Walter Faber, der Held in dem vielbesungenen, zu Tode gequatschten und doch als Kassiber der Zeit ergiebig gebliebenen Bericht „Homo Faber“, strandet in einer mexikanischen Wüste als Überlebender und mehrfach herausgeforderter Zeuge eines technischen Versagens.
Der leidenschaftliche Ingenieur erscheint in der Gegend von Tamaulipas als Verherrlicher des technischen Zeitalters. Sein Flugzeug, eine Super Constellation, hatte eine Panne. Faber nutzt die Abwesenheit aller möglichen Annehmlichkeiten zur Demonstration seiner stählernden Konstitution. Er unterdrückt die unmittelbarsten Reaktionen auf seine Lage, indem er so tut, als seien Verspätungen und verpasste Termine im Rahmen seiner gegenwärtigen Lage von existenziellem Belang.
Es geht ums Überleben. Faber stellt sich so hin, als ginge es um Kalendereintragungen. Er mystifiziert den (mit der Rationalität in eins gesetzten) zivilisatorischen Standard.
„Ich weigerte mich Angst zu haben, aus bloßer Fantasie.“
Faber wendet sich offensiv gegen das Offensichtliche. Seit der Erfindung der Repräsentation und der ersten Einkehr in die Kirche der Abstraktion haben wir uns, zeit-, klima- und kulturübergreifend immer weiter von der Anschauung entfernt. Wir erschaffen wie am Fließband Chimären, komplexe Fetische, die ganze Kulturen zusammenhalten, als Marken einer zweiten Welt, die „mythisch, abgekehrt, formal, imaginär, ästhetisch, symbolisch“ (Michel Serres) funktioniert.
Max Frisch installiert seinen Faber als Antipoden aller Emissäre und Emissionen magischer Koinzidenzen. Das ist eine auf Effekt angelegte, deutlich übertriebene Kontrastierung. Faber trifft im Flugzeug den Bruder seines einst besten Freundes, um zu erfahren, dass jener nicht weit entfernt vom Schauplatz der ersten Entgrenzungserfahrung Tabak anbaut.
„Es hätte auch ganz anders kommen können.“
Darauf besteht der Ingenieur Walter Faber, ein Rationalist nach eigener Angabe. Er treibt einen Kult um den Zufall. Alles dient dem von technischen Lösungen Besessenen, forcierten Ansichten Nachdruck zu verleihen.
Faber steuert ein Mutwille, den er jederzeit dementieren würde. Seine New Yorker Geliebte denunziert er als „Kokotte“, um die Schmähung halbherzig zurückzunehmen. Sein Frauenbild ist unterirdisch. Das hat Jahrzehnte niemanden gestört. Schulbuchlektüre, dein Name sei „Homo faber“.
Um sich mit einer Abwechslung zu langweilen, beschließt Vielflieger Faber (kurz nach dem Beinahabsturz in der mexikanischen Wüste) einmal auch auf einem Schiff den Kontinent zu wechseln. Da ist dann diese junge Frau in existenzialistischer Aufmachung, die als jüngste Reisende an Bord das Interesse des Erzählers auf sich zieht. Faber moussiert in seinen Beobachtungen, ob Rock, ob „Bubenhose“, ob Nackenflaum, ob „Rossschwanz“. Seine übergriffige Wahrnehmung entgeht ihm.
Max Frisch, „Homo faber“, Roman, Suhrkamp, 9,-
Faber unterwirft Elisabeth Piper seiner anmaßenden Kritik. So ergreift er Besitz, zunächst im ehrgeizig rivalisierenden Verhältnis zu einem jungen Mann, der selbstverständlich davon ausgeht, dass ihre erotische Aufmerksamkeit ihm gehört.
Faber nennt Elisabeth Sabeth. Er kriegt einen roten Kopf beim Tischtennisspiel. Er will Sabeth zeigen, was eine Harke ist. Sie soll ihn nicht zum alten Eisen rechnen.
Sabeth erlaubt dem Altenweißenmann (wie er im Buch steht), ihr den Maschinenraum im Schiffsbauch zu zeigen.
Bald mehr.