Virtuelle Agenten
Thomas Nöskes Artikel „Virtuelle Agenten, oder Jürgen Ploog und die ‚Sprache ist ein Virus'", erschienen in Rollercoaster (Issue 6, November 2009), untersucht Schnittstellen zwischen Ploogs Werk, Cut-up und den Konzepten des Beat- Doyen William S. Burroughs'. Nöske zeigt, wie Ploog Burroughs' Vorstellung von Sprache als Virus aufgreift und in einen deutschen Kontext überträgt. Sprache wird dabei von Ploog als selbstreplizierendes, infektiöses System verstanden, das Bewusstsein und Wahrnehmung beeinflusst und steuert.
Nöske betont, dass Ploogs experimentelle Ansätze einen eigenständigen und wichtigen Beitrag zur literarischen Moderne leisten.
Ploog nutzt Cut-up, um bestehende Sprachstrukturen zu dekonstruieren und neue Bedeutungsräume zu eröffnen. Für ihn ist die normierte Sprache kein neutrales Medium, sondern ein restriktives System, das vorgefertigte Bedeutungen perpetuiert und die Wahrnehmung der Welt auf festgelegte Bahnen zwingt. Mit gezielten Manipulationen von Form und Syntax destabilisiert Ploog vertraute Kausalitäten und Erwartungen. In diesen Experimenten wird Sprache zum Instrument der Wahrnehmungserweiterung. Sie eröffnet Zugänge zu inneren Landschaften, die mit linearem Erzählen oder konventioneller Prosa unerreichbar blieben.
Ploogs Methoden - Cut-up, Collage, assoziatives Schreiben - lassen sich neuropsychologisch deuten.
Neuronale Vernetzung und Neuroplastizität
Unser Gehirn organisiert Sinn und Sprache stark schematisch, damit wir schnell auf Muster reagieren können. Bricht man bewusst die lineare Reihenfolge von Worten oder Geschichten auf, werden vertraute neuronale Pfade verlassen. Neue Verbindungen entstehen. Das Gehirn versucht, Sinn in unvorhersehbaren Konstellationen zu erkennen. Das ist ein Training der Neuroplastizität. Synapsen, die sonst kaum genutzt werden, werden aktiviert.
Erweiterung der Wahrnehmung auf Umwegen
Assoziatives Schreiben zwingt das Gehirn, nicht-linear zu denken, parallele oder ungewöhnliche Muster zu verknüpfen. Das stimuliert sowohl die linke (analytische) als auch die rechte (intuitive, kreative) Hemisphäre und stiftet so eine Art kognitiver Ko-Regulation.
Veränderung der inneren Landkarten
Sprache ist nicht nur Kommunikation, sondern auch ein Werkzeug der inneren Orientierung. Wenn Worte ihre gewohnte Funktion verlieren, verschiebt sich die Art, wie wir „innere Landschaften" wahrnehmen. Das erzeugt neue mentale Räume, quasi ein experimentelles Labyrinth der Wahrnehmung, in dem das Gehirn neue Muster erprobt.