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2023-08-09 08:27:32, Jamal

„Der Fahrradkurier kennt den Surrealismus nicht, aber pfeift Mackie (Messers) Song vor sich hin.“ Jeanine Delpech

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„Wozu soll ich mit meinen Gegnern zehn Runden Walzer tanzen, wenn ich sie in einer Runde k.o. schlagen kann?“ Rocky Marciano 

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„Wie stets vor einem Krieg war die Atmosphäre fiebrig.“ Henry Miller

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„Das Labyrinth, die Gämse mit den goldenen Hörnern, der Gral … die Kirmes à la Brueghel … überirdische Transzendenz, symbiotische Neurose und auf einer öden Kieselfläche eine einsame Laubheuschnecke.“ Henry Miller

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„Vor der Arlésienne und der Bahnunterführung von van Gogh, dem Château Noir von Cézanne, die in meinem Zimmer hingen, stellte ich mich auf und sagte mir hundertmal vor, dass dies nun mein Eigentum sei, aber ich konnte es noch nicht glauben. Wie kam ich kleine Professorentochter, die eigentlich Klavierlehrerin werden sollte, zu all dieser Schönheit? Gewiss, es musste ein Traum sein, aus dem ich eines Tages erwachen würde.“ Tilla Durieux

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„Weder das New Yorker Theater noch das Publikum war für Brecht reif.“ Henry Marx

Kunst im kleinen Kreis

Das depressive Amerika der 1930er Jahre bot dem epischen Theater keinen Resonanzraum. In dem auf New-Deal-Produktionen spezialisierten Theatre Union, „New Yorks bedeutendste(r) proletarische(r) Bühne“, verzweifelte Brecht 1935 an den Proben zu dem, Maxim Gorkis gleichnamigen Roman adaptierenden, 1932 im „Komödienhaus am Schiffbauerdamm mit Helene Weigel in der Titelrolle uraufgeführten Lehrstücks „Die Mutter. Leben der Revolutionärin Pelagea Wlassowa aus Twer“. Die linke Broadway-Ästhetik passt nicht zu Brechts Stil. Der amerikanische Ärger über deutsche Interventionen kulminierte im Rauswurf von Brecht und Hanns Eisler. Die Premiere fiel bei der Kritik durch. In dem 1841 gegründeten, von 1846 bis 1848 von Walt Whitman edierten Periodikum The Brooklyn Daily Eagle verriss Arthur Pollock die Inszenierung als „Kindergarten für kommunistische Knirpse“. 

Bertolt Brecht, „Unsere Hoffnung heute ist die Krise“, Interviews, herausgegeben von Noah Willumsen, Suhrkamp, 35,-

In Thornton Wilder erkennt Brecht einen Schüler. So überliefert es H. Marx. Der Journalist bemerkt, dass im Gastland lediglich zwei Theaterstücke von Brecht gezeigt wurden. Brecht bekennt, auf Englisch allenfalls journalistisch und akademisch, nicht aber dramatisch und lyrisch schreiben zu können. Gleichzeitig verbreitet er einen erstaunlichen Optimismus. Er attestiert sich selbst eine andauernde, wenn auch eher subkutane Wirkung in Deutschland.

„Die Aufführung meiner Stücke konnte wohl verboten werden, aber die Polizei kann nichts Neues schaffen, und wo wir (1933) … aufhörten, werden wir (nach dem Krieg) wieder weitermachen.“ 

Marx resümiert:

„Eine solch optimistische Ansicht von dem Realisten Bert Brecht zu hören, ist deshalb besonders interessant, weil er sich in seinem Werk als ein guter Kenner des deutschen Volkes und als einer der aktivsten Hasser des Nationalsozialismus ausgewiesen hat.“ 

Samisdat-Séancen und produktive Erinnerungen

„Ein guter Kriminalroman ist mir lieber als mittelmäßige Lyrik.“

So äußert sich Brecht gegenüber der in Wien geborenen, via Finnland nach Amerika emigrierten und da u.a. mit Woody Guthrie kollaborierenden Lydia Infeld. Er trifft die Aktivistin ein Jahr vor Kriegsende schon unter den Vorzeichen des kommenden Sieges. Brecht thematisiert einmal wieder die grandiose Ignoranz der amerikanischen Kulturindustrie, die der Emigrant:innenliteratur allenfalls eine Nischenexistenz zubilligt.

Brecht plädiert für eine Kunst im kleinen Kreis und rät zu Samisdat-Séancen. Wieder variiert er eine biografische Facette. Seiner Zeit als Sanitäter im Ersten Weltkrieg gibt Brecht immer wieder ein anderes Gepräge. Er suggeriert und schmückt aus. Diesmal zeichnet er sich als Sänger eigener Lieder. In dem produktiv erinnerten Damals erschleicht sich Brecht ein Publikum für seine frühe Prosa in Lazaretten. Der geringen Zahl seiner Zuhörer:innen gibt er eine übergeordnete Bedeutung.  

Aus der Ankündigung

»Unsere Hoffnung heute ist die Krise« Interviews 1926-1956

Bertolt Brecht besaß die Gabe, wie ein Zeitgenosse einmal bemerkte, in einem »Gespräch mit präzisen, drastischen Formulierungen« zu brillieren. Wie bekämpft man die Dummheit? Ist deutsche Kultur möglich? Gehört George Orwell an die Wand gestellt? Egal welche Fragen man an Brecht hat: In diesem Buch findet man seine überraschenden Antworten.  In 75 hier erstmals versammelten, größtenteils unbekannten Interviews, die sich über 15 Länder und eine ganze Karriere erstrecken, zeigt sich der große Klassiker der Moderne als wortmächtiger Medienkünstler. Sie rücken sein Werk nicht nur in ein neues Licht - sie bilden einen unkartierten Teil dieses Werkes selber.

Zum Autor

Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren und starb am 14. August 1956 in Berlin. Von 1917 bis 1918 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Naturwissenschaften, Medizin und Literatur. Sein Studium musste er allerdings bereits im Jahr 1918 unterbrechen, da er in einem Augsburger Lazarett als Sanitätssoldat eingesetzt wurde. Bereits während seines Studiums begann Brecht Theaterstücke zu schreiben. Ab 1922 arbeitete er als Dramaturg an den Münchener Kammerspielen. Von 1924 bis 1926 war er Regisseur an Max Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. 1933 verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete über Prag, Wien und Zürich nach Dänemark, später nach Schweden, Finnland und in die USA. Neben Dramen schrieb Brecht auch Beiträge für mehrere Emigrantenzeitschriften in Prag, Paris und Amsterdam. 1948 kehrte er aus dem Exil nach Berlin zurück, wo er bis zu seinem Tod als Autor und Regisseur tätig war.