstanden wurde, sondern erst einmal als ein „stiller und feiner Nebenpoet“ mit rührendem Lebenslauf. „Manie als Nachkrankheit der Krätze“, diagnostizierte Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth.
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Ein Kind, nachtwandelnd im „langen weißen Hemd“, kniet endlich vor den Devotionalien des Stubenschreins. Es „murmelt“ hin zur Jungfrau Maria jene formelhaften Schuldbekenntnisse, die ein erpresserischer Gott fordert.
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Die Mimikry eines Superepigonen illustriert die Handlungsgegenwart. Ständig kontrolliert der namenlose Akteur seine in jeder Hinsicht getrimmte Erscheinung. Das Mitglied der 'Jungen Mitte' existiert mit gefärbten Haaren im Markenrausch.
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Resilienz sei, kurz gefasst, die „Fähigkeit, zurückzufedern“. Markus K. Brunnermeier bringt den Vergleich von der im Sturm schließlich berstenden Eiche und dem - ob seiner Elastizität bis zur nächsten Windstille und darüber hinaus - unversehrten Bambus.
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Erst 1953 gelingt der Verarmten die Überwindung der Untermiete als Daseinsform. Sie bezieht eine Wohnung am Nadelberg. Die Verbesserung weitet sie. In den neuen Verhältnissen übersetzt Ré Soupault Comte de Lautréamonts 'Gesänge des Maldoror' ohne Auftrag.
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"in wenigen Wochen ist die Bundestagswahl und wir haben uns entschieden, mit Hilfe von Literatur und Diskussionen für etwas Transparenz zu sorgen.Daher lädt die Anwohner*inneninitiative für Zivilcourage - gegen Rechts ..."
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Zu ihrem 150. Geburtstag erinnere ich an jene Frau, die Carl Bolle im Berliner Milchkrieg zäh Paroli bot und den Großmeier endlich besiegte. Obwohl Lydia Rabinowitsch weltweites Renommee genoss, endete ihre Karriere 1934 mit der Zwangspensionierung.
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„Die großen, die revolutionären Künstler, Musiker, Sänger und Gruppen musste ich in meinem Roman erwähnen, weil sie nicht nur der Soundtrack der Geschichte sind ...“
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Wir verschenken und tauschen alles, was das Herz begehrt. Jede bringt mit, was sie gern verschenken möchte und nimmt mit, was sie gern haben möchte. Wir freuen uns nicht nur auf neue Impulse für die Herbst-Garderobe ...
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Die Anfänge seines Gewerbes reichen zurück bis in die Keilschriftära. Simon gibt den Knastschreiber ... Grobheiten und Abschweifungen seiner Auftraggeber unterschlägt er zugunsten des freien Textflusses.
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Sich selbst schildert Klaus Mann „als Biene Maja mit Bencedrin-Flügelchen“ (Originalschreibweise). Er klatscht und tratscht auf hohem Niveau. Die ganze Emigration geht im Entre-nous einer Westentaschenvisitation durch. Die Protagonist:innen des Exils sind quasi alles untergegebene Tanten und Onkel des literarischen Großfürstensprosses.
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May Ayims Seelenschwester Marion Kraft erinnert sich: „Schwarz und deutsch sein war die Erfahrung einer grausamen Kindheit in den Nachkriegsjahren und einer Jugend bestimmt von Ausgrenzung.“
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Adorno sagt: „Die Komplexion von handfestem Plot … und destillierbarer Idee (trägt) Sartre den großen Erfolg zu und (macht) ihn, ganz gewiss gegen seinen integren Willen, der Kulturindustrie akzeptabel.“ Sartre suggeriere, „dass auf den sozialen Kommandohöhen noch Leben sei“.
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Im Beisein des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg Dietmar Woidke und der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg Manja Schüle wurde gestern ...
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In den Anmerkungen zu der 1978 erstmals erschienenen Werkauswahl von Erich Mühsams Gedichte ... findet man Erklärungen zu Phänomenen, die unter den Tisch der Zeit gefallen sind.
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„grenzenlos und unverschämt“ heißt ein Gedicht von May Ayim. Sie schrieb es „gegen die deutsche sch-einheit“. Es hebt an mit den Zeilen: ich werde trotzdem/afrikanisch/sein/auch wenn ihr/mich gerne/deutsch/haben wollt/und werde trotzdem/deutsch sein ...
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Nachdem das letzte Schüler:innengemälde in den Leasing-Kreislauf eingespeist worden war, und wir, die wir ohne Ausnahme prekär gestartet waren, zum ersten Mal das Gefühl kennenlernten, Geld zu verlieren, bloß weil uns jener Murks ausgegangen war, der Jahrzehnte keine(n) interessiert hatte, kam Goya eines Nachts im Sachsenhäuser Schwarzmarkt auf die brillante Idee, eine Serie von Piss Pics ...
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In einem Brief an den aus Kattowitz gebürtigen Juristen und Kritiker Franz Goldstein (1898 - 1982) unterscheidet Klaus Mann hierarchisch lyrische von gedanklicher Schönheit zum Nachteil der glücklichen Fügung und des gelungenen Wortes.
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Zwei Paare im gemeinsamen Urlaub auf Sizilien. Alle laufen schon lange in den Hamsterrädern ihrer Ehen als einigermaßen zufriedene Paare. Alle wissen, dass sie dankbar sein sollten für ein Leben auf der Sonnenseite des Globalen Nordens.
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Überlässt man den Gegenstand einer Betrachtung der Gleichgültigkeit und bedenkt nur die Argumentation, ergibt sich Bemerkenswertes. Tucholsky behauptet: Der Nationalcharakter mildere spezifische Eigenschaften, sofern er sie nicht stärker hervortreten lasse.
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Während der Einnahme von Świecie/Schwetz an der Weichsel ächtet die Wehrmacht die Geachteten der Gegend. Man treibt „alle Notabeln des Landkreises zusammen“ und erhängt sie „auf dem jüdischen Friedhof. Unterschiedslos. Ob Polen, Kaschuben oder Juden“.
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Die DDR war für ihre Schriftsteller:innen eine Druckkammer, der sie sich nicht einfach verschließen konnten. Der Staat scheiterte, seine Literatur gelang jedenfalls da, wo ästhetische Redlichkeit nur für einen hohen sozialen Preis zu haben war.
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Köln ist die wahre Hauptstadt der rheinisch-katholischen Adenauer-Republik. Nur der Dom überragt die Schuttberge. In der zerschlagenen Metropole zeigt sich das Wirtschaftswunder zunächst zaghaft. Zivile Fronten verlaufen zwischen „Aufschwung“ und „Materialknappheit“.
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Materieller Mangel und körperliche Vorzüglichkeit bestimmen Junes Performance. Da ist kein Ennui, kein Leiden an Empfindungsnebeln. June haut ihre Zähne in das Fleisch der Pariser US-Hautevolee.
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Friedman bewundert die Noblesse seiner Frau. Unter den Reichen und Schönen von NY bewegt sie sich völlig ungezwungen. Sharon braucht das Prestige ihres Mannes nicht, um zu glänzen.
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In der Hierarchie der Künste folgt die Dichtung der Malerei. Daran erinnert Victor Klemperer unter der Überschrift „Grenzverwischung“. Der Philologe scheidet den Impressionismus vom Expressionismus ...
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Ein „regelmäßiges (Liebes-)Durcheinander“ konstituiert Evas Leben. Zum Ausgleich beweist die quirlige Akteurin Organisationsgeschick. Doch geben die Sicherungen zum Schutz einer emotional Unsteten schließlich nach.
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1966 veröffentlichte Gerhard Wolf in der bei „Volk und Welt“ erschienenen Reihe „Schriftsteller der Gegenwart“ eine Abhandlung über Johannes Bobrowski.
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Jüdische Kämpferinnen bringen in Brote eingebackene Handgranaten und in der Unterwäsche verwahrte Sprengkörper durch Kontrollposten. Sie gehen mit Dynamit unter die Leute.
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Deutschland in der Nachkriegszeit - Drei Menschen schenken einander Hoffnung im Themenpark des Alltags. Es stellen sich Fragen. Was ist ein geglücktes Leben? Wo liegt die Heimat? Wie schreiben sich Traumata über mehrere Generationen hinweg fort?
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Am 21. Mai 1811 gesteht Stendhal Madame Daru eine Not, die zu beheben, sie ablehnt. Sie fessele sein Herz, erklärt er. Na und, fragt die Gräfin im Gegenzug schläfrig.
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Vom 1. bis zum 4. September finden in Berlin die Deutsch-Israelischen Literaturtage statt. Unter dem Motto „Alles auf Anfang?“ widmen sich neun Autor*innen in mehreren Einzelveranstaltungen der Frage ...
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Ein Mann macht sich was vor. Warum sollte Richard als Liebhaber jenes Gardemaß erreichen, dass er als geschiedener Vater gleich zweimal verpasst? Er zahlt das Schulgeld, hat aber nichts zu melden.
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Mit neun beginnt für Shirley das Begreifen. Es gleicht einer Offenbarung, als sie an einer offenen Weinflasche nippt, ein angenehmes Gefühl verspürt, und in einem plötzlichen Einfühlungsexzess versteht, warum ihr Vater so oft blau ist.
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Obwohl alle gegen die DDR gewesen waren, spukten Kernsätze des realexistierenden Sozialismus in den Köpfen der Motorradfreund:innen ... Im Grunde waren das antikapitalistische Rocker und, so patriarchalisch dann doch, antikapitalistische Rockerbräute.
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Die Autorin nimmt sich die Zeit, die Gefährdung durch Bewunderung von anderen Risiken zu scheiden. So dass man es sieht: das Idol im Hyperhigh auf einer eigenen Umlaufbahn.
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„Wir sind Überlebensmaschinen – Roboter, blind, programmiert zur Erhaltung der selbstsüchtigen Moleküle, die Gene genannt werden.“ Richard Dawkins
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Die dazwischen quakenden Leistungsnachweise und die sich geschwisterlich solidarisierenden Partner:innen erfüllen Funktionen beim Einheimsen von Aufträgen. Der Bullshit braucht Berlin. Das versteht Sıyığı in Steinhain zu spät.
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Während Privilegierte europaweit das Weite suchen, begibt sich Zivia sehenden Auges in Gefahr. Sie brennt für ihre Sache ... Sie ist eine jener, die „beherzt und unverfroren“ den Kampf gegen einen mörderischen Antisemitismus aufnehmen.
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Das Wasser „für die Allgemeinheit“ verdunstet in Krügen, auf deren Böden sich die Neigen abgesetzt haben; ein feiner Schlick aus zerfaserten Aromaträgerinnen, aus Stängeln, Schalen, Fruchtkernen.
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Als im Jahr 2013 die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam gegründet wurde, erfüllte sich nach fast 200 Jahren die Forderung nach der Gleichberechtigung der jüdischen mit den christlichen und islamischen Theologien.
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Bald nach der Ermordung ihrer Eltern erwachen die Geschwister eines Morgens zwar auf verschiedenen Kontinenten, doch vereint im Paria-Schmach.
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Die Unterwanderung der Wirklichkeit verlangt nach dem Komplementär „der Boshaftigkeit“. Aus gefühlslasch und gemein entsteht „vulgäre Antipathie“.
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Soziolog:innen wähnen arme Weiße vom Schlag einer Tatik Glanapatetner im Abseits jedweder politischer Repräsentanz. Ihre reaktionäre Grundierung entbehrt der Vernunft. Abgehängt seit Generationen: ergeben sich für sie (in der Mittelstandsperspektive) deviante Muster ...
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Den belgisch-französischen Detrez-Klan regieren Männer in herausragenden Positionen. Sie sind geborene Magnaten und Mogule. Auch Jean-Yves Detrez bestätigt als EU-Kommissar die Prädestination zu einer Ausnahmestellung ...
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Zuletzt erzählte Ali Smith in „Herbst“ die Geschichte einer Freundschaft zwischen einem mondänen Greis und einer viel jüngeren Nachbarin, in der auch ein Versuch über Solidarität unter Nachbarn steckt.
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„Ascona“ - In Edgar Rais großartiger Annäherung an einen historischen Augenblick und seine Akteure ragt Erich Maria Remarque aus einem Epochenensemble.
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Wir spüren, suchen und debattieren: Wie wollen wir leben, mit und nach der Pandemie! Daher laden wir herzlich zu diesen Terminen ein! Zwei Termine, jeweils auf dem Berolina-Sportplatz ...
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Emma Cline erzählt mit seltener Finesse. Die Clous ihrer Geschichten lassen sich leicht überlesen. Sie entfalten eine verzögerte Wirkung.
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In Bertolt Brechts Berliner Ensemble wurden Sonette aus dem Gelenk geschüttelt. Dem Meister gefiel es, seinen besten Schüler:innen die Kunst als Handwerk beizubiegen. Trotzdem war das Schreiben für die Ewigkeit. Jeder Vers musste so haltbar gemacht werden, dass er sein Verbot überlebte.
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Die Autorin folgt den oft verwehten Spuren jener Schwestern im Mut, die Gewalt mit Gewalt beantworteten, fern der „Aura der Viktimisierung“, die Batalions Herkunftsklima bestimmte. Sie erinnert an jüdische Kämpferinnen, die Chancen, dem Grauen zu entkommen, nicht nutzten, um „beherzt und unverfroren“ am Kriegsgeschehen beteiligt zu bleiben.
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Eribon kehrt zum Begriff der Klasse zurück. Er jongliert mit antikem Vokabular, um es wiederzubeleben. Er sagt: Die Linke hat sich von ihrer Hauptaufgabe gelöst und die Arbeiter:innen den Feind:innen in die Arme getrieben.
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Der belgische Zukunftsforscher Jean Detrez zählt zu jenen Spezialist:innen, die von Regierungen und internationalen Organisationen konsultiert werden. Er jettet von Konferenz zu Konferenz und so von Komfortgipfel zu Komfortgipfel.
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Fassbinder fädelte das Stück als Privataufstand in der patriarchalischen Zwangsjacke ein. Jane lässt das Personal wie einen Mann in einer Spielkammer der utopischen Vergangenheit ...
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Kurz vor Hitlers Machtergreifung verlässt der Bestsellerautor, bekennende Pazifist und erklärte Nazigegner Erich Maria Remarque Berlin. Der Exilant in spe und sein Feind erreichen ihre Ziele gleichzeitig.
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In einem Regime gelockerter Leibeigenschaft bestimmen Verbrecher:innendynastien Bezirksbiografien. Es scheint kein Entkommen zu geben, jedenfalls nicht für die Tochter eines Verstrickten. Frumoasas Vater zählt zu den nützlichen Idioten ... lokaler Größen.
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John weicht in den Rausch aus. Er stiehlt sich aus der Wohnzimmerarena; überfordert von dem wahnsinnig übersteuerten Egoismus, den er mit seinem Samen in die Welt gebracht hat. Raubtiere fletschen die Zähne. Besser, man nennt es Lächeln.
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Das Verhältnis von Sprache und Macht ist dämonisch. Die Sprache legitimiert erst auf einem Kurs der Degradierung die Versklavung und den Mord und lässt dann Gras über der Narbe wachsen.
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Eine Familie kommt zusammen. Bugwellen klären den Status im Plural der Ankünfte. Auch Nebengeräusche verraten den weißen Mittelstand. Leger garantieren die Eltern dem Nachwuchs ein stabiles Zentrum im Chaos offener Spiele.
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Im Akut der Gegenwart offenbart die Sexualität ihre Diversität bis in die Fortpflanzungskanäle. Spätestens seit Richard Dawkins wissen wir, es gibt keine tiefergelegte, uns heimlich leitende Ordnung, deren Ideallinie am Horizont eines perfekten Lebens auftaucht.
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Ohne Sünde ergibt das Christentum keinen Sinn. Deshalb erfüllt die fehlende und büßende Sünderin eine mit ihrer Delinquenz kaum verbundene, paradigmatische Funktion. Die Erbsünde garantiert, dass niemand außen vor bleibt. Alle dürfen auf Vergebung hoffen. Alle müssen darum bitten.
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Was wäre gewesen wenn? Wenn es keinen ostdeutschen Einheitseifer gegeben hätte? Wenn die Hoffnungsüberschüsse der Revolutionäre von Neunundachtzig einer sozialistischen Erneuerung zugeführt worden wären?
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Antonia Bontschevas nicht unbedingt glücklich verheiratete Erzählerin wird in einer Nebenrolle als Seitenspringerin schwanger. Der Erzeuger erfährt nichts von der Befruchtung.
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Die Autorin versteht, dass ihre „Beziehung zum eigenen Leiden, eine Beziehung, die sich zutiefst privat anfühlt, eigentlich überhaupt nicht privat ist. Der Ursprung (des) Leidens ist Narrativen geschuldet, die es einem weißen Mädchen sehr leichtmachen ...“
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Verheiratet ist die Erzählerin mit einem nach außen äußerst höflichen Mann. Sergej hält sich in Spielarten der zuvorkommenden Erscheinung und der Galanterie gymnastisch flexibel, so wie eine Großkatze ihre Glieder streckt.
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„Als Überlebender (der Flucht durch eine Wüste und über ein Meer erinnerte Issa) an die Toten, die der Preis für den Wohlstand sind, den die Privilegierten lebten.“
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Liebe Freund*innen, wir haben einen aktuellen und sehr dringenden Anlass, warum wir Euch heute anschreiben! Space2groW und überhaupt feministische Arbeit ... Gleichstellung und feministische Arbeit sind kein "nice to have", sondern ein MUST HAVE!
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Erst in der Presse weißer Folter zeigt die Begabung ihre Macht. In einer offenen Gesellschaft käme es nie zu dieser Klärung: ein Genie wie Ossip Mandelstam musst du krönen oder killen.
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"Am Ort der Katastrophe fordert Armin Laschet nun mehr Tempo beim Klimaschutz. Sein Versprechen: 'Wir tun alles, um zu helfen.' Für mich klingen diese Worte nach Heuchelei."
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Ink & Liquor - Schriftsteller ziehen aus dem Rausch lyrische Luzidität. Sie begreifen Alkohol als Produktionsmittel, Motor und Treibstoff auf den Teststrecken zum Ruhm.
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Eine Weile jobbte Leslie Jamison als „Darstellerin von Krankheiten“. Medizin Studierende „mussten erkennen, woran sie (vorgeblich) litt.“ Nicht nur die diagnostischen Fähigkeiten wurden beurteilt.
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Mit zwölf erlebte Jean Rhys eine unangebrachte Annäherung. Der verbrecherische Verehrer malte der Minderjährigen eine gemeinsam-eheliche Häuslichkeit mit lunaren Sensationen und somnambulen Fledermäusen aus.
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„Hat das Werk tatsächlich den Geist seiner Epoche (über den allgemein geltenden Zeitstil hinaus) in sich aufgenommen?“ Das fragte sich Hermann Broch in einer Festschrift zum fünfzigsten Geburtstag des Kollegen Joyce.
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Mit fünfzehn trinkt sie zum ersten Mal heimlich. Die Überschreitung vollzieht sich beinah rituell in einer Gemeinschaft Gleichaltriger. Die Heranwachsenden formieren sich zu einer Geheimgesellschaft im Schutz ...
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Das Bildgeschehen erscheint auf den ersten Blick fortlaufend wie eine Comic-Geschichte. Die Kulissen erinnern mich in jedem Fall an David Hockneys Bigger Splash.
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Die großen Fensterfelder der Sakralbauten avancierten zu Freiflächen der Gestaltungsforschung. Glasmalerei versus Fresko: so lautete eine Duellformel im Wettbewerb der Ideen und ihrer Tempomacher:innen.
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Chaosy ist zwar vollbeschäftigt, aber obdachlos. Aufnahme findet sie in den Bruchbuden ausgebrannter Brokerinnen und freidrehender Ex-Pilotinnen, die gar nicht wissen wollen, wie egal sie der Welt sind.
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"Endlich bekommt die Jugend neben Luisa Neubauer neue Gesichter. Tabea Engelke, Moritz Piepel und Paula Albrecht sind nur drei Sprecher:innen des Jugendrats, die junge Perspektiven und Dynamik ..."
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Kunst und Architektur der Spätgotik spiegeln nicht das Futur einer Gegenwart, sondern ihr Praeteritum. Die Folgen der Gutenbergschen Buchdruckrevolution überrannten die Akteure.
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Urbane Paare bewerben sich um Vollpfostenrollen in einer geschlossenen Gesellschaft. Hühnerheilerin und Steinerweicherin Curcumă spielt als vermeintlich aufgeschlossene Vermittlerin mit. Sie hilft den Aussteiger:innen ...
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Mit „Liebe braucht nur zwei Herzen“ gelingt Judith Wilms ein zeitgemäßer Gesellschaftsroman im Pastellbouquet von Françoise Sagan und Vicki Braun. Ihrer Heldin glückt ein Leben auf der leichten Schulter.
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„Unter Null“ heißt das Debüt von Bret Easton Ellis. Der Titel passt zu Livs Lage. Gerade ist sie in Berlin gelandet. Die Brandenburger Temperaturen sind genauso im Keller wie Livs Kontostand.
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Die Zeitgenoss:innen der sogenannten Gotik hatten mit der Epochenzuschreibung nichts am Hut. Sie agierten als Verspätete. Ihre Beharrungskräfte waren von der Neuzeit längst überwunden.
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Über seinen klügsten Schüler sagte Adorno: „In diesem Krahl hausen die Wölfe.“ Hans-Jürgen Krahl starb in der Nacht des 14. Februar 1970. Nach seiner Beerdigung löste sich der SDS auf.
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Kein Gedicht ist bloß ein Spiel, sagt ein Gedicht namens „Spiel“. In Sarıçiçeks lyrischem Kosmos zieht sich Seide aus Gräsern. Ein Abendhimmel „labt sich“; wird Subjekt ...
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1790 fand Christoph Meiners (1747 – 1810) es an der Zeit, „die Natur des N... so genau und öffentlich als möglich“ zu ergründen. Der Göttinger Professor konnte sich nicht mehr um seine Reputation bringen, den Kollegen galt er ...
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In den 1920er Jahren bespricht Ossip Mandelstam Filme, Inszenierungen, Bücher und Tendenzen. Er analysiert literarische Moden. Er knöpft sich den Unanimismus um Jules Romains vor.
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Es ist der Anfang vom Ende einer Geniestrecke, die in Jahrzehnten nicht abbricht. Mitte der 1950er Jahre reagiert Picasso auf ein Genre, dem Jean-Auguste-Dominique Ingres einen Leitstern verpasste.
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Feininger zeichnet pittoreske Straßenzüge, staubige Szenen mit einem schon um 1900 anachronistischen Kolorit. Avantgarde und Patina treffen sich auf merkwürdigen Kreuzungen.
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Ossip Mandelstam nimmt Wladimir Putin vorweg. „Die Krim mit ihren Hammelfleischklößen und Minaretten ist schon an sich ein verführerisches Objekt für kinematografische Überfälle.“
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Sasha Waltz & Guests ist im August wieder live vor Publikum im Berliner radialsystem zu erleben: mit der »zweiten Premiere« des Auftragswerks »remains« des US-amerikanischen Performers ... Andrew Schneider.
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Der amerikanische Jagdflieger Mozart Kaufman wurde 1944 über Frankreich vom Himmel geholt. Seine Einstellung zu Gefahren finde ich vorbildlich. Ignorieren, was man nicht kontrollieren kann. Aus Drohungen macht man sich nichts.
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Dem „ungeschönten Einzelmenschen“ wendet sich Flaubert mit „Hochmut (und) Ekel“ zu. Das Genie beansprucht eine aristokratische Warte. Man ahnt Mandelstams Faszination für den Streit der Gegensätze. Unter Stalins Knute sind solche Gedankenausflüge verbotene Gänge.
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Der Knaur Verlag zitiert: „Rassismus in all seinen Spiel- und Tonarten ist ein großes Thema in Kerstin Cantz' grandioser Boulevardrevue.“ Jamal Tuschick, Blog Tuschicks Textland
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Letícia Debinhúa-Kimura wägt das Schweigen in der seelischen Topografie des Belfaster „Herzlandes“. Im verschwiegenen Hass vernimmt sie Echos der Vergangenheit.
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Solange sie gefeiert wurde, fehlte in keinem Feuilleton der Vergleich mit Virginia Woolf. Elfrida Wing fühlt sich von der Zuschreibung verfehlt.
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„Das hängt nun wieder damit zusammen, dass die Weimarer Klassik ein Revolutionsersatz war. Es gab keine (deutsche) Revolution ...“ Heiner Müller
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Es sind nur noch knapp drei Wochen bis zum African Book Festival 2021, kuratiert vom angolanischen Autor, Musiker und Wahlberliner Kalaf Epalanga.
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Begriffener und unbegriffener Rassismus in all seinen Spiel- und Tonarten ist ein Thema in Kerstin Cantz' grandioser Boulevardrevue ...
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1932 denkt Ossip Mandelstam über Charles Darwin nach. Er stellt fest: „Darwin dichtet der Natur keinerlei Ziel an und verneint jedes Heilsprinzip.“
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Vermutlich ist er der markanteste Mensch in dem Weiler an der Lahn. Otto Ubbelohde zieht das Interesse der Kinder von Goßfelden auf sich. Ihr Ahnungswissen weist ihnen einen Weg.
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Genazino lud mich in seine Wohnung ein, ich kam im Anzug und mit Krawatte. Den Anzug hatte ich mir zur Hochzeit einer Freundin gekauft.
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„Die (Lichter) in den Heckflossen ... glommen wie die schräg stehenden Augen eines Raubtiers.“ Das beschreibt präzise eine Sensation in Amerikas europäischer Puppenstube Bundesrepublik Westdeutschland.
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Kulturell anspruchsvolle Formate weiblicher Ausbeutung sind vielleicht die letzte Bastionen, die bis zu den Kasematten anachronistischer Legitimationen geschliffen werden.
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Das burjatische Unikum Rintschin Bolot weiß: „Die meisten ... (Russ:innen) haben an der Oberfläche Sibiriens nur gekratzt.“
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Für ihren 2020 erschienenen Roman „Johnny Ohneland“ erhält Judith Zander den mit 40.000 Euro dotierten Fontane-Literaturpreises des Landes Brandenburg ...
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Die in Klimafragen vorbildliche Supermacht stützt den Euro mit Übernahmeabsichten. China hält die Bundesrepublik in einem wohlwollenden Schwitzkasten.
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Eine repräsentative Umfrage der Generationen Stiftung anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl zeigt: Junge Menschen fühlen sich von der Politik ignoriert ...
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Die Eröffnungsszene spielt in Brighton 1968. Elfrida startet ihren Tag mit einem schlechten Gewissen. Offenbar steckt sie in einer Nachlässigkeitsfalle. Zu ihrer Erleichterung bemerkt sie ...
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Die Direktion des jährlich in Berlin stattfindenden African Book Festivals, Karla Kutzner und Stefanie Hirsbrunner, begrüßt die Entscheidung des Deutschen Buchhandels ...
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Wir, die Artists against Antisemitism, wollen nicht untätig dabei zusehen, wie der Antisemitismus und sein nicht minder gefährlicher Zwilling, der Antizionismus, immer präsenter werden und mutiger auftreten.
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In Constantin Schreibers Zukunftsvision „sortiert sich die Welt neu“. Europa ist nicht mehr „vorne mit dabei“. Deutschland droht ein „Systemkollaps“. Peking spekuliert auf den Mars.
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In „Solo Sunny“ spielt Klaus Brasch den erotisch expansiven Saxophonisten Norbert. Mit seinem römischen Feuerkopf sieht er aus wie die Idealbesetzung für einen Dichter.
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In Constantin Schreibers Zukunftsvision „sortiert sich die Welt neu“. Europa ist nicht mehr „vorne mit dabei“. Deutschland droht ein „Systemkollaps“. Peking spekuliert auf den Mars.
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Krisen gehören zum Leben jedes Einzelnen, gehören in Familien, es gibt sie zwischen Ländern und weltweit. Ob Brexit, Finanz- oder Klimakrise, Menschen auf der Flucht ...
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Die Fincas der Reichen liegen an den Meerblickhängen von Inselbergdörfern. Gesichert sind sie wie Mafiafestungen. Mit Feigen und Wein überrankte Zäune schließen die Wohlstandsburgen ein.
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Libby hat 968 Terrorist:innen und Verdächtige verhört und zum Sprechen gebracht. Doch im Jetzt des Handlungsmorgens will die Verhörspezialistin niemanden mehr ausquetschen.
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Hagel, Starkregen und Dürre vernichteten die Ernten. Die biblischen Plagen erzeugten eine illegale, aber unaufhaltsame Armutsmobilität. Zum ersten Mal reisten Nordkoreaner:innen – vom Hunger getrieben – durch ihr Land.
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Ohne Vorrede strebt Charlie zum Vollzug. Die Ermittlerin schleppt ab und schickt heim, und zwar so schnell wie möglich, um kommod allein zu schlafen und fit aus den Federn zu kommen.
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Unter der künstlerischen Leitung des angolanischen Autors und Musikers Kalaf Epalanga lädt das African Book Festival von InterKontinental am 16. und 17. Juli 2021 ...
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Die nächste Tankstelle bietet sich als Knotenpunkt des Alltags an. Dahin schickt die Lehrende ihre Liebhaber, falls sie ohne Kondome aufkreuzen. Das Weitere erschöpft sich in Junk & Bier.
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Vom 25. bis 27. Juni 2021 ist Sasha Waltz & Guests mit einem neuen Projekt aus der »Dialoge«-Reihe bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen zu Gast.
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Melissa entdeckt die Mysterien einer Area of Outstanding Natural Beauty rund um Devon; so steht es geschrieben in jeder Reiseführerin.
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Um Stimmen ihrer Kernwählergruppe ... zu sichern, ignorieren Olaf Scholz und Peter Altmaier wissenschaftliche Fakten und verweigern sich einer zielführenden Debatte.
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Eine Frau dechiffriert ihren Liebhaber, indem sie dessen häuslichen Verhältnisse inspiziert. Da zeichnet sich eine trostlose Praxis und zugleich eine verschleißende Routine ab.
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Auf der Suche nach Braunbären verirrten wir uns in Felsnasenlöchern. Wir stiegen durch Kamine der Erdgeschichte und wussten uns auf dem Grund eines vergessenen Meeres.
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Da sind Kinder, die den Unterschied zwischen einer Mutter und einer Haushälterin nicht kennen. „Hab ich auch mal eine Mutter gehabt? fragte Tina schüchtern.“
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Am 11. Juni um 17 Uhr eröffnet das Festival mit Zwink. Live im Stadtraum, an der Zionskirche, trifft das Publikum auf Objekt-Tanz mit Alphorn. Schönheit und Poesie des ...
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Schwarze, die in einer Ringburg des Wohlstands Abstand zu den Normalverläufen halten, verlangen von den vermutlich grundsätzlich Schwarzen Arbeiter:innen der Gegend ...
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It is my pleasure to invite you for the upcoming production of Ensemble Megaphone -"Infectus" -A music-theatrical tour on the trail of the history of the epidemic-taking place from ...
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Yejin musste sich heute schon sagen lassen, dass sie in einer kulturellen Absteige beschäftigt sei, und dies mit den Fähigkeiten einer blinden Fotografin. Eine Terroristin der Verachtung traf mit einem Schlag zwei Schmerzpunkte.
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Vivaldo lebt als Weißer unter Schwarzen. Der Vorwurf von Cultural Appropriation im Raum. „Er war bloß ein armer weißer Junge in Not, und es war ganz und gar nicht originell, zu den Schwarzen gelaufen zu kommen.“
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Unter Ärzten gelten Gerichtsmediziner als „postmortale Klugscheißer“. In Fernsehkrimis halten sie an der Hades-Pforte bürgerliche Umgangsformen hoch.
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„Wir Menschen sind ... kognitiv ... weiter als ... unsere Biologie. Trotzdem spüren wir die Auswirkungen der neurophysiologischen und hormonellen Grundlagen des Fight-or-Flight-Geschehens, denn sie sind in uns veranlagt.“
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Die Generationen Stiftung und ihr Jugendrat lädt Sie herzlich ein zum Auftakt der Aktion "Hitzealarm" am Dienstag, den 08. Juni 2021, um 16 Uhr vor dem Bundeskanzlerinnenamt.
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Was macht man, wenn offizielle Stellungnahmen nur mit verschleiernden Absichten oder propagandistischen Zielen abgegeben werden? Dann studiert man die Valeurs der Gesten ...
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Baldwin beschreibt eine Ghettoexistenz, die nach den Gesetzen und dem Beat von Harlem lebt. Das Faustrecht regiert; wer zu weit geht, „fängt sich ein Klappmesser“ ...
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Deutschlandpremiere mit Donna Leon: Die Bestsellerautorin kommt zur einzigen Lesung ihres neuen, 30. Romans der "Commissario Brunetti"-Reihe nach Berlin ...
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Als Free Lancer fliegt Aust via Paris nach Algier zum Panafrikanischen Kulturfestival. Er hofft, da den vom FBI zur Fahndung ausgeschriebenen Black Panther Eldridge Cleaver zu treffen.
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Stefan Aust beschreibt Ulrike Meinhof und Klaus Rainer Röhl als „linkes Erfolgspaar mit Eigenheim und Urlaubsreisen nach Sylt.“ Die Ehe der Premium-Kolumnistin ...
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Die wetterfeste Mimi marschiert ohne zu prusten und zu zagen in die frühlingskalte Ostsee. Das vorspiellose Direkt entspricht einer von der Großmutter übernommenen Praxis.
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Mit einer berlinweiten Plakataktion und einer Demonstration vor dem Wirtschaftsministerium protestiert der Jugendrat der Generationen Stiftung gegen bezahlte Politik ...
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„Der Senat schließt die Kneipen zu“. Das haben wir alle erlebt, jene ausgefallene Saison, die wir für eine Ausnahme von der Regel hielten, bis sich die Verhältnisse zuverlässig ...
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Die Schwestern Ruth, Noëmi und Esther Pintor sind Herrinnen des Geschehens auf einem vormals kapitalen Hof ... Dem Haus Pintor dient Efix, ohne Lohn zu beanspruchen.
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Vom Fieber geschwächt, seziert Maria Sibylla Merian Frösche, „die ihre Gebärmutter auf dem Rücken“ zu tragen scheinen. Die Pionierin wird die erste Darstellung einer Wabenkröte ...
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Herolde der Gentrifizierung sind die Whitmans. Sie tarnen sich zwar nach Kräften, doch ist das nicht mehr als vorgetäuschte Anpassung. Schließlich stehen sie am Ende der Nahrungskette.
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Nach dem Mord an der Vollzugsbeamtin Michèle Kiesewetter suchte die Polizei eine „Frau ohne Gesicht“ mit männlichem Habitus ...
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Als Tochter eines Ausgestoßenen und Schwester eines Terroristen bewegt sich Gerda an einem Rand. Doch widersteht die Küchenhelferin dem Unglück.
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Die einer markanten, europäisch verzweigten, in Basel ursprünglichen Familie entstammende, 1647 in Frankfurt am Main zur Welt gekommene Maria Sibylla Merian setzt ihre bürgerliche Existenz aufs Spiel ...
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Sie nannten sich Rote Armee Fraktion. Ihre Dekade waren die Siebziger. Schon vor Anbruch des neuen Jahrzehnts erlahmte das revolutionäre Stehvermögen.
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In den Südtiroler Dolomiten registriert man den Nachwuchs nach einer antiken Klanordnung. Ein uferloses Verwandtschaftsgeflecht konkurriert mit transgenerationalen Zerwürfnissen.
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Zagajewski dient die paradoxe Antwort als Hinweis auf den Hunger nach „individuellen und konkret-greifbaren Lösungen“ echter Künstler:innen. Begeistert baut der Pole die Polarisierung aus. Die Echten seien sogar Verächter:innen solcher Ismen, die sie selbst zur Welt gebracht hätten.
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Die Hand der jugendlichen Mutter ist „rau wie altes Holz“. Ihre Liebe erschöpft sich in einer Abwandlung des Stillens. Zu seiner Stärkung erhält der Sohn „die lauwarme Milch vom ersten Melken am Morgen“ ...
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Sie ist ein Genie der Wandlungsfähigkeit. Im Juni 1969 schlüpft die wegen zig Delikten in den Vereinigten Staaten zur Fahndung ausgeschriebene Madison Kaskaskia über die Grenze nach Kanada.
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Beas Eltern haben dieses gewaltige Boomer:innenego. Sie sind high vom schieren Dasein. Das Leben ist Musik in ihren Ohren. Auf ihren Überholspuren verbrennen sie jede Menge fossiler Brennstoffe zu Kohlendioxid.
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In der Mühle eines strapaziösen Müßiggangs werden die Tage gemahlen, nachdem sie kopfüber durch den Trichter gepurzelt sind. Gerade war noch gestern, zumindest heller Nachmittag ...
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This issue of "Protosociology Vol. 37 Populism and Globalization" will address an intriguing and troubling facet of the current ‘populist’ phase of global constitution.
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Beatrice negiert ihre Herkunft. Die Prinzessin aus angelsächsischem Geldadel erschöpft sich in der Rolle einer Psychoanalytikerin in einer Beratungsstelle in Stamford Hill.
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Am Anfang des Begreifens seiner Begabung steht für den Künstler als Knaben die Erfahrung, dass er mit der Kraft seiner Gegner:innen besser arbeiten kann als mit seiner eigenen.
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Ich mache hiermit bekannt, dass ich meine Zusammenarbeit mit der Tageszeitung 'junge Welt' nach 24 Jahren und ca. 400 Texten beende, weil ich die Haltung des Blatts btr. Nahost-Konflikt als israel-feindlich einstufen muss und damit auf keinen Fall in Zusammenhang gebracht werden möchte.
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Die meisten Texte verstummen wie alte Leute, die sogar ihr Geschwätz vergessen haben. Viele Romane bleiben noch nicht einmal als Quellen interessant. Unbemerkt erlitten sie den Schock der Zeit. Manche Sachen gewinnen unter ihrer Patina neue Qualitäten.
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Auf Second Life lebt Gidge Uriza ihren Traum stellvertretend für viele, die nicht einmal mehr die Kraft haben, so zu tun als ob (das Glück auch für sie etwas übrig hat).
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"Wir freuen uns sehr, in diesem Jahr zum ersten Mal mit einer Produktion beim Berliner Theatertreffen dabei zu sein. Die Berliner Festspiele laden zu diesem Festival ...
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Als freie Mitarbeiterin ihrer Neugier beweist Matilda vollen Einsatz, um an Informationen zu kommen. Die Psychologie-Studentin passt den ihr bis eben völlig unbekannten ...
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"Die Regierung reicht ein überarbeitetes Klimaschutzgesetz nach, aber das reicht uns nicht! Hochrechnungen zeigen, dass trotz der Gesetzesänderungen schon bis 2030 80% des CO²-Restbudgets verbraucht werden."
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Joyce verdoppelt sich im „Ulysses“. Stephen Dedalus trägt die schöne Jugendstirn eigensinnig zur Schau. Leopold Bloom verkörpert den gehörnten Narren ... Proust beharrt auf jüngere Selbstausgaben. Der alternde Autor spiegelt sich flüchtig ...
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Wer von uns überlebt die entrechtete Gesellschaft im Ausnahmezustand? Aya bestimmt. Sie gehört zu den Administrator:innen von 'SYM in Strategic Communications'. Aya baut virale Fallen.
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Sie schwingt in sich wie an einem Reck. Die Autorin vergleicht das innere Sein der Debütantin mit einer Meditation; verhüllt von „kostbaren“ Nebeln. „Im Inneren ihres Dünnseins (bewegte) sie sich wie in einer Meditation.“
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Susi & Stefan erleben sich als beste Freunde, zwischen denen erst mal nichts läuft. Beide sind Kumpeltypen, wie freiwillig, das weiß keine(r). Ich meine, zwei, drei Schnittmusterfehler und du landest bei den verworfenen Bögen auf dem Boden.
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Von Irgendwo im Nirgendwo kommend, fällt der Anschlussflug ins Wasser. Die Autorin strandet in Houston, wo ihr eine New Yorkerin, die gern für schwierig gehalten wird ...
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Räumlich residieren die Guermantes' unter den Prousts. Gesellschaftlich stehen sie aber turmhoch über den Großbürger:innen, die sich den informativen Vorwitz ...
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Und in diesem Sinne wollen wir auch auf die schlimme Vernachlässigung von Menschen aufmerksam machen, die von der Gesellschaft behindert werden und die Situationen ausgesetzt werden ...
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Baudelaires Setting folgt einem bourgeoisen Ritus. Jede Entzündung der Sinne gehorcht den Regeln eines Klippensprungs von den Höhen des idealen Rausches.
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Jameson analysiert die Verlockungen und Fallstricke überfrachteter Interpretationen kindlicher Phantasieproduktionen ... Der Vater nutzt den Unsinn seines Sohnes, um dem eigenen Leben Sinn zu geben.
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Anouk und Anoush - Die Taffe und ihr Gegenteil. Sie sind Töchter deutscher Frauen, die der Nachkriegsdepression in Ehen mit iranischen Akademikern entgingen. Sie wurden im selben Teheraner Krankenhaus geboren und ...
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Im Dezember 1992 fängt Obermaat Velma Ronquille auf der Naval Air Station Whidbey Island einen mysteriösen Sound ein. Sie bittet den Tontechniker Joe George um eine Expertise. Der Kobralilien züchtende Experte identifiziert ...
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„Ohne die Gewissheit aller Kriegsparteien, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit seinem Wissen nicht an die Öffentlichkeit geht, wäre seine Präsenz und humanitäre Arbeit tief in umstrittenen Konfliktgebieten ...“
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Urner entwickelt Strategien gegen „erlernte Hilflosigkeit“. Sie liefert einem handlungsorientierten Selbstwirksamkeitsmodus Argumente. Macht euch fit und geht nach vorne, rät die Neurowissenschaftlerin.
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Ab sofort können Nominierungen für die Obermayer Awards 2022 eingereicht werden. Die Auszeichnungen werden an Einzelpersonen und Organisationen in Deutschland verliehen ...
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Die berühmteste Lagune der Welt diente in den Jahrhunderten der imperialen Schlussseufzer als sich selbst verriegelnde Zuflucht unverwöhnter Fischer:innen vor ...
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Die Verleumdung, sie ist ein Lüftchen,/ Kaum vernehmbar, in dem Entstehen,/ Still und leise ist sein Wehen: Horch, nun fängt es an zu säuseln ...
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Leslie Jameson spekuliert nicht. Sie vermeidet steile Thesen und verrät ihre Gegenstände nicht an feuilletonistisch knallende Formulierungen. Im ersten Essay beschreibt sie die Wirkung, die ein nur auf der Basis von Audiodaten ...
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Grrr. Ich drehe gleich durch. Wieland ist ein zwanghafter Planer; ein Mann der Programmpunkte, Google-Recherchen und ornithologischen Spitzfindigkeiten. Kein Gemarkungsstein entgeht seiner Dokumentationswut.
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Ihre Generationskohorte macht sie bei jeder Gelegenheit zum Publikum. Hillary liebt den Vortrag als Garanten von Aufmerksamkeit und klaren Machtverhältnissen. Selbstgewiss zum Besten Gegebenes ist ihr Markenzeichen.
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Der „unermüdliche Flug der Mauersegler“ vor seinen Pariser Fenstern erscheint dem Debütanten als ein „Feuerwerk von Leben“. Ist das eine prosaische Übertreibung? Oder eine Indolenzfeststellung ex negativo?
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Baudelaire findet ein Gemälde so verboten, dass es ihm nicht reicht, in der Sache „das absolute Gegenteil von Kunst“ zu erkennen. Vielmehr stellt er eine „kriminelle Absonderlichkeit“ fest. Er wütet und weitet das Areal seiner Abneigung ...
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„Julian Assange hat Kriegsverbrechen und Folter aufgedeckt. Seitdem wird er gezielt dämonisiert, bedroht und misshandelt – zur Abschreckung aller, die die schmutzigen Geheimnisse der Mächtigen ans Licht ziehen wollen.“
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Falschangaben im Asylverfahren standen in den vergangenen Jahren wiederholt im Fokus politischer Debatten. Prominente Fälle sind etwa der des rechtsextremen Bundeswehrsoldaten Franco A., der sich als syrischer Flüchtling ausgab ...
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"Das Buch, das zum Stadtgespräch werden soll, ist Katja Oskamps "Marzahn, mon amour". Ein Buch mit einer ebenso zugänglichen wie ungewöhnlichen Handlung: Es geht um eine Fußpflegerin und deren Kundinnen und Kunden ..."
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Der Heranwachsende weidet auf den Almen und in den Auen erotischer Märchen. Seine Phantasie entzündet sich an der sagenhaften Madame de Guermantes. „Wie oft habe ich mir diese Geschichte erzählt! ...“
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Er schillert zwischen Wittgenstein und Yoga. Als Staatsanwalt „beeindruckt (Amir mit) packender Rhetorik“. In den Außenanlagen eines Clubs für die Funktionselite trifft die Erzählerin, eine Anwältin, den zeitgemäß herausgeputzten Gesellschaftslöwen zum ersten Mal privat.
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Maya verschwört sich mit Kojo. Fernmündlich hält er die Cousine auf Kurs, sobald es darum geht, das englische Geheimnis zu entschlüsseln. Wie konnte es passieren, dass das kleine Nebelland ohne nennenswerte Ressourcen ...
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Irgendwo sagt Jorge Luis Borges, er habe nie aus der Bibliothek seines Vaters in Buenos Aires herausgefunden. Er arbeitete auch als Bibliothekar in einer Zeit „soliden Unglücks“. Ab 1955 leitete Borges die argentinische Nationalbibliothek.
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"Leni sehnt sich dringend nach einer Auszeit: von ihrer Beziehung und ihrem Berliner Großstadtleben. Kurzerhand flüchtet sie nach Gut Schwansee, wo wunderschöne antike Möbel zum Verkauf stehen ..."
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Vermutlich gab es in der langen Geschichte der spirituellen Gymnastik neben allen möglichen Scharlatanen jede Menge nicht anschlussfähiger Autodidakt:innen und Neuerfinder:innen existierender Formen. Das Unsortierte, Wuchernde ...
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Der Künstler als Knabe gibt in der Sommerfrische den abgebrühten Beobachter. Er bemerkt „unfreundliche“ Hügel am Strand von Balbec. Den Bahnhofsvorsteher verortet er „zwischen Tamarisken und Rosen“. Er lächelt auf den „künstlichen Marmor“ der Monumentaltreppe ...
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Maya schöpft aus dem Vollen. Die geschwisterlose Arzttochter nutzt Chancen mehrfacher kultureller Auswahl mit dem Vorbehalt ihrer Schöpferin. Manchmal sind es zu viele „Welten & Worte“, die Maya eben nicht nur zur Verfügung stehen ...
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„Als die ersten Missionare nach Afrika kamen, besaßen sie die Bibel und wir das Land. Sie forderten uns auf zu beten. Und wir schlossen die Augen. Als wir sie wieder öffneten, war die Lage genau umgekehrt: Wir hatten die Bibel und sie das Land.“
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Hitler brachte Heinrich & Thomas zwar zusammen, sorgte aber nicht für Nähe. Ich glaube, dass sich die Brüder bis zum Schluss nicht riechen konnten. In Kalifornien bewahrten sie sich vor den Peinlichkeiten offen ausgetragener Gegnerschaft ...
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Stéphane Mallarmé unterscheidet Dichter, die Leute, Dinge und Szenen beschreiben, von solchen, die sich für die Frage qu'est-ce que ça veut dire interessieren. Die Frage entspricht einem oppositionellen Reflex.
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Als Geschlagene verlieren die Griech:innen zwar ihre politische Bedeutung, doch zwingen sie ihren römischen Bezwinger:innen einen Maßstab auf, der wie ein Staffelstab über das Imperium hinausgetragen wird.
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Junge Geflüchtete mit unsicherem Aufenthaltsstatus fallen oft durch das soziale Netz. Was braucht es, um sie zu erreichen? Ein Gastbeitrag des Soziologen Albert Scherr und der ...
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Rilke repräsentiert seine Epoche nicht. Vielmehr wirkt er abgeschnitten; gefangen in einem Kokon des Eigensinns. Zagajewski schildert ihn als „kalligrafisches Fragezeichen am Rande der Geschichte“.
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In ihren Aufzeichnungen gelingen Gloom Studien wie von Honoré Daumier. Jene, die einander beharken, kennen sich wohl. Oft haben sie zusammen studiert. Man hat drei Abschlüsse und verkörpert Exzellenz als ...
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Mit dem „Afghan War Diary“ veröffentlicht WikiLeaks 2010 das größte Leak der US-Militärgeschichte, mitsamt Beweisen für Kriegsverbrechen und Folter. Kurz danach verdächtigt Schweden WikiLeaks-Gründer Julian Assange ...
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Man ver-dichtete verschiedene ethnische Gruppen zu einem Volk (dem mythisch überhöhten Volk der Griechen). Es regierte die Fremdzuschreibung in einer Kombination mit neuen, nämlich nationalstaatlichen Ideen.
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Es gibt Agenturen, die darauf spezialisiert sind, unliebsame Zeitgenoss:innen aus der Bahn zu werfen, indem sie Dreck ausgraben. Es gibt Agenturen, die darauf spezialisiert sind, Dreck zu erfinden ...
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Schuberths analytische Erzählung entfaltet einen wunderbar starken Sog. Dem Autor dient Lord Byron als Kulminationspunkt epochaler Ideen und Irrtümer. Ihm geht es nicht um die aristokratische Euro-Gang ...
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„Wenn man nämlich mit seinem Denken nicht zurecht kommt, dann neigt man oft dazu, für bereits seit langem bekannte Sachverhalte und Tatsachen neue Wörter einzuführen.“ Horst Tiwald, Die Leere und das Nichts
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Dass Eddie Jaku ein Buch über das Glück schreiben würde, wirkt auf den ersten Blick unvorstellbar; denn der heute in Australien lebende Hundertjährige, der 1920 als Abraham Jakubowicz in Leipzig geboren wurde ...
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Der Osmanische Reichskahn krängt längst dem sprichwörtlichen Invaliden am Bosporus entgegen, als der Volksaufstand ohne Nationalbewusstsein losgeht. Das Gros der Aufständischen ...
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In einer verödeten Gegend an der Grenze zu Spanien folgen Desperados einem unterirdischen Pfad des Überlebens. Ohne soziale Absicherung arbeiten sie in dem Nachbarland und bewahren als Pendler:innen ihre französischen ...
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Im Januar 2020, noch vor Pandemie und Lockdown, erfüllte ich mir einen Kindheitstraum und beschaffte mir für unsere Wohnung ein 120 Liter fassendes Aquarium, und zwar eines mit allem Drum und Dran:
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Nach ihrer Entlassung zieht Gilda nach Istanbul, wo sie zur Göttin der Mängel einer Wohnmaschine mit Residenzcharakter und den Ausmaßen eines Ozeandampfers wird. Nun ergreift ...
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Am 1. April tritt die neue Kanzlerin der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, Christiane Linsel, ihr Amt offiziell an. Nach der Wahl im Herbst letzten Jahres wurde sie am 2. März 2021 durch den Senat von Berlin ...
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"Dana Grigorcea: Die Gefahr der Islamisierung ist ein Lieblingsthema der Populisten. Da kann man nur den Kopf schütteln, dass Chauvinismus und Rassismus, diese alten Geister der Vergangenheit, die wir längst begraben hatten ... "
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Annerl Aarents wird als Tochter eines Bergbauern und Holzfällers im ersten Kriegsjahr geboren. Es gibt eine ältere Schwester, die übrigen Geschwister entstehen bis Fünfundvierzig in den Frontferien des Vaters.
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Abenteuer sind immer relativ. Wenn jemand Höhenangst hat und trotzdem auf einen Stuhl klettert, finde ich das beeindruckend. Mir war wichtig zu zeigen, dass es darum geht, über sich selbst hinauszuwachsen ...
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In 31 kurzen Polemiken, die auf jeweils aktuellen Geschehnissen aufbauen, beschreibt Sandra Kreisler das Gefühl, als Jüdin in Deutschland, Österreich, Europa zu leben. Radikal parteiisch ...
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Für Noah ist Sex eine Droge. Nicht mehr. Er studiert kreatives Schreiben und englische Literatur an der University of Westminster. Obwohl Noah als das „größte Arschloch“ unter der Londoner Sonne firmiert ...
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Automatenhallenunterhaltung verbindet sich in Japan vielfach und in langen Traditionslinien mit den Existenzen von koreanisch-stämmigen Einwanderernachkommenden.
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Im Jahr 1906 wurde der Iran als einer der ersten Staaten im Nahen Osten eine Demokratie. Um sich aber billiges Öl aus dem Land zu sichern, stürzten die USA und ...
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Liv studiert Journalismus in London. In aller Vorläufigkeit macht sie bei einem Periodikum für Studierende mit. Sie sondiert das publizistische Feld und arrangiert sich ...
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Die Kolonien waren Darkrooms europäischer Perversionen. Jede gesellschaftliche Anstrengung verknüpfte und verzweigte sich mit dem/im Kolonialen. Entsprechend geschmiedete Kohorten fühlten sich ...
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„Unser Zentralnervensystem ist wie eine gigantische energetische Bibliothek, in der alles hinterlegt ist, was sich je in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit ereignet hat.“
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Die Hellenisierung des neuzeitlichen Griechenlands (als einer geografisch höchst ungefähren Größe) ergab sich auch im Zug einer „antifeudalen Transformation“. Im Verein mit allen möglichen Idealisierungen ...
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Riviera Joyce verkörpert den Typus der Drehtürpatientin. Die Psychiatrie ist ihr zweites Zuhause. Die Versierte verfügt über ein klinisches Vokabular auf der Kriechspur des Laienpfusches.
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Mit ihrer neuen Petition kämpfen die Generationen Stiftung und ihr Jugendrat gegen den ausufernden Lobbyismus und machen öffentlich Druck auf die morgige Lobbyregister-Abstimmung des Bundestags.
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Mutterschaft ist für Blythe das Höchste. Man muss schon sehr weit weg von solchen Antipoden wie dem deutschen Nationalsozialismus und dem Heliski-Feminismus des Geschlechterkonstruktivismus sozialisiert worden sein ...
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Am Horizont ihrer Sehnsucht sah Marie sich in der Gesellschaft der arktischen Großmutter grönländische Küstenlinien entlang gleiten. Märchenhaft erschienen die Szenen der Erinnerung im Gegenlicht ...
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SCHWESTER.VON ist ein Hybrid aus Theater und Film. Ausgangspunkt ist das Monologstück "Ismene, Schwester von" am Deutschen Theater Berlin. Die Titelrolle spielt Susanne Wolff, Regie führte Stephan Kimmig.
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Blythe erkennt im Verlust des Sohnes einen Riegel vor dem Familienglück. Ihr Leben kann jetzt nicht mehr gelingen. Auch Fox läuft aus dem Ruder und geht seiner Wege mit einer für Blythe unerträglichen Heimlichkeit.
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Am vergangenen Sonntag ist in Krakau der polnische Dichter Adam Zagajewski gestorben. Ich habe ihn mal auf einem Zuneigungsgipfel mit seinem Freund Michael Krüger in der Berliner Akademie der Künste erlebt.
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Blythe sitzt im Auto und stalkt eine bis zum letzten Detail inszenierte Alltagsszene durch raumhohe Panoramafenster. Die Lichtgestalt im Mittelpunkt des ... Geschehens ist Blythes Ex-Ehemann Fox Connor.
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Maggie verkörpert die mitunter zweifelhafte Kreativität jener, die gelernt haben, alles für möglich zu halten und sich selbst in den Kategorien von Versuchsreihen zu denken. In gleichermaßen solidarischen und selbstsüchtigen ...
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Das Glück der Anderen zieht Blythe magisch an. Es macht sie zur Stalkerin. Sie beobachtet das neue Familienglück ihres Ex-Mannes, mit dem sie einst in einer verschworenen Gemeinschaft ...
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Die Pandemie hat alle anderen Themen überschattet. Aber Migration bleibt ein wichtiges Thema. Vergangenen Sommer berichteten etwa viele Medien darüber, dass wieder mehr Geflüchtete über das Mittelmeer kommen.
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Michelle Obama bekennt sich zu einer „Pingeligkeit“, die es ihr nicht erlaubt, Schulfreundinnen nach Hause einzuladen. Sie sollen sich nämlich nicht an ihren Puppen zu schaffen machen. Von ihren Inspektionen anderer Kinderzimmer ...
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DiMaggio, Marciano, Martin absolvierten den Aufstieg aus dem Nichts stellvertretend für die italienischen Gemeinden in Amerika. Das Wunder vollzog sich in der Überwindung massiver Widerstände. Als Nachkommen von Angehörigen ...
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Solange ich zurückdenken kann, nimmt mein Tag an einem Fenster mit freiem Blick auf den Bodden Gestalt an. Jeden Morgen komme ich auf meiner Reise ans Ende der Nacht da an.
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Nach einer Studie aus dem Jahr 2016 konsumieren Iraner:innen „rund 60 Millionen Liter alkoholische Getränke pro Jahr“. Sie setzen sich so über ein striktes, robust überwachtes Verbot hinweg. Dessen Übertretung wird brutal geahndet.
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Eine Stimmung wie in Simenons belgischen Frühwerkromanen, als die Aufmachung der Alter-Ego-Agenten des Autors noch fadenscheinig und durchgewetzt war. Ihr Lebenshunger besaß den Charme gelbzahniger Nager:innen.
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Silvios Religion ist der Knoblauch. Der in Amerika gestrandete Maurer bleibt sein Leben lang ein Kind der alten Heimat. Geboren und aufgewachsen in den Abruzzen, einer Region, die ihrer geografischen Lage zum Trotz als nördlichster Zipfel ...
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Liebe Menschen, die Bücher und Geschichten mögen, nach wir vor können wir keine Debattenangebote live organisieren
und es wird auch noch dauern, bis es wieder möglich sein wird. Um Initiativen im Kiez anzubieten ...
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Die Malerei des Goldenen Zeitalters beschreibt Globalisierung als nautisches Projekt. Eine maritime Grundierung liefert das Dekor im Dutzend billiger. Das Überkommene erfährt keine neuen Auslegungen, sondern wird nur mit kolonialer Auslegeware ...
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Dem 22-jährigen Abdullah Hossaini steht die Abschiebung nach Afghanistan bevor. Der Lehrling ist in Österreich gut integriert. In Afghanistan, dem gefährlichsten Land der Welt, erwartet ihn Krieg und Verfolgung.
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Die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC ) ergab sich im Zusammenschluss divers organisierter Kaufleute 1602 nach dem Vorbild der East India Company. Das Bündnis konnte hoheitliche Rechte geltend machen.
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Der zweite Whisky war einer zu viel. Eine Überschreitung mit vorhersehbaren Folgen. Mir passiert das nicht mehr oft. Inzwischen kriege ich schon Kopfschmerzen, wenn ich nur daran denke, wie es war, in der verräucherten Theaterkantine ...
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Den gesellschaftlichen Verwerfungen zum Trotz gelingt der Erzählerin eine tadellose Kindheit und Jugend mit den Schwerpunkten Tennis und Literatur. Sie absolviert das Höhere-Tochter-Programm. Sie spricht die Leserin direkt an und zeigt ...
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Assueer Jacob Schimmelpenninck van der Oije (1631–1673) war ein weitgereister Repräsentant des Goldenen Zeitalters, als er sich 1660 von Dirck van Loonen in Heldenpose porträtieren ließ. Der Maler hatte die (in der eurozentrischen Perspektive exotischen) Landschaften nie gesehen ...
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Harlem mag ein hartes Pflaster sein. Aber Harlem ist gewiss auch der einzige New Yorker Schauplatz grandioser Schwarzer Selbstinszenierungen. Nur in Harlem verlieren die Deklassierten vor den Siegen der Bürgerrechtsbewegung ihren Diener:innen-Status.
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Lieber Richard, du hast einen politischen Roman geschrieben, der eine Vielfalt von Themen bündelt: allem voran ein Thema, das man gut und gerne als Desiderat in der österreichischen Gegenwartsliteratur bezeichnen könnte: Kurden in der Türkei und Kurden in Österreich.
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Wir waren schon im kalten Krieg. Die Spannungen zwischen uns und den Russen entluden sich im Papierkrieg. Stalins Bürokraten übten Zurückhaltung bei der Preisgabe von Informationen. Die sowjetische Militärverwaltung schoss ständig quer.
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Eine junge Bukarester Malerin kehrt nach ihrem Kunststudium in Paris in den Ferienort ihrer Kindheit an der Grenze zu Transsilvanien zurück. In der Kleinstadt B. hat sie bei ihrer großbürgerlichen Großtante unter Kronleuchtern und auf ...
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Sofort sieht man das ganze Bild. Die Republik in bester Verfassung zeigt sich als Korona ihrer Selbst am Macquarie See. Ein Meer von Khaki und Leinen rauscht auf. Die einheimische Bourgeoisie erinnert sich im Kollektiv, warum sie nicht in der Hauptstadt lebt und was sie da abstößt.
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Das Streaming-Event im Kraftpaule findet am Samstag Abend statt! Hier nun die korrigierte Meldung, die ihr in euren Kalendern bitte eiligst berichtigt - und falls das Konzert noch gar nicht eingetragen ist, dann wird es jetzt allerhöchste Zeit!:) ...
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In ihrer Blütezeit übertraf Tenochtitlan alle anderen Städte Amerikas an Größe und Pracht. Wie Dorfdeppen staunten die Konquistadoren unter der Führung von Hernán Cortés 1519 über Avenuen und Kanäle zwischen den Einschüchterungsmonumenten in der Kapitale des Aztekenreichs. Paris, damals Europas bedeutendste Metropole, war kleiner und weniger glanzvoll.
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Von März bis Mai 2021 versammelt Felizitas Stilleke (Tante, Kuratorin, Dramaturgin, Künstlerin und Person) in fünf performativen Podcast Sessions die Stimmen der internationaler Künstler:innen Thais di Marco (Amsterdam/Sao Paulo), Philine Velhagen (Köln), Smruthi Gargi Eswar (Bangalore), Monika Gintersdorfer (Berlin) und Daniel Ernesto Müller-Torres (Düsseldorf) zur kollektiven Diskursumwidmung.
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Ein im österreichischen Exil lebender Kurde, ursprünglich aus dem ostanatolischen Berggebiet stammend, einstiger Arbeiter und Aktivist, der in seiner Jugend im politischen Widerstand war, gefoltert und eingesperrt wurde und nunmehr Politologe und Sozialarbeiter in Wien ist, kehrt nach Jahrzehnten des Exils in sein Heimatdorf in die kurdische Provinz Dersim in Ostanatolien zurück.
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Die DDR setzte nicht auf den Erhalt von Bestand. Ihre Architekturpolitik besann sich nicht. Es gab keine Epochenrekurse. Vielmehr strebten die Planer:innen ein Bild von der Zukunft an, das einer gedächtnislosen Gegenwart eingeprägt werden sollte. Sie träumten einen Ameisentraum. Ihr Konformismus-Phantasma wurde wahr. Der Konformismus ging so weit, dass die Generationskohorten im Gleichschritt den Alltag absolvierten.
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Am 21. März feiern wir zum 22. Mal den UNESCO-Welttag der Poesie. Fünf Dichterinnen und Dichter aus dem Irak, dem Vereinigten Königreich, Brasilien, Finnland und Deutschland kommen in einer Online-Lesung zusammen. Die Vielfalt der Sprachen wird in diesem Jahr begleitet von der Vielfalt der filmischen Umsetzungen.
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Vor meinem Fenster tropft das Hoflicht. Schon wieder fünf vor acht, ich habe zu lange am Rechner gesessen. Wenigstens Kino, denke ich. Ich nenne mich eine Pantoffelprimatin, weil ich am liebsten träge wäre. Zehn nach acht stehe ich an der Kinokasse, der Film, den ich mir vorgenommen habe, läuft nicht mehr.
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Das neue Team über seine Zielsetzungen: »Mindestens sechs bis acht Novitäten im Jahr sollen ihre Leserinnen finden. Der Schwerpunkt bleibt die deutsche und internationale Gegenwartsliteratur und gehobene Unterhaltung. Dabei setzen wir auf Überraschung und Qualität.
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Dem namenlosen Jammerlappen folgt der Naturbursche Jimmy in „Ich und Jimmy“. Das erzählende Ich erkennt in dem Virilen „das zufriedene Tier“ als besonders schönes Exemplar. Jimmy steht mit allen Elementen seines Seins auf vertrautem Fuß. Die größte Selbstverständlichkeit leitet ihn. Das macht ihn zum Gegenspieler seines Vorgängers.
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In den 1940er Jahren vergrößert Pocahontas Louise Sweetwater den Kreis britischer Exzentriker:innen auf Jamaika. Die Veteran:innen eines kolonialen Lebensstils halten Hof im obsoleten Geist des Empire. Sweetwater-Biografin Mathilde Canonball spricht in Stürmische Karibik. Die sieben Leben der Pocahontas Louise Sweetwater ...
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Aimen Abdulaziz-Said wuchs in Hamburg auf und studierte Politikwissenschaften und Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Anschließend fokussierte er auf Journalismus und Kommunikationswissenschaften an der Deutschen Journalistenschule/ Ludwig-Maximilians-Universität München. Über verschiedene Hospitationen begann er 2015 zunächst als Reporter beim Medienmagazin "zapp" (NDR).
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Das weiße Haus ist ein Ort, wo die Hunde der Obamas, solange die Präsidentschaft währt, ab und zu auf die Teppiche kacken. Michelle schreibt kacken. Sie erzählt das so locker vom Hocker, um Berührungsängste zu zerstreuen. Für den zu empowernden Nachwuchs will sie ein erreichbares Vorbild sein, handsome und easy im Umgang. Das Sicherheitsregime blockiert die Aktivistin auf dem Thron der First Lady.
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Das Versenden und Empfangen von Nachrichten begreift Melanie als Berufstätigkeit. Ich sehe sie bei Waterzooi & Marcolini, sie war bis eben in London auf einer Messe, und jetzt moussieren ihre belgischen Fans in den heiligen Hallen von Waterzooi & Marcolini in der gleichen Manier wie gestern die britischen Fans in den Boxen des Olympia Exhibition Center in der Hammersmith Road moussierten. Die digitale Bohémienne ...
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"Das hat verschiedene Gründe: Covid-19 trifft besonders arme Gegenden in Großbritannien – dort leben häufig Menschen mit Migrationsgeschichte. Zudem wohnen in ärmeren Gegenden mehrere Generationen auf engem Wohnraum, was die Ansteckungsgefahr erhöht. Menschen, die einer Minderheit angehören, arbeiten außerdem häufiger in Berufen, in denen sie dem Virus besonders stark ausgesetzt sind ...
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Wenn alle von der Übermüdung eingeholt werden und endlich schlafen gehen, prüft Roland Manthey einmal wieder einfach nur seine Form. Mit Rainer Werner Fassbinder könnte er sagen: Schlafen kann ich, wenn ich tot bin.
Manthey, genannt P., ist der Tough Guy der Bundesregierung, die mit Helmut Schmidt und Hans-Jürgen Wischnewski selbst zwei Schwergewichte aufbieten kann.
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Solche Aufsteiger:innenfamilien betreiben Migration auf der Grundlage von Strategiehandbüchern. Sie ziehen das Beste aus zwei Welten zusammen, ohne Rücksicht auf persönliche Belange: mit dem Ziel, ihre Kinder sofort da als soziale Raketen zu installieren, wo die Planlosen im besten Fall nach drei Generationen hinkommen.
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Bis ein T-Shirt in einem Geschäft in Österreich landet, hat es tausende Kilometer zurückgelegt, von der Baumwollproduktion über das Nähen und Einfärben bis zur Veredelung. Doch wer ist dafür verantwortlich, dass auf diesem Weg Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden? Derzeit niemand. Freiwillig schützen Konzerne weder Menschen- noch Arbeitsrechte.
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Jedes Jahr im März setzt Enno Janßen von Juist über nach Memmert, ein von Menschen kaum berührter Flecken, der im 17. Jahrhundert erstmals erwähnt wurde als Sandbank, „die nicht mehr bei einer gemeinen Flut unterläuft und stellenweise Bewuchs trägt“ (Wikipedia). Da ist Janßen der einzige Nicht-Vogel, sieht man ab von Kaninchen und Mäusen.
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Angehörige müssen informiert werden. Schneller als Facebook zu sein, ist das Gebot der Stunde. Nille hechelt in der Zwischenzeit ihre Ehe durch. Sie ist mit einem Puschel verheiratet, während Helle wenigstens einen halbstarken Verdränger an Land gezogen hat; einen Morgenmenschen, der singend aus dem Bett steigt und sich dick Butter auf den Bagel streicht; Butter aus der Bretagne ...
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Je weniger ungleich eine Gesellschaft ist, umso besser und gesünder ist das für alle, sagt Kulturwissenschaftlerin Judith Kohlenberger in ihrem neuen Buch „Wir“. Darin zeigt die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger, dass unsere Gesellschaft schon vor Corona ungleich war, und warum nicht alle Menschen Teil des Wir sind, das die Politik in der Krise vielfach beschwor. „Ein anderes Wir ist möglich.
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Der Erzähler gibt sich zu erkennen. In einem sagenhaften Damals hat er Faserland geschrieben. Er beschreibt sich in Zürich als kritischen Zaungast der Verhältnisse. Er besucht eine klandestine Filmvorführung und sieht Guy Debords „In Girum Imus Nocte Et Consumimur Igni“, um den Film „blutleer und einschläfernd“ zu finden.
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Die Grammatik der weißen Verlierer:innen kennt keine Vergangenheit. Immer ist jetzt. Jetzt kriegt Claire den Küchenjob in einer Fressgass-Schwemme. Jetzt ist Claire schwanger vom Chef. Jetzt heiratet sie. Jetzt kommt Jenny auf die Welt. Jetzt lässt Claire sich scheiden und jetzt heiratet sie Harald. Und wieder geht alles schief. Trotzdem glaubt Claire fest daran: Es ist nicht egal und kein Zufall ...
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"Nach ihrem großen Wahlerfolg veröffentlichte McBride auf Twitter eine Danksagung an alle Menschen, die sie gewählt haben. „Ich hoffe, die heutige Nacht zeigt Trans-Kindern, dass unsere Demokratie auch für sie groß genug ist.“ Wie der demokratische Kandidat Biden verlor McBride ihren Partner. 2014 verstarb der damals 28 Jahre alte Andrew Cray wenige Tage nach der Hochzeit mit der 24-jährigen Sara McBride."
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Wir wissen es alle. Die Bundesrepublik stand im Herbst Siebenundsiebzig kurz vor dem Staatskollaps. Die alten Krieger im Kanzleramt empfanden gewisse rechtsstaatliche Hemmnisse als sinnlos störend. Hart gingen sie den bremsenden, zur Wahrung der Rechtsordnung sich bestellt wähnenden, linksliberalen Innenminister Werner Maihofer an. Plötzlich herrschte wieder Corpsgeist. Wir gegen die. Die, das war die RAF.
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"Das Bundesinnenministerium (BMI) hat 2020 bundesweit mindestens 901 Übergriffe auf Muslim*innen und islamische Einrichtungen gezählt (Stand: 25. Januar 2021). Rein rechnerisch sind das jeden Tag mehr als zwei Angriffe. Wie werden islamfeindliche Straftaten erfasst? Welche Studien untersuchen Diskriminierungserfahrungen von Muslim*innen? Und was genau beschreibt der Begriff "antimuslimischer Rassismus"? Der MEDIENDIENST hat dazu ein Informationspapier zusammengestellt."
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„Um eine Sache gut machen, muss man seine Arbeit nicht mögen.“ Mit dieser Einstellung studierte Synnøve Medizin. Aus schierem Hochmut schränkte sie sich über jede Notwendigkeit hinaus ein. In einer Art Delirium des Stolzes versucht sie allen mit Bescheidenheit heimzuleuchten. Ihre klügste Großenkelin kümmert der norwegische Nachkriegsheroismus einen feuchten Dreck. Als avancierte Akteurin des Jetzt trifft Dagny die auf Inseln der Kleinen Antillen aufgewachsene Kulturrevolutionärin Aya ...
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London 1754. Auf dem Thron sitzt ein Deutscher aus Hannover. Horace Walpole, IV. Earl of Orford, prägt das Wort vom Glück der unbeabsichtigen Entdeckung. In Schottland gründet man den Royal & Ancient Golf Club und bringt dazu ein erschlagendes Regelwerk heraus. In Pennsylvania taktet der Siebenjährige Krieg mit Interventionen britischer Milizen unter dem bravourösen Anführer George Washington auf. David Hume legt den ersten Band seiner Geschichte Englands vor. Isaac Newton steigt in den akademischen Ring.
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Der Schauplatz ihres Desasters fiebert in einem Zustand „rasenden Stillstands” (Paul Virilio). Nietzsches „verzehrendes historisches Fieber” höhlt alles und alle aus. Smog und Salbei liefern die Aromen, die Hitze im August singt ein Lied vom Schweiß. Hätte Che so ausgesehen wie Nikita Chruschtschow wären der Weltrevolution deutlich weniger Märtyrer:innen zugefallen.
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Eines schönen Tages begleitete ich den Schlagzeuger Elvin Jones, damit sich der New Yorker vor dem Konzert mit seiner Band Jazz Machine nicht in Germany verlaufen würde. Wir kamen an einer Großbaustelle vorbei, auf der mehrere Arbeiter mit Presslufthämmern einen Höllenlärm produzierten. Elvin Jones blieb stehen und stieg sofort ein, trommelte mit beiden Fäusten auf den Metallzaun und schrie mich an: „What a sound, man!“
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Die Kapitale steckt voller Punks. Armut grassiert wie ein tödliches Fieber. Die Prekären leben mehr oder weniger auf der Straße und vermehren sich da in dürftig arrondierten Arrangements. Stacey Halls schildert die erschütternde Alltäglichkeit von Notzucht und Liebe. Der Straßenkot empfiehlt, jedes Geschäft im Stehen zu verrichten. In allen Winkeln finden Stoffwechselprozesse statt. Ein Stutzer nimmt die Tochter eines Krabbenhändlers für sich ein. So kommt Bess Bright zu einer Tochter, die sie Clara nennt.
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Man habe sich nach Neunundachtzig auf einer Frankfurter Messe zufällig getroffen, noch im Einzugsbereich von Stasi-Tiefausläufern, und alle „Probleme endgültig beschwiegen“. Schließlich habe Müller, seine vernuckelte Zigarre im Anschlag, die Distanz zu Biermann verkürzt und mit einer vom Nikotinatem verseuchten und vom Rauchen brüchigen Stimme gemunkelt: „Wolf, es gibt auch ein Menschenrecht auf Feigheit.“
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Die Tanzcompagnie Sasha Waltz & Guests beginnt im Jahr 2021 einen neuartigen künstlerischen Prozess auf der musikalischen Grundlage von Terry Rileys »In C«. Auftakt bildet am 6. März ein Livestream aus dem radialsystem. Der Livestream ist nicht nur über die Websites und Social Media-Kanäle von Sasha Waltz & Guests und dem radialsystem verfügbar, sondern für das amerikanische Publikum auch über die Website des New Yorker Musiker-Kollektivs »Bang on a Can«.
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Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg gewinnt Berlin das Renommee eines literarischen Reiseziels. Von da an prägt sich das Berliner Weichbild als Brandenburger Wahrzeichen dem Selbstverständnis ein, mit dem über deutsche Fürstentümer gesprochen wird. Die Doppelstadt blieb Jahrhunderte ihren Jugendstilen verhaftet.
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Weit nach Mitternacht, „das Fabrikgelände wirkt wie im Schlaf“, verbergen sich Ling und Jon B. in einem toten Winkel, den die Autorin als „blinden Flecken der Kameraaugen“ anspricht. Die „Dunkelheit macht Räume zu Särgen“. Schatten nagen an Silhouetten. Martina Clavadetscher erzeugt eine neugotische Stimmung im Blade Runner 2.0 Design.
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Der Shooting Star unter den Informierten plädiert für besseres naturwissenschaftliches Basiswissen im Kampf gegen Fake News. Als Stimme der Vernunft zählt die Wissenschaftsjournalistin Mai-Thi Nguyen-Kim zu den interessantesten Pandemie-Gewinnerinnen. Ihr Youtube -Kanal maiLab hält Millionen auf dem Laufenden. Ab 1. April kommt für die Chemikerin mit dem volkspädagogischen Eros ein Aufklärungsjob beim ZDF dazu.
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„Berlin – Ecke Schönhauser“ war eine Antwort der DEFA auf die westdeutschen „Halbstarken“. Der Film aus dem Jahr 1957 erzählt von Jugendlichen im Prenzlauer Berg. Unter der U-Bahn-Brücke der Schönhauser Allee beanspruchen sie eine Tagungsfläche. Ihre häuslichen Notlagen übertreffen die Tristesse im Allgemeinen. In der Retrospektive wirkt der Film wie ein Formenarsenal der Wiederaufbau-Ästhetik mit kleinbürgerlichen Vorzeichen.
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"Sinti*zze und Rom*nja in Deutschland sind im Bildungssystem stark benachteiligt. Das geht aus Studien der Arbeitsgemeinschaft "RomnoKher" hervor. Für die aktuelle, 2021 erschienene Erhebung wurden Interviews mit über 600 zugewanderte und nicht-zugewanderte Sinti*zze und Rom*nja aus allen Bundesländern geführt und ausgewertet."
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Kinder kommen zur Welt. Frauen schlagen mit Eisenstangen um sich. Englische Kommandosoldaten versagen bei dem Versuch, die Überlebenden von Israel abzuhalten ... Von manchen fordert die Vorsehung, den Wunderglauben der Menschheit mit ihrem Geschick wachzuhalten. Sie sind die Lucky Puncher:innen der Geschichte. Ihnen gelingt das Glück.
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Jeden Sommer verwandelt sich Berlin für zehn Tage in eine Hochburg der Poesie. 100–200 DichterInnen und KünstlerInnen aus aller Welt kommen zum poesiefestival berlin und präsentieren aktuelle Tendenzen zeitgenössischer Dichtkunst. Das Festival macht Poesie in ihrer ganzen Formenvielfalt erlebbar und zählt bis zu 13.000 BesucherInnen jedes Jahr.
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Jean Paul trank Bier zu jeder Tageszeit und steigerte sich bis zum Furor Teutonicus, ging der Vorrat zur Neige. Doch das geschah kaum je, den ankommenden Bierkutschern kam der Dichter mit der Kelle entgegen, so groß war der Durst. Sah Jean Paul Grund zur Beschwerde, hieß das: „Man kauft mehr Glas als Naß ein“. Notiert am 17.Sept. 1798. Am 1. August 1799 musste Jean Paul feststellen: „Das Reisen zerstört mich wie das englische Bier hier.“
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1915 errichten die Briten auf Zypern in der Gegend von Famagusta ein Kriegsgefangenenlager. Ab August 1946 internieren sie in dem maroden Verhau jüdische Migranten, nachdem sie dazu übergegangen sind, Schiffe aufzubringen. Mit militärischen Mitteln unterbrechen sie die Passagen von Passagieren auf dem Weg nach Palästina.
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Herzlich laden wir Sie ein, an einem oder mehreren Formaten im Rahmen des Re:Writing the Future Festivals teilzunehmen. Gelangen Sie an O-Töne, spannende Thesen und Blickwinkel aus erster Hand, live im Stream aus kulturellen Institutionen Berlins – von kulturellen Akteur*innen wie Klaus Lederer, Swetlana Alexijewitsch, Herta Müller, Max Czollek und vielen anderen.
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„Drei Frauen“ heißt ein Band von Robert Musil. Drei Frauen brachten es fertig, mit Hermann Hesse verheiratet zu sein. Ihnen widmet sich Bärbel Reetz in biografischen Annäherungen. Unter dem Titel „Hesses Frauen“ erschienen diese Intimitäten im Insel Verlag. Hesse war privat gern ein unangenehmer Patron - und nicht nur „der arme Irre“, so wie in einer Selbstbeschreibung ...
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Eine Oma zieht sie auf, tief in den Sümpfen Brandenburgs, wo nun wieder Wölfe heimisch sind und Geheimrezepte für Zimtkekse kursieren. Es gibt da eine halbgöttliche Köchin, bei der Aya ihr Handwerk lernt. In einem Urlaub an der dänischen Ostseeküste verliebt sich die Gesellin in die Kollegin Lærke. Die Funke springt über. Die Köchinnen übernehmen einen Gasthof in Rudkøbing.
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"Wir erinnern ganz dringend an unsere Lesung am 4. März - als Teil des Frauen*märz und als Teil unserer Reihe #feminismwhileshutdown. Wir rufen nochmals auf, Texte einzusenden und freuen uns darauf, Eure biographischen Schnappschüsse, Reflektionen oder Einsichten zusammen zu lesen - natürlich in einem geschützten Raum. Wir nehmen bis zum 2. März Eure Texte entgegen."
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Die Besatzung glänzt im Lack eines unverbrauchten Tatendrangs. Das sind „kräftige Burschen, fast alle Amerikaner“, hochgefahren von einem vereinnahmenden Zionismus. Muskeln statt Zweifel. Nautischer Chef im Ring ist Ike Aronowicz aka Yitzhak Ahronovitch, ein gebürtiger Danziger. Die Crew nennt den blutjungen Kapitän Baby Face. Über ihm wie über allen steht Jossi Harel, ein Tzabar der ersten Stunde.
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Nun ist die Luft von solchem Spuk so voll, dass niemand weiß, wie er ihn meiden soll. Das faustische Motto stellt Sigmund Freud einer erstmals 1904 erschienenen Betrachtung der Alltagspathologie voran. In frühen Ausgaben lautet der Untertitel Über Vergessen, Versprechen, Vergreifen, Aberglaube und Irrtum.
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Nichts reimt sich auf/ die Raubzüge der Zeit/ Bittere Prosa/ ins Gesicht geschrieben/ Ja sie kommen zurück/ die Verjagten die Eigenwörter/ furchtsam wie scheue Katzen/ bang wie verjagte Katzen/ Ich halte ihnen die Hand hin/ ihre Zungen auf meiner Haut/ Begnadigung
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Die Held:innen Israels berufen sich auf Bar-Kochba. Sie formulieren einen zeitlosen Plural. 'So wie wir gegen die Römer gekämpft haben, kämpfen wir nun …' Als Mossad le Aliya Bet-Agent organisiert Noah 1947 die Überfahrt anderer Holocaust-Überlebender mit der Exodus nach Israel.
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Cathelijne ist mit allem lückenlos versorgt, ihre Zugehörigkeit lässt nichts zu wünschen übrig. Ihre Mutter mästet Cathelijnes Marotten. Auch Annemieke kann sich nicht beklagen. Der Tankstellenaushilfe macht sie bei der ersten Gelegenheit klar, wie schnuckelig sie ...
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Unter antisemitische Straftaten fallen etwa "Volksverhetzung", verbale Hetze oder körperliche Angriffe gegen Jüdinnen und Juden sowie Sachbeschädigung. Sie werden entweder zur Anzeige gebracht oder von der Polizei selbst ermittelt. Wie oft Täter verurteilt werden, sagen die Zahlen nicht aus.
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Daniel erschöpft Cristina als Monument „unerschütterlicher Geringschätzung“. In ihm arbeitet keine Phantasie, soweit es die Hörige betrifft. Seine inneren Instanzen versagen ihm die Verzuckerung einer preiswerten Angelegenheit, die er nach der Devise 'Einem geschenkten Gaul ...' abhandelt.
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Chaosy ist zwar vollbeschäftigt, aber obdachlos. Aufnahme findet sie in den Bruchbuden ausgebrannter Broker oder esoterisch-freidrehender Ex-Yogalehrerinnen, die gar nicht wissen wollen, wie egal sie der Welt sind. Das Ding der prekären Gastgeber*innen ist: Tiernahrung so zuzubereiten, dass sie einem nicht hochkommt.
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Liebe Freund:innen, liebe Kund:innen, erfreuliches zuerst! Buchhandlungen in Berlin können sich als Orte "geistiger Nahrungsmittel" verstehen, sie sind nicht von einer Schließungsverfügung betroffen. So halten wir es, natürlich unter Beachtung der Hygieneregeln.
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„Meine Schwester Lucy, die damals zehn, elf Jahre alt war, litt unter Albträumen, die ihre Nerven zerrütteten. Sie war es …“
Lucy sieht Gespenster. Ihre Geschwister steigen ein und überbieten sich in Spukschoten. Den prosaischen Eltern unterstellen sie, nicht mit der Gabe des Sehens gesegnet zu sein.
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Gesellschaftsunvereinbarkeit - Wir wissen es alle. Didier Eribon und Steffen Mau haben im Kohortendenken der Postbabyboomer*innen Türen aufgestoßen und jede Menge Vorstadtlebensläufe aufgewertet. Die soziologisch diagnostizierte Herkunftsscham und ihr Gegenteil sind zu Schlüsseln des Begreifens geworden.
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Sein Job: das Land zu schützen. Sein Gegner: der Terror. Seine Entscheidung: die härteste seines Lebens.
5. September 1977: Der Terror in Deutschland nimmt immer brutalere Ausmaße an. Auf offener Straße wird der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer entführt. Roland Manthey, Chef des Verfassungsschutzes und ...
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Jahrelang kriegte Maurice Swift kein Opponent von der Siegerstraße. Der in einer harten nordenglischen Schule gut präparierte Bloodbaby-Boomer setzte sich nahtlos durch. Seine Hauptwaffe war skrupelloser Charme. Gleich danach kam die Genussfähigkeit ohne Reue. Virtuos spielte er auf dem Klavier der Faszination, die sein gutes Aussehen wie einen Brand verursachte.
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Erinnert Ihr euch, wie uns Mayowa Osinubi zurief: „Lasst euch nicht abriegeln und runterregulieren. Geht aus euch heraus, wenn ihr das wollt, auch in der Öffentlichkeit.“ - Stay tough und tragt den Spirit so weiter, wie es Kimberlé Crenshaw vorlebt. Aus dem Katalog ihrer Devisen:„Intersektionalität ist kein Universitätssport, sondern eine Handlungsanleitung für soziale Gerechtigkeit.“ „Now we get ready to rumble.“
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Das ZEBRA Poetry Film Festival gibt es seit 2002. Es war die erste und ist die größte internationale Plattform für Kurzfilme, die auf Gedichten basieren – den Poesiefilmen. Es bietet Dichterinnen und Dichtern, Filme- und Festivalmachern aus aller Welt eine Plattform zum kreativen Austausch, zur Ideenfindung und der Begegnung mit einem breiten Publikum. Mit einem Wettbewerb, mit Filmprogrammen, Dichterlesungen, Retrospektiven ...
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Der Ältere verkleidet den Jüngeren. Thomas trichtert Peter einen Humorbegriff ein, der von Bösartigkeit kaum zu unterscheiden ist. Noch in der späten Schilderung grausamer Kriegs- und Nachkriegskindheitserlebnisse verwahrt sich der Chronist gegen den erzwungenen Mummenschanz. „Unter Protest und Heulen (wurde Peter) als busenbewehrte Frau maskiert“ und so vorgeführt.
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Mehr als 80 Kulturschaffende, Künstler*innen und Expert*innen an der Schnittstelle von Zivilgesellschaft, Kultur und Menschenrechten setzen sich im Rahmen des Festivals Re:Writing the Future, das vom 25. bis zum 28. Februar 2021 stattfindet, mit den Entstehungsbedingungen von Kunst im Exil und Kultur in Zeiten des Lockdowns auseinander.
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Wie konnte das passieren? Zuerst erschießt der Täter drei Menschen in zwei Bars in Hanaus Neustadt. Dann fährt er mit seinem Auto weiter und erschießt kurze Zeit später im Stadtteil Kesselstadt sechs weitere Menschen. Alle mit Einwanderungsgeschichte. Bei der Polizei gehen zahlreiche Notrufe ein, zeitweise ist der Notruf nicht erreichbar. Nach den Morden fährt der Täter mit seinem Wagen nach Hause und tötet sich selbst und seine Mutter.
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Vorausschauend und hellsichtig diagnostiziert Stefan Zweig Antisemitismus als Verliererkrankheit. Bereits zu Beginn des Krieges sieht er Reaktionen der Mittelmächte auf die en passant prognostizierte Niederlage voraus. An Abraham Schwadron schreibt Zweig im Frühjahr 1915: „Ich bin fest überzeugt, dass die Erbitterung ...
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Der Ältere verkleidet den Jüngeren. Thomas trichtert Peter einen Humorbegriff ein, der von Bösartigkeit kaum zu unterscheiden ist. Noch in der späten Schilderung grausamer Kriegs- und Nachkriegskindheitserlebnisse verwahrt sich der Chronist gegen den erzwungenen Mummenschanz. „Unter Protest und Heulen (wurde Peter) als busenbewehrte Frau maskiert“ und so vorgeführt. „In meiner Erinnerung sind, ganz nebulös, noch gemeinsame Ausflüge mit dem Schlitten und Hamsterfahrten abrufbar.“
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"Zum Auftakt des Festjahres "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" widmet sich rbbKultur im Februar in einem Programmschwerpunkt dem Leben von Jüdinnen und Juden in Berlin und Brandenburg. Zwei Hörfunk-Features beleuchten die Spuren jüdischer Geschichte in der Region und die Rabbinerausbildung in drei regionalen Ausbildungseinrichtungen.
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Stefan Zweig sieht im Judentum „Ferment und Bindung aller Nationen“. Das formuliert er 1917 in einer informellen Mitteilung, niedergedrückt von der Stupidität aller Kriegspropaganda. Stefan Litt überliefert eine Schätzung, nach der Zweig rund 25 000 Briefe und Postkarten geschrieben hat. Der Editor rechnet die Post in besonderer Weise zum Werk. Er wählte 120 Korrespondenzexponate an 43 Adressaten aus. „An erster Stelle wurden solche Briefe berücksichtigt ...
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"Den Reichtum der Milliardäre kann nicht einmal Corona aufhalten. Während die Milliardäre ihr Vermögen um bis zu 50 Prozent aufhäufen, zahlen in Österreich die Arbeitnehmer und Konsumenten die Krise. Die Forderung nach einer Vermögensabgabe wird lauter. Neben SPÖ und AK fordert eine Initiative von „Attac“ nun eine Einmal-Abgabe von 60 Prozent für Milliardäre, die 70 bis 80 Milliarden euro in die Staatskassen spülen würde."
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"Wir kennen Rassismus, Homophobie, Transfeindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit, und vieles andere mehr – und viele von uns empfinden darüber eine manchmal hilflose Wut, denn gerade aktuell scheinen die Gräben durch die Gesellschaft tief, unsere Welt so polarisiert wie nie und die Überwindung dieser Gräben in weiter Ferne. Die einen halten erbittert an etablierten Machtstrukturen fest, die anderen kämpfen in einem immer sichtbarer werdenden Widerstand dagegen an."
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Als Kind wollte Charmaine-Sigiriya Pourattù auf den Mond fliegen, jetzt steigt sie noch nicht einmal mehr in ein Flugzeug. Wer je in seinem Leben eine lange Reise bei guter Gesundheit unternommen hat, kann Feststellungen der zweiunddreißigjährigen Britin (mit isländischem Vater und anglo-indischer Mutter) bestätigen. Charmaine-Sigiriya befährt den Atlantik auf einem Frachter.
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Für Filip und seine Familie ist das "Kinderhaus Pusteblume" ein Ort, an dem sie von ihrem anstrengenden Alltag Abstand nehmen können. Das gerade fertiggestellte und einladende Haus in Burg im Spreewald schließt eine wichtige Versorgungslücke. Filip ist krank. Er hat eine schwere Behinderung, die seinen Eltern und auch seinem gesunden Bruder viel abverlangt.
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Stefan Zweig (1881–1942) war ein Akteur der Walter Benjamin-, Franz Kafka- und Gershom Scholem-Kohorte. Er gehörte zu den skeptischen Söhnen arriviert-assimilierter Gründerväter. Wohlstand wies ihnen einen Weg; Antisemitismus einen anderen. Zunächst ahnten sie mehr als sie verstanden, wie vergeblich und deshalb fatal der altvordere Anpassungsfuror war. Ihre Sicherheiten erwiesen sich als Irrtümer, die der Holocaust aufklärte.
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Bluna Bell spießt Landschaftsdetails aus der Flugzeugperspektive auf so wie man Oliven pfählt, die in atmendem Alkohol schwimmen. Sie bändigt einen Bunch widersprüchlicher Empfindungen im Anflug auf ihre Zukunft als Frau einer Magnetin namens Mercy Frankenstein (amerikanische Aussprache). Ahnt sie, dass die Vergangenheit nicht locker lässt ...
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»Die Partitur von »In C« besteht aus 53 musikalischen Figuren und liest sich wie eine Regieanweisung für Musiker*innen. Es hat mich gereizt, diese detaillierten Instruktionen in einer choreographischen Auseinandersetzung mit der Musik in Tanz zu übertragen. Entstanden ist ein Spielsystem aus 53 Bewegungsfiguren für eine strukturierte Improvisation mit klaren Regeln und Gesetzen. Variabel bleiben die Länge des Stücks sowie die Besetzungsstärke von Musiker*innen und Tänzer*innen.«
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In der Retrospektive erscheint Obama die Phase der Nominierungswettkämpfe als magischer Aufbruch. Die Akteure im Operationszentrum ahnen vor allen anderen, dass ihr Mann „die Sterne vom Himmel holen“ wird. Vor allem jedoch, so Obama, sei es um die Entdeckung einer tiefen amerikanischen Wahrheit gegangen. Während der Autor sich das Aroma seiner Sendung in ihrer Keimzeit noch einmal auf der Zunge zergehen lässt, appelliert er an seine Leser*innen ...
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In der familiären Umgebung von Bernhards Urgroßmüttern reklamiert man gleichwohl eine illustre Abstammung im Dunstkreis napoleonischer Desaster und mit Hinrichtungen quittierter Konspirationen. Von dem Epauletten-Verve ist eine Generation später nichts übrig. Der bis zum Wahnsinn von sich selbt eingenommene Johannes Freumbichler verführt eine verheiratete Frau zur Verachtung des Bewährten. Sie bricht aus ihrer Ehe aus und erleidet als Ausgestoßene das Dasein einer Haushaltshilfe mit weiten Fußwegen.
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Rechtsterrorismus ist mittlerweile ebenfalls in Deutschland die größte Gefahr. Dies liegt auch an den zahlreichen, bislang wenig beachteten rechtsterroristischen Online-Subkulturen. Ihre Mitglieder sind international und anonym miteinander vernetzt und haben Strategien entwickelt, einander zu massiven Anschlägen zu motivieren. Die Folgen zeigen sich in den allein sieben rechtsterroristischen Anschlägen der letzten zwei Jahre mit zahlreichen Todesopfern – darunter die Anschläge von Halle 2019 und Hanau 2020.
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Mahnusch war ihrem Wesen nach eine lebenslang Alimentierte. Der vollen Einsicht sich versperrend, halfen Verwandte und Wohlmeinende der Verirrten immer wieder wie aus einer vorübergehenden Notlage. Blieb familiäre Fürsorge aus, gestattete die eigene Kraft Mahnusch bloß den Behelf der vorübergehenden Bleibe. Das Ende vom Lied war eine Diagnose, die geregelte Versorgung zuließ; eine Unterkunft in einer Heilanstalt; das Krankenhaus als Pension. Da erholte sich Mahnusch. Sie schwor der Widerständigkeit ab ...
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Nach den Devisen des organisierten Verbrechens eingeschleuste und im Straßendschungel von Kabukichō ihre Reize verhökernde Chinesinnen illuminieren einen japanischen Höllenkreiseinstieg. Wer dahinter- und hinabsteigen will, trifft seinen Tod nicht unbedingt als ärgsten Feind. Das weiß Alei‘aa Hunter. Sie ist eine Hunter S. Thompson unserer Tage. Ihre Bereitschaft, dahin zu gehen, wo es wehtut, erscheint ihr selbst belanglos. So what, Baby.
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"'Bloß raus aus der Krise!' begleitet in der Auftaktfolge unter anderem Busunternehmer Karsten Brust aus Panketal, Kahnfährunternehmer Dirk Meier aus dem Spreewald und Hausärztin Natascha Medrow durch die ersten Wochen des Stillstands. Wie soll es weitergehen? Seit dem ersten Lockdown im März 2020 ist auch in Berlin und Brandenburg nichts mehr, wie es war. Die Corona-Pandemie hat flächendeckend alles ausgebremst."
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Der alte Freumbichler mag ein famoser Mundartdichter sein. Noch besser beherrscht er das Schinden seiner ins Geschirr gestellten Angehörigen. Er nutzt nicht allein die Ergebenheit seiner Tochter Herta, um sozial auf Deck zu bleiben. Gefügig macht er sich auch den eifrigen Autodidakten Emil, der die ledig zur Mutter gewordene Herta wohl auch deshalb heiratete, weil ihm die Modalitäten des Familienanschlusses behagen. Emil wischt dem alten Meister hinterher ...
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"Ein Bodden ist ein flaches buchtartiges Küstengewässer einer nacheiszeitlich teilweise überfluteten Grundmoränenlandschaft. Der Name Bodden ist vermutlich niederdeutschen Ursprungs und bedeutet Boden, was sich auf die geringe Tiefe dieser Gewässer bezieht. Bodden sind charakteristisch für die südliche Ostsee, wo sie typischerweise durch langgestreckte Inseln und Halbinseln vom offenen Meer abgetrennt sind und Lagunen bilden." Wikipedia
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Schon die ersten Verwicklungen unterminieren den hoffnungsvollen Glaubenssatz. Emma stolpert über Kaskaden der Widersprüchlichkeit. Die notorische Lügnerin und Aufschneiderin Hera Lindgrün-Coogan besteht darauf, ganz und gar wahrhaftig zu sein. Sie stellt ihre Tochter vor unlösbare Rätsel. Hera schillert zwischen Gewalttätigkeit und Fürsorge. Sie tobt von der Gerechtigkeit zur nackten Willkür und wieder zurück.
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"Vor knapp einem Jahr erschoss ein Attentäter in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven. Die Behörden sprechen von einem 'beispiellosen rassistischen Terroranschlag'. Der Mediendienst hat in einer Chronologie zusammengefasst, was am 19. Februar geschah und was danach passierte."
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Er trägt den Mädchennamen der Mutter. Skeptisch begleitet der Sohn Herta Paula Bernhard in die Ehe mit dem „attraktiven“ Emil Fabjan. Der Mann ist zehn Jahre jünger als die Frau. Sie buhlt um ihn. In einem Wirbel der Umtriebigkeit hält sich Emil selbst den Rücken frei. Das mitgebrachte Kind fühlt sich von der furiosen Hinwendung der Mutter an den Nicht-Vater verraten. Vor dem Volksgerichtshof der üblen Nachrede ...
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Ich weiß noch gar nichts. Ein Fixpunkt meiner Orientierungslosigkeit ist der Erfahrungsvorsprung meiner Schwester Tiikeri. Die Tigerin beschreibt ihre Gefühle wie eine Ingenieurin das Viaduktprinzip. Wir machen beide Gong-fu und lieben es, unseren Alltag in Kategorien des Close Range Combat zu erfassen.
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"Weltweit sinkt der CO2-Verbrauch im Corona-Jahr zwar um wenige Prozente, der Klimawandel bleibt aber eine der größten Bedrohungen für unser Zusammenleben. Die Ökonomin und Soziologin Juliet Schor beschäftigt sich seit vielen Jahren damit, wie die Klimakrise mit der Arbeitszeit zusammenhängt. Das Ergebnis: Wenn wir klimaneutral leben wollen, müssen wir die Produktivitätsgewinne in Freizeit für die ArbeitnehmerInnen umwandeln."
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Nach eigener Angabe teilt er mit dem Bruder „das Talent zur Analyse und Abstraktion“. Peter Fabjan, der Kür & Pflicht seines Lebens in einem Aktivraum des Bürgerlichen absolvierte, erinnert sich an den berühmten Bruder auf die denkbar seriöseste Weise. Fabjan will für sich nichts herausholen, sich nicht darstellen: das ist schon einmal schön. Bernhard bestand auch dem Bruder gegenüber auf Distanz. Gleichzeitig räumte er Peter familiäre Rechte ein.
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Um an anderer Stelle weiterzumachen. In Lübars war bis Neunundachtzig Ende Gelände. Vermutlich herrschte in dem Dorf nahe dem Tegeler Fließ damals schon die Stille, die ich bei meinen Ermittlungen im Reiterhofmord-Fall vernahm. Den von Kiefern gesäumten Flecken im märkischen Sand an der nordöstlichen Stadtgrenze von Berlin lernte ich gründlich kennen.
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In wendländischer Elbauenidylle teilen zwei Paare einen restaurierten Gutsbesitz mit elegisch anmutender Scheunenkulisse und Kräutergarten. Ihre Freundschaft hat eine Katastrophe nicht überlebt. Sophie und Thies trauern um ihren Sohn Aaron, der unter ungeklärten Umständen ertrank. Allein mit ihren Schuldgefühlen müssen sie Tag für Tag Ingas und Bodos scheinbar perfektes Familienglück mit ansehen.
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In jeder Zeit entstehen wie aus dem Nichts gegriffene Bilder vom Untergang einer Zivilisation im Ansturm der Barbaren. Die Bilder behaupten ihre apokalyptische Dimension gegen die triviale Tatsache, dass sie ohne Ausnahme aus dem Fundus eines Stereotyps stammen. Stets zeigen sie den Anderen in der Rolle des Aggressors und das gefährdete Selbst im Schaumbad der Hilflosigkeit.
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"Wer länger keine Lust auf Sex hat, verheimlicht das oft. Aber was aber tun, wenn das Begehren in der Partnerschaft abgeflaut ist? Wurde man sich zu vertraut? Ist etwas anderes wichtiger geworden, die Arbeit, die Kinder? Gibt es ein zurückliegendes Trauma oder einschränkende Krankheit? Und häufig ist diese Sex-Abstinenz eine große Belastung für die Beziehung und für die Betroffenen."
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In der Ländlichkeit hebt sich alles scharf und kantig konturiert von einem harten Himmel ab. Abgesehen von den verschlissenen Arbeitshosen an den Leinen der Waschtage bietet die Generalkulisse kein verwaschenes Blau auf. Die Natur erscheint auch jenen abenteuerlich schön, die sich in und mit ihr abplagen müssen.
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Gibt es vor Jahresende keine Einigung, tritt das Notfall-Budget in Kraft. Dann wird anteilsmäßig jeden Monat ein Zwölftel des EU-Budgets des Vorjahres ausgezahlt. Das wäre aber viel weniger, als das neue EU-Budget brächte. Auch die Corona-Wiederaufbaugelder wären dann auf Eis. Das würde besonders den hart getroffenen europäischen Süden treffen.
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Er lehrt sie, Gott klein zu schreiben. Im Gegenzug will sie sich ihm ganz ergeben und als seine Sklavin die Chancen der Erniedrigung ausloten. „Ich verspürte … eine schmerzliche Lust dabei, mir vorzustellen, wie ich zu seinen Füßen lag, als Sklavin.“ Daniel analysiert die Erzählerin. Er unterstützt sie in den Prozessen der Selbsterkenntnis.
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Mylla Wylye zieht eine Platte von Uriah Heep aus dem Schleiflackscheibenschrank. Das Cover zeigt einen Panzer als Hommage an den Truppenübungsplatz bei Salisbury. Im Haus ihrer Pfarrerin hört Andriana zum ersten Mal 'Salisbury'. Die Seelsorgerin und das Gemeindelamm landen ohne seelischen Aderlass auf einem Bärenfell vor dem knisternden Kamin.
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Mit FLY & FORGET erscheint dieses Frühjahr der Auftakt der Soho-Love-Reihe von Nena Tramountani: eine WG in London, drei Frauen und drei wunderschöne Liebesgeschichten. Im ersten Band geht es um Liv, die nach dem Scheitern ihrer Beziehung in die WG zieht und dort auf ihren Mitbewohner Noah trifft – ihren ehemals besten Freund, den sie eigentlich aus ihrem Leben gestrichen hatte.
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Die Gewöhnlichkeit triumphiert. Die Eltern sind gut und einfach, die Umgebung erlaubt laue Bäder in der Menge. Der erste Verehrer verdient es, erhört zu werden. Als Mann verkörpert Jaime die gemäßigten Breiten mit allen ihren Vorzügen ... Die Erzählerin erlebt die Ehe als Fortsetzung der elterlichen Obhut ohne berauschende Zusätze. Dann reißt sie das Fleckfieber aus dem Trott. Sie stirbt beinah. Ihr Schicksal begegnet ihr in einer Gestalt des Kurschattens.
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Die atlantische Küstenlinie von North Carolina spannt einen Bogen vor den Outer Banks. Wo die Inselkette das Weichbild prägt, herrschte in den fünfhundert neuzeitlichen Jahren der Segelschifffahrt Argonautenalarm. Zahlreicher Havarien wegen heißt das Gebiet noch immer „Friedhof des Atlantiks“. Gestrandete des 16. Jahrhunderts avancierten zu Gründervätern einer Stammesgesellschaft, die sich konsequent der Zivilisation verweigerte.
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Sie ist so lange die aufgeklärte Leichtfüßigkeit in Person, bis Daniel die Grundmauern ihrer Mittelschichtsüberzeugungen erschüttert. „Obsession“ heißt die Geschichte, deren Heldin erst einmal Inventur macht und das bürgerliche Portfolie striegelt ... Einfache Eltern in guter Luft: so sieht die Vorlage aus, die nun verwandelt werden muss. Früh hält man die Entwicklung des erzählenden Ichs für abgeschlossen. Ab vierzehn firmiert es in ihren Kreisen als „junge Dame“.
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Für die mürbe Geborenen ist alles Inszenierung und verspätete dies & das. Für uns, die wir soulful und gesegnet auf die Welt gekommen sind, sieht das natürlich anders aus. Ich drop hier keinen Scheiß. Ich glaube, dass sich Dekyi nie die Mühe gemacht hat, etwas darzustellen. Sie hat Karima Elliott nachgesagt, was sich nun ihr selbst voraussagen lässt: „Sie war too much für euch, Leute“.
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"Es gibt deutlich mehr Geflüchtete, die eine Arbeit haben, als solche, die arbeitslos sind. Während der "ersten Welle" der Corona-Pandemie haben viele Geflüchtete ihre Jobs verloren: Zwischen Januar und Mai ist die Zahl der Flüchtlinge in Beschäftigung um knapp drei Prozent gesunken. Expert*innen vermuten, dass Migrant*innen und Geflüchtete besonders von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie betroffen waren."
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Die in höchsten Tönen besungene Enkelin Finnigan im Fond einer gepanzerten Limousine erscheint als Schlüsselfigur in Opas Reiseerzählungen. Finnigan wartet brav in den Vorzimmern der Macht, während Biden in der Gegenwart von Autokraten und Demokrat*innen den amerikanischen Standpunkt vertritt. Im Februar 2015 geht Biden nicht nur in sich. Er introspeziert auch Finnigan, indem er ihre Wahrnehmung von Schneegestöber in Kombination mit ...
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Wird innere Einkehr erzwungen, scheitert die Kultivierung jedes Anbetungsackers, um einmal einen Phrasenhohlblock aus dem jesuitischen Begriffsuniversum der Versenkung zu entziehen. So hat man geredet, weil man so gedacht hat. Man sah den menschlichen Leib als Acker Gottes. Wem auf Erden im Erbgang nicht zu helfen war, dem musste eben Gott persönlicher helfen. In diesem Geist gab man Kinder in die Obhut der Äbte; das war eine praktische Angelegenheit.
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Karim-Eike ist so türkisch wie man nur sein kann in der dritten Einwanderungsgeneration. Er macht sich gerade in einem Milieu zwischen Restauration und Renaissance. Da findet ein Binnenclash der Kulturen statt, aus den Kratern strömt die Lava der Zukunft. Den Patriarchen passiert in diesen heißen Quellen das, was man unter Dinosauriern kurz Yucatán nannte, dann wussten die Überlebenden Bescheid.
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Mamba Carpetbag antizipierte Oliver Stones pseudokriegsberichterstattende Platoon-Wackelkameraästhetik. Sie schuf surreale Landschaftsbilder, die seelische Zustände spiegeln wie die Malerei von Max Ernst oder René Magritte. Zudem designte die amerikanische Autorin eine Psychologie des unter Druck gesetzten Individuums.
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Barbara Demick berichtet, wie sie die Himalaya-Perle zum ersten Mal in räumlicher Ferne wahrnimmt. Im nächsten Augenblick fokussiert sie eine Szene in historischer Ferne. Die Journalistin erzählt von der tibetischen Prinzessin Gonpo, die 1958, kaum siebenjährig, auf Marken der Fremdherrschaft stößt. Neun Jahre nach Mao Tse-tungs Durchmarsch sind Feldlager der Volksbefreiungsarmee keine Seltenheit im Hochland.
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Wenig ist noch geheimer als „das Programm“. So verkürzt man intern das Witness Security Program (WitSec). Wer Zeugenschutz genießt, überlebt in einer klandestinen Sonderzone. Staatsanwälte und FBI-Agent*innen lassen sich mit Grobdarstellungen abspeisen, um nichts verraten zu können, falls sie von Verbrecher*innen unter Druck gesetzt werden. Für das Zeugenschutzprogramm ist der US-Marshals Service* zuständig.
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Vor 580 Millionen Jahren schlug ein interstellares Geschoss ein Loch in die Erde, das als Acraman-Krater in die Geschichte einging. Die Impaktstruktur ist stark erodiert und weist die gleichen magnetischen und gravitativen Anomalien wie die Depression von Yucatán auf. Sie erscheint als Senke mit einem Durchmesser von neunzig Kilometern. Das Relief ihrer Umgebung bestimmte die rasche Abkühlung einer vulkanischen Gesteinsschmelze vor Milliarden Jahren.
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1903 expandierte ein britisches Expeditionscorps über die nordindische Grenze und überzog Tibet mit Terror ... Die Intervention erinnerte das erschlaffte chinesische Imperium an seine tibetischen Interessen. Die militärisch ausgebrannte Qing-Dynastie sah sich gerade noch zu einer Invasion in der Lage, die dem hochländischen Mündelstaat die letzten Freiheiten raubte. Man bestellte Zhao Erfeng zum Kommandanten. Dessen Soldaten legten eine Brandspur.
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„Ihrem Ursprungsmythos zufolge stammen die Karen von einem weiblichen Drachen mit gepanzertem Nacken ab: Der Drache habe sich in eine schöne junge Frau verwandelt … Die Überlieferung (behauptet ferner), dass Verwandtschaftsbeziehungen der (Karen) früher matrilinear organisiert waren.“ (Wikipedia) Heute noch bewähren sich Männer der Karen als Geburtshelfer und beweisen sich in tradierter Versorgungshingabe.
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Die zweite Infektionswelle des SARS-CoV-2 Virus hat die Flüchtlingsunterkünfte hart getroffen. Zwischen Oktober 2020 und Januar 2021 haben sich die Fallzahlen in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer vervielfacht, wie eine Recherche des MEDIENDIENSTES zeigt. In Bayern haben sich die Zahlen innerhalb von vier Monaten mehr als verdoppelt. In Hessen und in Berlin gab es im Januar mehr als dreimal so viele Fälle wie im Oktober. In Rheinland-Pfalz viermal so viele.
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„Dieses Leben war sehr intensiv und kompromisslos. Momentan herrschten hier –17 Grad, und sie war fast von einem Eisbären gefressen worden.“ Paradox erscheint das Glück unter Druck nur dem, der davon ausgeht, dass der akute Zivilisationsstand bereits in steinzeitlichen Entwürfen vorgezeichnet wurde. Realist*innen vermuten Gründe für das Unbehagen in der Kultur auch da, wo man die posttraumatische Belastungsstörung in einem Korrespondenzverhältnis zur posttraumatischen Reifung betrachtet.
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Elif kolportiert Sagen aus dem Weltfundus. Sie errichtet narrative Kreuzungen zwischen altjapanischem und uramerikanischem Hörensagen. Die ozeanischen Abenteurerinnen unter unserer AhnInnen, die Argonaut*innen der Flößerinnen - und Einbaumfahrerinnen-Ära, murmeln immer noch mit in den Geschichten, die heute erzählt werden. Das literarische Jetzt bezieht seine Gültigkeit von Daher. Elifs Prosagedichte legitimieren sich als Gedächtnismaschinen.
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Jeder Entwurf eines versäumten oder vielleicht doch auch in einem Multiversum absolvierten, nur eben nicht in ihrer aktuellen Gegenwart repräsentierten Lebens vergrößert Noras Vorstellungskraft ... In beinah jedem Existenzprojekt bleibt Nora hinter ihren Möglichkeiten zurück. Stets versäumt sie die Chancen ihren exzellenten Anlagen und wird wieder bloß Bade- anstatt endlich mal Weltmeisterin.
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Georgien in den Neunzigern, die sowjetischen Nachbilder sind verblasst. Der Republik droht mehr als ein Kollaps. Zwischen Aufbruch, Putsch, Gegenputsch, Separation und Annexionsversuchen verflüchtigt sich das staatliche Interesse an den Zöglingen in einem Internat für Aufgegabelte. Vereinzelt machen sich die Kinder als Bettler*innen und Prostituierte auf den Bahnhöfen von Tbilissi selbständig.
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Julian H. ist der Drahtzieher hinter dem Ibiza-Video. Er erfand die falsche Oligarchennichte Alyona Makarowa. Auf der Finca spielte er deren Vermittler. Mittlerweile sitzt er in Berlin in Haft. Fabian Schmid vom Standard konnte ihn erreichen. In diesem Interview gibt H. neue Einblicke, die die ÖVP belasten.
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Lange war Tibet das heimlichste Land der Welt. Es existierte im mythischen Abschluss in einer exemplarischen Landschaft von erdgeschichtlicher Wucht. „Über Jahrhunderte hinweg wurde Tibet als ein Einsiedlerkönigreich bezeichnet, als ein Land, dessen Wunder ...“ So eröffnet Barbara Demick ihren wunderbaren Reportage-Reigen. Doch gleich darauf stellt sie fest: In Ngaba, einer tibetischen Stadt ...
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Mirage flüchtet vor dem Krieg nach Deutschland und geht da auf Tauchstation. Sie überlässt es einem zurückgebliebenen Geliebten sich Sorgen zu machen und Mutmaßungen anzustellen. Hassan verdient so wenig, dass sein Gehalt von den Fahrtkosten zum Arbeitsplatz verbraucht wird. Er arbeitet bei einer privaten Fluglinie, die prosperiert, seit der staatliche Luftverkehr ...
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Am 14. Dezember 2020 wurde Frau Dr. Anna Luise Kiss durch den Erweiterten Akademischen Senat der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch zur neuen Rektorin der Hochschule gewählt. Frau Dr. Kiss (*1981) war von 2016 bis 2018 Vizepräsidentin für Forschung und Transfer der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf. Es folgte eine Gastprofessur, an die sich die Leitung des Bereichs Forschung, Transfer und Gründung der Filmuniversität anschloss.
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Was hätte sie nicht alles sein und werden können: Olympiasiegerin (über hundert Meter Brust). Musikerin (weltberühmt). Philosophin (international anerkannt und fest angestellt in Academia). Gattin (von Dan, den sie zwei Tage vor der Hochzeit sitzen ließ). Weltreisende (…). Gletscherforscherin (…). Nora kursierte als Superbrain, solange sie ein Teenager war. Doch sobald das Leben die Ärmel hochkrempelte, war sie nur noch eine Fluse im Abflusssieb.
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Eine Frau zieht um die Häuser der Welt. Kofferaufkleber verkünden ihren Radius. Ein Diener sorgt sich um ihre Bequemlichkeit, ein Mann vergeht in Rìo vor Liebe. Montgomery wähnt sich vom Tod ergriffen, sobald sich Martha einmal wieder zur Abreise fertigmacht. Sie fühlt sich aber nur behelligt nach eigener Angabe.
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Der "Migrationshintergrund" steht schon lange in der Kritik. Die Fachkommission Integrationsfähigkeit empfiehlt der Bundesregierung nun, den Begriff nicht mehr zu verwenden. Ein Gespräch mit der Sozialanthropologin Anne-Kathrin Will darüber, was das bedeutet.
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Ash trainiert für den Bedford Spring Half Marathon. Er besucht unangemeldet (und noch im Sportzeug dampfend und triefend) Nora, die seit der Schachpartie mit der Bibliothekarin an allen Fronten stark gelitten ist. Haig verortet seine Heldin kurz vor dem Ableben, während die Leserin Nora doch gerade erst kennenlernt. Sie ist sofort angetan von dieser (in sich offensichtlich nicht richtig aufgehobenen) Person.
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In ihrem Fleisch und Blut haust die Bedürfnislosigkeit so malerisch, dass nicht wenige, die sich auf ihre eigene Originalität etwas zugutehalten, ein Vorbild in Anuk Eisenschmied erkennen. Anuk schillert zwischen Käuzin und Kennerin als handfeste Bewohnerin eines Elfenbeinturms. Die Wende stößt ihr als Unglück zu. Sie verliert die Orientierung und verdreht sich.
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Frauen haben uns vor allem jetzt gezeigt, wie solidarisches Verhalten das Leben verbessern kann. Sie organisierten in der Pandemie Fundraisings, politische Proteste und Nachbarschaftshilfen. Sie fanden zueinander und bündelten ihre Kräfte. Eine schier übermächtige Ungerechtigkeit bezwingen – gemeinsam ist es möglich, Schritt für Schritt ist es machbar.
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Eine Tochter will endlich ihren Vater kennenlernen. Die Mutter, eine Wahrsagerin vom Alt-Hippie-Schrotplatz (aus der Alt-Hippie-Kornkammer), motzt: Bin ich dir nicht genug. Mum Katherine reagiert allergisch auf den Erzeuger, einen Musiker-Peter, der sein Werk in ihr vermutlich am Strand von Saint-Malo verrichtete. „Ich will einfach wissen, wer er ist.“
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Sie kommen nach Deutschland und engagieren einen Scheidungsanwalt, noch bevor sie auspacken. Sie trennen sich von Männern, die ihnen in Zwangsehen zugemutet wurden ... Sie entledigen sich ihrer Fesseln. Die Werkzeuge der Befreiung schmieden sie in Facebook Gemeinschaften. Davon berichtet Akilah in ihrer semifiktiven Geschichte „Drucklücke“. Sie beschreibt Emanzipationsschübe und Diskursverschiebungen als Migrationsfolgen. Migrantinnen ...
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Nach "Krauses Fest", "Krauses Kur", "Krauses Braut", "Krauses Geheimnis", "Krauses Glück", "Krauses Hoffnung" und "Krauses Umzug" folgt mit "Krauses Zukunft" der achte Teil der charmanten Filmreihe mit dem beliebten Schauspieler Horst Krause. Bernd Böhlich schrieb wieder das Drehbuch und führte Regie. Gedreht wurde vom 7. September bis zum 11. Oktober 2020 in Gröben bei Potsdam, Ihlow (Oberbarnim) und Berlin.
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Leon ist ein Mann der Wälder, ein indigener coureur des bois. So einer, der sein Jagdmesser liebt, und mehr Geld für einen Steel Action Repetierer als für den Pickup übrig hat. Er separiert sich im heilenden Klima schierer Natur. Leon lebt auf der Trapline. Er schnürt durch endlos-verschneites Buschland, um steif gefrorene Füchse, Marder und Biber aus eisernen Fallen zu lösen, abzuhäuten und die blanken Leiber Wölfen und Krähen zu hinterlassen.
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Die Preisverleihung findet in diesem Jahr digital am 25. Januar 2021 im Rahmen der Veranstaltungen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag im Berliner Abgeordnetenhaus statt und wird ab 18:00 Uhr live im Internet übertragen (auf den Websites des Berliner Abgeordnetenhauses und von Widen the Circle). Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland, Sara Nachama, Vorsitzende der Obermanyer-Jury, Präsidentin des Touro Colleges Berlin ...
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„Er ahnt: diese Ordnung ist nicht so fest, wie sie sich gibt; kein Ding, kein Ich, keine Form, kein Grundsatz sind sicher, alles ist in einer unsichtbaren, aber niemals ruhenden Wandlung begriffen, im Unfesten liegt mehr von der Zukunft als im Festen, und die Gegenwart ist nichts als eine Hypothese, über die man noch nicht hinausgekommen ist.“ Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften
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Als Navid Kermani zum ersten Mal in Kairo war, fand er da mehr Beispiele für individuelle Freiheit aka sexuelle Selbstbestimmung als in seiner Geburtsstadt Siegen. Diese Erfahrung steckt zwar in einem Eisblock der Vergangenheit. Egal, ob Somerset Maugham auf Sumatra, Jörg Fauser in Istanbul oder Paul Bowles in Tanger – sie alle erlebten Emanationen der Transsexualität und andere Phänomene des queeren Kosmos in einem heimlichen Kontext der Selbstverständlichkeit.
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Obwohl die Zahl der Ankünfte über die Mittelmeerroute laut UNHCR seit 2016 von über 375.000 Menschen auf rund 85.000 Menschen gesunken ist, bleibt der Weg übers Mittelmeer die tödlichste Seeroute der Welt. Im vergangenen Jahr starben über 1.000 Menschen oder sind vermisst. Wer ankommt, wird in menschenunwürdigen Lagern untergebracht – auf unbestimmte Zeit. Mit Wintereinbruch hat sich die Situation in den Lagern massiv verschärft. Zelte stehen unter Wasser, Kinder werden misshandelt.
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Francesco Marino Mannoia verkörpert die ideale Mischung. Ihm fehlt zum Glück nicht der Verstand. In Mannoia vollendet sich das Schicksal eines von seiner Herkunft beglaubigten Mafioso. Er stammt aus Palermo und assoziierte sich rechtzeitig mit dem von Stefano Bontade geführten Santa Maria di Gesù-Klan. Er erwarb exklusive Kenntnisse in der Heroinherstellung. Mannoia wird die Ermordung seines Chefs Bontade überleben und sich nach dem spurlosen Verschwinden seines Bruders Agostino ...
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Jean-Baptiste LeRoux und Ted Garner landen im spätherbstlichen Nirgendwo von Niskawini. Sie müssen sich mit allem beeilen, denn wenn erst einmal der Frost seine Zähne in das wilde Fleisch der Erde geschlagen hat, bringt keine Buschfliegerin die Polizisten zurück in die Zivilisation. Ein Kollege von der Niskawini Police Force pickt Jean und Ted sowie die eingesargte Leiche ...
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In "Sprich mit mir" erzählt T.C. Boyle von einem Experiment, bei dem ein Affe namens Sam nach der Geburt von seiner Mutter getrennt und wie ein Menschenkind aufgezogen wird. Als Teil dieser Erziehung lernt Sam die Gebärdensprache, so dass er bald in der Lage ist, sich mit dem Psychologen Guy Schermerhorn zu verständigen.
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Traditionelle Überlieferungen bilden in allen Kulturen den Boden für das Verständnis und die Erschließung von Wirklichkeit. In verschiedenartige Narrative gepackt, besitzen die Mythen, Märchen und Erzählungen damit für jeden Einzelnen eine identitätsstiftende Funktion. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Was erinnern wir überhaupt? Was haben wir selbst erlebt und was „erinnern“ wir nur deshalb ...
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Zur Hochzeit ihrer jüngsten Schwester ist Maine aus Maryland angereist. Sie hat ihre Kinder dabei, nicht aber ihren Mann Joe, der in dem Ruf steht, ein erfolgreicher Geschäftsmann zu sein. Dem Vernehmen nach hat Maine in Maryland ihr Glück gefunden, während den in einem Weiler namens Deer Creek Zurückgebliebenen von Anstrengungen zum Erhalt ihres Grundbesitzes alles abverlangt wird.
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Maurice Swift droht der soziale Tod infolge gesellschaftlicher Gleichgültigkeit. Da springt Maja ein. Sie himmelt den Abgehalfterten an und sorgt dafür, dass er einen Auftritt im Rahmen des Kreativen Schreibkurses kriegt. Boyne schildert die hingerissene Studierende und vergisst auch nicht zu erwähnen, wie sich Edith gedanklich einem „süßen“ Teilnehmer namens Nicholas Bray widmet.
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Claas Janssen, 1963 in Braunschweig geboren, studierte Kommunikationsdesign und Illustration an der Fachhochschule Hamburg und ist seit 1999 als freier Illustrator tätig und zeichnet erfolgreiche Kinder-, Mal- und Jugendbücher für deutschsprachige Verlage. Claas Janssen leitet Textland LAB-Workshops mit Jugendlichen mit dem Schwerpunkt Grafisches Erzählen (Comic/Graphic Novel).
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Matthiessen lässt die alte Bundesrepublik im Friesennerz wieder auferstehen … eine beschickerte Clubkellergesellschaft. Der Wohlstandsspeck flottiert im Frotteemantel. High Fidelity bis zum Abwinken. Sylt ist ein Renommierschauplatz der Hanseatischen Gesellschaft zu der Zeit, als Ulrike Meinhof und Klaus Rainer Röhl als Paradepaar der liberalen Bourgeoisie im Verein mit dem ...
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In einem luzid-fluiden Séance- und Trance-Style erklärt Cole, wie der Westen in Afrika zur Welt kam. Alle Poesie wurden zuerst in der Bibliothek von Timbuktu gesichert. Einige Familien in Mali wirken heute noch als Wärterklans des Weltwissens. ... In der Migration fließt der afrikanische Text durch die Zeitzonen des Transits. Seltene Sprachen transportieren geheime Botschaften.
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Comey muss „negative Informationen über die Zeugen an die Regierung weitergeben“. In letzter Zeit fiel der Schlüsselbegriff oft: Impeachment nach dem V. US-Verfassungszusatz. Dabei geht es um Tatbestände, die nur kraft eines hohen Amtes verwirkt werden können. Strafverfolger*innen, die Fakten zurückhalten, um die Glaubwürdigkeit von Zeugen nicht zu gefährden, begehen wenigstens ein high crime und verraten das öffentliche Vertrauen.
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Textland LAB - Biografische Schreibworkshops
Deutschland ist empirisch zu einem Einwanderungsland geworden. In Städten wie Frankfurt am Main weisen bereits rund zwei Drittel der unter Sechsjährigen eine mehrkulturelle Herkunft auf. Entsprechend heterogen sind die kulturellen Identitätsbezüge. Unser Ziel ist es, diese Vielfalt an Perspektiven und persönlichen Geschichten sichtbar zu machen, geleitet von der Frage, wie daraus eine „kollektive“ oder auch eine „pluralisierte“ ...
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Der kaltäugige Profiler erkennt sofort eine Äquidistanz zwischen Geilheit und Trägheit im Fall des eingesessenen Polizisten, dem die ermordeten Frauen gleichgültig sind. Garner zieht LeRoux in eine Spirale der Effizienz, obwohl er „Teamwork hasst“. Er begegnet Sophie LeRoux. Die von Schopenhauer eingenommene, blendend schöne Gattin eines sexuell aushäusig-hyperaktiven Alkoholikers stillt den Hunger eines Mangels im Gespräch mit Garner. Der Fremde fühlt sich unbehaglich in erkalteten Verhältnissen.
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Hannah und Hartmut praktizieren Familie mit Jakob und Janina in Hildesheim. Gerade machen sie Urlaub an der Ostsee. Da fängt die Geschichte an. Hartmut fährt Rad, zunächst am Bodden. Er hat sich für ein paar Stunden aus dem System genommen. Während die Familienarbeit ruht, bedenkt er sein Leben. Seine Routinen reichen nicht mehr.
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So könnte man auch Präsidenten oder Wirtschaftsführer zeichnen. In meinem Roman geht es aber um einen Eroberungszug der spanischen Conquista, konkret um Ferdinand Desoto, der bereits vermögend war, als er 1538 aufbrach, Florida zu erobern. Er hoffte auf ein Goldland und Unsterblichkeit – vielleicht ein uralter Menschheitstraum –, brachte aber vor allem Leid und Tod über die indigene Bevölkerung und die meisten seiner Leute.
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„Die Idee zu diesem Buch resultiert aus meinem beinahe lebenslangen Interesse an der (amerikanischen First Nation). ... 2014 reiste ich (wieder einmal) nach Kanada, dieses Mal (in die Provinz) Quebec. Die (frankophone Kapitale) Montreal mit ihrer einzigartigen Mischung aus nordamerikanischer und französischer Kultur begeisterte mich, so dass ich sie spontan als Setting meines Romans wählte.“
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Atahualpa trägt ein Scharlachnetz mit zwei stehenden Federn von einem Coraquenque. Kein anderer darf solche Federn tragen oder den Vogel töten. Pizarro will den Kaziken in seine Gewalt bringen, sein Vorbild ist Cortéz, der in Mexiko Aztekenchef Moctezuma zehn Jahre zuvor zum Gefangenen und Spielball seiner Interessen gemacht hat.
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Roller Derby Match. Fünf Spielerinnen auf Rollschuhen starten auf beiden Seiten einer ovalen Bahn, dem Flat Track. Die Spieldauer beträgt eine Stunde und im Prinzip geht es darum, mehr Runden im Oval als die Gegnerinnen zu schaffen. Jeweils vier Spielerinnen sind für die Verteidigung verantwortlich und eine Angreiferin muss die Punkte erzielen. Die Angreiferinnen müssen entweder durch die Verteidigungsreihen durchkommen ...
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1957 'schloss' die amerikanische Mafia 'die Bücher'. Das ist eine klassische Formulierung. Die Familien stellten die Rekrutierungen ein. 1975 wurde der Beschluss aufgehoben. Die Cosa Nostra gestattete sich personelle Erweiterungen, die in ihren Einzelheiten allen Paten der 'Big Five' zur Kenntnis gebracht werden mussten.
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Sic transit gloria mundi - Das Epitaph steht auf manchem Stein als Monumental Inscription. Zwei Namen verbinden sich mit der Verheerung Perus: Francisco Pizarro und Diego de Almagro. Pizarro startet seine Karriere als Schweinehirte in Trujillo. Eines Tages brennt ihm die Herde durch, zu deren Aufsicht er bestimmt ist. Aus Angst vor Schlägen geht er unter die Soldaten.
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Mara nennt das Ding 'The Beast'. Wie viele Mathematiker*innen und Physiker*innen neigt sie zu regressiv-formelhaften Namensgebungen. Eine unerschöpfliche Fundgrube für bizarr-alberne Wortschöpfungen ist Douglas Adams‘ „Per Anhalter durch die Galaxis“. Mara redet mit Ralph in einer Nerdsprache.
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Irgendwo bemerkt Comey, wie viel Zeit Mobster alter Schule haben. Die Spielfiguren der Mafia gliedern sich vor den Hauptmarken ihrer Territorien zu Ensembles der Macht. Sie stellen Langeweile aus und verachten so nebenbei die Müsamen und Beladenen. Sie schauen auf jene herab, die sich bewegen müssen, um ihre Familien in Gang zu halten.
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Es gibt keine funktionierende Demokratie ohne einen mehrheitsfähigen Wahrheitsstandard. Wir brauchen ein Reservoir des Vertrauens in unsere Institutionen. “You can’t have a working democracy without an agreed-upon standard of truth. You need a reservoir of trust in our institutions if the government’s truth-work is to proceed.”
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Julia Phillips gibt dem Bild eine illustre Kulisse. „Dicht gedrängt stehende Klötze“ vor dem rückwärtigen Horizont. „Vierstöckige Wohnblocks aus Sowjetzeiten, ein Flickenteppich aus Beton. Die Holzgerüste eingestürzter Häuser. Ein verspiegeltes Hochhaus ...“ Ein Trawler fährt durch die perspektivische Zentrallinie nach Süden. Da liegt Tschukotka vor Alaska.
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Jahrelang kriegte Maurice Swift kein Opponent von der Siegerstraße. Der in einer harten nordenglischen Schule gut präparierte Boomer setzte sich nahtlos durch. Seine Hauptwaffe war skrupelloser Charme. Gleich danach kam die Genussfähigkeit ohne Reue. Virtuos spielte er auf dem Klavier der Faszination, die sein gutes Aussehen wie einen Brand verursachte.
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Ex-FBI-Direktor James Comey erzählt, wie er zum ersten Mal Trump am Resolute Desk im Oval Office wahrnimmt. Der frisch Inthronisierte lässt seinem Hass auf Obama freien Lauf. Er steht im Begriff die persönliche Note des Vorgängers zu killen. Comey sitzt ihm gegenüber und hört sich an, wie Trump in Erinnerungen an Putin schwelgt, der angeblich mit ihm auch über Sexarbeiterinnen sprach.
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Morris erzwingt das Begreifen eines schlichten Zusammenhangs: Die Art, wie wir unsere Bedürfnisse befriedigen, bestimmt unseren Gesellschaftsbegriff. Freibeuter*innen waren so egalitär wie gewalttätig. Archaische Agrargemeinschaften waren hierarchisch in einem Regime der Gewaltvermeidung, zumindest der Vermeidung ungeregelter Gewalt. Auf einem Gipfel brutaler Ungleichheit setzen wir Verbrenner*innen auf gewaltarme Gleichheit.
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Maurice Swift kommt als englischer Niemand in die Arena. Er nimmt einen berühmten Schriftsteller für sich ein und schlachtet dessen Lebensgeschichte in seinem Romandebüt aus. Er ruiniert den Ausgeweideten, um sich bald seinem nächsten Opfer zuzuwenden. Dash Hardy rangiert ganz oben in der Zweitklassigkeit. Er ist der Einäugige unter den Blinden und ein Freund von Gore Vidal. Dash führt Maurice bei Gore ein, und Gore wundert sich dann nur noch über den Erfolg des Ehrgeizlings. In einer Szene zählt der Schlossherr in seinem Amalfiküstenluxus auf, wer schon alles im Gästebett gelegen hat ...
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Unsere gute Zeit lag hinter uns. Wir begegneten uns auf dem gemeinsamen Feld des Alltags wie Passanten sich im öffentlichen Raum aus dem Weg gehen. Ich witterte Verrat. Claires Illoyalität ließ sich mit Händen greifen. Diese Frau war für mich zur Falle geworden. Trotzdem absolvierten Claire und ich den Paarparcours nicht anders als die Kolleginnen, soweit es den Anschein betraf.
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McBride war unter der Obama-Administration eine der ersten transidenten Praktikantinnen und Praktikanten im Weißen Haus. Laut Washington Post beeinflusste sie mit ihrer Lebensgeschichte hochrangige Politiker und hat die Haltung der Demokraten für Trans-Rechte positiv beeinflusst. 2016 war McBride die erste Trans-Person, die in den USA auf einem nationalen Parteitag eine Rede hielt.
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Maurice fintiert, taucht ab, täuscht vor und kommt stets zurück in der Gewissheit, dass seine Gegner angeschlagen sind. Das ist sein Match, sein Entrée, seine Chance, Gore Vidals juvenile Prophezeiung - “There’s only one thing that counts. It’s who lives to write the verdict on the others” - ganz anders als intendiert wahr werden zu lassen.
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Anmut & Bescheidenheit: das qualifiziert die zweiundzwanzigjährige Sofia Casadei in den Augen ihres Lieblingsprofessors Carlo Pentecoste. Die Kombi könnte einem Roman des 19. Jahrhunderts entnommen sein und soll doch in der prä-pandemischen Gegenwart taugen. Aber lesen wir nicht längst die Geschichten aus der Zeit vor Corona wie historische Romane.
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Eilish begann bereits mit elf, selbst zu komponieren. Mit 15 Jahren quasi aus Versehen berühmt, nachdem sie zu Übungszwecken das Lied „Ocean Eyes“ für ihren Tanzlehrer online gestellt hatte. Die Tochter aus einer irischen Künstler-Familie sprengt mit ihrer Musik die Grenzen der herkömmlichen Genres. Zu ihren Markenzeichen gehören neben unangepassten Haarfarben ...
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John Boyne gestattet seinem Gore-Vidal-Verschnitt einen Ritt über die Prärie reicher & prominenter Homosexualität. Vergleichen Sie das Original mit Boynes Auffassung und Sie werden sich einer Regung im Spektrum der unangenehmen Berührung nicht erwehren können. Der Autor verfehlt den Kollegen. Er gibt Gore die Attitüde eines Parvenus, der sich in seiner Exklusivität räkelt.
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Sofia fehlt der Sinn für Geschichte. Sie lebt im Rausch der Gegenwart. Margherita beobachtet Carlos Schwarm in dem „gemütlich eingerichteten“, auf die Erwartungen eines veganen Publikums zugeschnittenen Cafés, wo Sofia für neun Euro pro Stunde Cappuccino-Schaummotive fabriziert, Sesamriegel in den Ständer an der Kasse sortiert, mit „bunter Kreide“ die Tagesgerichte-Tafel beschriftet und jede Menge Obst und Gemüse schneidet.
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Maurice begleitet den Gefeierten nach New York. Die Welttournee des aktuellen Price-Trägers endet in Amsterdam. Erich kehrt zu seinem Lehreralltag in Cambridge zurück. Maurice debütiert mit Erichs Lebensgeschichte. Der Ausschlachtung folgt die Vernichtung. Der Günstling denunziert seinen Mentor.
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In der skizzierten Situation laufen die Nervenbahnen des Romanpersonals zum ersten Mal zusammen. Im Zentrum der Ereignisse agiert so lebhaft wie bestimmend Margherita. Carlos heimliches Luftlustschloss exkulpiert die fremdgängerisch ambitionierte Gattin nicht nur. Es fordert sie heraus. Margheritas Stellung im Ehegefüge gestattet ihr mehr als ihm; so wie im Weiteren von ihr mehr verlangt wird. Die Leserin kommt nicht umhin, an dieser Stelle Platz zu nehmen wie auf einem Brunnenrand.
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„Sinnlich vertieft“ und „unter erotischer Spannung“ entstehen nach einem langen produktiven Leben späte Szenen im Rahmen eines verschleppten Höhepunkts. Der von Marcel Reich-Ranicki über dessen Tod hinaus als größter deutscher Gegenwartsautor gefeierte Thomas Mann reagierte zum Schluss noch einmal auf die Erscheinung eines Adoleszenten, so wie er es im „Tod von Venedig“ voraussah. Der unter Altersmelancholie ächzende Autor Aschenbach verzehrt sich in der Novelle nach Tadzios „klassischer Schönheit“ auf die schüchternste Weise.
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Irgendwo erzählt Ian Morris ein Beispiel für „die klassische anthropologische Erfahrung des Kulturschocks“. Eine archäologische Gemeinschaft im Feierabendmodus - ich illustriere: vor einer bewirtschafteten Bretterbude und bei einer Flasche Ouzo in den griechischen Highlands - beobachtet beschwipst eine Miniprozession, bestehend aus einem malerisch verlederten Greis und seiner Gattin. Der Alte reitet auf einem Esel, die Frau folgt à pied, „ächzend unter der Last eines großen Sacks“.
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Es war der Frühling 1988, das Jahr, in dem das erste Mal von „Perestroika“ die Rede war, ich saß in der Bar des Savoy Hotels in der Fasanenstraße und ließ meine Gedanken um meinen sechsundsechzigsten Geburtstag kreisen, bis zu dem mir nur noch wenige Wochen blieben. Vor mir auf dem Tisch stand eine Flasche Riesling, daneben ein Glas, in dem der Wein atmen konnte und das einem Hinweis in der Karte zufolge der linken Brust von Marie Antoinette nachempfunden war. Der Wein schmeckte vorzüglich, eine der kostspieligeren Sorten auf der umfänglichen Weinliste, was mich jedoch nicht zu kümmern brauchte, hatte mein Verleger mir doch versichert, der Verlag werde mit Freude für alles aufkommen.
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In Momenten verwandelt sich Margherita ihrem Mann an. Dann sieht sie Sofia mit Penisaugen. Sie stellt der jungen Frau nach und stellt sich Gelegenheiten vor. Margheritas Vorstellungskraft macht eine Universitätstoilette zum Schauplatz einer zwielichtigen Erfüllung zwischen Fäkaliengestank und Samenerguss. Margherita inspiziert die sozialmediale Performance der Gedankengeliebten ihres Mannes. Sofia Casadei versprüht den Charme studentischer Normalität.
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Die 14-jährige Anika Chebrolu gewann einen 3M-Wissenschaftspreis für junge Forscher – mit nichts weniger als einer Entdeckung, die ein Heilmittel gegen Corona ermöglichen könnte. Anika Chebrolu aus Frisco, Texas gewann den mit 25.000 Dollar dotierten Preis, nachdem sie eine computerbasierte Methode entwickelte, um ein Molekül zu entdecken ...
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Ich habe während des Schreibens wirklich viel über Tom Ripley nachgedacht. Er ist ein amoralischer Typ mit hoffnungslos großen Ambitionen und er glaubt, die Welt hätte ihm nicht die gleichen Chancen gegeben, die andere haben. Und Maurice geht es ganz genauso. Für den Leser ist es spannend zu verfolgen, wie jemand sein Leben auf eine so heimtückische, selbstgerechte Art und Weise leben kann. Man fragt sich ununterbrochen, ob er wohl irgendwann erwischt wird ...
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Auf den ersten Blick wirkt auch dieser Blender wie ein Bringer. Carlo Pentecoste unterrichtet Literatur an einer Universität. Dass er von einem einflussreichen Verwandten auf die Kanzel gehievt wurde, unterschlägt die Flüchtigkeit jeder Betrachtung im Vorübergehen. Man sieht einen attraktiven Mann in gehobener Position. Er geht fremd, seine Frau hat was los. Margherita folgt ihrem eigenen erotischen Traumpfad in einer sich (wie von selbst) öffnenden Ehe.
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Wird innere Einkehr erzwungen, scheitert die Kultivierung jedes Anbetungsackers, um einmal einen Phrasenhohlblock aus dem jesuitischen Begriffsuniversum der Versenkung zu entziehen. So hat man geredet, weil man so gedacht hat. Man sah den menschlichen Leib als Acker Gottes. Wem auf Erden im Erbgang nicht zu helfen war, dem musste eben Gott persönlicher helfen. In diesem Geist gab man Kinder in die Obhut der Äbte ...
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Die gestern beschlossene Verschärfung des Lockdowns geht auf Kosten der jungen Generation und lässt eine langfristige politische Strategie vermissen. Eklatant offenbart sich dies in der Bildungspolitik: Obwohl die Wissenschaft bereits letzten Sommer eine zweite Welle prognostizierte, fehlt es ein halbes Jahr später noch immer an Konzepten für Distanzunterricht, um das Bildungsniveau und Chancengerechtigkeit zu wahren.
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Marco Missirolis schickt sein Personal auf eine Achterbahnfahrt des Unvorhersehbaren. Sofia reist plötzlich ab, um Carlo Jahre später vollkommen verwandelt zu erscheinen. Carlo selbst steigt ab und entpuppt sich unterwegs als haltlos. Er rutscht überall durch. Alles entgleitet ihm. Er füllt eine Tüte der Enttäuschung. Seine Frau hält den Lebensladen zusammen. Mit Andrea verfehlt Margherita die Erfüllung.
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Maschinenbauer war ein Codewort des intimen Snobismus aus der Ära unserer Verbundenheit. Wir beriefen uns auf Kallikles, der jeden verachtete, dessen Verdienste mit spezialisierten Handgriffen verbunden waren. Selbst wenn so einer sich Ruhm zu verschaffen wusste, war er doch nur ein „Mann des großen Haufens“ (Jacob Burckhardt); ein Banause im Sklavenkittel. Angestoßen von einem Ereignis in San Francisco ...
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Nicola Sturgeon - Die Tochter eines Ingenieurs und einer Politikerin studierte Jura in Glasgow, was nicht möglich gewesen wäre, hätte es damals Studiengebühren gegeben, wie sie später sagte. In die Politik ging sie, nachdem die Sozialdemokratie in Schottland keine Chance gegen Margaret Thatcher hatte. Einerseits zeigte Sturgeon ihr Beispiel, dass Frauen erfolgreich Politik machen können, andererseits lehnte sie Thatchers Ideen ab.
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„Stummes Feuerwerk.“ - Die technischen Fertigkeiten der Selbstbefriedigung erzeugen eine neue Traurigkeit. Sie verstärken die Kompetenz für alle Zeichen der Endlichkeit. Nicht der Orgasmus ist das Ziel, sondern der Segen des Todes. Dona Cândida spielt die Rolle einer Verschmähten, die sich jedem an den Hals werfen würde, um mit jedem das anklingen zu lassen, was ein Einziger in ihr auszulösen vermochte. Sie feiert ihren verstorbenen Ehemann in ihren Phantasien von jüngeren Liebhabern.
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Ein vernagelter GI namens Trent Leslie Cooper hatte meine friedensbewegte, ultra-aktivistische Frau Claire noch in unserer Berkeley-Zeit von ihren erotischen Routinen (sowohl im Verhältnis zu mir als auch in anderen Beziehungen) ab- und auf einen furios-prekären Kurs gebracht. Claire nannte es Kommunismus, aber für uns international renommierten Verhaltensforscher*innen war klar, dass das auf jeden Fall nicht nur Kommunismus war. Ich beobachtete eine Verehrung für den trunksüchtigen Pöbel ...
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2020 war durchwachsen. Die Corona-Pandemie gesellte sich zu Problemen, mit denen die Welt schon länger zu kämpfen hat. Doch es wurde nicht alles schlechter – dafür sorgten auch diese 20 inspirierenden Frauen. Sie haben Länder regiert, gegen Ungerechtigkeiten gekämpft, Karl-Heinz Grasser verurteilt, Bestseller und Hits geschrieben, autoritäre Regime ins Wanken gebracht und Impfstoffe entwickelt.
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1967 zogen Claire und ich nach Berkeley, um uns und den Zuschauer*innen aus der Referenzkohorte farbenprächtig etwas vorzumachen. Wir tanzten um das goldene Kalb einer egalitär-altruistischen Gesellschaftsutopie, während wir so heimlich wie verschämt das bürgerliche Leben im republikanischen Stil unserer Eltern anschoben. Ich landete auf der Speckseite, aber Claire verpasste den richtigen Einstieg wie bei einem missglückten Andockmanöver. Das Nadelöhr zwischen dem Status quo und der Zukunft verschloss sich.
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Gezielte Aufnahmeprogramme haben sich als sehr effektiv erwiesen, Fluchtmigration humanitär zu regulieren. Das war in den 1990er Jahren sehr gut im Fall des Aufnahmeprogramms für Flüchtlinge aus Südostasien zu beobachten: Mithilfe des UN-Flüchtlingswerks UNHCR haben damals einige bereitwillige Länder eine halbe Million Flüchtlinge aufgenommen – und damit die angespannte Lage in der Region um Vietnam deutlich entschärft.
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Dem Amt des US-amerikanischen Vizepräsidenten fehlt der Glanz. Schon Benjamin Franklin sprach von „Eurer Überflüssigen Exzellenz“. Ein ernsthafter Bedeutungszuwachs ergibt sich für den zweiten Mann im Staat nur dann, wenn sein Vorgesetzter im Amt stirbt. Das war bislang neun Mal der Fall. Im Übrigen blieb dem Vize nichts anderes übrig, als der Welt mächtigsten Person nicht ungefällig zu erscheinen. Als man Dwight Eisenhower um eine Quantifizierung der politischen Entscheidungen seines Stellvertreters Richard Nixon ...
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Buford verdient sich die Zugänglichkeit aller möglichen französischer Spezialist*innen. Ein versierter Entenjäger liefert dem Amerikaner in Lyon eine mittelalterliche Bankettliste. Schildkrötenfleisch und Walzunge wurden serviert. Die Opulenz hielt sich in Grenzen. „Meist gab es nur einen Gang, und man aß entweder mit der Hand oder benutzte eine tranche, ein altbackenes Stück Brot.“
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Manuel Rubey plädiert in seinem neuen Buch „Einmal noch schlafen, dann ist morgen“ für die Reduktion der Dinge. Das gilt für Gegenstände in seiner Wohnung, aber auch für die Arbeit. 20 Stunden Arbeit die Woche und genug Geld für ein gutes Leben können sich für alle ausgehen, sagt der Schauspieler. Allerdings nur, wenn wir Arbeit und Reichtum neu verteilen.
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Claire fuhr mit einem Ford Falcon, vollgeklebt mit Antikriegsparolen, durch die Gegend, und an diesem irren Abend, rauchte ein Vorzeigebefürworter all dessen, was Claires Aversionen auf sich zog, verdrossen neben ihr in diesem zum Statement gewordenen Fahrzeug, und zeigte nicht die geringste Neigung, sich wie ein Verehrer zu benehmen.
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Ein Schaffner, der Marias Manöver falsch versteht, sorgt dafür, dass die Ärmste an der nächsten Haltestelle den Strafverfolgungsbehörden überstellt wird. Ihr Weg in den Knast kreuzt die Bahn einer hochmütig vorpreschenden Rivalin auf dem Parcours mittelprächtiger Brautbürgerlichkeit. Maria empfängt die Deklassierung auf einem Vorhof konsequenter Verachtung. Es folgt die soziale Hinrichtung. Doch am Ende des Tages erfährt die Erniedrigte, dass die Arrogante vergewaltigt und ermordet ...
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Liebe Freundinnen und Freunde, hier kommt ein Jahresbrief zum Corona-Jahr: nur wenig konnte vor der corona pandemie stattfinden. Dennoch haben sich gerade jetzt neue Ansätze finden lassen und wir hoffen auf die Jahre 2021 und 2022. Auch traurige Nachrichten mussten wir hinnehmen:
Wir haben vom Tod des Fotografen Jürgen Schadeberg, des Chronisten der Apartheid, des Exils und der Wende am Kap, erfahren.
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Bill Buford nimmt einen demokratischen und einen aristokratischen Standpunkt ein. Er gibt den Lehrling im Blaumann der Unterordnung. Gleichzeitig stellt er sich über Sterneköche, die durch Blut waten und im Schlachtbetrieb schwelgen. Glaubt er, als Autor über den Küchengöttern zu stehen?
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Längst ist der Mount Everest klein gedacht worden von so vielen, die ihr persönliches Grandiositätsphantasma auf den höchsten Berg des Erdkreises projizierten. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf dieses Phänomen lenken. Wäre Kraft das Entscheidende, müssten wir uns vor den Gorillas schämen. Sie trainieren nicht eine Stunde und sind doch unseren besten Ringer*innen mühelos* überlegen.
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Die Akteurin, gut gekleidet und auch sonst tipptopp und auf Zack, so wie viele Alte, die sich nichts nachsagen lassen wollen, erlebt sich zunächst in der Rolle einer Abreisenden auf dem Bahnhof. Ihre Tochter entlässt sie mit „eisigem Kuss“. Sie gewährt der Mutter das Recht nicht mehr, empfindsam und wählerisch zu sein. Die Verabschiedete fühlt sich wie ein Gepäckstück expediert.
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Wer zum Beispiel aus einem "sicheren Herkunftsstaat" kommt, hat kaum Chancen darauf, dass sein Asylantrag Erfolg hat. Zu diesen Staaten wurden per Gesetz unter anderem die Westbalkan-Länder, Ghana und Senegal ernannt. Wer von dort kommt, soll in Zukunft in speziellen Unterkünften bleiben, bis über seinen Asylantrag entschieden ist. Im Gesetzentwurf werden diese Unterkünfte "besondere Aufnahmeeinrichtungen" genannt.
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Am liebsten trumpft Aurélia gemeinsam mit dem Visagisten Serjoca auf, dessen Attraktivität aus dem Paar einen Magneten macht. Gekonnt kreuzt man im Copacabana Palace auf. Serjocas sexuelle Aufmerksamkeit richtet sich nicht auf Frauen. Deshalb stört es Serjoca zuerst auch nicht, als Aurélia den Unternehmer Affonso „voller Begehren … entflammt für (das) männliche Gesicht)“ angräbt.
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Ist die Aufgabe groß, gelingt sie gemeinsam besser. Und wer sich (endlich) einmal dem längsten und bedeutendsten Roman der französischen Literatur, "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von Marcel Proust, widmen will, kann das jetzt in Gemeinschaft tun. Grundlage dafür ist die preisgekrönte und vom rbb produzierte Lesung der sieben Bände und mehreren tausend Seiten von Peter Matic. Die insgesamt 329 Folgen sind im Radio ...
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Krause schildert Erhebungen im Gelände, das Zusammenspiel der Kräuter mit dem Klee; die malerisch verschorfte Furche auf dem Ackerweg; den Grind unterm Laub; die Krume am Saum der Endmoräne. Ich erlaube mir, die Naturbetrachtungen eines anderen mit meinen eigenen Worten wiederzugeben. Die Metaphorik erschöpft sich für Mops in der Frage: Was mache ich hier? Warum bin ich zurückgekehrt? Kann ich auch noch was anderes außer Schnaps trinken?
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Vadim heiratete eine Doppelgängerin seiner ersten Frau. Sie hieß Annette Stroyberg und war eine dänische Arzttochter. Sie wechselte vom Film zum Jetset, während Vadim via Catherine Deneuve zu Jane Fonda überging. Eine gemeinsame Tochter von Stroyberg und Vadim setzte den Ähnlichkeitsmarathon fort.
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In den Hauptrollen spielen Bjarne Mädel als Kommissar Peter Nadler, der den Entführungsfall der zwölfjährigen Schülerin Lisa von Bode (Alix Heyblom) aufzuklären hat, und Klaus Maria Brandauer, der als Strafverteidiger Konrad Biegler den Tatverdächtigen Georg Kelz (Franz Hartwig) vor Gericht vertritt. In weiteren Rollen sind u. a. Katharina Schlothauer, Ulrike Kriener, Marc Hosemann, Harald Schrott, Ursina Lardi, Julia Richter, Bjarne Meisel ...
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Einer von Bufords Instrukteuren der Frühzeit beschreibt dem Novizen Frankreich als das Land der Gärtner*innen. Die Zutaten für ein Ratatouille habe jede(r) Französin/Franzose in der Reichweite ihrer/seiner häuslichen Existenz. Tomaten, Zucchini, Auberginen, Zwiebeln und Knoblauch wüchsen paradiesisch vor jederfraus Haustür. Rustikal, ja radikal einfach nennt Buford eine Zubereitung, bei der jedes Gemüse für sich sautiert wird.
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Affonso lädt die Feierfreunde ein. Auf dem Weg zu ihm klappert man kurz einen Nachtclub ab. Der Dominanzbolzen bestreitet das Gespräch. Er stört sich nicht an dem Desinteresse für sein Thema, die Metallverarbeitung in all ihren schimmernden, vor allem jedoch Kohle bringenden Facetten. Der Mächtige spürt Aurélias Erregung. Was er noch nicht weiß: auch Serjoca ist scharf auf ihn.
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Auch die junge Mutter, die sich einsam fühlt und nur noch nach To-Do-Liste lebt. Alle haben gemeinsam: Sie wollen raus aus ihrem Alltag, wollen sich wiederfinden, ihre eigenen Stärken neu entdecken. Deshalb haben sie sich mutig auf den Weg gemacht, reden über ihr Innerstes, vertrauen in aller Öffentlichkeit auf das Können und die Expertise des jeweiligen Coachingteams.
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Die Krise ist sein Zustand. Das nervt die Angehörigen, die an den Wirtschaftswunderspeck wollen, und Schwieger schließlich sitzenlassen, nach der Devise: Wer nicht will, der hat schon. Nun steht einer Laufbahn als Eigenbrötler ... kein Mensch mehr im Weg. Mir ist der Mann angenehm in seiner Unfähigkeit, auf Wohlstand umzuschalten. Er hat die Dürftigkeit nötig ... Ich sehe Schwieger, die Brille mit Heftpflaster geflickt, am Küchentisch. Er löst ein Kreuzworträtsel im ewigen Müßigtrott.
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Thilo Krause wird für seinen Debütroman Elbwärts mit dem diesjährigen Nicolas-Born-Debütpreis ausgezeichnet – wir gratulieren unserem Autor sehr herzlich! „Krause verknüpft [die] Sphären des Einst und Jetzt mit Behutsamkeit, Unaufdringlichkeit und Geschmeidigkeit. Die Sprachmacht des Lyrikers verbindet sich so mit der Gewandtheit eines Erzählers, der genaue Beobachtungen anstellt ohne sie selbst auszudeuten. Entstanden ist so eine neue Form diskreter politischer Prosa, die subtiler wirkt als laute Anklagen, Appelle und Parolen.“ (Aus der Jurybegründung)
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Lispector erzählt von Frauen, die aus der Banalität eines unerfüllten Lebens herauswollen, ob als Gattinnen von Bigamisten, als Geliebte von Außerirdischen oder als von Gott Geschwängerte. Im Gegenlicht der Extravaganzen tauchen schemenhaft schroff Dolomiten der vernebelten Unmöglichkeiten auf. Sie erfüllen ihre Barrierefunktionen im Kontext einer patriarchalen Niederhaltungstechnologie. Die Protagonistinnen weichen ins Geträumte aus. Sie inszenieren sich in Imaginationen, triften ab und träumen weiter.
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Vielleicht verbirgt Diablo Savates fades Lächeln eine Erbitterung, von der ich nichts weiß. Ich habe ihn nie bekümmert erlebt ... Wir trinken Kaffee bei Petrarca am Marktplatz mit Blick auf den Stundturm. Jedes Kind in P. kennt die rudimentäre Inschrift Questa è la casa ... am Torre dell’Orologio. Eine achthundert Kilo schwere, im 15. Jahrhundert gegossene Glocke schlägt die Stunde. Das astronomische Zifferblatt zeigt das ptolemäische Weltbild. Alle kosmischen Erscheinungen sind als Erdtrabanten dargestellt. Savate und ich wetteifern auf dem Feld der Saumseligkeit.
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Wollen wir überhaupt zu den Zuständen vor der Krise zurückkehren? Die Corona-Krise verschärft, was schon zuvor nicht gut war: Unter der neoliberalen Gesellschaftsordnung leiden bestimmte Gesellschafts- und Berufsgruppen besonders. Bedingt durch Alter, Geschlecht, Herkunft und Beruf kämpfen derzeit viele doppelt um ihre Gesundheit – und ihre Existenz.
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So offen wie furios tritt dieser Bigamist auf. Xavier hat die Macht, sein Milieu für sich einzunehmen. Es braucht dazu keine Sympathisant*innen. Eine überwältigende, manche sagen diabolische Kraft, die den Mann förmlich aufkochen lässt, reicht aus, ihm einen Dispens vom nachbarschaftlichen Sittenkodex zu verschaffen. Der Xavier darf, wovon andere nur träumen können. Xavier darf, weil er kann. Daran lässt die Autorin keinen Zweifel.
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Die ältesten Verehrungsgegenstände sind Darstellungen von Geschlechtsorganen. Die Religionen zogen ihre Linien im Erkennen des Zusammenhangs zwischen Geschlechtsverkehr und Fortpflanzung. Vielleicht hielten sich die Leute zunächst selbst für göttlich in ihrer unparfümierten Struppigkeit. Im magischen Denken von Heranwachsenden überlebt dieser kolonisierte Zipfel des Menschseins vorübergehend ...
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Ja - das war damals mein Eindruck - und zumindest an das "Europa der Nationen" kann ich auch heute nicht mehr glauben - gleichzeitig bin ich schon der Meinung, dass eine europäische Zentralregierung zum Einen in der aktuellen Lage keine Mehrheit bekommen würde und zum Anderen auch viel zu anfällig wäre für quasi "zentrale" Korruption. Der Bürger hätte dann noch weniger Kraft zur Intervention, als das bereits heute der Fall ist.
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Der Planet liegt einem zu Füßen. Man weicht zum Strand hin ab vom Straßenverlauf. Unter den Sohlen ergeben sich Muscheln, um mit einem Wohllaut zu zerbrechen. Der Sand macht sich geschmeidig. Der Strand wird zur Metapher der Privilegien. Man erlebt dies gewiss „ganz ohne Anmaßung und Selbstherrlichkeit“. – Und so stellt sich die Erzählerin auch Gott vor ...
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Wir trinken Kaffee bei Petrarca am Marktplatz mit Blick auf den Stundturm. Jedes Kind in P. kennt die rudimentäre Inschrift Questa è la casa ... am Torre dell’Orologio. Eine achthundert Kilo schwere, im 15. Jahrhundert gegossene Glocke schlägt die Stunde. Das astronomische Zifferblatt zeigt das ptolemäische Weltbild. Alle kosmischen Erscheinungen sind als Erdtrabanten dargestellt.
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Jeder Anschlag führt zu einer weiteren Mobilisierung. Terroristen beschäftigen sich enorm mit anderen Gewalttaten und machen dann für sich einen Handlungsplan. Der mutmaßliche Täter wird sich mit Ereignissen in den letzten Monaten beschäftigt haben: Nicht nur mit dem Mord an Walter Lübcke und dem Anschlag in Halle, sondern auch mit der Verhaftung einer mutmaßlichen rechtsextremen Terrorzelle im Februar. Auch der Anschlag von Christchurch wird eine Rolle gespielt haben.
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Brigitte Bardot heiratete den Mann, dem es gegeben war, sie berühmt zu machen. Sie vertraute seiner Intuition so sehr, dass sie sich auch nach dem zweiten Flop nicht von ihm abwandte. Man ließ sich erst scheiden, als beide fest im Sattel saßen. Doch nur Vadim entpuppte sich als Gefangener eines Ideals. Er heiratete eine Doppelgängerin seiner ersten Frau. Sie hieß Annette Stroyberg und war eine dänische Arzttochter. Sie wechselte vom Film zum Jetset, während Vadim via Catherine Deneuve zu Jane Fonda überging.
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Claras Eltern kamen auf der Flucht aus Angola nach Europa ums Leben. Die Waise überstand eine Phase als Plantagensklavin auf Sizilien. Ihr oberster Herr erkannte Claras außerordentliche Intelligenz und Fitness. Don Mario Montana ließ die Tugenden zur Entfaltung bringen und vertraute Clara nach einer langen Zeit der Ausbildung seine älteste Tochter und designierte Nachfolgerin Maria an. Im Weiteren machte er Clara zu seiner Consiliera und zur Waffenmeisterin des Imperiums.
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Ein Jahr lang war ein rbb-Kamerateam in ganz Berlin unterwegs. Beim großen rbb Kiez-Tag geht es in alle Himmelsrichtungen der Stadt – von Alt‑Tegel im Norden zum Tempelhofer Hafen im Süden, von Siemensstadt im Westen nach Alt‑Hohenschönhausen im Osten. Zu erleben sind spannende Stadt‑ und Kiezgeschichten und ein Einblick in das quirlige Berliner Leben. Prominente Berlinerinnen und Berliner wie Comedian Mario Barth und Schauspieler Ronald Zehrfeld, die Moderatorinnen Enie van de Meiklokjes und Kim Fisher oder die Schauspielerin Uta Schorn erzählen von ihren Lieblingskiezen.
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Ich beobachte eine Querflötistin. Seit Tagen sondiert sie das Terrain im Turmschatten. Ich halte sie für eine Japanerin. Sie sieht nicht so aus, als ob sie Spielgeld nötig hat. Ihr Italienisch verrät die gute Schule. In ihrer Rolle verschmilzt sie mit der Gewöhnlichkeit. Forma, Lucentezza, Sagoma, Ombra e Spaziatura sono i principi … Shape, Shine, Silhouette, Shadow and Spacing … Meine Nase sagt mir, die Musikerin hat was auf dem Kasten. Ein Dienst versichert sich ihres Könnens. So eine irrt nicht selbstermächtigt durch die Gegend.
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Die Behauptung von Eigensinn und Noblesse erscheinen Marina kaum lohnend. Sie weiß, dass man von ihr nichts mehr erwartet außer einem milden Lächeln. Trotzdem fürchtet sie um ihre Frisur und behält darum den Hut (mit dem taktischen Trauerflor der frischen Witwe) auf. Beinah erleichtert ertappt sie sich auf der verwehten Spur einer obsoleten Eitelkeit. Sie sollte nicht zu dankbar sein für das Ausbleiben direkter Grobheit.
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Mit „leeren Augen“ heuchelt sie Anteilnahme. Um es präziser zu fassen: Maria würde gern Anteil nehmen. Allein, eine Apperzeptionssperre vereitelt das Überlaufen ins Allgemeinen. Maria kommt nicht mehr mit. Das Leben eilt ihr voran und dreht ihr lustig eine lange Nase ins Ungefähre. Es weiß nämlich, dass sich Maria der bösen Botschaft nicht entziehen kann.
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Wir suchen Texte und Töne, die sich auf Hessen beziehen: Am 30. Mai finden dann überall im Land Lesungen am Originalschauplatz statt, Spaziergänge auf den Spuren historischer und zeitgenössischer Dichter*innen und Komponist*innen, Werkstattgespräche im Live-Stream, Mitmach-Aktionen in den Literaturmuseen und Musik-Gedenkstätten usw. Damit wollen wir Aufmerksamkeit für Literatur und Musik "made in Hessen" schaffen und vor allem solche Werke in den Mittelpunkt rücken ...
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Da sitzt eine im letzten Licht des Nachmittags und träumt mehr als sie liest in einem Buch. Die Lektüre wächst sich zur Halluzination aus. Die Lesende beginnt eine gleichermaßen transkontinentale und transtemporale Reise. Sie trifft sich selbst wieder in einem französischen Weinberg. Ein übellauniger Bauer, der das Paradies, in dem er lebt, nicht zu erkennen vermag, kreuzt den Traumpfad der Zeitreisenden. Da sie eine Tarnkappe trägt, sieht er sie nicht.
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Auch die Zivilgesellschaft in Ostdeutschland scheint weiter zu sein als vor 30 Jahren. Der Überfall auf Amadeu Antonio Kiowa etwa ereignete sich wenige Wochen nach der Wiedervereinigung. In einer Zeit, in der es auf dem Gebiet der ehemaligen DDR noch keine starke Zivilgesellschaft gab, sagt Anetta Kahane. Es habe damals keine rassismuskritische Haltung gegeben. "Die wurde in der DDR nie entwickelt."
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Mimikry und Mimese ... Gute Tarnung wirkt sich positiv auf den Fortpflanzungsbetrieb aus. Die Camouflage-Virtuos*innen konkurrieren mit den Hochleistungsnachahmer*innen. „Die Hainschwebfliege ahmt mit ihrer gelb-schwarzen Färbung eine wehrhafte Wespe nach, um sich gegen Fressfeinde zu schützen. Sie selbst hat keinen Stachel und ist völlig harmlos. In Deutschland gibt es insgesamt etwa 450 Schwebfliegenarten.“
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Es ist nur ein Spiel. Das Spiel heißt Normalität. Mit dem Taxi zum Marktplatz, um angesichts des Budenzaubers einen Caffe bei Alfonso am Tresen zu trinken, heimlich entzückt von den verwitterten Visagen der alten Fischer und Bauern, die sich ihr Leben lang mit den Elementen herumgeschlagen - und nicht als Krämer und Kämmerer eine ruhige Kugel geschoben haben. Wer in Alfonsos Reich einen Fuß aufstellt, das heißt, das Recht hat, die antike Messingleiste am Thekensockel zu beanspruchen, hat einen Kampf überlebt und etwas vollbracht, was ihm zuvor kein Mensch zutraute.
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Liebe Leser: innen, mit großer Freude präsentieren wir Ihnen hiermit die erste Ausgabe des Newsletters des Kompetenzzentrums Anti-Schwarzer Rassismus (ASR) des Trägervereins Each One Teach One e.V. (EOTO). Das Kompetenzzentrum ASR hat seine Arbeit im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ zu Beginn dieses Jahres aufgenommen. Trotz der erschwerten Arbeitsbedingungen aufgrund von COVID-19 arbeiten wir mit viel Energie an der Umsetzung unserer Vorhaben und Ziele und freuen uns ...
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Wer zu schwach, zu langsam oder zu unflexibel ist, darf nicht erst flüchten müssen, sondern muss schon (vor jedem Angriff) geflohen sein. Eine totale Vulnerabilität erfordert die Minimierung der Angriffsflächen in Verstecken. Das Hochamt in dieser Kirche des Überlebens ist die Unsichtbarkeit bei voller Präsenz. Man sitzt da, kann vom Feind aber nicht wahrgenommen werden. Das passiert, wenn die Tarntracht mit ihrem Hintergrund verschmilzt. Dazu gehört „die hohe Kunst des Farbwechsels“.
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doch das jährliche Dichten/
gelingt heuer mitnichten/
zu viel wurde gesagt/
und ich bin ganz verzagt/
wir ham manches erlebt/
was das Hirn sehr verklebt/
ham so vieles vermisst/
was man sonst leicht vergisst/
uns geschämt für die Nudeln/
wie für Menschen in Rudeln/
hatten Angst vor dem Morgen/
und ganz vielerlei Sorgen ...
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Die Kombination Gelbschwarz lässt uns intuitiv zurückweichen. Es gibt viele, den Wespenalarm auslösende, gelbschwarze Aggro-Outfits und Dominanzkostüme. Ich habe mich manchmal gefragt, warum Gelb in den Kampfkünsten hohen Rängen vorbehalten bleibt, ich meine, wir denken doch als Normalos bei Gelb an verkleckertes Ei und die schlechten Umfragewerte der FDP. Jetzt weiß ich, warum gewisse Meister sich gelbgenial vom Fußvolk absetzen. Gelbschwarz suggeriert eine schmerzhafte Begegnung.
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Eine große Freude war es für uns, daß in Berlin die Buchhandlungen weiterhin regulär geöffnet bleiben dürfen!
Natürlich im Rahmen der Hygienevorschriften, mit frischer Luft und guter Laune. Alle, die den Einkaufsrhythmus konzentriert gestalten möchten, können unseren Internetshop zur Bestellung nutzen, in der Regel sind die Bücher innerhalb von 1 - 2 Tagen vor Ort, bei uns in der Buchhandlung. Bücher stellen wir Euch am liebsten im direkten Gespräch vor.
Aber unsere monatlichen Buchempfehlungen für Kultur24-Berlin.de, für das befreundete Unternehmen ...
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So kann der weibliche Schönheitssinn in die Irre führen. Manche Vogel- und Fischweibchen favorisieren extrem auffällige Männchen, deren Performance auf optische und akustische Maximalreize ausgelegt ist. Die Präferenz einer Gefiederten für lange Schwanzfedern besorgt - mit paradoxen Folgen - die sogenannte positive Rückkopplung. „Der Koppelungsprozess führt in kurzer Zeit zu extremer Merkmalsausprägung.“
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Sie müssen sich stets vor Augen halten, dass Mario seine Tochter nirgendwo allein hingehen lässt. An der Peripherie des Geschehens lungern Leibwächter*innen herum, die übrigens keine Ähnlichkeit mehr mit dem Lino-Ventura-Typus haben. Der Wrestler hat ausgedient. Die Killer*innen sind zartwüchsig. Sie tauschen mit Maria ihre Kajalstifte. Sagen Sie ruhig divers und fluid, ich sage, das bleibt sizilianisch, auch ohne Schmerbauch, Dreitagebart und Lupara.
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Die größten Bauwerke der Welt erschaffen Korallenpolypen. Sie betreiben Fotosynthese und beziehen Nährstoffe von mikroorganischen Nutznießer*innen ihrer Riffe. Hundertausende Arten leben „auf engstem Raum in Freundschaft und Feindschaft zusammen“. Diese Umwelt ist zu komplex, um sie allein mit Nahsinnen (Tasten, Riechen, Schmecken) bis zur Übersichtlichkeit in den Griff zu bekommen.
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In der Corona-Krise ist der Online-Handel rasant gewachsen. Onlinehändler machen das Geschäft ihres Lebens – der Umsatz von Amazon alleine ist im ersten Halbjahr 2020 global um 40 Prozent gestiegen. Die Pandemie beschleunigt einen Trend, der schon länger zu beobachten ist – und verschärft damit auch die Probleme.
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Gestern sah ich die zur Metapher gewordene Beiläufigkeit eines toten Vogels im Aggro-SUV-Kühlergrill der automobilen Beliebigkeit. Zu denken war gleichermaßen an naturgegebene Symbolik und mafiöse Inszenierung. Ich war gerührt in einem stillen Ahrenshooper Augenblick. Wie zu meiner Unterstützung zog gerade da die Sonne den Dezembervorhang auf ... Und nun kam mir wie der notorische Dritte in jedem Gerechtigkeitsbund ein berühmter Schwurvers ...
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Der Planet liegt einem zu Füßen. Man weicht zum Strand hin ab vom Straßenverlauf. Unter den Sohlen ergeben sich Muscheln, um mit einem Wohllaut zu zerbrechen. Der Sand macht sich geschmeidig. Der Strand wird zur Metapher der Privilegien. Man erlebt dies gewiss „ganz ohne Anmaßung und Selbstherrlichkeit“. – Und so stellt sich die Erzählerin auch Gott vor; nämlich als ein Wesen, „dass sich ohne jeden Stolz und jede Kleinlichkeit liebkosen“ lässt. Die Erzählerin befragt sich. Sie argumentiert gegen sich selbst mit den Argumenten der Psychoanalyse, in der sie so bewandert ist wie du und ich.
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Das mächtigste Paar der Welt ist mächtig auf ungleiche Weise. Vizepräsident Joe Biden hat von Haus aus gar nichts zu sagen. Seine Powerdependenz versorgt die gar nicht so pompösen Betrachtungen eines Zweitrangigen, der sich selbst für erstklassig hält, mit einer Unterströmung einerseits und andererseits mit einer ablandigen Trift. Sozial dem Präsidenten turmhoch überlegen, sucht Biden, der nie zuvor einem Vorgesetzten ausgesetzt war, sein Heil in grenzenloser Kooperationsbereitschaft. Er dient dem ersten dies & das (und so auch dem ersten links-grünen Sozialarbeiter) auf dem amerikanischen Thron.
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„Das ausgesucht höfliche Zartgefühl“ der Nonne ergreift wie ein Krake Besitz von der wehrlos Empfänglichen. Das Programm der anderen geht ihr gegen den Strich. Die Erzählerin weist sich aus als geschäftige Person, befasst und erfüllt mit/von irdischem Kleinkram. In ihrer Person feiert sich die Diesseitigkeit. Das Apollinische ist Trumpf. Eine Verächterin der Schwermut spricht. Übertriebene Empfindlichkeit erscheint ihr so störend ...
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Gerichte, die aussehen „wie eine Wüste im Sonnenuntergang“. Aromen, die „träge Augustnachmittage“ evozieren. Salate, so „verführerisch wie Desserts“ ... Bill Buford schmiert seine Tour de Force-Erzählung mit dem Fett des Küchenlyrismus. Das antike Genre im Geist der Empfänglichkeit eines Aficionado desavouiert jeden Prinzen in der Küchenrolle. Kein durch die harte Schule einer Lehre gegangener Koch schwelgt so in Floskeln wie jene herdirren ...
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Die drei Silben des Namens bezeichnen Handtechniken (태 tae), Fußtechniken (권 kwon) und das philosophische Konzept des Weges (도 do). Beim Taekwondo werden Tritt- und Schlagtechniken sowohl für den Angriff als auch für die Verteidigung eingesetzt. Bei der Kampfkunst kommt es auf Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer an. Auch die Kontrolle des Atems spielt eine wichtige Rolle.
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Clarice Lispector setzt das Meer und die Frau auf eine Linie der Betrachtung. Das betrachtete Ich triumphiert geschlagen. Es macht das Fass des Tages mit lauter Unbegreiflichkeitsfloskeln auf. Unbegreiflich sind ... Die Erzählerin nennt die Stunde der Erhebung. Ihre Akteurin ist allein am Strand, sieht man von einem schwarzen Hund ab.
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"Das Märchen vom goldenen Taler" erzählt von zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Hier das Dorf, in dem die Menschen gut leben, bis ihnen der goldene Taler gestohlen wird, dort die finstere Unterwelt des Lumpensammlers Hans Geiz (Dominique Horwitz). Die Dorfbewohner sind überzeugt, dass er den goldenen Taler gestohlen hat. Daher macht sich das Mädchen Anna Barbara (Valerie Sophie Körfer) auf den Weg zu ihm.
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Ein namenloses Mädchen taucht am Erzählhorizont auf. Sein Erscheinungscharakter artikuliert sich in Verwehungsformeln. Man hat den aufgerissenen Himmel, die furiosen Wolkenformationen und das magische Licht aus dem Erzählbaukasten der Überwältigung. Darunter spielt sich das handelsübliche Kleinklein ab. Das Mädchen avanciert zur Hühnerdoktorin. Es erkennt ein beinah menschliches Repertoire bei ihren Gockeln. Die innersten Sehnsüchte der Hühner offenbaren sich ihm.
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Der Berliner Neurologe Austin Nakamura sieht im erholten Kreis seiner Familie dem Ende eines griechischen Sommers entgegen. In Erwartung einer Fähre, alarmiert von Potenzstörungen und andauerndem Harndrang - und schwankend zwischen väterlicher Sorge und familiärem Behagen - zitiert Austin zum Trost und nicht ohne Trotz Tolstoi: „Alle glücklichen Familien ähneln einander; jede unglückliche aber ist auf ihre eigene Art unglücklich.“
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Sabine Hess, Direktorin des Centers für Globale Migrationsforschung an der Universität Göttingen, sieht die MIPEX-Ergebnisse als Weckruf für die deutsche Politik: "Deutschland ist immer noch nicht in der Einwanderungsgesellschaft angekommen", sagte Hess bei einem Webinar des "Rats für Migration" zu den MIPEX-Ergebnissen. "Die deutsche Integrationspolitik ist an einer 'zeitlich befristeten Integration' orientiert und folgt stark ökonomischen Überlegungen", sagt Hess.
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Der Fiktional-Existenzialismus koinzidiert mit der Totalfiktion. Er hebt uns an und macht uns endlich zu Regisseur*innen. Jetzt entscheiden wir, wer welche Rolle spielt. Wir beanspruchen die Deutungshoheit, soweit es unser Leben betrifft. Dafür gehen wir durch die Decke, wenn es denn sein muss. Wir stoßen aus der Passivität in die kontrollierte Offensive vor, unabhängig von unseren geografischen und sozialen Standorten. Vogels zieht von New York nach ...
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Wenn wir uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen, erkennen wir, was uns antreibt und was wir wirklich wollen, wir sehen rote Fäden, die vielleicht auf den ersten Blick nicht sichtbar waren, und wir können unser Leben mit diesem Wissen besser gestalten. Gemäß dem Motto “Story first” können wir unsere Geschichte planen, die Muster in unserem Leben erkennen ...
“Erzähl dein Leben neu” ist nicht nur ein Ratgeber, welcher aufzeigt, wie Storytelling strategisch angewendet werden kann, sondern auch ein Wegweiser in die Tiefen der eigenen Persönlichkeit.
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Auch das Junge Literaturland, ein Bildungsprojekt, das insbesondere auf die Begegnung zwischen den Schüler*innen mit den Autor*innen setzt, und das an einem außerschulischen Lernort, konnte in diesem Jahr nicht wie gewohnt stattfinden. Wir sind mit den einzelnen Klassen, wo es möglich war, neue Wege gegangen. Zwei dieser neuen Wege können Sie auch in den Videos nachvollziehen, die dieses mal sie Auto*rinnen in den Museen für die Schüler*innen gemacht haben ...
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In der Nachbesprechung offenbart der Düpierte seine Ahnungslosigkeit. Er habe doch nur versucht, die Fragen der Moderatorin zu beantworten. Der Couch erkennt genau darin das Problem.
Die Zuschauer*innen erwarten keine Fachfragenkompetenz. Sie wärmen oder reiben sich an Stil und Aura. Sie interessieren sich für die Beziehungen, die sich zwischen ihnen und den Kandidat*innen auf der Basis von (das Große und Ganze in Bausch und Bogen auffassenden) Botschaften ergeben.
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In der Retrospektive erscheint Obama die Phase der Nominierungswettkämpfe als magischer Aufbruch. Die Akteure im Operationszentrum ahnen vor allen anderen, dass ihr Mann „die Sterne vom Himmel holen“ wird. Vor allem jedoch, so Obama, sei es um die Entdeckung einer tiefen amerikanischen Wahrheit gegangen. Während der Autor sich das Aroma seiner Sendung in ihrer Keimzeit noch einmal auf der Zunge zergehen lässt, appelliert er an seine Leser*innen, doch bitte nicht zu glauben, der Erfolg sei vorbestimmt gewesen und von den Augur*innen prophezeit worden.
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Willy Brandt war einer der bedeutendsten Bundeskanzler Deutschlands. Er modernisierte und demokratisierte die deutsche Gesellschaft. Seine Außenpolitik war geprägt von Versöhnung nach den Gräueln des Zweiten Weltkriegs und einer Annäherung zwischen Ost und West. Seine Biographie ist geprägt vom Einsatz für ein friedliches und soziales Europa, wie etwa der Kniefall von Warschau beweist. Für seine Arbeit erhielt er den Friedensnobelpreis.
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Bald passiert das Paar die Grenze zu den Vereinigten Staaten. Je weiter es zum Mississippi vorrücken, desto offensichtlicher scheint Poulins großes Vorbild Hemingway wie ein Wasserzeichen durch die Textur. Poulin pflegt Hemingways Sentimentalität. Er verzichtet immerhin auf die Männlichkeitsallüren. Ständig Erwähnung finden „Eroberer und Entdecker“. Ab und zu verliert sich die kolonialkritische Spur. Dann gewinnt die Erzählung eine märchenhafte Dimension; so wenn die Rede auf den italienischen Leutnant Henri de Tonti (1649 - 1704) kommt.
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Die Geschichte spielt in und um Dublin. Eileen reist von sonst wo im (von ihr als trostlos wahrgenommen) Umland an, um Tom im Flughafenhotel Maldron zu treffen. Es gehe nicht um Sex, behauptet eine Instanz. Gleichzeitig nennt Eileen kein zweites Ziel im konkreten Zusammenhang mit der Begegnung. Betont wird allerdings die Bedeutung des folgenden Tages, an dem Eileen in Dublin eine seltene Freiheit genießt.
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„Nzukota“ ist ein Ausdruck der Igbo-Sprache, der mit „zusammenkommen“ übersetzt wird. Nzukota wird Einzelpersonen, die gegenwärtig in Berlin leben, sich dort aufhalten oder zu Besuch sind, zusammenbringen, um über ihre Vorstellung von „Heimat“ in Bezug auf den Zustand des „hier und anderswo“ nachzudenken – ein Konzept, das der Philosoph Édouard Glissant in seinem wegweisenden Werk Poetics of Relation ausgiebig untersucht hat. In Nzukota: Coming Together schaffen Dialoge, Lesungen und Musik eine diskursive Atmosphäre, in der Anekdoten ...
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Das mediale Interesse an einem Präsidentschaftskandidaten vergleicht ein Akteur mit einer „ununterbrochenen Darmspiegelung“. Der Wahlkampf sei „ein EKG der Seele“; eine Tour de Force und „brutale“ Angelegenheit, bei der die Würde des Ehrgeizigen auf der Strecke bliebe. Warum tut Obama sich so was an? Deshalb: Er erlebt sich selbst als Vision. „An dem Tag, an dem ich die rechte Hand hebe und den Amtseid ablege, (wird die Welt) die Vereinigten Staaten mit anderen Augen betrachten.“
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Da ihn keiner überbieten kann, übertrifft Tom sich eben selbst. Für ihn ist das Leben eine Serie von leicht zu meisternden Herausforderungen und so auch eine Abfolge von Wettkämpfen, die er ständig mit großen Vorsprüngen gewinnt. In Toms Gegenwart sollte man keine lange Leitung haben und sowieso auf alles gefasst sein. Er foppt, neckt, veräppelt, vernascht und verarscht seine Zeitgenoss*innen und beweist bei alldem einen unbeschreiblichen Einfallsreichtum. Wer ihm krumm kommt, dem leuchtet Tom heim.
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Nach ihrer Schicht als Schneiderin nahm Rosa Parks den städtischen Bus von Montgomery nach Hause. Damals gab es Rassentrennung in den Bussen der Stadt: Die ersten vier Reihen waren für Weiße reserviert, im hinteren Teil des Busses gab es einen Bereich für Schwarze. In der Mitte gab es Reihen, in denen sowohl Weiße als auch Schwarze sitzen durften. Die Regel war aber: Alle Schwarzen mussten sofort ihren Platz räumen, falls nur eine weiße Person in der Reihe Platz nahm.
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Obama bemüht sich um eine schillernde Darstellung des mit dem goldenen Löffel im Mund geborenen Türöffners. Vor Publikum rauscht Ted Kennedy auf. In den Kulissen gibt er den klappernden Onkel. Ted ist so, so erzählt es Obama, wie sein Büro, „voll Charme und Geschichte von Camelot bis Cape Cod“. „Im sanften Nachmittagslicht“ lassen sich Barack und Ted „im Allerheiligsten“ nieder. Der altgediente Haudegen offeriert auf der Ofenbank seiner Karriere Einblicke in die Washingtoner Eingeweide. Er serviert Erinnerungen an Ränke als Schwänke.
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Der österreichische Buchhandel ist im Lockdown. Laut Regierungsvorgaben dürfen die Buchhandlungen nicht einmal mehr – wie noch im März – kontaktlose Abholstationen vor ihren Geschäften anbieten. Das ist vor allem in der Vorweihnachtszeit ein herber Schlag für die ohnehin schon schwer geschüttelte Branche. Wie es weitergeht im Buchhandel und warum man den Job trotzdem liebt, darüber hat Kontrast mit Petra Hartlieb, Inhaberin von zwei Buchhandlungen in Wien und Bestseller-Autorin, gesprochen.
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Tom hat geerbt und gut investiert, zumal in eine Haidhausener Szenekneipe. Nötig hat er also gar nichts. Und schon gar nicht einen Job, der wie ein Ehrenamt entlohnt wird. Der leidenschaftliche Rettungssanitäter Tom fährt im Rausch der Eigenliebe „mit Sondersignalen zum Pizzaholen“. Seine Lieblingsgeliebte chauffiert er im Rettungswagen unter Einsatz von Blaulicht und Presslufthorn zum Pink-Konzert auf dem Olympiagelände. Er schiebt Anni, eine patente, vor Lebensfreude aus der Tracht platzende Krankenschwester, im Rollstuhl in die VIP-Lounge.
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Die öffentliche Verwaltung in Deutschland befindet sich in kontinuierlichen Veränderungsprozessen. Neben der Einführung neuer Steuerungsmodelle, der Privatisierung öffentlicher Aufgaben sowie der zunehmenden Europäisierung des Verwaltungshandelns verlangen auch der demografische und soziale Wandel mittlerweile weitreichende Anpassungsprozesse der öffentlichen Arbeitgeber. Neben solch funktionalen Begründungen für eine veränderte öffentliche Personalpolitik mit dem Ziel neue Potenziale zur Fachkräftegewinnung zu erschließen , hat die interkulturelle Öffnung der Verwaltung auch das Potenzial ...
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In Auseinandersetzungen zwischen Bürgerbegehren und Barrikadenkampf werden Straßenzüge verteidigt und Wohnmaschinen belagert. Es gibt Leute, die Asylanten aus ihren Revieren vertreiben wollen; während ihre Gegenspieler*innen eine No-Border-Gesellschaft im Kiezformat zu etablieren versuchen. Molly instrumentalisiert den nigerianischen Asylanten Juma als Stachel im Fleisch der Homogenitätsfanatiker. Doch Juma setzt wenig Vertrauen in den weißen Mittelklassewiderstand. Er verweigert die Rolle als Galionsfigur im Kampf gegen Rassismus und entweicht ...
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Die Verlagerung der Entscheidungen aus dem Parlament in die Ausschüsse, von Johannes Agnoli vor langer Zeit in „Transformation der Demokratie“ analysiert, nennt Obama „undurchsichtige Transaktionen, gedeichselt hinter verschlossenen Türen“.
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Unter dem Motto „Alive!” versucht das JazzKorea Festival die Pandemie als Chance zu begreifen, neue Verbindungen einzugehen und den künstlerischen Rahmen zu erweitern. Zugleich soll der Hoffnung Ausdruck verliehen werden, dass Musik bald wieder „Offline“ in direktem Kontakt zwischen Künstler*innen und Publikum möglich ist. Die künstlerische Ebene betreffend sei erwähnt, dass die diesjährige Online-Ausgabe das bisher experimentellste ...
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Darfst du wählen? Dann danke einer Feministin. Kannst du selbst entscheiden, mit wem du zusammen bist und wie dein Partner mit dir umgeht? Dann bedanke dich bei einer Feministin. Hast du einen Beruf und kannst du mit deinem Geld machen, was du willst? Bedank dich bei einer Feministin! Denn lange Zeit waren die normalsten Dinge unseres Lebens den Männern vorbehalten. Feministinnen haben im Laufe der Zeit viele Rechte für Frauen erkämpft. Doch trotz all der Jahre harter Arbeit, verdienen Frauen heute noch weniger ...
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Irgendwo definiert Michel Houellebecq den Antagonisten zu dem, was als nouveau réactionnaire kursiert. „Anders als sein großer Bruder erkennt der neue Progressive den Fortschritt nicht anhand seines intrinsischen Werts, sondern anhand seiner Neuartigkeit. Alles in allem existiert er in einem in seiner Einfalt sehr hegelianischen Zustand der permanenten Offenbarung, in dem alles neu Erscheinende schon aufgrund der schlichten Tatsache seines Erscheinens gut ist.“
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Die Corona-Maßnahmen sind am Jahresende 2020 noch mal verschärft worden. Die Kontaktmöglichkeiten sind deutlich eingeschränkt. In Berlin dürfen sogar, anders als in Brandenburg, auch an Weihnachten nur maximal fünf Erwachsene plus Kinder zusammen feiern. Darüber diskutieren Sarah Oswald und Andreas Rausch in "Wir müssen reden!" am Dienstag, 1. Dezember, von 20.30 Uhr bis 21.30 Uhr live im rbb-Fernsehen.
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Hoffnung und Resignation halten sich solange die Waage, bis Paige Mayer zur bestimmenden Kraft in Babas Leben wird. Ist Jillian ein verwildertes Beet in den Farben der Auflösung jedweder bürgerlichen Ordnung, so ist Paige das scharfgeschnittene Gegenteil. Jillians Intelligenz schillert, flackert auf und wird von Idiosynkrasien wie von manisch patrouillierenden Hütehunden bewacht. Paiges Intelligenz gleicht einem Nagelbrett der Genauigkeit. Die Frauen fliegen in Feindschaft aufeinander.
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Der dritte Band der weltweit erfolgreichen "Rebel Girl Stories" versammelt Biografien von 100 Migrantinnen, die die Welt verändert haben. 100 außergewöhnliche Frauen aus Geschichte und Gegenwart, die ihre Heimat verließen, um in einem anderen Land ein neues Leben zu beginnen. 100 Frauen, die eine Zuflucht suchten, um ihre Träume zu verwirklichen und ihre Ideen mit der Welt zu teilen.
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Seit fast 60 Jahren wird das beste nordische Buch des Jahres gekürt, ausgewählt aus Einreichungen aus allen fünf nordischen Ländern und – das ist das Besondere – aus acht Sprachen: Dänisch, Färöisch, Finnisch, Grönländisch, Isländisch, Norwegisch, den samischen Sprachen und Schwedisch. Wie aber soll eine, sagen wir, norwegische Jurorin ein färöisches Buch beurteilen? Und welchen Einfluss hat ein solcher Preis auf das eigene Schreiben? Und warum hat eigentlich noch nie ein Theaterstück den Preis gewonnen?
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Portia bestellt ein Filet vom Wolfsbarsch. Bevor das Mittelmeer zum Massengrab wurde, gab es vor Lampedusa keine Wolfsbarsche mehr. Die Rückkehr des Branzino, sein starkes Aufkommen in Küstennähe, zeigt an, was auf Lampedusa keinem entgehen kann: dass ein paar Kilometer vor dem europäischen Festland stündlich Menschen ertrinken und diese Ernte einige Kreisläufe beschleunigt. Das erzählt Davide Enia in „Schiffbruch vor Lampedusa“
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In jeder Sommerfrische verwandelt sich das Washingtoner Establishment in die Nantucket Community. Auf der Insel im Atlantik vor Massachusetts bleibt die Aristokratie der Ostküste unter sich. Joe beschreibt die Nantucket-Traditionen seiner Familie. Die Ausflüge zum Strand mit den Sport- und Spielsachen der Enkel*innen. Mittagessen im Brotherhood. Nie versäumt man es, der Surf- und Board-Designer-Legende Spyder Wrights in dessen Gentlemen-Boutique die Ehre zu erweisen.
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Der Protestbrief einer kleinen Gruppe von Palliativmedizinern und Psychologen zum ARD-Film „GOTT“ von Ferdinand von Schirach, über den die FAZ am 21. November ausführlich berichtet hat, enthält eine bedauernswerte Reihe nachweislich unwahrer oder verzerrender Aussagen. Um zu verhindern, dass die Öffentlichkeit in dieser wichtigen und komplexen Frage in die Irre geführt wird, sehen wir uns veranlasst, diese Aussagen einem Faktencheck zu unterziehen.
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„Die Beziehung eines Schwarzen zu Europa bedarf stets einer Qualifizierung.“ Für Portia ist das eine neue Erfahrung. Die Tochter eines Schriftstellers mit der Attitüde des (im Verhältnis zum Despoten kongenialen) Dissidenten begreift Europa als den Groß(t)raum, in dem ihr Vater eine donnernde Identität aus dem Exil destillierte. Jahre hat die Familie in England gelebt. Die Vorbehalte der Diaspora-allergischen Mutter prägten Portias Wahrnehmung.
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Exotisch erscheinen Portia „Afrodeutsche, die keine Erinnerung an Afrika haben“, und von denen die aus Sambia gebürtige Lehrerin bislang nur gehört hat. Attraktiv findet sie den Schwarzen Nachbarn ihrer Berliner Airbnb-Wohnung. Portia fängt sofort an zu flirten und zieht ihn in ihren Bann. Der Leser erkennt in dem Gefeierten Ginas Mann wieder. Sie erinnern sich: Viel Zeit verbrachte das alle Erwartungen auf Academia richtende und den männlichen Hemmungen zum Trotz verheiratete Paar in einer Zweiraumwohnung über einem Parkplatz in Arlington ...
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Die Air Force Two muss sich ihren Titel mit einem Vizepräsidenten an Bord jedes Mal verdienen. Der Präsident macht aus jeder Air Force Two eine Air Force One. "Air Force Two is the air traffic control call sign held by any United States Air Force aircraft carrying the U.S. vice president, but not the president." Wikipedia ... Als Joe Biden Vizepräsident war, begleitete Natalie Victoria Freshman Biden in der Air Force Two auch nach Nantucket in die Sommerfrische.
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Dem Amt des US-amerikanischen Vizepräsidenten fehlt der Glanz. Schon Benjamin Franklin sprach von „Eurer Überflüssigen Exzellenz“. Ein ernsthafter Bedeutungszuwachs ergibt sich für den zweiten Mann im Staat nur dann, wenn sein Vorgesetzter im Amt stirbt. Das war bislang neun Mal der Fall. Im Übrigen blieb dem Vize nichts anderes übrig, als der Welt mächtigste Person nicht ungefällig zu erscheinen.
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1979 gelingt es Michael Müller 141 Bundesbürger*innen aus der gerade in revolutionären Akten gegründeten Islamischen Republik Iran herauszuholen. Es handelt sich um die Restbelegschaft auf einer Baustelle am Persischen Golf. Die Kraftwerk Union AG (KWU), eine Tochter von Siemens und AEG, errichtet seit 1975 in Buschehr ein Atomkraftwerk. Das Projekt beziffert sich in gigantischen Zahlen.
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Ab hier wird der Skandal immer größer. Die „Affaire Benalla“ wird zur Staatskrise. Der Regierung wird willentliche Vertuschung vorgeworfen, Tonaufnahmen werden geleakt, der Präsident verliert an Glaubwürdigkeit. „Sollen sie mich doch holen kommen!“, sagte er trotzig bei einem Umtrunk nach einer Parlamentssitzung. Die trotzige Äußerung gegenüber der öffentlichen Kritik an ihm und seinen Vertrauten ging viral. Die Gelbwestenbewegung, die wenige Monate später entsteht, greift das Statement auf: „Macron, on vient te chercher chez toi“ ...
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Mark, geflüchtet aus Malawi, entpuppt sich als Frau namens Mary Chinomba. In ihrer Person vereinen sich Geschlechts- und Fluchtmigration mit dem Verschwinden. Die Frau verschwindet in der Figur/der Geschichte eines männlichen Geflüchteten und der Geflüchtete verschwindet von der Berliner Bildfläche, während der Erzähler sich auf der hauptstädtischen Partymagistrale langweilt und mit Anwälten ...
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Am 12. März 1979 trifft Michael seinen Führungsoffizier Joe Smith auf der Rhein-Main Airbase. Chomeini räumt gerade den Iran auf, und Michael soll Ali Reza Khan, einen ehemaligen Ölminister des Schahs, außer Landes bringen. Michael feilscht um die Erhöhung seines Fixums, um keine Kopfgeldpleite zu riskieren. Nach dem ursprünglichen Angebot beträgt die Erfolgsprämie 50.000 Dollar.
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Butler ordnet solche Ernten keiner einzelnen Person zu ... Sie beschreibt den Bezug „als inverses Bild“, in dem man eine Rechtfertigung und ihr Gegenteil sehen kann. So begreift man einfach, dass der gedachte Ausgangspunkt „gesetzt“ ist, und zwar gesetzt im Rahmen „der sozialen Welt“. Keiner beginnt mit sich. Alle beginnen mit ihren Bedingungen.
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Sie heiraten im Oktober 1992 in einem trauten Tumult. Hunderte feiern mit in prominenter Ausgelassenheit. Obama hat sich an die Spitze von „Vote“ gestellt, „einer der größten Wählerregistrierungskampagnen in der Geschichte Illinois“. Michelle arbeitet im Ressort für Stadtentwicklung der Chicagoer Verwaltung. Das Paar schwelgt im Glück mit Eigentumswohnung und direkten Anschluss an genug Familienmitglieder, um sich rundum gut aufgehoben zu fühlen.
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Am 29. November vergibt die Kulturstaatsministerin Grütters wieder den Deutschen Buchhandlungspreis und wir sind dabei! 115 inhabergeführte Buchhandlungen werden in 3 Kategorien ausgezeichnet. Weitere 10 Buchhandlungen erhalten das Gütesiegel, aufgrund ihrer Umsatzgröße, undotiert. Der Preis wird zum 6. Mal vergeben, wir freuen uns sehr, ihn nunmehr zum 4. Mal zugesprochen zu bekommen.
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Globetrotter, Ultimate Figher, Freefall Fanatic, Superlover - Max Claros Alter Ego Michael setzt sich über alle Grenzen hinweg. Mit seinem magischen (für fünfzig Öcken erstandenen) Käfer Buba kriecht er in den Iran, um da die schöne Fatima in flirrender Hitze loszueisen. Sex in the car und die Sterne so groß wie noch nie am Himmel ... Claro erzählt vom Leben am Limit als Screaming Eagle der amerikanischen Streitkräfte, CIA-Agent, BND-Fluchthelfer und Rettungssanitäter.
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Damit dürfte die Regierung nicht gerechnet haben: Hunderttausende Frauen gehen in ganz Polen auf die Straße, um das geplante Abtreibungsverbot der Regierung zu verhindern. Das Bündnis ist größer als bei sonstigen Protesten gegen die Regierung – selbst Anhängerinnen der Regierungspartei sind gegen das Verbot.
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Am nächsten Tag landet Michael zum ersten Mal in einer heißen Zone. Ehe er sich versieht, quillt ihm ein „Darminhalt in sämtlichen Verdauungsstufen“ entgegen. Der Gestank ist bestialisch. Nach zwanzig Minuten auf dem Schlachtfeld erlebt der Debütant die Versorgung eines glatten Durchschusses als heilsame Erholung. Dann wird er selbst zum Gefecht herangezogen. Er plagt sich mit dem biblischen Tötungsverbot und verspricht sich, in jedem Fall am Feind vorbei zu schießen. Als der Feuerbefehl die Soldaten aus der Deckung zieht ...
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Zusammengespannt vom Zufall, cruisen ein angejahrter Schriftsteller und eine bildschöne Vielleserin im VW-Bus durch die Gegend. Jacques Poulin erzählt den Road Roman in einer manierierten der-alte-Mann-und-das-junge-Mädchen-Manier. Der Franco-Kanadier Jack verrenkt sich vor Zurückhaltung, ohne den Alterssabber auf seinem Kinn effektiv verleugnen zu können. Zweifellos fürchtet er den Einbruch des Frivolen als Ausbruch seelischer Inkontinenz.
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Die Kontaktschuld spiele vor allem im Umgang mit dem sogenannten „legalistischen Islamismus“ eine Rolle. Die Hauptbetroffenen seien die Reformer_innen aus diesen Gemeinden. Also diejenigen, die für eine Öffnung gegenüber der Gesellschaft eintreten. Aktivitäten, wie die Teilnahme an Friedensgebeten oder an Deradikalisierungsmaßnahmen sind laut Schiffauer in den Gemeinden nicht unumstritten und müssen zum Teil gegen Skeptiker ...
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Als Sozialarbeiter brennt Obama im Fegefeuer der Bürokratie. Ständig begegnen ihm Akteure, die Dinge verändern können, es aber nicht tun. Das frustriert den geborenen Macher. „Was wir brauchten, war die Macht Gelder zu verteilen.“ Obama nimmt Maß am Bürgermeister von Chicago. Harold Washington setzte sich mit einer Graswurzler-Kampagne gegen seine Rivalen durch.
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„Ich kann nicht reiten./ Ich kann nicht schießen./ Ich kann kein Blut sehen.“ Trotzdem schreibt Franz Dobler Westerngedichte. Das Genre dient ihm auch als Protestformat gegen die in Deutschland grassierende Akademielyrik. Dobler geht als Feind der Metapher nach vorn. „Schwarze Wolken“ symbolisieren bei ihm kein Unheil. An seinen schwarzen Wolken zerrt nicht das Gewicht der Mehrfachkodierung.
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Obama verbrachte viel Zeit in der Aura einer weisen Großmutter, die das Interesse des Enkels an Literatur förderte; dies im Verein mit Surfen, Basketball spielen und in Omas „altem Ford Granada“ Bier trinken. Kurz gesagt, eine herrliche Jugend. Obama liest Marx und Marcuse, um einer „langbeinigen Sozialistin“ zu imponieren. Er zieht Bahnen, wo andere planschen. Sein Leben strukturiert er wie ein Arbeitsfeld.
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Die Gegenprobe macht Dobler in Chattanooga, Tennessee. Da findet er im Stadtzentrum keine Gelegenheit, Bluegrass live zu hören. Er fragt einen malerisch schmalen Taxifahrer, der eine Demarkationslinie quer durch Chattanooga andeutet.
„Die reichen Leute kennen die Kneipen nicht, wo die armen Leute hingehen.“
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Jörg Thadeusz und der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) bereiten im rbb Fernsehen eine neue Bühne für die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern in und aus der Region. Am Dienstag, 24. November 2020 startet um 22.33 Uhr (VPS 22:15) "Thadeusz und die Künstler". Hier begrüßt Jörg Thadeusz seine Gäste nicht nur zu unterhaltsamem Talk, sondern auch zu kreativen Experimenten.
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Obama fliegt eine Gedankenschleife, bevor er zum letzten Flug in der präsidialen Powerblase zurückkehrt. Er skizziert die Lässigkeit in großer Höhe. Lachend spielte man mit den Insignien der Macht unter Ausschluss von allem Unbefugten. Der innerste Kreis, die größte Kraft, der geringste Pomp. Solchen heimlichen Ableitungen nimmt der Autor den Schleier. Er lädt seine Leser*innen zum Schlüssellochblick auf den Glanz vergoldeter Kloschüsseln ein.
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Mit Heiner Müller sagt Franz Dobler: „Etwas frisst an mir. Ich rauche zu viel. Ich trinke zu viel. Ich sterbe zu langsam.“ Fort fährt der Überlebende: „Meine toten Freunde/ sind alle abgehauen/ ohne sich zu verabschieden./ Alle waren plötzlich weg.“
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Ovid sagt: Was nur aus Furcht vor Schande vermieden wird, ist schon getan. Eine Verfassung ohne trügerische Zugaben gibt es nicht, so Seneca. Um den Missstand zu überspielen, setzt man dem Mysterienspiel vom Ursprung alles zu, was ein einnehmender Prospekt braucht. Mit verdummenden Erzählungen und Verlegungen grundgesetzgebender Versammlungen in den Himmel lassen sich geduldige Gläubiger erziehen. Jeder Staat hält wenigstens einen Gott an der Spitze.
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Für viele Afro-Amerikaner ist Polizeigewalt eine tägliche Gefahr; die Wahrscheinlichkeit für einen Afro-Amerikaner von der Polizei getötet zu werden, ist 3-mal so hoch wie für einen Weißen. Die Mörder kommen meist ohne Strafe davon: nur 1% der Polizisten, die eine Person getötet haben, werden angeklagt. Das Video von der Ermordung George Floyds geht viral. Tausender Menschen strömten auf die Straßen und riefen nach einem Ende von Polizeigewalt und Rassismus in den USA.
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Betrunkener Sex unter „kreuz und quer verlaufenden Wäscheleinen“. Mikes Zunge im Mund der Erzählerin „klingt wie ein Topf kochender Miesmuscheln“. In der Nachbarschaft kollabiert die Struktur eines von jeher subkulturell-brüchigen Gemeinwesens. Die Leute wissen einfach nicht mehr weiter. Sie machen sich Szenen. Dann kreuzt die Polizei auf und die letzten nicht völlig abgesunkenen Heuler*innen ziehen fremde und eigene Kinder aus dem lebensgefährlichen Verkehr in unaufgeräumte Korridore.
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In seinen Gedichten erzählt Franz Dobler die Geschichten unserer Irrtümer ... Das lyrische Ich im Auftakt war ein Liebling der Götter, bis es aufgegeben und in die Quarantäne sozialer Notdurft geschickt wurde. Die Stimme spekuliert über die Dauer der Ächtung. Hoffnung und Gleichgültigkeit halten sich die Waage.
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Mit dem kleinbäuerlichem Idyll, das uns in der Fleischwerbung meist präsentiert wird, hat die Fleischindustrie nichts zu tun. Ausgebeutete, scheinselbstständige Beschäftigte ohne Rechte müssen sich krank in die Arbeit schleppen, um stundenlang in eisiger Kälte ohne Tageslicht zu arbeiten. Bezahlt werden sie nicht nach Zeit, sondern nach der Menge der Leiber, die sie zersägt haben ... Bis zu 30.000 Schweine am Tag ließ Tönnies ...
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„Wenn man jemandem alles nimmt, existiert er dann noch?“ fragt Michel Houellebecq. Er geriert sich als Antipode Descartes‘, dessen Unverzagtheit Houellebecq bizarr findet. Der Lebende widerspricht einem Toten. „Sein heißt in Relation sein.“ Houellebecq bekennt sich zu der Neigung, seine Protagonisten auszulöschen, ihnen nichts zu lassen; bis sie einfach dem zustimmen, was die Macht ihnen vorsagt.
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In Dulcies heimischer Festung ist noch viel „nach dem Geschmack einer anderen Zeit“. Als Rezensentin der Familienschinken erkennt Viola einen verloren gegangenen Reichtum. Die polierende Wirkung der Konzentration auf Gegenstände bemerkt auch die eher prosaische Dulcie. Sie gesteht sich ihre Überforderung nicht ein.
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Am 17. November 2020, 17.30 Uhr, kann die/ der interessierte Zuschauer und Zuhörer bei einem Stream des Wiener Passagen Verlags, der gemeinsam mit der Universität Zürich und dem Theater Neumarkt Zürich organisiert wird, ein Gespräch zwischen dem Philosophen und Verleger
Peter Engelmann und der französischen Schriftstellerin Hélène Cixous mit verfolgen.
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Jim konkurriert mit Gloria, die eine Hippievergangenheit mit illustren Schauplätzen und Ashram-Höhepunkten hat. Gloria zählt zu jenen „Frauen, die (mit fünfzig) aufhören sich die Haare zu färben“, wenn sie es denn je getan haben. Jim erkennt darin ein Raum und Geltung forderndes Statement. Er konstatiert „beängstigende Vitalität“, eine brutale Zugriffsbereitschaft, vor allem jedoch „ein hormonell gesteuertes Bedürfnis nach Ehrlichkeit“.
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Rund 2.000 Filme aus über 100 Ländern wurden in diesem Jahr eingereicht. Davon nominierte die Programmkommission 34 für den Wettbewerb. Die Jury – Maren Kames, Tom Konyves und Martina Nix – vergibt vier Preise im Gesamtwert von 12.000 €: den ZEBRA-Preis für den besten Poesiefilm, gestiftet vom Haus für Poesie ...
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Nicht die Treue bildet den Kitt wahrer Verbindungen, sondern die relative Bedeutungslosigkeit der Untreue. Das inkludiert ein Superphänomen der Liebe. Dass man mit einer vergleichsweise unbedeutenden Gegenspielerin besseren Sex haben kann als mit dem Pendant. Dass der Supersex mit einem/r verhältnismäßig Fremden gegen den Oxytocinrausch ...
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Alles läuft auf eine Zuspitzung hinaus. Dulcie Mainwarings Nichte Laurel zieht frohgemut zu ihrer Tante von Nirgendwo auf dem Land nach Irgendwo in London. Das heißt, es gibt bessere Adressen, wie der Nachkommenden wohl bewusst ist. Die Gastgeberin übt rituell Verzicht. Sie hat sich das innere Dauerlächeln schwachsinniger Milde verordnet. Vielleicht wurde sie auch dazu erzogen, wenn nicht sogar abgerichtet.
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Die Corona-Krise befeuert die Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen. Für die einen ist es die notwendige Antwort auf Digitalisierung und neue Arbeitswelt, für die anderen schlicht ungerecht, leistungsfeindlich und unbezahlbar. Im Rahmen der ARD-Themenwoche #WIELEBEN diskutiert der rbb-Bürgertalk "Wir müssen reden!" am Dienstag, 17. November 2020, um 20.15 Uhr das Pro und Contra eines bedingungslosen Grundeinkommens live im rbb Fernsehen.
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Der Erinnerungssturm koinzidiert mit einem Schneesturm. Ich würde gern erzählen, dass sich Marissa und der Erzähler in diesem Schneesturm wiedertreffen, doch in der Wahrheit des Romans sehen sie sich in einem Supermarkt. Vermutlich wissen sie beide nicht mehr, wer damals Schluss gemacht hat und warum Schluss gemacht wurde.
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Im Dulcies heimischer Festung ist noch viel „nach dem Geschmack einer anderen Zeit“. Als Rezensentin der Familienschinken erkennt Viola einen verloren gegangenen Reichtum. Die polierende Wirkung der Konzentration auf Gegenstände bemerkt auch die eher prosaische Dulcie ... Sie will das alles nicht und findet doch kein Mittel gegen den Rummel ...
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Bayern nimmt auf - Die Lebensbedingungen im Hauptlager Moria auf Lesbos waren bereits vor den Bränden menschenunwürdig. Die Situation in den anderen Hotspot-Lagern ist nicht besser. Mehrere Zehntausend Geflüchtete leben seit Jahren zusammengepfercht in einfachen Zelten, fast ohne medizinische Versorgung und unter unerträglichen hygienischen Bedingungen – unter ihnen auch viele besonders schutzbedürftige Personen wie unbegleitete Kinder, alleinreisende Frauen und Menschen mit Behinderung.
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Es gibt keine Rechtfertigung für den Wohlstandvorsprung, der wie eine melancholische Felsnase den Ozean des globalen Elends überragt. Aber für Eleanor, Philipp, Gabrielle, Constance - und Glenn, der scharf auf Eleanor ist, geht es nun einmal nur darum, welcher Wein passt in die Pause zwischen zwei elegischen Anlässen, und sollte man sich außerdem noch die Beine rasieren. Eleanor duscht gemeinsam mit Philipp, die bürgerliche Wundertüte steckt voller Überraschungen.
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Eleanor „spaziert durch die Himbeeren“ einer bürgerlichen Existenz. Da liegt der sensationelle Gehalt ... Die Kanalisation kollabiert nicht. Aus den Hähnen fließt Trinkwasser. Die Kakerlaken halten sich bedeckt. Man muss gar nicht ausholen, um dem Gefühl von Geborgenheit Raum zu geben, das Eleanors häusliche und biografische Umstände auslösen. Eleanor ist sentimental, Sentimentalität ein hohes Gut. Das muss man sich leisten können.
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Bis zum Ende des II. Weltkriegs erschöpfte sich Reklame vor allem in Textaufgaben. Es ging um Ansprachen, bis man entdeckt, dass durch den Schlauch einer Metabetrachtung gezogene Ideen „mehr Menschen erreichen“. Das geschieht etwa bei der Übertragung einer Einsicht auf eine Zeichnung. Da entsteht wie von selbst ein Mehrwert. ... Die Illustration darf die Überschrift nicht wiederholen. Die Aussage muss stark genug für eine ganze Seite sein.
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Lisa Moores Heldin ignoriert die Frauenfeindlichkeit. Über ihre inneren Kaskaden strömen exkulpierende Wasser der Erinnerung. Der Sonnenpfeil eines Lichteinfalls führt sie zum ersten Kuss und dem ersten Pferd, einer geliebten, mitunter Wolken boxenden Stute. Ein sternenübersäter Himmel hier, eine Rechenmaschine da, und dort der Fernseher vor dem eingeschlafenen Vater. Auf seiner Brust bebt das auf hochwertig getrimmte Leseclub-Buch; die goldenen Letter erhaben auf dem Cover.
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Der Newcomer in New York gestaltet Plattencover. Er schmeißt mit Entwürfen nur so um sich. Das Genie ist fleißig. Seine Arbeit oszilliert in einem akademischen Kunstrahmen. Seine Linien elektrisieren alle am Big Apple nagenden Art-Direktor*innen. Der Debütant skarifiziert einen Anzug, um die Frage nach seinem Befinden anzuregen.
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Blake Gopnik exponiert eine Tendenz, Andy Warhols Radikalität herunterzuspielen. Manche Kritiker*innen unterstellen W. das bloße Geschick des „traditionellen Handwerkers“ unter einer „avantgardistischen Oberfläche“. Die Kombination von bildender Kunst und Werbegrafik ist ein heißes Eisen an der Carnegie Tech. Ein akademischer Meinungsführer vertritt den Standpunkt: „Wenn ein Werbegrafiker gut ist, wird er automatisch zum bildenden Künstler.“
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Juha Kaakinen leitet die Y-Foundation. Die NGO bekommt vergünstigte Anleihen vom Staat, um Wohnraum anzuschaffen. Darüber hinaus werden die SozialarbeiterInnen vom Staat bezahlt. Die finnische Lotterie wiederum unterstützt die NGO, wenn sie Wohnungen am privaten Wohnungsmarkt kauft. Daneben nimmt die Y-Foundation noch Kredite von Banken auf. Mit den Mieteinnahmen zahlt die NGO die Kredite zurück.
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Da sind Eleanor und Philipp. Sie haben sich zur offenen Ehe entschlossen. Im Augenblick sieht es so aus, als sei die eingehegte Freiheit ein gerechter Superspreader. Sex ist in Sicht auf einer Hochzeitsfeier unter Altvertrauten. Man spricht und prunkt so vor sich hin. Verspiegelte Sonnenbrillen, der glänzende Lack von Taschen und Schuhen …
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Pleil spricht nur gebrochen Deutsch. Sein kommunistischer Vater ist nach der Machtergreifung mit der Familie auf die tschechische Seite gewechselt. Der Sohn durchläuft schließlich aber Stadien an den Abbruchkanten der Normalität im faschistischen Deutschland. Obwohl ihm im bürgerlichen Sinn alles misslingt, prahlt Pleil mit sich in der Konsequenz einer grandiosen Selbstwahrnehmung.
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Abstrakt ist das Zauberwort jener Ära. Alles muss abstrakt sein. Das führt dazu, dass Künstler*innen ihre gegenständlichen Werke abstrakt nennen. Warhol macht daraus eine Masche. Jedes Irgendwas aus seiner Hand funktioniert irgendwie im Zusammenhang mit der Zuschreibung abstrakt.
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Als Kind durchläuft er Stadien eines sanften Aufstiegs. Mit unbändiger Kraft boxt sich sein Vater in den Arbeitermittelstand. Er requiriert förmlich eine Doppelhaushälfte im Rahmen immer wieder dramatisch scheiternder sozialer Expansionen. Er hält nicht inne, auch als ihn die große Depression von und nach 1929 wirtschaftlich lähmt. Er repariert die Schuhe seiner Kinder. Schleift Böden ab. Kratzt Tapeten von den Wänden. Kurz, der Mann fightet um sein Stück vom amerikanischen Traumkuchen.
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Oft gibt sich Pleil den Anschein dienender Beflissenheit. Er verbirgt ein kochendes Herz und die sexuelle Freude am Blutfluss, wie er in Schlägereien zuweilen strömt. Er ritzt sich und überschreibt die Wunde mit einer obszönen Krakel. Im letzten Stadium schlecht begriffener Aberrationen strebt er seine Kastration in einem autoaggressiven Akt an: als finalen Höhepunkt eines Selbstentzündungsexzesses.
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Der Biograf will das erloschene Licht des 20. Jahrhunderts für seine Leser*innen noch einmal anmachen; das Licht, in dem seine Heldin überlebensgroß erscheint. Susan Sontag war ein Rockstar wie Patti Smith. Wenn diese Ikone weiblicher Intellektualität die europäischen Sheros (blend of she & hero) vom Schlag Lukács und Sarraute kritisierte, war das eine Show.
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»In den langen Jahren, die wir als Übersetzerteam zusammenarbeiten, gab es - neben viel Alltagskost – einige Romane, die wirklich einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen haben. ›Offene See‹ von Benjamin Myers gehört zweifellos dazu. Ein Text von großer poetischer Kraft mit faszinierenden Figuren vor grandioser Kulisse.«
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Warhol spielt mit den Geburtsdaten Zeitpunkt & Schauplatz. Er ruiniert die Fakten, bis hin zu einer Aristokratisierung, die ihn zu einem 'von Warhol' aus Cleveland in Ohio macht. Vor allem kehrt er kaum je zurück in seine Heimatstadt. Auch dem slowakisch-ruthenisch-bäurischen Ursprung seiner Eltern schenkt er zunächst geringe Aufmerksamkeit.
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In Knoxville gerät Tina in den Gottesdienst einer Pfingstgemeinde. Zum ersten Mal erlebt sie Gläubige, die vom Heiligen Geist überwältigt werden. Die feiernde Gemeinde explodiert im Overflow der Verzückung. Die Ekstase ist total. Jetzt geht es los. Tina hat „die prägnanteste Stimme“ im Kirchenchor schon mit acht. Wenn sie nicht singt, beobachtet die Elevin den Tanz der Libellen an einem Bach. In der Natur hat sie ihre Tankstellen, Ruhepunkte und Ausblicke. Sie studiert den Kreislauf des Lebens. Jede Idylle ergibt sich in einem mörderischen Geschehen.
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Beim Terroranschlag in Wien sind es vor allem drei Männer, die neben der Polizei und den Sicherheitskräften ihr Leben riskieren, um andere zu retten: Ein Palästinenser und zwei türkisch stämmige Simmeringer bleiben an der Seite eines verletzten Polizisten und tragen ihn zum Rettungswagen. Dabei wird einer von ihnen selbst angeschossen. Der Polizist riet Osama Abu El Hosna, sich in Sicherheit zu bringen. „Ich habe ihm gesagt, ich helfe dir. Bis zum Ende. Gemeinsam schaffen wir das“, antwortete ihm der junge Mann.
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Auf kaum etwas reagieren wir misstrauischer, als auf Veränderung. Dabei hat Stefan Schliefenbeck eigentlich nichts zu verlieren. Er müsste sie nur ansprechen, die hübsche Kassiererin im Bioladen. Wenn da nicht seine Hoffnungen und Ängste wären: Statt sich endlich ein Herz zu fassen, flüchtet er in schwindelerregende Vorstellungen davon, was passieren könnte ...
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Die Mutter spricht kaum Englisch. Mitunter wirtschaftet sie monatelang als Strohwitwe, während ihr Mann auf Montage ist. Die Familie wird zur Geisel der Großen Depression. Man verrührt Wasser mit Ketchup. Gopnik konzentriert sich auf die Pressplatten- und Plumpsklo-Armut. Schande, Schmach und Scham gibt es nicht, nur Kälte, die in den Arsch beißt. Trotzdem fühlt man kaum das Elend, da es alle beherrscht, die an den Maßstäben mitwirken. Zumindest in der Perspektive von jemanden, der über drei Straßenzüge nicht hinauskommt.
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BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen. Die Schlagwort-Abkürzung überschreibt eine Kampagne, die Israel unter Druck setzt und dabei eine Boykott-Tradition perpetuiert, in der seit den 1920er Jahren nachbarschaftliche Ausgrenzungspolitik betrieben wird. Eine Legende verjazzt den politischen Schwitzkasten zu einer Allianz im Spektrum der Neuen sozialen Bewegungen. Angeblich soll „das lose koordinierte Netzwerk … 2005 als Reaktion auf einen Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft gegründet worden sein“.
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Falsche Hose ist die zweite Veröffentlichung von Das Hobos & Franz Dobler nach Verhängnisvolle Frau auf der Split-7'' Remembering Nico auf Gutfeeling Rec (GF068). Der Text hat mit der Inspiration – John Lee Hookers 1966-Version des Klassikers One Bourbon, One Scotch, One Beer – nichts zu tun, abgesehen vom Refrain. Und auch die Blues ...
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Rossi entdeckt einen Blutpfropf. Er wirkt wie ein Flaschenhalsverschluss. Die Organhöhlen laufen voll im inneren Blutbadgeschehen. Die Milz ist ein Fetzen, ein Leberlappen: gequetscht. Die Därme sind perforiert. Magensäure steigt auf. Exkremente schwimmen in der Melange und erhöhen das Risiko einer tödlichen Infektion.
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Leningrad, ein Sommer zu Beginn der 1980er-Jahre. Während Alben von Lou Reed und David Bowie heimlich die Besitzer wechseln, brodelt die Underground-Rockszene. Mike (Roma Zver) und seine Frau Natascha (Irina Starshenbaum) lernen den charismatischen Musiker Viktor Zoi (Teo Yoo) kennen. Ihre unbändige Leidenschaft für die Musik verbindet sie schnell zu einer eigenwilligen Dreieckskonstellation. Als Teil einer neuen Musikbewegung werden sie trotz staatlich kontrollierter Konzerte das Schicksal des Rock 'n' Rolls in der Sowjetunion verändern.
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Eine ständig, gelegentlich aufkochende und überschäumende Gewalt der Herrschenden gehört zur Grundierung des Schwarzen Alltags. Beinah vor Anna Maes Augen bezahlt der Bürgerrechtler Elbert Williams einen Emanzipationsakt mit dem Tod. Ein Sheriff und seine Schergen verschleppen Williams und ermorden ihn demonstrativ brutal nach der Devise: Lynch einen und erzieh hundert.
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Trump ist immer noch auf dem Schulhof und in der faustrechtlichen Hackordnung. Es gibt kein Erbarmen, nur ein Freilos. Wer, wie blutverschmiert auch immer, immer wieder und noch einmal aufsteht, gewinnt ein atavistisches Vorrecht, das seine Feind*innen auf die furchtbare Bahn eines Circulus vitiosus verbannt: es gibt kein Argument gegen die Selbstbehauptung, die nichts anderes sein will. Dem bloßen/blanken Anspruch kommt niemand allein mit dem Mut einer administrativen Tyrannenstürzerin bei.
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Aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus schließen wir den Gropius Bau bis zum 30. November für den Publikumsverkehr und hoffen, Sie ab Dezember 2020 wieder bei uns begrüßen zu können. Unsere Ausstellungen Otobong Nkanga: There’s No Such Thing as Solid Ground und Masculinities: Liberation through Photography können Sie auf unserer Website digital entdecken.
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Tina Turner kommt in einem Bunker der Entbehrung für Schwarze Entbindende zur Welt. Ihr Vater ist Pächter. Sein Boss gibt sich jovial. Er bewirtet die Kinder des Gesindes nach den Regeln des Südens. Es gibt ein bauernhöfisches entre nous. In diesem Kontext folgen Anna Mae und ihre ältere Schwester Alline Einladungen ins Herrenhaus, wo sie mit Limonade und einem Imbiss bewirtet werden, sofern keine fremden Weißen in Sicht sind.
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Nach einem Open-Air-Projekt im radialsystem (August) sowie ersten internationalen Gastspielen in Rom (September) und Straßburg (Oktober), plant die Compagnie das Jahr 2020 im Dezember mit Berliner Spielterminen an der Volksbühne, einem neuen Projekt im radialsystem sowie einem Gastspiel in Hamburg zu beenden.
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Tina Turner wollte immer eine Lehrerin des seelischen Gleichgewichts sein. Das Geheimnis ihrer eruptiven Bühnenpräsenz ist buddhistische Gelassenheit. Ist sie eine zur Vollendung Berufene auf dem Weg in den Himmel der Mühelosigkeit? Ohne jeden Geiz teilt sie mit ihren Leser*innen den Schlüssel zum Spirit. Japaner nennen den Weg zur Klärung der Persönlichkeit Do. Die Kodifizierung von Turners Do ...
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In der Konzentration auf den Heroismus zeichnet sich die Niederlage ab. Gräf wird von der Aussicht auf ein Ritterkreuz so geblendet, dass ihm das Große und Ganze weniger deutlich vor Augen steht als die persönlichen Ehrenverdienstmöglichkeiten. Der Body Count seines Fachs heißt Bruttoregistertonnen. Das macht Angriffe auf zivile Positionen so attraktiv.
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Drei Mikrofone, zwei Gäste, ein Moderator: die Kraft von Talk in einer Stunde. Am 2. November 2020 startet die zweite Staffel von "Besser als Krieg - Oliver Polak und Gäste" auf radioeins, am 3. November im rbb Fernsehen. In vier neuen Folgen des Video-Podcasts bespricht Oliver Polak mit seinen Gästen persönliche, intime, kontroverse und philosophische Themen. Zu Gast sind die Musikerinnen Joy Denalane und Nadja Benaissa, die Influencerin Yma Louisa Nowak, die Verlegerin Elisabeth Ruge, die Start-Up-Unternehmerin Aya Jaff, die Autorin Fatma Aydemir sowie die Kolumnistinnen Hengameh Yaghoobifarah und Lin Hierse.
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Stets goss Fynn gleich nach dem Kauf einer Glasflasche Billigwodka oder -Whisky den Sprit in einen bauchigen Einskommafünfschlauch, der für Eistee oder etwas in der Art hergestellt worden war. So vermied Fynn das Alkoholiker*innenklirren in dem Beutel seiner ständigen Begleitung. Er führte zu seiner Sicherheit Schnaps mit und glaubte doch mit der Zuversicht eines jeden Dumpers, dass er als normaler Verkehrsteilnehmer wahrgenommen würde.
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Eine schwere Schiffskatastrophe ereignete sich am 14. Oktober 1942, als die Passagierfähre „Caribou“ von dem deutschen U-Boot 69 versenkt wurde. 136 Passagiere und Besatzungsmitglieder kamen ums Leben. Sie starben in der Konsequenz des Auszeichnungsehrgeizes von Kapitänleutnant Ulrich Gräf, der sich zu Höherem berufen fühlte und sich mit Versenkungsexzessen bei Admiral Dönitz empfehlen wollte.
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In der Online-Paneldiskussion „Endstation Migration – Wo verlaufen die Diskurslinien in der Antirassismus-Debatte?“ geht es um die oft ungenauen Diskurse rund um Anti-Schwarzen-Rassismus, die häufig und insbesondere in der medial relevanten und politischen Auseinandersetzungen in der Migrations- und Integrationsthematik stecken bleiben. Wir fragen Schwarze Politiker*innen: Wie werden Schwarze Themen in den einzelnen Parteien verhandelt?
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Er erweist sich als tüchtiger Amateur auf dem Feld der Ergründung ursprünglichster Küchengesten. Nichts scheint den Amerikaner mehr zu faszinieren als das ausdifferenzierte Setting einer altweltlichen Zubereitung, die sich stets als Kommentar zu Varianten in einer hochkomplex diversifizierten Praxis darstellt. Buford reüssiert als Experte des Bunkai de la cuisine d’origine.
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In den frühen Siebzigerjahren begehrte Hans Eijkelboom in einem Amsterdamer Viertel an Haus- und Wohnungstüren nachmittags mit der Erwartung Einlass, keinen männlichen Erwachsenen zu treffen. Die Kuratorin Alona Pardo spricht umwunden davon, dass die Hausherren durch die Bank verlässlich damit beschäftigt gewesen seien, „ein Leben zu verdienen“. Der Fotograf habe eine „soziale Geschlechtskonstruktion ausgenutzt“.
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Der Fotograf leuchtet Homoerotik in ihrem martialischen Nest aus. Brüderlichkeitsbegriffe erscheinen wie übereinandergeschrieben. Ungleich sind die Brüder. Auf einer Aufnahme sieht man zuerst (da aus dem körperlichsten Gruppenzusammenhang herausgenommen) einen russisch erscheinenden Jüngling, der sich auch in einer Inszenierung sowjetischer oder post-sowjetischer (soldatischer) Männlichkeit gut machen würde.
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»Mit Anya Schutzbach konnte eine äusserst profilierte Persönlichkeit gewonnen werden, die seit vielen Jahren im Literaturbetrieb tätig und bestens vernetzt ist. Die ausgewiesene Fachfrau wird St. Gallen als Literaturstadt massgeblich bereichern. Sie hat die Aufgabe, ein Literaturhaus für die ganze Region Ostschweiz aufzubauen, die – ausser dem Literaturhaus Thurgau in Gottlieben ...
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Das Urteil der Welt wiederholt lediglich das französische Selbstverständnis. Und so sollten auch wir es selbstverständlich finden, dass die Koryphäen am Rand des Weges, den Bill Buford einschlägt, sich einig sind in der Feststellung: „Die französische Ausbildung ist das Wichtigste überhaupt.“ ... Buford besucht Meister in ihren magischen Kreisen und erwirbt Zugangsberechtigungen in der Rolle des Zauberlehrlings.
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„Langsame Kriege sind verlorene Schlachten für Amerika.“ Das erkennt ein Mann des Geheimdienstes, den Woodward als „Kriegermönch“ beschreibt. Doch genau das ist die Hauptstrategie nach der Partisanenlogik: Verlangsamung, Verschleppung, Distraktion, kurz die billige Zersetzung der Gegenseite. Man streut Sand ins Getriebe, stänkert rum, verstört mit absurden Moves, stellt haltlose Behauptungen auf. Das Besondere an Trump: Er versöhnt klassische Herrschaft und Anti-Establishment in seiner Person.
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Die Zahl kirchlicher Bestattungen nimmt kontinuierlich ab, aber nicht der Wunsch nach einer würdevollen und individuellen Abschiedszeremonie. Gerade die letzten Monate haben gezeigt, wie elementar dieses Bedürfnis ist: Die strengen Auflagen für Beerdigungen wurden als schmerzlich empfunden. Der Film stellt Menschen vor, die ihre eigenen Erfahrungen mit dem Tod haben und sich für ein bewusstes Abschiednehmen stark machen.
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Schon seit langem fasziniert mich diese Verbindung von Kurzgeschichte und Roman, spätestens seitdem ich sie bei James Joyce, Amy Tan und Alice Munro entdeckt habe. In den letzten Jahren sind noch andere Lektüreerfahrungen hinzugekommen, von Sherwood Anderson und Carson McCullers über Elizabeth Strout bis hin zu Louise Erdrich: sie alle haben Romane geschrieben, die mit den sogenannten ‚story cycles‘ operieren. Oft spielen diese Romane in kleineren, irgendwie überschaubaren Städten.
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Phantastisch erscheinen die Akteure, Ex-Präsidenten, Präsidentschaftskandidaten, Pressemagnaten, Superspreader der Wirtschaft und des Rechts und dieser notorisch provinzielle oder eben newyork‘sche Kleckerrest am Saum der Macht, der akademische Fettfleck im letzten Frühling ... Die man noch kennt, von Gerald Ford, über Richard Kissinger, Ronald Reagan, Jimmy Carter ... bis George Bush, kannte man damals schon, und mit den anderen Köpfen könnte man ein postumes ...
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Lucy kann so schlampig sein wie nicht noch eine (so schlampig wie sie will? oder so schlampig wie sie es eben nicht vermeiden kann?) und macht trotzdem Furore als Hübscheste im Kreis der Debütantinnen. Kein Wunder, dass Kenji sich in die Psychologentochter verliebt und deshalb nachlässt, wenn es um die geschwisterliche Kollaboration im Kampf gegen die Welt geht. Aiko erkennt ihre Eifersucht. Das Gefühl definiert sie.
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Auf der Suche nach Hilfe und Unterstützung nahmen H. und seine Kameraden Kontakt mit den Leuten von Amnesty International auf. „In Israel gibt es viele außergewöhnliche Leute, die sich um Flüchtlinge kümmern, es ist dort ein ernstes Thema. Die Flüchtlinge sind schutzlos und ständig besteht das Risiko in afrikanische Länder abgeschoben zu werden, mit denen Israel Abkommen geschlossen hat, so wie Uganda oder Ruanda“, erklärt Riccardo Noury von Amnesty International.
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Kiluanji Kia Henda inszeniert Herrschaft nach kolonialen Vorbildern. Er exponiert den Symbolwert des Geweihs in Zitaten, die vielleicht gar nicht so ironisch sind. Den Popanz im Zentrum des Bildgeschehens schmälert kein Hinweis auf Potentaten-Schwäche. Der Akteur wirkt handlungsfähig. Jederzeit geht er als Repräsentant ...
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Der erotisch eingerostete Halbgreis Robert covert seine Unzulänglichkeiten mit den Attributen einer auskömmlichen Existenz. Ich nenne ihn gern Suburbia-Bob, so kommt er mir vor. In Vorstadtzügen lunst er jungen Frauen in die Ausschnitte. Er pirscht mit dem vollen Portemonnaie im Anschlag.
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Aktuelle Recherchen einer Gruppe europäischer Medien, zu der auch der SPIEGEL gehört, belegen, dass EU-Beamte an illegalen „Pushbacks“ vor der griechischen Küste beteiligt sind: Flüchtlinge werden zurück auf’s Meer gebracht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einer Grundsatzentscheidung im Jahr 2012 einstimmig das Verbot einer Zurückweisung an der Grenze oder einer Abschiebung bekräftigt, wenn die betroffene Person ...
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Transmaskulinität - In den akuten Befunden erscheint sie transmaskulin und beinah wie eine Botschafterin fluider Genderbegriffe. In der Wahrheit ihrer Hochzeit kommt Lisa Lyon als Solistin ihrer selbst in die Arena. Der wie ein Wolf umherschweifende Highlight-Fotograf Robert Mapplethorpe erkennt Lyons Autonomie. Er überliefert sie monumental. Selbstverständlich erkennt man an den Konturkanten ...
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Das St. Notre Dame du Lac Hospital ist ein Monument zentralistischer Wohlfahrt. Das projizierte Einzugsgebiet, dem die Einrichtung ihre Stattlichkeit verdankt, wird in der föderalen Realität zur Chimäre. Die (der Entstehung endemischer Arten förderliche) Unwegsamkeit des Geländes, die Rede ist von der argentinischen Quebrada de Humahuaca ...
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Ein Schlüssel zur Bewertung eines US-Präsidenten ist der Body Count. Da stellt sich dann die Frage: Wie viele Amerikaner*innen bezahlten die amerikanische Politik einer Amtszeit mit ihrem Leben?
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Der deutsch-polnische Unternehmer Artur Maszej baut 30 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ein ganzes Seniorendorf. Seine Kunden sind vorwiegend Deutsche, die nicht in den Pflegenotstand rutschen wollen. In Polen, so Maszejs Versprechen, können sie möglichst lang ein selbstständiges Leben führen. Wird Betreuung oder gar Pflege benötigt, dann soll diese unkompliziert im Seniorendorf angeboten werden. Und das für einen Preis, der deutlich unter den Pflegekosten in Deutschland liegt.
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Dem Arrangement voran geht eine Fremdgehzeit, in der allerdings nur Amy so frei ist bei einem Liebhaber zu suchen, was sie zuhause nicht mehr findet. In der koinzidierenden Krise stellt sich als besonders verheerend heraus, dass Robert von dem institutionalisierten Seitensprung bis zu dessen Beichte nichts mitbekommt.
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Koloniale Züchtigungspraxis – Sitte versus Obsession – Man spricht vom Tropenkoller und meint Kontrollverluste. Die Selbstbeherrschung leidet in der Hitze. Der Stress macht die Herren Kolonialbeamte hitzig. Sie schlagen lieber als sie sich besinnen. Hölderlin abgewandelt.
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Im Weißen Haus bestimmt ein Regelbrecher die Spielregeln ... Marion erinnert daran, dass Trump nicht der erste derbe US-Präsident ist. Gestern verglich sie Trump mit Nixon. Für sie ist Trump lediglich ein im Weihnachtssortimentslager vergessener Vorjahrsschokoladenweihnachtsmann.
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Donald Trump versöhnt klassische Herrschaft und Anti-Establishment in seiner Person. Er ist Hillary Clintons 'Basket of Deplorables' und dessen Gegenteil. Also verkörpert er die regulären Garanten der Suprematie und die Guerilla der Subordination. Und jetzt kommt Joe B. und ist bloß Elite.
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Jede Ahnenreihe beginnt mit einer besonderen Person. Sie stößt einen transgenerationellen Prozess an. Im konkreten Fall handelt es sich um einen Heilkundigen, der vermutlich in den 1930er Jahren an einem Weltende (aus der europäischen Perspektive) in der afrikanischen Savanne auf eine rührende Weise selbstlos erscheint, bevor ihn ein früher Tod aus dem Spiel nimmt. Sein Sohn ist aus anderem Holz.
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Zwar verhandelten Repräsentanten der Duala mit jenen deutschen Kaufleuten, die als Vertreter des Deutschen Reichs im Sommer 1884 die Hoheitsrechte über einen Kameruner Küstenstreifen einstrichen, doch betrachteten die Kolonisatoren das Vertragswerk vor allem als effektiven Einwand gegen die Interessen der europäischen Konkurrenz. Die Verabredungen begründeten in der deutschen Lesart einen Rechtsanspruch, während sie in der afrikanischen Lesart den weißen Expansionsdruck kanalisieren und verringern sollten.
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Polly Flint wächst in einer Umgebung heran, die je nach Tageszeit und Lichteinfall als Idylle oder als Brache gelesen werden kann. An der Peripherie ihrer westlichen Reichweite zeichnen sich die Konturen eines Freilichtmuseums der Industriellen Revolution ab. Groß und still wie ruhende Seebären liegen die Höfe am Wegesrand.
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«Wir machen das ständig», sagte Mick Mulvaney. Der Stabschef im Weißen Haus ... erklärte am 17. Oktober 2019 explizit und auf mehrfache Nachfrage, dass Trumps Regierung fast 400 Millionen Dollar zurückgehalten habe, damit die ukrainische Regierung Ermittlungen gegen Joe Biden, Trumps politischen Gegner, aufnehme.
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Sie stammt von Heilbronner Winzern nicht zuletzt ab. Auch Frankfurter Gründerväter stehen auf der Agenda ihrer Herkunft. Das Power-Portfolio beförderte Julia Neuberger in den Rang einer Grande Dame des britischen Establishments.
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Sontags Ruhm erlebt das internationale Auditorium als „etwas nie zuvor Dagewesenes“. Moser haut in die Tasten. Er beschreibt „eine schöne junge Frau von furchterregender Bildung … und unnachgiebiger Strenge“. Gleichzeitig kommt Sontag als Promoterin des voroffiziellen Kulturbereichs in die Arena; als Avantgarde-Aktivistin mit den Zugangskodes für den globalen Underground.
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Rund 2.000 Filme aus über 100 Ländern wurden in diesem Jahr eingereicht. Davon nominierte die Programmkommission 34 für den Wettbewerb. Die Jury – die Dichterin Maren Kames, der Dichter und Videoproduzent Tom Konyves und Martina Nix, Film-Redakteurin beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) – vergibt bei der Preisverleihung am Sonntag vier Preise im Gesamtwert von 12.000 €.
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Der Fall des Kampfpiloten Lars Koch, der ein von Terroristen gekapertes Flugzeugs mit Kurs auf die vollbesetzte Allianz-Arena abschießt, ist in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert worden und mittlerweile Thema im Ethikunterricht. Hat der Mann sich schuldig gemacht oder nicht?
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Das ist ein großer Moment. Seine Wächter und alle anderen, die den Außenseiter hängen sehen wollen, bilden eine atmende Mauer, die Bronson einschließt. Er entzieht sich der Bedrängung, indem er nach innen ausweicht. Zum ersten Mal verstehe ich, was es bedeutet, in sich zu ruhen.
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Sie sind größtenteils jung und gut ausgebildet: Die Zahl der Inder*innen, die nach Deutschland migrieren, steigt seit der Jahrtausendwende. 7.000 waren es im Jahr 2000, 39.000 im Jahr 2019. So viele wie noch nie. Die Zahl der Menschen mit indischer Nationalität hat sich in den vergangenen 10 Jahren damit mehr als verdreifacht: von 46.000 im Jahr 2009 auf 144.000 im Jahr 2019.Quelle
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Egal, was sonst noch auf der Agenda steht und wie groß die kulturellen Unterschiede auch sein mögen, viele Männer gleichen sich global in einer bizarren Mandatsträgerschaft. Sie kaufen ihre Frauen und verkaufen ihre Töchter. In einer totalen Männerherrschaft stoßen sie die Töchter von einer Abhängigkeit in die nächste. Leisten die Degradierten Widerstand, ist der soziale Ausschluss die mildeste Strafe. Entstellungen und Tötungen erweitern den Katalog probater Maßnahmen. Probat in der Perspektive der Patriarchen.
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"Ein Bodden ist ein flaches buchtartiges Küstengewässer einer nacheiszeitlich teilweise überfluteten Grundmoränenlandschaft. Der Name Bodden ist vermutlich niederdeutschen Ursprungs und bedeutet „Boden“ oder „Grund“, was sich auf die geringe Tiefe dieser Gewässer bezieht." Wikipedia
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Angeblich wollen die Mädchen „schicke Kleider und coole Smartphones“, die den Traumatisierten zur Verkleisterung der Machtverhältnisse angetragen werden. Die offizielle Statusmeldung zeigt Kaugummi kauende, in Displays versunkene Kinder in irgendeinem Trallala und unterschlägt die Seelen vernichtende Alltagsgewalt.
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Die westlichen Länder wurden zu wirtschaftlichen Supermächten, als verheiratete Frauen im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zunehmend berufstätig wurden ... Frauen blieben traditionell zu Hause, vor allem, wenn sie verheiratet waren. Ihr Potential, bezahlte Arbeit zu leisten, wurde also nicht ausgeschöpft. Werden die ihnen auferlegten Beschränkungen aufgehoben, strömen sie auf den Arbeitsmarkt. Das Ergebnis ist ein stetiger Aufwärtstrend des BIP.
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Es ist die alte Shopping Mall Story. Ein Restaurant steht quer zu den Plänen eines Moguls. Der Kleinstadtriese will die brave Wirtin vor die Tür ihrer Existenz bomben. Doch Halt! Die gute Frau hat einen brandgefährlichen Ziehsohn, wenn auch gerade unterwegs auf dem Pfad der Läuterung. "Tae-sik struggles to avoid returning to a life of violence", heißt es in den Wikipedia-Chronicles.
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Für wahr hält sie nur das Unbestimmte, wie von Tau Glasierte, Verwischte. Daraus ergibt sich Eremitas vage Präsenz im Leben der bilanzierenden Erzählerin. Sie memoriert aufsässige Sanftmut: erzeugt von einer tiefen Zugehörigkeit ... Ihre unabweisbare Suggestion ergibt sich aus dem Eindruck, Eremtia gehöre (in der heraufbeschworenen Vergangenheit) mehr zum Elternhaus der Erzählerin als die Erzählerin selbst - und, das wiegt viel schwerer, das Haus sei gravierender als die Eltern.
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"A Tresnoble Damoiselle Adelheit, ma treschere maitresse. Meine allerliebste Dame, die große perfection, womit der Himmel selbst euwre glorificirte Sehle hat erfüllet, zwinget alle amoureuse Cavalliers, daß sie sich für euwrer hochwürdigen grandesse humliijren und alß unterthänigste gehorsamste Schlaven zu den Scabellen euwrer prächtigen Fueße nieder legen". Wilhelm Schmidt "Deutsche Sprachkunde"
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Es ist das Jahr 2034: Die Folgen der Klimakatastrophe sind dramatisch. Dürre und Hochwasser vernichten die Lebensgrundlage von Millionen Menschen. Nach der dritten Sturmflut in Folge wurde der Sitz des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag geräumt. In einem provisorischen Interimsgebäude in Berlin wird die Klimakatastrophe zum Gegenstand eines juristischen Verfahrens.
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Selbsthass legt eine Spur. Die Erzählerin treibt ihre Deklassierung voran als Zimmermädchen in einer christlichen Einrichtung. Der Tunnel, in dem sie sich rückwärts bewegt, ist die Ehe. Das ist deshalb so grotesk, weil der Selbstausschluss auf der Bildungsbasis erfolgt. Die Souveräne gibt sich auf: „Und es ist nicht der Bräutigam, der mich abholt ... Er wird mich auch nicht ernähren, sondern ich ihn.“
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Das Koreanische Kulturzentrum ist aus der 1994 gegründeten Presse- und Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea hervorgegangen. Es trägt wesentlich dazu bei, die traditionelle und moderne Kultur und Kunst Koreas einer breiten Öffentlichkeit in Deutschland zugänglich zu machen. Vor diesem Hintergrund haben der Dialog und der Austausch ...
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Die Beschwörung der Missa solemnis als Einsegnung einer Generation (die Heimholung der westdeutschen Nachkriegsjugend in die transatlantische Western Union) auf der Waldbühne unter der Ägide von Kardinal Jagger gerät zum Dauerlauf gegen die verlorene Zeit.
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Beinah verblutet wäre die Mutter bei Adas Geburt. So „platt wie ein Blatt“ folgt der Überlebenden ein toter Zwilling. Der Gynäkologe, „ein alter Naziprofessor“, zieht das Kind wie mit glühenden Zangen in die Welt, just als „Deutschland endlich am Boden“ liegt.
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Die künstlerisch-literarische Veranstaltung – Fußtritt auf die Û∞ – Berlîn ist eine Verkörperung des ersten Kapitels der kreativ-anarchistischen urbanen Flucht-Chronik, die auf der Stadtuntersuchung entlang der Berliner U-Bahnlinie U8 fußt.
Das Projekt wird vom kurdischen Û inspiriert. Die kurdische Sprache wird durch ein Verbot in mehreren Ländern unterdrückt.
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Die belesene, im Kosmos der deutschen Philosophie beheimatete Ich-Erzählerin erfüllt die Erwartungen unter lauter Analphabetinnen. Sie gibt sich „zurückhaltend und keusch“. Sie kehrt zu den Ausläufern eines Lebens zurück, das ohne sie weiterging. Sie möchte den zurückgebliebenen Verwandten gefallen.
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Während die eheliche Sexualität sich vollständig erschöpft und als leeres Formular lustlos, aber vorwurfsvoll hin- und hergeschoben wird, revitalisiert sich Mauro mit Hilfe der jungen Carla und ihrer grünen Tangas. Mauro enerviert die sexuelle Gehhilfe (aus Gehhilfe macht ein phonetischer Kurzschluss Gehilfin) mit dem Krückstock des ständigen Hinweises auf sein Alter.
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Vier Jahre verbringt sie im Rahmen des heteronormativen Einerleis. Die Autorin hält sich mit der Beziehungsumgebung auf. Sie exponiert das Wesentliche. Jede Liebe schafft ein Milieu und erweitert die Spielräume. Das ist eine Funktion der Liebe. Deshalb fühlt sich die Alleinstehende so ausgesetzt und an den Flanken entblößt.
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In den guten alten Zeiten vor dem 'großen Welken' erntet der trockene Alkoholiker und sesshaft gewordene Landstreicher Everett Greenwood Zuckerahorn. Das ist eine Sache intuitiver Handarbeit. Schlägt Greenwood einen Spund zu tief ein oder nicht tief genug in den Stamm, verfehlt er den Saft. Der Waldgänger zieht Bäume den Menschen vor. Auch Wälder sind Gesellschaften mit Hierarchien ...
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Die Auswahl von je fünf herausragenden Inszenierungen aus den letzten beiden Spielzeiten für Augenblick mal! 2021 steht fest. Das Festival des Theaters für junges Publikum präsentiert die zehn Produktionen auf dem „Theatertreffen“ der Kinder- und Jugendtheater von 16. bis 21. April 2021 einem Familien- und Fachpublikum an zahlreichen Spielstätten in Berlin.
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Nach dem Tod ihres Mannes begegnet Paula einer Frau, die auch gerade Witwe geworden ist. Der vergleichbare Verlust schafft nicht nur keine Gemeinsamkeit. Vielmehr ergibt sich ein Konkurrenzverhältnis als Donnerwetter wie aus heiterem Himmel. Kalt rezensiert Paula den Auftritt der anderen.
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Der eine nennt seine Beflissenheit eine Tugend, der andere ist stolz auf seine Unverfrorenheit. Man kann das eine wie das andere degoutant finden, und, wenn man analytisch weit genug geht, auch pathologisch einordnen. Der servile Auftritt des Dieners unterschreitet den Begriff der Menschenwürde womöglich mit einem Mutwillen, der in irgendeiner Kammer geboren wurde; vielleicht in einem pubertären Versäumnis.
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Im Pradakleid bricht Jake die Regeln des Systems, das sie erhält. Dem Personal ist privater Umgang mit den 'Pilgern' verboten. Hauptberuflich zieht Jake täglich die Show einer Baumflüsterin ab. Nebenberuflich macht sie sich die Sorgen einer Wissenschaftlerin. Nun tritt sie über ihre Ufer. Michael Christie erzählt das so, dass wir den Film schon vor Augen haben ...
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Sich für Augenblicke erfinden, in den Augen einer Schönheit ertrinken. Das versteht Georges Manolescu, der als Fürst Lahovary reüssiert, unter einem gelingenden Leben. In Monte Carlo setzt er einmal wieder alles auf Rot. „Eine kleine Russin“, im Ornat der blühenden Witwe, beobachtet sein „unglückliches Spiel“.
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Wieder an einem jüdischen Feiertag, und wieder an einer Synagoge: Der Angriff auf einen jüdischen Studenten in Hamburg am Sonntag weckt Erinnerungen an den Anschlag auf die Synagoge von Halle genau heute vor einem Jahr. Und er wirft erneut die Frage nach der Sicherheit jüdischen Lebens in Deutschland auf.
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Die Botanikerin Jacinda Greenwood führt Spitzenkräfte der Wirtschaft, die berufstäglich an der Vernichtung der grünen Lebensbasis beteiligt sind, in die „Baumkathedrale von Greenwood“. Da überlebt unter extrem erschwerten Bedingungen einer der weltweit letzten Primärwälder. Im Fluidum der ökologischen Klimaxgesellschaft erreichen die 'Pilger' ...
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Fürst Lahovary, der als Georges Manolescu nicht arm, aber auch nicht adelig geboren wurde, bekennt in seinen Memoiren, nie Furcht gekannt zu haben. Mit vierzehn quittierte er eigenmächtig den Kadettendienst in der rumänischen Marine, um als aufgeflogener blinder Passagier in Konstantinopel zügig zu stranden. Da ging er vom Mundraub zum Diebstahl über. Er bestahl eine erstrangige Persönlichkeit, die sich als Gönner ...
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Die Fridays For Future Bewegung hat dafür gesorgt, dass die Klimapolitik der etablierten Parteien in den Fokus rückt und trotz massiver Proteste sind die Ergebnisse nicht annähernd ausreichend, um das zu gewährleisten, was die Wissenschaft und die Aktivist*innen anmahnen und fordern. Klimawandel ist in den meisten Teilen der Welt außerhalb Europas ...
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Eremita schleicht sich in ihren „Abwesenheiten“ davon. Manchmal verwendet sie unpassende Wörter, die ihren Status übersteigen und von der Erzählerin als „geliehene, klischeehafte Ausdrücke“ gerügt werden ... Die Erzählerin bescheinigt ihrer Heldin eine leere Tiefe; eine ozeanische Verschwendung geistiger Verwendungsmöglichkeiten.
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Er sieht aus wie eine 20-Cent-Münze – und öffnet eine neue Welt. Ein Pförtner drückt Elske Hildebrandt den elektronischen Schlüssel in die Hand, für die Türen im Potsdamer Landtagsgebäude. Jetzt ist die 46-Jährige plötzlich drin im Parlament. Eine von 88 Frauen und Männern, die hier Entscheidungen treffen sollen für ein ganzes Land. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Neu-Einsteiger. Was können sie erreichen? Welche Illusionen zerbrechen? Die Dokumentation begleitet vier neue Abgeordnete des Brandenburger Landtags – vom Wahlabend im September 2019 bis in den Herbst 2020.
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Wegen der vielen Hemmungen in den Normalverläufen, die sich aus dem unwillkürlichen Isolationismus der Heldin ergeben, hat Johnny Penetrationssex zum ersten Mal mit einundzwanzig. Sie lobt sich für einen effektiven Durchgang, übrigens in Finnland. „Vom ersten Kuss bis zum ersten Mal in weniger als Stunden, alles ein Abwasch.“
Loïc ist schwul und bekennt schließlich Farbe, indem er behauptet, nicht länger so tun zu können als sei Johnny keine Frau. Die Verlassene fühlt sich immerhin verstanden von jemandem, auf den ein Mangel an Weiblichkeit nicht abschreckend wirkt.
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„Johnny Ohneland“ - Der Titel hat ein historisches Echo. Der als Jean Plantagenêt geborene Johann Ohneland folgte seinem älteren Bruder Richard Löwenherz gegen dessen Nachfolgepräferenz sowie im Triumph über wenigstens einen anderen Anwärter 1199 auf den englischen Thron. Als Herzog der Normandie stand Jean Sans-Terre ...
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In einer Zeit, in der sich klassische Männlichkeitsbilder in der Krise befinden und Begriffe wie „toxische“ und „fragile“ Männlichkeit gesellschaftliche Diskurse prägen, bieten über 300 Arbeiten von 50 internationalen Künstler*innen, darunter Laurie Anderson, Richard Avedon, Rotimi Fani-Kayode, Peter Hujar ...
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Hinter Zeina Nassar liegt ein Jahr der Vorbereitung. Nicht wenige halten sie für unschlagbar. Im Training zeigt sich ihr keine mehr gewachsen. Aber im Jetzt der kommenden Entscheidung steht die amtierender Stadtmeisterin mit einem Rekord von fünf Gefechten im Talking-Hands-Modus mehr als die Herausforderin.
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Sie nennt England eine Festung, die das Meer schleift. Marion Forster lebt über einem Klippenstrand der Nordsee wie auf einem Außenposten der Zivilisation. Ihre Verbindungen reichen weit. Zum Beweis stehen lauter rationierte Lebensmittel in der Vorratskammer bereit. Jeden Abend schmälert sie ihren Bestand an Vorkriegsspirituosen.
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Christian Wulff war nicht der erste, der den vielzitierten Satz über den Islam sagte. Auch nicht der letzte. Doch nur um seine Rede entbrannte eine so hitzige Debatte. Denn es war der Bundespräsident, der den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" aussprach. Am Tag der deutschen Einheit. Und mitten in der Debatte um Thilo Sarrazins umstrittenes Buch "Deutschland schafft sich ab".
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Jeden Tag bietet mir Facebook einen Blick in meine jüngere Vergangenheit an. Gestern ploppte ein Bild von Marie-Luise Scherer auf, das ich 2014 in der Akademie der Künste gemacht habe. Ich war seit vier Jahren aus dem Geschäft, litt aber noch am Berichterstattungsfieber.
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In der ersten Folge diskutiert Nora Gantenbrink mit Christian Fuchs, Journalist und Autor, über Rechtsextremismus in der Gesellschaft und darüber, was man diesem entgegensetzen kann und sollte. Weitere Gäste des «Sollzustand»-Podcasts sind die Influencerin Melodie Michelberger, der ZEIT-Journalist Ijoma Mangold und die Tagesschausprecherin Linda Zervakis.
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Polly wächst an einem freundlichen Katzentisch familiären Glücks auf. Als der Erzählfluss einsetzt, ist die Mutter schon tot. Polly parkt in einer weitreichenden Abwesenheit des Vaters bei Schwestern der Toten. Der Vater ist „ein kleiner schwerer (Seemann) auf leichten Füßen“; ein schlechter Sänger und guter Tänzer.
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Dilek Mayatürks Gedichte sind ultrakonkret und berauschend genau gebaut. Darin versteppt Istanbul aus (den bekannten, vom Ich persönlich genommenen) politischen Gründen. „Ich kann mich nicht mehr durch die Stadt bewegen“, bemerkt das „schwer gewordene“ lyrische Ich. Synonyme für diese Schwere sind leicht zu finden.
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Der rbb hat die Menschen in Berlin und Brandenburg dazu aufgefordert, ihre Geschichten zu erzählen. Mit dem Erzählmobil war der rbb auf Tour durch die Region, zum Start am 9. November 2019 im Sony Center, danach mit der Abendschau auf dem Alexanderplatz, mit radioeins in der Kulturbrauerei ...
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Der Roman beginnt mit einer deutsch-französischen Einwanderergeschichte in New York. Ein Verwandter der Titelheldin kommt zu Besuch und versaut das Thanksgivingfestessen von 1929. Eine Dreijährige wird zur fassungslosen Zeugin der Entgleisungen. Dazu zählt die Simulation der Penetration eines Truthahns (wie von Fellini in Szene gesetzt).
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Gerade vollzieht sich auf der anderen Seite des Atlantiks, wie man früher ständig sagte, um Europas verlorene Bedeutung unter den Teppich zu kehren ... die zweiundfünfzigsten Wahl des Weltmächtigsten. Am 3. 11. 1992 kommt Bill Clinton als zweiundvierzigster Präsident ins Spiel.
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Morgen finden bundesweit Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung statt. Wenig Gehör finden dabei die Perspektiven von Migrant*innen, von ehemaligen Vertragsarbeiter*innen und People of Color in Ost- und Westdeutschland.
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Dilek Mayatürk ist eine neue weibliche Stimme in der türkischsprachigen Lyrik – stark, verletzlich, wütend. Ihr Gedichtband Brache ist gerade als zweisprachige Ausgabe, mit deutscher Übersetzung von Achim Wagner, bei Hanser Berlin erschienen.
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Clarice Lispectors Prosa trifft den Leser stets unvorbereitet. Sie bewahrt ihr Geheimnis und hört deshalb nicht auf, überraschend zu sein. Ihre Strudel fesseln den Erfassten. Er verliert sich wie in Labyrinthen.
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Robert Chu: “You must align the Yin Tang (an acupuncture point between the two eyebrows), Tan Zhong (Ren 17, a point located on the midline of the body, level with the 4th intercostal space) and Qi Hai (ren 6, also known as dan tian, a point 1.5 cun below the navel) points in one line.”
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20 Autor*innen lesen beim Finale des diesjährigen open mike – Wettbewerb für junge Literatur vom 6. bis zum 8. November 2020 im Heimathafen Neukölln um die Wette. 14 Texte sind für Prosa und 5 für Lyrik nominiert. Ein Autorinnen-Duo ist unter den Nominierten.
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Als schreibender Dinosaurier baut Ford obsolete Rahmen für seine Konstellationen. Die Akteure sind Mittelstandssieger, an denen der Zeitzahn nagt. In ihren ersten Durchgängen haben sie alles richtig gemacht. Jetzt lassen sie souverän nach. Ihnen reicht in jedem Fall ihr Riss. Deshalb schauen sie gelassen dem Treiben in der Arena zu ...
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A b s t a n d ist eines der großen Schlagwörter von 2020. In diesem Jahr war er eine Maßnahme des Gesundheitswesens um die Ausbreitung einer hoch ansteckenden Krankheit zu verhindern. In der Physik kann Abstand aber auch als ein Intervall oder eine Lücke verstanden werden. In dieser Pandemie wurde diese physische Distanz zu einem Intervall für Reflexion ...
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„Ich trüge überhaupt kein Verlangen nach der „Menschenabart Mann“, diktiert die Feuilletonistin einem Boten des Düpierten. Nun kehrt der Laufbursche selbst den Freier heraus und erklärt sich fanatisch zur Hochzeit entschlossen. Karlin spricht zur Seite wie auf einer Bühne, wenn das Publikum an den Mitspieler*innen vorbei theatralisch informiert wird.
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"100xBerlin" klärt auch die Frage, welcher Berliner Kiez der schönste ist. In den vier Folgen werden insgesamt 120 Kieze vorgestellt – davon schaffen es 100 in die "Top 100". Den Schönsten von allen küren das rbb Fernsehen und rbb 88.8 dann am Sonntag, 27. Dezember 2020, dem großen rbb-Kiez-Tag. 40 Expertinnen und Experten stimmen über die Platzierung ab und entscheiden so auch über den Kiez, der ganz vorne landet. Die Redaktion hat eine Vorauswahl getroffen.
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„Die Festlichkeiten begannen mit einem prächtigen Bankett, das Rothschild für 2000 Gäste in einem riesigen Festzelt auf der Stätte des künftigen Bahnhofs abhielt, der damals innerhalb der mittelalterlichen Mauern (von Brüssel) errichtet wurde. Sechzig Köche und 400 Kellner servierten pochierten Lachs ...
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Nach Franco Berardi wurde „im Zeitalter des Finanzkapitalismus“ die Geschichte abgeschafft. Der italienische Marxist datiert den Wendepunkt auf das Jahr 1977. Damals habe die Evolution den Rückwärtsgang eingelegt. Ich frage mich, ob ich gerade die Auswirkungen der retardierenden Evolution begutachte? Sehen so Akteure der Agonie-Aporie aus ...
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Er hat alles absorbiert, sich den Hass und die Verachtung einverleibt und dabei nicht einmal den Magen verdorben. Er ist (gegen jede Wahrscheinlichkeit) gestärkt aus der Sache herausgekommen, und wenn er was gelernt hat in den sechs Jahren mit einer zupackenden Hand an seiner Kehle, dann, dass man weich bleiben muss, egal, was die anderen sagen oder machen.
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"Erzähle Deine Geschichte – vom Mauerfall bis heute" ist das große multimediale Projekt des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) zum 30. Jubiläum des "Wendejahres". Der 3. Oktober 1990 liegt 30 Jahre zurück. Die DDR wie auch die BRD sind seit 30 Jahren Vergangenheit. Was hat die Menschen in Ost und West geprägt? Wie haben sie die Einheit erlebt, wie die Zeit der Wende? Wie blicken sie heute zurück?
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Nach dem Verlust der Töchter an irgendwelche ebenso instabilen wie irrelevanten Ehemänner verkauft Mick das Haus, in dem er als Vater vom Beat zum Blues übergegangen ist, verdoppelt sein Körpergewicht und halbiert das Übrige. Mit einer Gang abgehalfterter Schriftsteller, die nicht einmal mehr als Schatten ihrer selbst überzeugen können...
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Leben wir in einer Welt des Hasses? Ist eine Gesellschaft ohne Hass vorstellbar? Was bedarf es dafür? Woher kommt Hass? Ist er subjektiv? Spricht aus Hass Ohnmacht oder Überzeugung? Was lässt sich denjenigen entgegensetzen, die Hass politisch instrumentalisieren?
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Vom 3. Oktober bis 9. November 2020 finden die von Max Czollek kuratierten Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur in Theatern und Institutionen im gesamten deutschsprachigen Raum statt. Im 30. Jahr der sogenannten Wiedervereinigung, 20. Jahr des Debattierens einer „deutschen Leitkultur“ ...
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Limonaia heißen die Gärten an den Hängen über dem Garda See. Wir befinden uns auf einer Kulturkreuzung. Lange waren manche Täler des Trentino und der Lombardei von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten, während andere dicht genug an jenem Handelsweg lagen ...
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Er war ein Mann des eigenen Willens. Lothar Schirmacher absolvierte einen dornigen Lebensparcours. Verfolgt von den Nazis, sah er sich in der Adenauer-Republik zur Fundamentalopposition genötigt. Er verarbeitete den kolossalen Dissens auch in Gedichten.
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Mein erster Richard Ford war „Verdammtes Glück“. Als ich den Roman zum ersten Mal las, wirkte Literatur auf mich noch so unmittelbar wie Musik. Ich las und hörte mich satt. Ich glaubte, Ford, der damals in Deutschland kaum bekannt war, schreibe Joseph Conrad fort. Ich war nicht der einzige, der Conrads Herz der Finsternis und Célines Reise ans Ende ...
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Wie alle war auch Kadir von Bruce Lee auf die Schiene gesetzt worden. Er hatte mit Karate angefangen, um schließlich zu den Boxern zu wechseln. Pforzheim war eine Boxhochburg, ich habe noch nicht gesagt, dass meine Großmutter eine Pforzheimerin war und meine Urgroßmutter aus Ötisheim auf der schwäbischen Seite kam.
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Feuer frei - Das koreanische Actionkino erzählt Melville und den Film noir weiter. Eine mysteriöse Schießerei in Seoul. Bamm. Bamm. Bamm. Zwei Fighter treffen sich zum ersten Mal: der südkoreanische Geheimagent Han-gyoo und der nordkoreanische Spion Ji-won. Zack. Peng. Sind die Knarren erstmal leergeschossen, macht man mit Taekwondo weiter.
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Richard Ford stellt seinen irischen Hintergrund in den Vordergrund. Seine Held*innen teilen mit ihm das Schicksal einer Migration, in der die Hauptkonflikte aus der europäischen Anglosphäre in Amerikas größte Arenen exportiert wurden. Gleichzeitig konzentriert sich der Autor auf eine „Exotik im Kleinformat“.
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„You don’t love me” he said bitterly „or you wouldn’t keep me waiting for such Quatsch.”
Morris Sinclair wuchs in Kassel auf. Seine Eltern waren in den 1920er Jahren vor dem schäumenden irischen Antisemitismus nach Deutschland ausgewandert. Seine Schwester Peggy, die 1933 in Bad Wildungen starb, war Becketts Jugendschwarm.
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Mit dem Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" stieß der damalige Bundespräsident Christian Wulff vor zehn Jahren eine Grundsatzdiskussion an. Der Satz lenkte den Blick auch auf die Frage der rechtlichen Anerkennung des Islams in Deutschland. Schon seit Jahrzehnten versuchen Staat und Gemeinden Regelungen zu finden, etwa zur Bestattung, dem Recht an Feiertagen teilzunehmen oder zur religiösen Betreuung in Gefängnissen, Krankenhäusern und bei der Bundeswehr.
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Ein Wing Chun-Zauberwort lautet Zentrallinie. Manche bezeichnen so eine geometrische Gerade zwischen Kontrahenten. Sifu Sergio konstatiert: Die Hauptzentrallinie bildet eine Achse im Körper, auf der wesentliche Dreh- und Angelpunkte liegen. Der Meister beschreibt so das Gleichgewichtszentrum.
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Am 24.11.1919 bricht Alma M. Karlin auf. Von Triest fährt sie – ihre Schreibmaschine „Erika“ im Gepäck – via Peru, Kalifornien und Hawaii nach Japan, dem erklärten Ziel ihrer Reise. In „Im Banne der Südsee“, dem zweiten Band einer Trilogie, schildert die polyglotte ...
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Als Zaungast des Wirtschaftswunders hatte er schon verloren, bevor er auch nur die leiseste Chance bekam, etwas zu begreifen. Ich bin in der Nähe solcher Männer aufgewachsen. Sie hatte ihre Stunde mit achtzehn, mit achtundzwanzig waren alle Spielräume verschwunden. Sie blieben die Haltestellenjugendlichen im Schwungrad der abgesoffenen Korpulenz.
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Die im Haschischkult Eingeschweißten nannten sie Hookahs. Jeden Nachmittag traf sich ein Kreis der Besserinformierten bei Alissa in der Burg zu Kirchditmold. Es ist kein Zufall, dass die Kinder meiner Schwester in der Kirchditmolder Kirche getauft ...
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Du kommst aus erschlagender Hitze in eine klimatisierte Zone. Zwei vor Erschöpfung überreizte Kinder geben dir den Rest. Dein Mann ist in der inneren Emigration, zu nichts mehr zu gebrauchen. Du wirfst den Rucksack ab. Wie bescheuert muss man sein, um als Mittelstandsfamilie im Backpacker-Modus zu reisen.
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Rund 2.000 Filme aus über 100 Ländern wurden in diesem Jahr eingereicht. Davon nominierte die Programmkommission, bestehend aus Heinz Hermanns (interfilm Berlin), Cia Rinne (Dichterin), Heiko Strunk (lyrikline.org), Eloisa Suárez (Goethe-Institut) und Thomas Zandegiacomo Del Bel (ZEBRA Poetry Film Festival), 34 für den Wettbewerb.
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In Manila fühlt sie sich an Südamerika erinnert. Die Reisende registriert „die spanische Art des wiegenden Ganges der Frauen, die (glühenden) Blicke der Männer“. Alma M. Karlin feuilletonisiert wie für eine Gala ihrer Ära. „Gestärkte Unterröcke, bestickte Unterleibchen …
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Kollenders Erzählleuchtturm ist ein weiblicher Scarface. Eine auf zwei miese Feiglinge reduzierte Horde uniformierter Notzüchtiger stürzt sich in einer Schwarzwaldnacht auf Elisabeth T. Camphausen und lässt bald von ihr ab, da die schlimme Seite ihres Gesichts (in jedem Widerschein) glühende „Narbenäste“ zeigt.
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Die rbb-Reportage von Cosima Jagow-Duda zeigt, wie Corona den Kampf der jungen Generation für den Klimaschutz in den Hintergrund gedrängt hat. Jugendliche, Azubis und Studierende haben Solidarität mit den Älteren bewiesen und auf Vieles verzichten müssen. Nun fragen sie sich, auf welche Veränderungen sich die Gesellschaft einlässt, um ihre Zukunft auf dem Planeten zu sichern.
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„Ich bin ein Außerirdischer … Lazarus … der König der Kobolde.“
Der Künstler als junger Mann tritt mit bis zum Abwinken widersprüchlicher Selbstzuschreibungen an. Hemmungslos greift er in die Lade des Sakralen und mixt biblische Reizfiguren mit Science Fiction Trash Ikonen.
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Ja, es gibt nichts Neues unter der Sonne, und doch, Crane erzählt seine Geschichte von der tapferen Feigheit kurz bevor die Industrialisierung das Schlachtfeld erreicht. Angeregt von einem Prosa gewordenen pazifistischen Protest nähert sich Andreas Kollender dem Autor.
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"Feldblumen" erzählt die Geschichte von vier Fighterinnen zur Zeit des Widerstands gegen die Annexionsbestrebungen des japanischen Kaiserreiches am Ende der Joseon-Zeit (1392 - 1910). Eine hagestolz-Kampfkunst-basierte Großmutter aus bester Familie, ihre taffe Schwiegertochter und eine ernsthaft hartgesottene Landwirtin gehen in die offensive Defensive.
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Der Roman öffnet sein Portal in eine Septemberstimmung hinein. Gerade verdunstet die Belle Époque und mit ihr eine lange Friedenszeit. Die Leute sind friedensmüde, so wie sie vier Jahre später kriegsmüde sein werden. Der Überdruss ergeht sich auf den Zauberbergen der Epoche.
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Wie kommst du auf die Themen deiner Bücher? Sehr unterschiedlich: Figuren, Szenen, Gesprächsfetzen, Themen… aber es hängt immer alles an den Figuren, am menschlichen Herz. Alles was wir schreiben, schreiben wir fürs Herz. Für nichts sonst.
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Da er solange ein berühmter Unbekannter bleibt, muss Müller wieder und wieder im Westen wie im Osten und so auch im Westen und Osten von Amerika die Butterdose seiner Biografie auskratzen. Das strapaziert, es führt zu einem schleifenden Text, der sich an folgenden Punkten wiederholt. Eine Großmutter war für Hitler ...
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Gleichzeitig erlebt Alicia Verminderungen der notwendigen Lässigkeit. Sie kann nicht mehr nach ihrer Fashion im lumpigen Lieblingssweatshirt selig werden. „Die graue Seite des Ruhms“ wirft ihren Schatten.
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Im Herbst 2020 beginnt unter dem Titel BPA at Gropius Studios die Zusammenarbeit zwischen dem Gropius Bau und BPA // Berlin program for artists. Elf teilnehmende Künstler*innen werden bis zum Ende des Jahres Räume des Gropius Bau als Ateliers nutzen ...
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Inmitten der Krisen und Bedrohungen der liberalen Demokratie entwickelt Isabell Lorey eine Demokratie im Präsens, die politische Gewissheiten ebenso aufbricht wie lineare Vorstellungen von Fortschritt und Wachstum. Mit ihrer queer/feministischen politischen Theorie
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Worum geht es denn, wenn nicht um ein gutes Leben. Das ist keine Frage. Ich muss mich so ausrichten, dass meine Wirkung alles Wesentliche generiert. Ich nenne das eine kompakte Lösung. Alles Wesentliche halte ich in/mit einer Hand. Sagt Adam Mitzner "The whole body is a hand", meint er ...
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Vor knapp einem Jahr, als von diesem Sturm, der unseren Alltag komplett durcheinanderwirbeln würde, noch nichts zu merken war, gründete Club Real auf der Grünfläche in der Osloer Straße zwischen Nr. 107 und 108 in Berlin-Wedding eine Organismendemokratie.
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Irgendwo behauptet Heiner Müller, Faulkner habe einen „Raum unterhalb der Zeit geschaffen, immun gegen Fortschritt und Verfall“, da er narrativ auf der Bürgerkriegsverliererseite mitgeritten sei; obwohl er das sozial nicht nötig gehabt hätte. Die verlorene Sache des Südens transformierte sich in Faulkners Werk unbedingt zum Nachteil ...
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Vorurteile gegenüber Migrantinnen und Migranten spielen bei der Kandidatenwahl ebenfalls eine Rolle, sagt Lars Holtkamp, Parteienforscher an der Fernuniversität Hagen. Bei OB-Wahlen entscheidet meist der Ortsvorstand einer Partei, wer für sie ins Rennen geht. Einerseits säßen im Ortsvorstand ...
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Queenie verdrückt sich während der Arbeitszeit, um sich im nächsten Pub dem Schock der Erkenntnis auszusetzen, dass wenigstens zehn höhere Knallchargen aus ihrer Firma den Tresen belagern. Mit hochgezogenen Brauen quittieren die Koryphäen den Soloauftritt der Subalternen.
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In Deutschland hat man sich an Zustände gewöhnt, an die man sich niemals gewöhnen darf: Jüdische Schulen müssen von Bewaffneten bewacht werden, jüdischer Gottesdienst findet unter Polizeischutz statt, Bedrohungen sind alltäglich. Der Staat hat zugelassen, dass es so weit kommt.
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Autorinnen und Autoren sind herzlich eingeladen, sich bis zum 16. Oktober 2020 mit unveröffentlichten Kurzgeschichten zu bewerben, die in der erzählerischen Tradition von Walter Serner vom Leben in den großen Städten berichten – ob digital oder analog, mit Pandemie oder ohne ...
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Sitze mit Mom im Taxi. Es ist Dezember. Wir fahren Richtung Eleventh Avenue/ Manhattan. Auf der Straße stehen halbnackte Frauen. Ich frage: »Warum sind sie so angezogen, wo es doch so kalt ist?« Meine Mutter bluest back: »Diese Frauen da versuchen einfach nur zu überleben.«
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"By 1968 Sontag had very nearly become an international symbol of intellectual celebrity at its most accomplished. It mattered too that she was a beautiful woman in a time when her beauty and her sex qualified her for the exotic position of “the brilliant exception,” always a figure held in extravagant regard. It’s hard not to wonder if Sontag’s rise to fame would have been as great had she simply been a pleasant-looking man." New York Times
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Seit über zwanzig Jahren führe ich mit meinem Team die Buchhandlung Schutt in Bornheim Mitte. Diese Traditionsbuchhandlung gehört zu Bornheim wie das Uhrtürmchen und sie ist auch fast so alt.
Der Vermieter der Buchhandlung hat mir eine Räumungsklage geschickt ...
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Die Nachkriegsgesellschaft feiert sich um den Verstand. Man rückt bei jeder Gelegenheit - Geburt, Geburtstag, Beförderung - in den klassenübergreifenden, Milieus kurzschließenden Plüschmansarden der biederen Gemütlichkeit, die wie ein Schatten jeder Blutzeit folgt, zusammen; von sedierender Sentimentalität geschwängert.
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Immer deutlicher erscheint Henry der Krieg als persönliches Verhängnis. Je weniger Möglichkeiten zur Unterscheidung ihm zur Verfügung stehen, desto stärker wird sein Wunsch, sich zu unterscheiden.
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Um unsere Demokratie zu retten, braucht es Menschen, die demokratischen Werten eine Stimme und ein Gesicht geben, die die falsche Helden enttarnen und sich trauen, echte demokratische Helden zu sein.
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Lieber Jamal Tuschick, da kann ich mich nur verneigen! Was für ein großartiger Artikel, was sage ich, was für ein großartiges Stück Literatur, das Sie geschaffen haben. Ich werde Ihren Artikel noch öfters lesen, weil er so voller Fakten, Bilder und Ideen ist … das erschließt sich nicht beim einfachen Lesen!
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„Am Anfang besteht die Mutter für einen Säugling aus nicht mehr als zwei Brüsten: Sie erscheinen und verschwinden.“
Das Verhältnis des Säuglings zum Busen beschreibt die ganze Welt des Kindes in einem Wachstumsmoment. Mehr ist da nicht. In der Regression strebt der Vater diese Totalität an.
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Joachim Meyerhoff, geboren 1967, war vierzehn Jahre lang Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters. Mit seinem Zyklus "Alle Toten fliegen hoch" trat er als Erzähler auf die Bühne und wurde zum Theatertreffen 2009 eingeladen. Die gleichnamige Romanserie - mit den Bänden "Amerika" (2011), "Wann wird es endlich so, wie es nie war" (2013) ...
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Bei manchen Primaten rotten sich die Weibchen um den Nachwuchs einer herausgehobenen Klan-Persönlichkeit zusammen und verteidigen die fremde Brut und deren Mutter ohne Rücksicht auf eigene Interessen gegen die Interventionen nachrangiger Marodeure. So halten sie (zu ihrem Nachteil) den Selektionsdruck hoch.
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"Schroeder & Somuncu – Der Podcast" wendet sich alle 14 Tage dem Wahnsinn der Republik und der ganzen Welt zu. Mit erbarmungsloser Härte wird bewertet, verspottet und abgeurteilt, was so alles schief gegangen ist in den vergangenen Tagen. Und manchmal, wenn es sein muss, wird auch gelobt.
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Henry agiert mit der kindlichen Genauigkeit eines dem landwirtschaftlichen Drangsal entwischten Eichhörnchenhäschers. Seine Augäpfel brennen. Der Junge schwitzt wie noch nie in seinem Leben, während die wichtigste Frage seines Lebens im Augenblick eine befriedigende Antwort findet.
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Seit ihrem ersten Weltspartag realisierte Heidemarie alle perspektivischen Vorhaben nach dem Prinzip Ratenzahlung. Man leistet eine Anzahlung und dann lässt man keine Rate aus. So lernte Heidemarie zum Protestantismus auf Schwäbisch noch Yoga dazu. Da war der Pietismus und die spirituelle Sinnlichkeit in einem Daseinsbeet; die muckelige Flow Motion als halbe Masturbation.
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Wir fragen: Kann ich koloniale Spuren und Kontinuitäten aufspüren und erkennen? Wie beeinflussen sie mein Alltagsleben? Finde ich sie in meiner Familiengeschichte und Beziehungen?
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Stephen Crane antizipiert Oliver Stones pseudokriegsberichterstattende „Platoon“-Wackelkameraästhetik. Er schafft surreale Landschaftsbilder, die seelische Zustände spiegeln wie in der Malerei von Max Ernst oder René Magritte. Zudem designt Crane eine Psychologie des unter Druck gesetzten Individuums.
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In wie von Leuchtspurmunition illuminierten Szenen beweist Stephen Crane lunare Präzision. In seiner pazifistischen Kriegsbetrachtung tritt der Autor mit einer neuen Perspektive an den Leser heran. Weit weg von den antiken Heldengesängen mutet Crane ihm Einsichten ...
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Es gibt Bilder, die Jesus als Frau zeigen. Das liegt auf einer Linie mit der Chance, die mönchisch-männliche Seele als Braut Christi zu erleben. In dieser Kommunion erscheint Gott mit weiblichen Attributen. In der Phantasie des Zölibatären vollzieht sich die Vereinigung mit Gott als Gipfeltriumph des Geschlechtlichen.
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Die schärfsten Feinde der Republik gaben sich den Anschein ganz normaler Leute. Den Umsturzeifer tarnten sie mit den Zimbeln des Bürgerlichen. Ein Beispiel. Carl Tillessen, Bruder des Erzberger-Attentäters Hermann T., ist in den 1920er Jahren bei den Obertiefenbacher Basaltwerke beschäftigt.
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Langsam öffnen immer mehr Spielstätten wieder ihre Türen und Künstler*innen und Publikum können sich – auf Sicherheitsabstand – in Theaterräumen begegnen. Dort werden wichtige politische Themen besprochen: von sexuellem Missbrauch, Mietenspekulation und Wohnungsnot, über Mutterschaft ...
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Henry befragt sich. Er fragt sich, wie er sich wohl halten wird, wenn der innere Alarm zur Flucht aufruft. Bereits im amerikanischen Sezessionskrieg (1861 – 1865) wurde der Begegnungsstress unter Gefechtsbedingungen untersucht. Man beobachtete, dass nicht wenige Soldaten ihre Vorderlader mehrfach luden ...
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Blendende Erzählidee - In Leonhard Hieronymis Friedhofsroman „In zwangloser Gesellschaft“ besucht der Erzähler Gräber mehr oder weniger schnell vergessener Schriftsteller wie Robert Gernhardt und Roger Willemsen.
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Huber konstatiert: „Versailles wurde zur schärfsten Waffe im Arsenal (der) Antidemokraten.“ Die Administration klinkt sich „wohlwollend in die nationalrevolutionären Umtriebe“ ein. Der Amtsschimmel trabt kaiserlich an. Nach den Begriffen des Apparats ...
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Die Demobilisierung im Zuge der Niederlage führt zu keiner Entwaffnung. Zigtausende, die den Krieg vor der Liebe kennenlernten, Heiner Müller über Ernst Jünger, erhalten sich ihre Wehrtüchtigkeit schon deshalb, weil ihnen nichts Besseres einfällt. Ihre Heimat haben sie im aufgelassenen Kaiserreich zurückgelassen.
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Auf den ersten Blick sieht man es nicht. Darren erscheint überdurchschnittlich proper, solange der Kontakt flüchtig bleibt. Die Jungs in seiner Gegend schätzen Darren als Niete ein. Seine Tarnung verfängt bei ihnen nicht. Sie ignorieren ihn, wenn sie ihn nicht striezen.
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Der Regisseur Jörg Lukas Matthaei ist spezialisiert auf Interventionen in urbanen Landschaften. Basierend auf dokumentarischen Forschungen zu unterschiedlichen Themenfeldern entstehen in seinen Inszenierungen dichte Themenräume, die sinnlich erfahrbar sind. Für seine Exkurse in unterschiedliche Vorstellungswelten ist Matthaei ...
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Als die Matrosen rebellieren, schließt ein badischer Korvettenkapitän die Hand zur Taschenfaust. Er fühlt sich um einen Showdown mit Volldampf und wehenden Fahnen betrogen. „Er wäre im knatternden Schwarzweißrot (in sein Verderben) hineingedampft“ - turned to seadust.
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Andere können Motoren und Gewehre zerlegen. Sie verfügen über eine technische Grundkompetenz, die Adam Gordon in einer poetischen Aufwallung dem Mittleren Westen zuordnet. Der Held in Ben Lerners Roman „Die Topeka Schule“ ...
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Das Koreanische Kulturzentrum und das ARKO Contemporary Music Festival Organizing Committee versuchen, einen kleinen, aber bedeutungsvollen ersten Schritt in der Kulturwelt zu machen, die aufgrund der Corona-Pandemie mit großen Schwierigkeiten konfrontiert ist.
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Dita ist dreizehn, als sie - im Tross der Eltern - in das „Familienlager“ von Auschwitz-Birkenau gerät. Der charismatische Kinderblockchef Fredy Hirsch erkennt sofort die göttliche Ladung aus Mut und Intelligenz, die Dita illuminiert und sie über die schiere Leidensgenossenschaft erhebt.
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Neben den Märtyrern (zwischen 1614 und 1640 sind es schätzungsweise fünf- bis sechstausend) halten Tausende Krypto-Christen an der verbotenen Lehre fest. Sie verknüpfen eine konspirative Praxis mit konventionellen Zurschaustellungen. Sie taufen ihre Kinder und geben den Katechismus weiter.
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„Als die D-Mark kam, war Geld nicht nur wichtig. Es war plötzlich das Wichtigste.“ - Mit dem neuen Geld erfüllt sich Thomas Brussig einen ganz großen Traum: Er fliegt nach New York und fährt mit einem Mietwagen durch das Land, das eben noch Lichtjahre entfernt war. Seine erste Westreise: „Jeder Mensch muss einmal so einen Urlaub gemacht haben, an den er sich irgendwie immer erinnert.“
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Seine Themen sind Intrigen und Macht, kurz, die atmende Gesellschaft. Er residiert in Zürich „in einer Atmosphäre höhlenartiger Geborgenheit“. Eine Pippa gehorcht ihm aufs Wort der Liebe. Ein Schlag reißt sie von den Füßen, und aus dem Liebhaber wird ein Fürsorger. Er schreibt auf einer Hermes Baby: Feinmechanik von Paillard-Bolex. Beim Schreiben erreicht er Zustände, wie im Weiteren niemals. Die Produktion versorgt ihn mit allem.
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Der Lyriker Müller bewegt sich in einem zwar abgesteckten, doch elastischen Rahmen. Er ist ein Sänger seiner Gesellschaft. Er rechnet ab, manchmal nur mit einer Silbe: „Osterfahrung – Der auszog den Osten zu erobern / Leichthin, wie der Esser das Mahl / Wo ist er? / besiegt / (I)st er. Das Mahl / Hat den Esser besiegt.“
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Das Abraham Geiger Kolleg begeht seine zehnte Ordinationsfeier am 10. September in der Synagoge Rykestraße in Berlin. Fünf Rabbiner*innen und ein Kantor werden in das geistliche Amt eingeführt. Die Festansprachen halten der Brandenburger Ministerpräsident ...
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Er ist Chefingenieur einer jüdisch-muslimisch-feministisch-queeren Leitkultur und einer von jenen, die der Mehrheitsgesellschaft die Marginalisierungswerkzeuge ganz einfach aus der Hand nehmen wollen. Eine Minderheit formiert sich zum intellektuellen Keil und stößt vor, um Deutschland das Desaster einer faschistischen Renaissance zu ersparen.
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60 Prozent der befragten Journalist*innen haben im letzten Jahr Hassrede oder Angriffe erlebt. Berichte über Migration, Geflüchtete oder die AfD ziehen besonders viel Hass nach sich. Das zeigte vor Kurzem eine Studie der Universität Bielefeld in Zusammenarbeit mit dem MEDIENDIENST.
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Einer „fasst sie zwischen die Beine, beinah so, als taste er eine Tomate ab“; Zari verbirgt sich in einer Unnahbarkeit zwischen Schlaf und Traum. Sie verwandelt sich. Sie tanzt. Weder weint sie vor noch spricht sie mit ihren Erpressern.
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Patrick Broome präsentiert die einzelnen Übungseinheiten mit einfachen Schritt-für- Schritt-Erklärungen, illustriert mit Fotos und Zeichnungen. Es gibt sowohl Sequenzen für Anfänger als auch für die Mittelstufe und Fortgeschrittene. Ziel ist dabei nicht die perfekte Körperposition, sondern das gute Gefühl...
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Für Johanna existiert die Welt in zwei Ausgaben. Die eine leuchtet bis zum letzten Sandkorn. In ihr illuminiert der Heilige Geist jede Maus. Da entdeckt die Geneigte die Musikalität der Grashalme. Die andere ist ein Gefängnis, in dem es außer der Mechanik von Macht und Unterwerfung nichts gibt.
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„Mag ich die prächtigen, erlauchten weißen Menschen? Diese extraordinären Exemplare von Vergänglichkeit?“ Das fragt sich eine eingewanderte Krankenschwester im Züricher Spital Hirslanden.
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Die Kraft des Glaubens erfüllt sie schon im Geburtskanal. Zari kommt ermächtigt auf die Welt, wo ihre Vorsprünge zunächst in den falschen Resonanzkästen landen. Sklavenjäger entziehen sie ihrer ursprünglichen Heimat in den sudanesischen Nuba-Bergen. Man stellt die Achtjährige zur Schau ... Zari trägt Zeichen der Prädestination, doch die Unwissenden begreifen nicht ...
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Die Welt ist ein einfacher Ort, wenn man sich im Begriffsdunst der Agenturen sein eigenes Nebelgebläse patentieren konnte und weiterhin nicht Gefahr läuft, seelisch zu lecken. Jonas Beckers einschlägige Bilanz fällt positiv aus. Nicht ab geht ihm die Eleganz der Effizienz. Ihm reichen verkürzte Ableitungen, die das Große und Ganze zum Küchenreim reduzieren.
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Die Mutter reiht sich in das Heer jener ein, die in den Amtsfluren aufkreuzen, wenn die Herrschaften Feierabend haben. Sie gehört zur Feudelarmee aus dem Kontingent der Verfügbaren, die dankbar sein sollen, Deutschland putzen zu dürfen. Manchmal begleitet das erzählende Ich die Mutter an die Front der Degradierung.
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Alexa Hennig von Lange erzählt in ihrem neuen Roman aus dem Leben einer Hauptdarstellerin und all den Regieanweisungen, die zu befolgen jene nicht umhinkommt. Die Autorin schildert das Verhältnis von staatlicher Macht und persönlicher Ohnmacht in der Enge eines Lebens.
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In regelmäßigen Abständen wird in der deutschen Öffentlichkeit über Antisemitismus diskutiert. Die Diskussionen zeugen jedoch häufig von einer begrifflichen Unschärfe. So wird Antisemitismus allzu oft als eine Spielart des Rassismus, welcher sich gegen Jüdinnen und Juden richtet, missverstanden.
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Alle Dinge geschahen gleichzeitig in der kindlichen Synchronisation. „Fly köpfte Fliegen und malträtierte das Cello … ich tobte mit Viktor und ließ mich von Großvater aussaugen“. Die Kinder spielten den Protest „der Black Panther auf der Olympiade 1968 ...
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Christoph Peters erzählt wie mit gemalten Großbuchstaben vom fabelhaften Damals einer Boomerjugend im Frotteeorange der Siebzigerjahre; so als hätte er als Halbgreis immer noch ein sympathisierendes Erstaunen für diese Mischung aus Hasenbrot und Mao-Bibel übrig.
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Bar Kochba Leipzig hob das Selbstvertrauen der Juden Leipzigs in Zeiten, in denen sie entehrt, degradiert und entrechtet wurden. Gemeinsam mit anderen jüdischen Organisationen bereitete Bar Kochba die jüdische Jugend zur Auswanderung und Selbstrettung auf seinem Sportplatz in Leipzig-Eutritzsch vor.
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Als junger Mann fokussiert er sich an einem Punkt zwischen Protestantismus und Brecht. Er tritt in einer Lederjacke mit Knopfleiste und kragenlosem Ausschnitt auf. In der Schule wird ihm das als bürgerliche Bohème-Attitüde ...
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Pandemiebedingte Schulschließungen zeigen, dass es in Notsituationen besonders jene trifft, die ohnehin kaum eine Chance haben: die „Bildungsverlierer“, die „Problemkinder“. Über sie wird viel gesprochen, aber richtig zugehört wird ihnen zu wenig.
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Johannes Unger: "Wer hätte gedacht, dass die Umwälzungen und Umbrüche von Wende und Einheit so lange nachwirken? Sicher. Dass die blühenden Landschaften, die Kanzler Kohl im Einheitsrausch versprochen hatte, nicht über Nacht Wirklichkeit werden würden, war abzusehen."
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Schauplatz des Auftriebs ist ein Dorf am Niederrhein. In Hülkendonck bleiben die Leute seit Generationen unter sich. Mit Kundentreue erhalten sie sich ihre Infrastruktur. Der Kirchenvorstand bildet die örtliche Regierung. Er setzt sich aus Großbauern zusammen. Als Evangelischer ist man außen vor.
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Die Therapeutin macht sich leer und erreicht so leer Roland K. auf einem Hochplateau des Nichts im Eiswind koinzidierender Bewusstlosigkeit. Indem sie sich mit ihm auf eine Stufe stellt, zwingt sie Roland dazu, von seiner Disposition abzusehen. Er kehrt zu seiner Rolle als wandelbarer Sträfling zurück.
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Der „Leise Arthur“ erzieht einen Kongenialen zum Freundfeind. Princeton, „manipulativ, aber nicht hinterfotzig“, erscheint brillanter, ist aber nicht rundum versichert gegen Arthurs forciert blassen Supersmooth Style. „Dünn wie eine Fliege, schwer wie ein Stein“, ist Arthur ...
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Die Erzählerin zweifelt schon am Anschein. Sie versäumt alle Gelegenheiten zur Überlistung der Mutlosigkeit. Sie nimmt Maß an der sich selbst verschweigenden Mutter, die zwar als Familienmotor reibungslos läuft, für sich aber nichts übrig hat.
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Der Vater isoliert sich. Er mumifiziert sich mit den Schamschichten. Die Scham nennt er Verachtung. Selbst in der Wohnung verbirgt er sich. Seine Tochter erlebt einen Gefangenen als Tyrannen. Die Not des Vaters erlebt sie als Zumutung.
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Die installative Performance PORTRAITS IM EXIL führt Menschen, die in Europa im Exil leben mit Künstler*innen zu einer gemeinsamen Inszenierung aus Videos, Texten, Interviews und Bewegungspartituren zusammen und eröffnet einen vielfältigen Begegnungsraum, in dem der Weg und die Auseinandersetzung jedes Einzelnen mit und im Exil nahbar werden.
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Hollywood war Brechts Weimar ... Der Dramatiker lag wie eine abgetakelte Fregatte im amerikanischen Trockendock. Brecht wäre ohne Hitler als potenten Feind zugrunde gegangen, jedenfalls nicht historisch geworden.
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Zoë Beck liest auf Einladung der Tucholsky-Buchhandlung und der Anwohner *innen-Inititaive für Zivilcourage - gegen Rechts
unter freiem Himmel aus ihrem neuen, viel gelobten Roman Paradise City.
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Verena Keßler hantiert mit rustikalem Personal in einem Scherbengericht der Normalität. Ihre Heldin schlägt sich tapfer durch die Unwä(e)gbarkeit schattiger Verhältnisse, aus denen Dönerbuden und Discountläden wie Leuchttürme ragen.
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In der Endphase ihrer Selbständigkeit ließ Oma die Freiflächen vor ihrem Haus asphaltieren, um eine kleine Autobahn für ihre Rollator-Spritztouren zu haben. Sie kämpfte um jeden Tag der Mündigkeit. Erst in der späten Einsicht aller möglichen Endlichkeiten begreife ich ihre Entschlossenheit.
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Vanessa will und kann sich nicht gemein machen mit anderen ehemaligen Objekten der Begierde eines alten Wüstlings. Hunderte von Seiten verwendet Kate Elisabeth Russell auf die Darstellung des Dilemmas ihrer Helden. Vanessa argumentiert trickreich. Was hätte sie denn von Gleichaltrigen bekommen können, fragt sie sich.
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Lange verweigert sich Vanessa dem Recht, ihre sexuelle Funktionalisierung als missbrauchte Fünfzehnjährige anzuerkennen. Sie idealisiert den Täter zu Lasten der Genauigkeit ihrer Empfindungen. Zutiefst durchschaute Vanessa schon als Schülerin das schäbige Programm ...
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HM weiß, dass viele Phänomene seiner Gesellschaft keine Chance haben, historisch zu werden. Unsere DDR-Wahrnehmung begnügt sich; während wir die amerikanischen Schichten gründlich voneinander scheiden. Jedes Imperium fordert eine Maßstab bildende Genauigkeit heraus.
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Zur DDR-Zeit wird der Ort durch Stacheldraht und Mauer abgeriegelt und zum "Grenzgebiet" mit eigenen Regeln. Der Ortseingang ist durch einen Kontrollpunkt gesichert und der "Ort am Wasser" hat keinen Zugang mehr zur Havel. Die Bewohner sind gezwungen "unter sich" zu bleiben.
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Ständig geht er zu weit. Er führt ihre Hand über der Maus, zupft an ihrem Pferdeschwanz, vergleicht ihre Haarfarbe mit dem Ahorn-Rot im Indian Summer. Er kommt ihr mit seiner provinziellen Kindheit, dem Studium in Harvard und Sylvia Plath. Er wickelt sie mit Zitaten ein.
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Sie weiß, wie man ein „gutes Trinkgeld“ ergattert ... Vanessa nutzt Standardeinstellungen. Sie hält sich an das übliche Programm. Bloß leiert sie es nicht herunter. Die Irritation eines Wimpernschlags, ein scheinbar von der Faszination losgeschickter Blick, ein erotischer Hauch, der wie Nebel über dem Tonfall aufsteigt ...
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Neben den Märtyrern (zwischen 1614 und 1640 sind es schätzungsweise fünf- bis sechstausend) halten Tausende Krypto-Christen an der verbotenen Lehre fest. Sie verknüpfen eine konspirative Praxis mit konventionellen Zurschaustellungen. Heimlich taufen sie ihre Kinder. Sie geben den Katechismus weiter.
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Ins Gebet genommen wird Rodrigues von Inoue. Der Fürst von Chikugo erspart dem Konvertiten keine Demütigung. Der Gefangene siedelt sich als Okada Sanemon in Edo an. Vor seiner Haustür stürzen sich Spottkommandos in das Abenteuer der Verhöhnung eines schwachen Menschen.
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Buchpremiere im Radio: Robert Seethaler stellt seinen neuen Roman "Der letzte Satz" am Sonntag, 16. August 2020, um 19.00 Uhr auf radioeins vom rbb vor. Der Autor schreibt über die letzte Reise des Komponisten Gustav Mahler. In der Sendung "Die schöne Lesung" spricht Robert Seethaler ...
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König fragt nach Motiven zumal junger Dissident*innen in der frisch aufgebrühten, noch nach Zukunft duftenden DDR. Sie erinnert an Verhaftungen und schwere Strafen und benennt Uwe Johnson und Brigitte Reimann als potente Zeug*innen der Zeit um 1950.
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Ende der Vierzigerjahre bilden sich an Oberschulen in der Sowjetischen Besatzungszone Widerstandsgruppen. Gymnasiasten bieten „der SED-Diktatur die Stirn“ mit kleinen Manövern.
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Das neue Buch »Die Kraft des Handelns. Wie wir Bewegungen für das 21. Jahrhundert bilden.« von Alicia Garza liefert Hilfestellung bei der Suche nach Antworten und nach einer Haltung. Laut Garza ist es ein »Buch über all die Dinge, die sie bisher gelernt hat, die sie immer noch lernt« und das zeigt ...
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Der kroatisch-deutsche Theatermacher, Autor und Performancekünstler Nikola Duric steht kurz vor der Veröffentlichung seines ersten Romans. „Tuschicks Textland“ feiert das Ereignis mit einer Ankündigung.
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Man goutiert seine Entwertung und quittiert sie geradezu mit den Insignien der Erschöpfung. Das darf nicht passieren. Man muss die Form wahren, in Form bleiben. Das ist die Losung der Eleganten rund um Rudolf Masarek, dem Erben von Krawattenmanufakturen.
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Nächste Woche eröffnet das Haus für Poesie die Saison – aber vorerst nicht im eigenen Haus. Die Veranstaltungen im August und September finden in den größeren Räumlichkeiten der WABE (Danziger Straße 101) statt.
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Betrunken zu erscheinen und einen haltlosen Eindruck zu erzeugen, wurde gelehrt. In diesem Angriffsaufbau taumelt der Unterrichtete dem Kontrahenten entgegen. Er verkürzt den Abstand und untergräbt die unbewussten Verteidigungslinien des Ahnungslosen. Er tritt und schlägt vermeintlich sinnlos in die Luft. In Wahrheit hat er sich längst durchgeladen ...
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Vom 20.-23. August 2020 kehrt die Tanzcompagnie Sasha Waltz & Guests auf die Bühne zurück. Das Projekt mit dem Titel »Dialoge 2020 – Relevante Systeme« bespielt mit 27 Tänzerinnen und Tänzern das radialsystem und dessen Außenflächen.
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Eine autistische Zikade ist seine einzige Gefährtin. Sie belebt eine Trauermyrte neben der Zelle, in der Fürst Chikugo den portugiesischen Priester Rodrigues festhält. Chikugo hat ihn auch belehrt, so belustigt wie erbittert ...
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Eines Tages bemerkt Samuel „Kacap“ Willenberg Mäntel seiner Schwestern Tamara und Ita in einem Bündel, das soeben in Treblinka Angekommene auf Kapo-Geheiß fallenließen. Kacap ... weiß nun, dass er allein in der Hölle ist.
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Allmählich geht Johanes die Luft aus. Er verliert seinen falschen Pastorenschwung, die Fassade bröckelt erst, dann bricht sie. Zum Vorschein kommt ein Zocker, der süchtig auf die Rennbahn schwört.
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In jedem Raum will Chan eine gut informierte Person sein. In Hollywood umgeben ihn Leute, die aus ihren fatalen Neigungen Tugenden gemacht haben und sich so geläufig wie affig in begehbaren Humidoren gegenseitig Vorträge über Weine und Zigarren halten. Chan verlangt von sich ein Rotweinwissen ...
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Liebe Salonbesucher, teilt unsere Vorfreude und merkt Euch schon mal den Outdoor-Salon im Ritter Butzke Kulturgarten vor: Am 21. August 2020 im Ritter Butzke Kulturgarten. Einlass 18 Uhr, Beginn 19 Uhr.
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Inzwischen kennen wir Weinstein als gebrochenen Rollatorschieber im Epstein'schen Elend. Sein Verfall verdankt sich Type-Riders, die jahrelang nicht aus dem Sattel ihrer Entschlossenheit gekommen sind. Die Gunner des Guten standen vor dem Nichts, als kurz vor Deadline ...
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„Heute träumte mir, ich sei eine kleine Erbse mitten im Atlantischen Ozean. Ich erhob mich aus den Wellen und sagte: Mit mir fängt die Landbildung an! Darauf zerschellte ich am afrikanischen Kontinent.“
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Kann man erst einmal das Verhalten von Millionen Verbrauchern zuverlässig voraussagen, lässt es sich auch steuern. Der Witz dabei: Die Manipulierten erkennen ihre Lage nicht. Sie halten sich für Autonome.
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Die alte Geschichte von einem exzentrischen Meister und wenigstens einem begriffsstutzigen Schüler ist auserzählt. Chan erwirbt sich Verdienste in der Gong-fu-Genealogie, indem er dramaturgische Schleifen ...
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Ab seinem vierten Lebensjahr lebt Chan im Modus. Geweckt von der Kraft der aufgehenden Sonne weist ihn der Vater in die Hung-Gar-Kampfkunst ein ... „Wasser hat keine Form. Du kannst es nicht greifen oder schlagen oder auf irgendeine Art verletzen ... Sei wie das Wasser, mein Freund.“
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Zwar hat sich mit der neuen Definition nicht grundsätzlich geändert, wen das Statistische Bundesamt zu den "Personen mit Migrationshintergrund" zählt. Die neue Definition mache jedoch noch deutlicher, dass es beim Konzept des "Migrationshintergrundes" um ethnische Abstammung geht, und nicht um Migrationserfahrung, wie es der Begriff " Migrationshintergrund" eigentlich nahelege, schreibt Will.
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Treblinka ist „die città ideale der SS“ – ein Architektur gewordener Albtraum der Funktionalität. Auf einer Fläche von zwanzig Hektar soll ein Mordgeschehen ohne Beispiel exemplarisch werden. Nur die Gaskammer ist gemauert. Der Rest lässt sich abschlagen wie eine Filmkulisse.
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Das Schöpfungswunder vollzieht sich auch im Gulag. Ein Kind kommt zur Welt. Sein Lächeln bricht Cilka das Herz. Im Übrigen liegen die Dinge fatal im sibirischen Workuta. Die Stadt im äußersten Nordosten der Sowjetunion trennen dreitausend Kilometer von Moskau. Mehr als hunderttausend Deportierte aus allen Weltgegenden ...
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"Gute kenianische Mädchen werden gute kenianische Ehefrauen" - Kena (Samantha Mugatsia) lernt schon früh, was von Mädchen und Frauen in ihrem Heimatland erwartet wird: artig sein und sich dem Willen der Männer fügen. So wird auch ihre alleinerziehende Mutter dafür verantwortlich gemacht, dass ihr Mann sie für eine jüngere Frau verlassen hat.
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Der polnische Reichsbahnbedienstete Artur Pronicki gerät zufällig in die Hölle von Treblinka. Als kleinstes Licht in der Beamtenhierarchie ist es an ihm, eine auf dem Postweg ignorierte Mahnung der Bahn dem Lagerkommandanten Franz Stangl persönlich zuzustellen.
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In Becks dystopischem Deutschland fighten Aktivist*innen gegen die repressive Toleranz und den demokratischen Substanzverlust einer von Pandemien und anderen Katastrophen mürbe gemachten Demokratie. „Paradise City“ besitzt eine prophetische Dimension.
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Ein junges Paar kehrt nach Jahren zurück ins Felsland der Sächsischen Schweiz. Der Wunsch, sich an den Kindheitsorten ein neues Leben aufzubauen, mündet in die Konfrontation mit der Herkunft, aber auch mit einer neuen Fremdheit.
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Im nächsten Augenblick kracht Peter auf den Boden der Tatsachen. Geborene „Winnerkombinationen aus Geld plus Herkunft“ deklassieren ihn in der Gegend von Washington in einem Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert. Da hat alles mehr Klasse als Peter.
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Fischer, Jäger und Landwirte waren schon immer da. Neu sind Musiker, Unternehmer, ehemalige Stadtbewohner und Ornithologen. Sie glauben, dass es sich hier, im Ökodorf Brodowin in der Schorfheide, zu leben lohnt. Alt trifft auf Neu, Wirtschaftsinteresse auf Naturschutz, Idealismus auf Lebensrealität, West auf Ost. Eine solche Entwicklung ist nicht konfliktfrei.
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„Wir sollten über unsere Familien schreiben, ohne jede Beschönigung, ohne dabei zu erfinden. Wir sollten nur von dem erzählen, was passiert ist, oder von dem wir glauben, dass es passiert sei.“ Aus dieser Überzeugung heraus schrieb Manuel Vilas ein Buch über sich, seine Mutter, seine Kinder ...
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In der Gegend tun sich sagenhafte Hohlräume auf. „Die Welt nach Armageddon. Minen, Minen und noch mehr Minen, tiefer Tagebau, der bis zum Erdbauch reicht, gigantische Mondkrater, unvorstellbare, treppenförmig angelegte, von verschlungenen Wegen durchzogene Marsgräben (und) Berghalden.“
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"Ein Kohleausstieg im Jahr 2038 ist nicht einfach nur zu spät. Er ist ein zerstörerisches Vorhaben. Denn die Bundesregierung verabschiedet sich damit von den vereinbarten Zielen im Pariser Klimaschutzabkommen. Sie sind unter diesen Umständen faktisch unerreichbar. Das ist ein erneuter Verrat an der jungen Generation ...
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Wylie besucht eine Frau, die Homophobie mit Christentum und Yoga kombiniert. Sie bringt den Analytiker auf Ideen. Sie verwendet eine Reihe von „mentalen Abkürzungen“, die sie in die gesellschaftliche Mitte zurück katapultieren; dahin, wo die Leute vor Fox News auf der Couch ...
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Eine gute Bekannte, die zudem lange Jahre ein Frauenhaus geleitet hat und deren Hilfe ich damals – immer mal wieder – in Anspruch nahm - sagte neulich: "Bei P. habe ich zum ersten Mal wirklich gesehen, worum es ging: Da war dieser Mann, der von dieser starken Frau fasziniert war ...
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So, wird am kommenden Samstag, den 1. August ungewünschter Aufmarsch auch durch die Oranienburger Straße marschieren, sicherlich kein Zufall, da eindeutig auch antisemitisch definiert. Nicht nur der Kiez und das urbane Leben ...
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Jüdische Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, können sich ab sofort für Stipendien und Zuschüsse im Rahmen der Ausschreibung der Stiftung ZURÜCKGEBEN. Stiftung zur Förderung jüdischer Frauen in Kunst und Wissenschaft für das Jahr 2021 bewerben.
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Solange ihn das System deckt, lenkt Weinstein einfach nur den Fluss fremder Bedürfnisse in den Kanal einer perversen Praxis. Sein Nimbus und die Maschine dahinter wirken wie eine Honigfalle. Doch dann dreht sich das Rad und Weinstein verliert seine Unverwundbarkeit.
Was passiert jetzt?
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Schönheiten ergeben sich in Amitava Kumars Roman „Am Beispiel des Affen“ für den Erzähler aus einem Dreiklang von Sex, Freiheitskampf und Literatur. Kailash bewundert den Journalisten und Unabhängigkeitsaktivisten Virendranath Chattopadhyaya ...
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Am 10. August um 20h15 hat die Verfilmung meines Romans Ein Schlag ins Gesicht im ZDF Premiere: Nicht tot zu kriegen heißt der Film meiner alten Freundin Nina Grosse, die sich nach ihrer Serie Die Protokollantin tatsächlich noch steigern konnte. In ihrem Drehbuch hat sie einige Sachen, die ich auch im Roman gerne gehabt hätte.
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In Deutschland gibt es praktisch keine unabhängige Forschung zum Thema Gewalt. Die letzte ernstzunehmende Studie hat die Gewaltforscherin Dr. Monika Schröttle durchgeführt: 2004. Das darf überraschen, wenn man sieht, dass Deutschland bei Frauenmorden durch den Ex-/Partner europaweit mit an der Spitze liegt. Vor England, Frankreich, Italien. Und noch vor dem ewigen schlechten Beispiel Spanien.
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Jahrzehnte machte sich ein Mächtiger die Karrierehoffnungen junger Frauen zunutze. Harvey Weinstein verwandelte Hotelzimmer in Schreckenskammern. Er baute ein Fallensystem auf, in dem die gnädige Seite der sozialen Evolution, die wie Pilze aus dem Boden schießenden, stets unvorhersehbaren Zukunftschancen ...
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Erst surfen, dann Sex und dann ab ins Fischrestaurant; zum ersten Mal nach langer Zeit fühlt sich Kate wieder lebendig, und zwar in der Gesellschaft ihres unorthodoxen Arbeitgebers Theo. Die Archivarin performt Freizeit im Rahmen eines Nachlasssichtungsauftrags.
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Farenholtz verlangte wohl, meinen Aufsatz zu lesen, so genau erinnere ich das nicht mehr, jedenfalls kritisierte er, dass ich Büchner zitiert hatte: "Der documenta-Interessierte könnte meinen, er müsse erst Büchner lesen, bevor er zur documenta kommen kann, und das könnte ihn von einem Besuch abhalten."
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Megan Twohey und Jodi Kantor hören die gleiche Geschichte in zig Fassungen. Harvey Weinsteins Interventionen sind frappierend rumpelig. Er setzt Abhängige unter Druck, führt sie in Sackgassen des Gemüts, um sie da zu entwürdigenden Handlungen zu veranlassen.
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Megan Twohey beobachtet bereits zehn Jahren das Gefälle zwischen dem Wunsch von Weinstein angegangener Frauen, sich zu offenbaren, und Fallrückziehern der Besorgnis, als sich eine Lücke zeigt. Die Investigative stößt auf eine Assistentin aus der Keimzeit von „Miramax“ ...
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